Verwaltungsrecht

Abiturprüfung, Chancengleichheit, Prüferbewertung, Bewertungsspielraum

Aktenzeichen  M 3 K 13.2722

Datum:
26.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
§ 93 Abs. 1 Sätze 3 und 4 GSO

 

Leitsatz

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München
Aktenzeichen: M 3 K 13.2722
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 26. Januar 2016
3. Kammer
Sachgebiets-Nr. 211
Hauptpunkte:
Abiturprüfung für andere Bewerber;
Rüge von Verfahrensfehlern
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache

– Klägerin –
gegen
…, vertreten durch: Regierung von …, Prozessvertretung
– Beklagter –
wegen Abiturprüfung 2012
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 3. Kammer,
durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht …, den Richter am Verwaltungsgericht …, die Richterin am Verwaltungsgericht …, die ehrenamtliche Richterin …, den ehrenamtlichen Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2016 am 26. Januar 2016 folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin nahm im Mai und Juni 2012 an der Abiturprüfung für andere Bewerber am Gymnasium O. (im Folgenden: die Schule) teil. Im ersten Prüfungsteil erzielte sie in Deutsch acht Punkte, in Mathematik null Punkte, in Geschichte sechs Punkte und in Sozialkunde einen Punkt. Die Klägerin meldete sich für die mündlichen Zusatzprüfungen in den Fächern Geschichte, Mathematik und Sozialkunde an, legte die Prüfungen jedoch nicht ab.
Die Klägerin erhob am … Juni 2013 Klage zum Verwaltungsgericht München. Sie beantragt,
ihre Prüfungsleistungen bei der Abiturprüfung 2012 zu annullieren.
Zur Begründung führte die Klägerin aus, zunächst sei ihr Antrag auf Fächertausch übersehen worden. Nach Klärung habe es Probleme mit der Lehrkraft für Sozialkunde gegeben. Zur Besprechung sei ihr nach mehrmaligen Anfragen und einer Beschwerde bei einer anderen Lehrkraft nur ein sehr kurzfristiger Termin vorgeschlagen worden, der auf den Zeitraum ihrer Deutschprüfung gefallen sei. Hierzu legte die Klägerin E-Mail-Schriftverkehr vom 4. bis zum 14. Mai 2012 mit der Lehrkraft für Sozialkunde sowie einer weiteren Lehrkraft der Schule vor. Weiterhin machte die Klägerin geltend, ihr sei zunächst verweigert worden, sich Bücher der Schule auszuleihen. Auch sei es ihr nur teilweise gelungen, in Erfahrung zu bringen, welche Lehrbücher an der Schule verwendet würden. Die Lehrkraft für Biologie habe ihr falsche Literatur empfohlen und sei, nachdem der Klägerin dies aufgefallen sei, nicht mehr telefonisch erreichbar gewesen. Die Lehrkraft für Englisch habe die Klägerin bis zu den schriftlichen Prüfungen vertröstet und am Tag ihrer Sozialkundeprüfung Zeit für ein kurzes Gespräch gefunden. Die Klägerin sei nicht zur Einsicht und Besprechung ihrer schriftlichen Prüfungen eingeladen worden, sondern habe die Einsicht beantragen müssen. Die Fertigung von Kopien oder eine Besprechung mit einer Lehrkraft sei nicht möglich gewesen. Nachträglich habe sie erfahren, dass ihre angegebene Literaturliste für die Zulassung zur Abiturprüfung nicht ausreichend gewesen sei. Darüber hinaus sei die Vorbereitungszeit durch späte Anmeldungszeiten wesentlich verkürzt worden. Sie sei als andere Bewerberin massiv benachteiligt worden.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei über die Inhalte der Abiturprüfung aufgeklärt und über ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Prüfung belehrt worden und habe die Abiturbelehrung auch quittiert. Im KMS vom 29. November 2011 (Nr. VI.8 – 5 S 5500 – 6.94187) zum Ablauf der Abiturprüfung für andere Bewerber fänden sich keinerlei Hinweise auf Informationspflichten der Schule in der von der Klägerin eingeforderten Form, insbesondere gebe es keine verbindliche Literaturliste oder eine Verpflichtung der Schule, anderen Bewerbern Lehrbücher zur Verfügung zu stellen. Maßgeblich sei der geltende Lehrplan des jeweiligen Fachs, um dessen Beschaffung sich der andere Bewerber selbst kümmern müsse. Umgekehrt bestehe allerdings die Verpflichtung des anderen Bewerbers, bei Anmeldung zu erklären, wie und anhand welcher Bücher er sich auf die Prüfungen vorbereitet habe. Die Schule habe jedoch den anderen Bewerbern zur Orientierung Listen der an der Schule verwendeten Bücher ausgehändigt und verleihe – sofern die Stammschüler versorgt seien – auch Bücher an die anderen Bewerber. Die Klägerin habe von der Schule bei der Informationsveranstaltung für andere Bewerber Kontaktlisten mit den Sprechzeiten der Lehrer, teilweise auch Telefonnummern und E-Mailadressen erhalten. Obwohl die Schule der Klägerin den aktuellen Sozialkundelehrplan gegeben habe, habe die Klägerin im Kontakt mit der Prüferin immer wieder Themen aus dem Fach Geschichte/Sozialkunde ins Spiel gebracht. Die Frage der Lehrkraft nach den Interessenschwerpunkten habe die Klägerin wohl nicht verstanden. Alle Prüfer, denen die Klägerin vorwerfe, keine Zeit für sie gehabt zu haben, hätten angegeben, dass die Klägerin vor dem angebotenen Termin oder generell deswegen nicht nachgefragt habe. Der Termin zur Einsichtnahme in die Prüfungsarbeiten werde per Aushang bekannt gegeben und zusätzlich bei der Abiturbelehrung genannt. Alle Prüflinge seien belehrt worden, dass sie regelmäßig nach den Aushängen sehen müssten. Die von der Klägerin beantragte Einzeleinsicht sei ihr gewährt worden. Kopien der Arbeiten dürften nicht gefertigt werden. Da die Klägerin das Fach Mathematik mit null Punkten abgeschlossen und insgesamt nicht mindestens 220 Punkte erreicht habe, sei sie auf die mündlichen Zusatzprüfungen verwiesen worden, die sie jedoch nicht angetreten habe. Die Abiturprüfung sei damit nicht bestanden.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 bat das Gericht die Klägerin, bis zum 18. Dezember 2015 darzulegen, aus welchen Gründen sie sich gegen die schriftlichen Prüfungen in den Fächern Deutsch, Geschichte und Mathematik wende, sowie, inwieweit sich die von der Klägerin geltend gemachten Schwierigkeiten mit der Lehrkraft für Sozialkunde auf die Prüfung ausgewirkt hätten. Weiter wurde die Klägerin gebeten, ihren Vortrag zu ihrer nicht ausreichenden Literaturliste sowie zu einer wesentlichen Verkürzung der Vorbereitungszeit durch späte Anmeldezeiten näher zu erläutern. Eine Reaktion der Klägerin hierauf erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 bat das Gericht den Beklagten, einen etwaigen schriftlichen Prüfungsbescheid über die Abiturprüfung der Klägerin vorzulegen; ein solcher ist dem Gericht nicht zugegangen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Die erhobene Anfechtungsklage ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft, da die Klägerin lediglich Verfahrensfehler durch die Schule geltend macht, die sich auf die Ermittlung ihrer Leistung ausgewirkt hätten (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 825).
Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Prüfungsentscheidung, da diese rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die gerichtliche Kontrolle fachlicher, wissenschaftlicher Urteile, Wertungen und Entscheidungen von Prüfern stößt an Grenzen, weil die Beurteilung von Prüfungsleistungen von Gesichtspunkten und Überlegungen bestimmt ist, die sich einer rechtlich unmittelbar subsumierbaren Erfassung mehr oder minder entziehen und jedenfalls teilweise auf nicht in vollem Umfang objektivierbaren Einschätzungen und Erfahrungen beruhen und insbesondere davon abhängig sind, was nach Meinung der Prüfer bei einem bestimmten Ausbildungsstand als Prüfungsleistung verlangt werden kann. Diese für die Bewertung von Prüfungsleistungen anzustellenden fachlichen Erwägungen lassen sich nicht regelhaft erfassen und können insbesondere im Hinblick auf das Prinzip der Chancengleichheit auch grundsätzlich nicht mit Hilfe von Sachverständigen vom Gericht ersetzt werden. Eine uneingeschränkte Ersetzung der Prüferbewertung durch das Gericht würde zu einer Verzerrung der Bewertungsmaßstäbe und zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit führen (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34/51 ff.; BVerwG, U. v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – BVerwGE 92, 132/137; U. v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 91, 262/265).
Soweit die Bewertung nicht rein fachliche Fragen betrifft, unterliegt daher die Benotung einer erbrachten Leistung dem Bewertungsspielraum der Prüfer und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34/51 ff; BVerwG, U. v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 91, 262/265; BVerwG, U. v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – BVerwGE 92, 132/137). Zu diesen nur eingeschränkt überprüfbaren Fragen zählen etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels und einzelner positiver Ausführungen im Hinblick auf die Gesamtbewertung (BVerwG, B. v. 2.6.1998 – 6 B 78/97 – juris Rn. 3 f.; B. v. 16.8.2011 – 6 B 18/11 – juris Rn. 16; B. v. 8.3.2012 – 6 B 36/11 – juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 3.2.2014 – 7 ZB 13.2221 – juris Rn. 8). Bei diesen prüfungsspezifischen Wertungen ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden, mit ihrem Prüfungsauftrag nicht zu vereinbarenden Erwägungen leiten lassen und ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist (ständige Rechtsprechung im Anschluss an BVerwG. U. v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 91, 262/265; vgl. BayVGH, B. v. 5.10.2009 – 7 ZB 09.160 – juris Rn. 9; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 882 ff.).
Die Abiturprüfung für andere Bewerberinnen und Bewerber richtet sich nach §§ 90 bis 95 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (Gymnasialschulordnung – GSO) vom 23. Januar 2007, GVBl S. 68, in der Fassung der Verordnung vom 8. Juli 2011, GVBl S. 320, die insbesondere in §§ 91 f.GSO auch das Prüfungsverfahren regeln. Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 GSO wird die allgemeine Hochschulreife den Bewerberinnen und Bewerbern zuerkannt, die den ersten und zweiten Prüfungsteil bestanden haben. Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 4 GSO wird die Prüfung nach dem ersten Prüfungsteil abgebrochen, wenn die Bedingungen des § 93 Abs. 1 Satz 3 GSO nicht erfüllt sind.
Mit ihrem Vorbringen macht die Klägerin verschiedene Verfahrensfehler geltend, die weitgehend die Ermittlung der Prüfungsleistung betreffen.
Soweit die Klägerin vorträgt, ihr Antrag auf Fächertausch sei zunächst übersehen worden, hat die Klägerin trotz Nachfrage des Gerichts vom 2. Dezember 2015 dies nicht näher erläutert und insbesondere nicht dargelegt, inwieweit sich dies auf ihre Prüfungsleistung ausgewirkt haben könnte. Nach den von der Klägerin vorgelegten Ausdrucken des E-Mail-Schriftverkehrs hat sich die Klägerin am 4. Mai 2012 erstmals an die Lehrkraft für Sozialkunde gewandt; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt war offensichtlich auch der Schule der Fächertausch bekannt. Die Schule tritt dem Vortrag der Klägerin in der Stellungnahme vom 5. August 2013 entgegen mit dem Vorbringen, seitens der Schule habe keinerlei Unklarheit in der Zusammenstellung der Fächer bestanden; die Klägerin habe ihre Fächerwahl am 12. Januar 2012 geändert. Ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein (anfängliches) Missverständnis über die Fächerwahl der Klägerin bestand, fehlt ein substantiiertes Vorbringen der Klägerin dazu, inwieweit sich dies überhaupt für die Klägerin nachteilig ausgewirkt haben könnte; auch die vorgelegten Behördenakten oder sonstige Erkenntnisse geben dazu keinen Aufschluss. Die Klägerin kann daher mit diesem Vorbringen nicht durchdringen.
Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin, es habe Probleme mit der Lehrkraft für Sozialkunde gegeben. Auch diesbezüglich hat die Klägerin trotz Nachfrage des Gerichts weder die geltend gemachten Probleme noch deren Auswirkungen auf die Prüfung substantiiert erläutert. Aus dem vorgelegten E-Mail-Schriftverkehr ist erkennbar, dass die Klägerin zunächst ihre Anfrage auf Grundlage einer ihr ausgehändigten Themenliste für die Colloquiumsprüfung formulierte und die Lehrkraft sie auf die Themenschwerpunkte des Lehrplans für Sozialkunde (zweistündig) verwies, sowie, dass eine andere Lehrkraft der Klägerin diesen Lehrplan auch zukommen ließ. Die Frage der Lehrkraft nach den „persönlichen Interessen“ der Klägerin „innerhalb der drei Semester“ in der E-Mail vom 10. Mai 2012 und erneut in der vom 14. Mai 2012 scheint die Klägerin als Frage nach ihrer Schwerpunktbildung nach Maßgabe von § 92 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 i. V. m. Anlage 9 GSO missverstanden zu haben. Verfahrensfehler oder sonstige Pflichtverletzungen der Schule sind daraus nicht ersichtlich.
Auch mit dem Vortrag, die Lehrkraft für Sozialkunde habe ihr nur einen sehr kurzfristigen Termin zur Besprechung angeboten, der auf den Zeitraum ihrer Deutschprüfung gefallen sei, und ihr kein beratendes Gespräch für die zunächst beantragte mündliche Zusatzprüfung gewährt, kann die Klägerin nicht mit Erfolg einen Verfahrensfehler rügen. Die Klägerin hat ausweislich des von ihr vorgelegten E-Mail-Schriftverkehrs erstmals am 4. Mai 2012 Kontakt mit der Lehrkraft aufgenommen. Aus dem E-Mail-Schriftverkehr oder sonstigen Erkenntnissen ist bereits nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin, nachdem am von der Lehrkraft vorgeschlagenen Termin (11. Mai 2012) ein Treffen nicht zustande kam, überhaupt um einen weiteren Termin vor der schriftlichen Prüfung am 21. Mai 2012 bemüht hätte. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht dargelegt, inwieweit sich das Nichtzustandekommen eines Gesprächstermins auf ihre Prüfungsleistungen ausgewirkt hat. Soweit sie geltend macht, die Lehrkraft habe ihr kein Beratungsgespräch für die mündliche Zusatzprüfung gewährt, ist nicht ersichtlich, dass dies überhaupt Auswirkungen gehabt haben könnte, da die Klägerin zu dieser Zusatzprüfung nicht antrat.
Soweit die Klägerin auf Schwierigkeiten bei der Ausleihe von Schulbüchern verweist, ist bereits nicht hinreichend dargetan, inwieweit die auch nach dem Vorbringen der Klägerin schließlich doch „für ein paar Monate“ erfolgte Ausleihe von Lehrmaterial nicht ausreichend gewesen wäre. Unabhängig davon erstreckt sich die in Art. 21 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000, GVBl S. 455, in der Fassung des Gesetzes vom 9. Juli 2012, GVBl S. 344, vorgesehene Verpflichtung der Träger des Schulaufwands, die Schülerinnen und Schüler mit Schulbüchern zu versorgen, bereits dem Wortlaut nach nicht auf die anderen Bewerber, die gerade nicht Schüler der Schule sind, an der sie die Abiturprüfung ablegen. Gegen die von der Schule im Schriftsatz vom 5. August 2013 dargelegte Handhabung bei der Ausleihe von Schulbüchern bestehen jedenfalls keine Bedenken.
Das Vorbringen der Klägerin, sie habe nur teilweise in Erfahrung bringen können, welche Lehrbücher an der Schule verwendet würden, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Informationen zum Prüfungsgegenstand sind in erster Linie am Grundsatz der Chancengleichheit zu messen. Es ist Aufgabe der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren so zu gestalten, dass alle Prüflinge im Wesentlichen den gleichen Informationsstand hinsichtlich der zu erwartenden Prüfungsaufgaben besitzen (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 187). Diesbezüglich sind keine Verfahrensfehler der Schule ersichtlich. Nach dem Vorbringen der Schule werden anderen Bewerbern Listen der Bücher, die an der Schule verwendet würden, ausgehändigt und u.U. auch ausgeliehen; demnach wurden die anderen Bewerber von der Schule in gleicher Weise informiert. Von etwaigen Unvollständigkeiten bei der Angabe von Literatur wären daher alle anderen Bewerber in gleicher Weise betroffen. Da der den jeweiligen Einzelprüfungen zugrunde liegende Prüfungsstoff in den im Internet veröffentlichten Lehrplänen allgemein zugänglich ist, liegt in der bloßen Unvollständigkeit von Angaben über die hierzu an der Schule verwendete Literatur allein noch kein Verfahrensfehler.
Soweit die Klägerin vorbringt, die Lehrkraft für Biologie habe ein persönliches Treffen abgelehnt und sei, nachdem die Klägerin herausgefunden habe, dass ihr falsche Literatur empfohlen worden sei, auch nicht mehr telefonisch erreichbar gewesen, kann sich dies bereits deshalb nicht auf die Prüfungsleistung der Klägerin ausgewirkt haben, da das Fach Biologie zum zweiten Prüfungsteil nach § 92 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 GSO gehörte, und die Abiturprüfung der Klägerin gemäß § 93 Abs. 1 Satz 4 GSO nach dem ersten Prüfungsteil abgebrochen worden war.
Gleiches gilt, soweit die Klägerin geltend macht, im Fach Englisch habe sie erst am Tag der Sozialkundeprüfung Gelegenheit zu einem Gespräch erhalten, da auch Englisch ein Fach des zweiten Prüfungsteils nach § 92 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 GSO war.
Auch das Vorbringen der Klägerin, es habe sich nachträglich herausgestellt, dass ihre angegebene Literaturliste für die Zulassung zur Abiturprüfung nicht ausreichend gewesen sei, führt nicht zum Erfolg. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob darin überhaupt eine Pflichtverletzung der Schule liegen kann. Nach dem von der Schule zitierten KMS hat der andere Bewerber mit dem Antrag auf Zulassung zur Abiturprüfung anzugeben, wie er sich in den einzelnen Fächern vorbereitet hat; dabei sind die benutzten Lehrbücher anzugeben. Andere Bewerber sind nicht Schüler der Schule, an der sie die Abiturprüfung ablegen; die Vorbereitung auf die Prüfung liegt in ihrer eigenen Verantwortung. Vor diesem Hintergrund kann bereits nicht von einer umfassenden Prüfpflicht der Schule, ob die vom anderen Bewerber herangezogenen Lehrbücher ausreichend sind, ausgegangen werden. Jedenfalls hat die Klägerin auch auf Nachfrage des Gerichts ihre Rüge nicht substantiiert erläutert, insbesondere weder dargelegt, worin sie genau die Pflichtverletzung der Schule sieht, und welche Fächer (und Prüfungsteile) in welcher Weise hiervon betroffen waren, so dass jedenfalls nicht ersichtlich ist, ob und inwieweit sich etwaige Pflichtverletzungen der Schule überhaupt auf die Prüfungsleistung der Klägerin ausgewirkt haben könnten.
Gleiches gilt, soweit die Klägerin vorträgt, ihre Vorbereitungszeit sei durch späte Anmeldungszeiten wesentlich verkürzt worden; auch diesbezüglich hat die Klägerin auch auf Nachfrage des Gerichts ihre Rüge nicht erläutert.
Bei der von der Klägerin gerügten Verfahrensweise der Schule hinsichtlich der Einsicht in die Prüfungsarbeiten ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit sich etwaige Verfahrensfehler der Schule ausgewirkt haben könnten; insbesondere macht die Klägerin keine Bewertungsfehler geltend. Unabhängig davon bestehen gegen das Vorgehen der Schule keine Bedenken. Nach Art. 2 Abs. 3 Nr. 2, Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die einzelnen Teile der das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer Interessen erforderlich ist. Das Akteneinsichtsrecht umfasst das Recht, sich uneingeschränkt Notizen zu machen. Ein genereller Anspruch auf die Fertigung von Kopien besteht hingegen nicht; ob die Behörde dies zulässt, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Soweit der Beteiligte ein schützenswertes Interesse geltend macht, kann sich dieses Ermessen auf null reduzieren (vgl. Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 29 Rn. 84). Ein derartiges Interesse hat die Klägerin jedoch dem Gericht gegenüber nicht dargelegt; ein solches ist auch sonst nicht ersichtlich. Die der Klägerin eingeräumte Möglichkeit der Einsichtnahme ist daher nicht zu beanstanden.
Da die erhobenen Verfahrensrügen bereits aus den oben dargelegten Gründen keinen Erfolg haben, kann dahin stehen, ob sie unverzüglich erhoben wurden.
Die Prüfungsentscheidung ist auch nicht wegen Bewertungsfehlern aufzuheben. Die gerichtliche Überprüfung von Bewertungen auf Fehler setzt grundsätzlich voraus, dass der Prüfling konkrete und substantiierte Einwendungen gegen bestimmte Wertungen vorbringt. Die Klägerin hat keine Bewertungsfehler gerügt. Es drängen sich bei objektiver Betrachtung auch keine Anhaltspunkte dafür auf, dass gewisse Bewertungen der Leistungen des klagenden Prüflings so nicht haltbar sind (vgl. BVerwG, U. v. 9.8.1996 – 6 C 3.95 – juris Rn. 43; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 853 ff., 859).
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000 festgesetzt (§ 52 Abs. 1, 2 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 38.6 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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