Verwaltungsrecht

Abgeschlossenes Asylverfahren in Italien

Aktenzeichen  W 2 S 19.31815

Datum:
11.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27195
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 154
AsylG § 26a, § 36,§ 71a, § 75, § 80, § 83b
VwVfG § 51 Abs. 1 bis 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ablehnung seines Asylzweitantrags als unzulässig und begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Androhung der Abschiebung.
Der Antragsteller, ein nach eigenen Angaben am … … 2000 in Sassandra/Elfenbeinküste geborener ivorischer Staatsangehöriger, vom Volk der Djola und islamischer Religionszugehörigkeit, reiste am 25. November 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerte ein Asylgesuch, das dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) durch behördliche Mitteilung am 4. Dezember 2018 zugeleitet wurde. Am 11. Dezember 2018 stellte er einen förmlichen Asylantrag.
Bei den Anhörungen durch das Bundesamt am 11. und am 17. Dezember 2018 gab er an, er habe sein Heimatland im Jahr 2015 verlassen und sei unter anderem über Italien und die Schweiz nach Deutschland eingereist.
Dabei gab er im Wesentlichen an, er sei in seinem Heimatland zwei Jahre zur Schule gegangen. Nach dem Tod des Vaters sei seine Mutter mit ihm zu einem Onkel gezogen. Er habe dann nicht mehr die Schule besuchen können, sondern auf den Feldern des Onkels arbeiten müssen. Im Jahre 2015 habe er das Haus des Onkels verlassen müssen. Bei Holzarbeiten für einen reichen Mann sei ein Stück Holz auf den Sohn des reichen Mannes gefallen, der an diesen Verletzungen gestorben sei. Der reiche Mann habe ihn für den Tod des Sohnes verantwortlich gemacht und bei der Polizei angezeigt. Die Brüder des reichen Mannes hätten den Antragsteller mit Macheteten und Holzstücken zu Hause gesucht. Er sei durch ein Fenster geflohen und zwei Tage später ausgereist. Bei einer Rückkehr befürchte er, von diesen Leuten gesucht zu werden.
Er leide manchmal an Bauchschmerzen, müsse aber keine Medikamente einnehmen.
Eine Eurodac-Suche ergab, dass der Kläger in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden war und dort einen Asylantrag gestellt hatte. Nachdem im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens die italienischen Behörden mit Schreiben vom 19. Dezember 2018 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags und die Aufnahmebereitschaft erklärten, lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag mit Bescheid vom 20. Dezember 2018 als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
Nach Ablauf der Überstellungsfrist hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 20. Dezember 2018 auf. Das entsprechende Klageverfahren wurde eingestellt.
Mit Schreiben vom 12. September 2019 teilte Italien dem Bundesamt mit, dass der Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz am 24. Oktober 2016 abgelehnt worden war und seine dagegen gerichtete Klage am 14. Februar 2019 erfolglos blieb.
Mit Bescheid vom 23. September 2019 lehnte das Bundesamt den Asylantrag (erneut) als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 2), forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung nach Côte d‘Ivoire zur Ausreise auf (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 42 Monate (Ziffer 4). Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen, der dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit Einschreiben (Einlieferungstag 23. September 2019) zugestellt wurde.
Dagegen erhob der Antragsteller am 2. Oktober 2019 zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburgs Klage und beantragt zugleich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung verwies er auf seinen Vortrag beim Bundesamt.
Die Antragsgegnerin hat bisher noch keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in Hauptsache- und Sofortverfahren sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der nach § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 3 i.V.m. § 75 AsylG zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Bescheid des Bundesamtes vom 23. September 2019 anzuordnen, ist nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 4 i.V.m. 77 Abs. 1 AsylG).
Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit.
Die Aussetzung der Abschiebung darf dabei nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Bundesamtes bestehen, dass ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird und dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, oder an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen. Die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516.93 – NVwZ 1996, 678 f.).
Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Bundesamts, den Antrag als unzulässig abzulehnen. Stellt ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), ist gemäß § 71a Abs. 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.
Im Fall des Antragstellers, der bereits in Italien, einem sicheren Drittstaat im Sinne von § 26a AsylG, ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen hat, ist die Bundesrepublik Deutschland zwar nach Ablauf der Überstellungsfrist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, jedoch liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vor. Denn der Antragsteller selbst gibt an, keine neuen Gründe im Vergleich zu seiner Anhörung in Italien vortragen zu können, so dass keine ernsthaften Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Bescheid Bezug genommen, denen das Gericht folgt, und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht vor. Insofern wird ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, denen das Gericht folgt, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Aus dem Vortrag des Antragstellers, wie er in den Niederschriften seiner Anhörungen beim Bundesamt festgehalten wurde, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in der Elfenbeinküste. Selbst wenn man seinen Vortrag zu seinem möglicherweise noch in der Elfenbeinküste lebenden ehemaligen Arbeitgeber, der sich wegen des Todes seines Sohnes an ihn rächen wolle, als wahr unterstellt, stünden dem Antragsteller in den weiteren Ballungszentren der Elfenbeinküste zahlreiche Fluchtalternativen offen. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller nicht in der Lage sein sollte, sich dort ein Existenzminium zu erwirtschaften. Gesundheitliche Einschränkungen, die dem entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.
Im Übrigen entspricht die gesetzte Ausreisefrist den gesetzlichen Vorgaben (vgl. § 71 Abs. 4a i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben