Verwaltungsrecht

Ablagerungen auf öffentlicher Verkehrsfläche

Aktenzeichen  Au 3 K 15.1299

Datum:
18.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVO StVO § 32 Abs. 1 S. 1, S. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 27
LStVG LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Das Straßenverkehrsrecht geht aufgrund seiner sicherheitsrechtlichen Zwecksetzung von einem umfassenderen Begriff der öffentlichen Verkehrsfläche aus als das Straßen- und Wegerecht und erfasst unabhängig von einer wirksamen förmlichen Widmung auch solche Flächen, auf denen der Verfügungsberechtigte die Benutzung durch jedermann tatsächlich zugelassen hat und die demnach der Allgemeinheit zu Verkehrszwecken offenstehen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Beseitigungsanordnung der Beklagten ist rechtmäßig, so dass sie den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 Nr. 27 StVO. Nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG kann die Beklagte als Sicherheitsbehörde (Art. 6 LStVG) zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Einzelfall Anordnungen u.a. treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden. Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 27 StVO handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen das in § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO geregelte Verbot verstößt, Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann.
Der Kläger hat vorsätzlich eine solche Ordnungswidrigkeit begangen, indem er auf dem öffentlichen Feld- und Wald Weg B … im Bereich der ihm gehörenden Fl.Nr. …21 Gemarkung H … Baumstämme und Äste gelagert hat (siehe die Fotos auf Bl. 3 bis 5 der Akte der Beklagten). Dass es sich bei dem genannten Feld- und Wald Weg um eine öffentliche Straße im Sinne des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes handelt, steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. September 2012 (Az. Au 6 K 12.619) fest. Selbst wenn man davon ausginge, dass in diesem Urteil nicht alle rechtlich relevanten Aspekte abgehandelt werden, ändert dies nichts daran, dass aufgrund des die Feststellungsklage des Klägers abweisenden Urteils vom 5. September 2012 rechtskräftig feststeht, dass die Widmung vom 24. Juni 2009 nicht nichtig und damit rechtswirksam ist. Die von dem Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vertretene gegenteilige Auffassung ist mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens nicht vereinbar. Vielmehr muss derjenige, der ein Urteil für lückenhaft begründet hält, innerhalb der dafür vorgeschriebenen Frist das statthafte Rechtsmittel einlegen, um es einer Überprüfung zuzuführen. Der erst im September 2016 vom Kläger persönlich gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 5. September 2012 vermag an dessen Rechtskraft nichts zu ändern, weil er einen solchen Antrag in Übereinstimmung mit der ihm erteilten Rechtsmittelbelehrungrechtswirksam nur über einen Rechtsanwalt stellen kann (vgl. § 67 Abs. 4 VwGO) und zudem der gestellte Wiedereinsetzungsantrag offenkundig verspätet ist. Von einer offensichtlich rechtswidrigen und damit nichtigen Widmung im Hinblick darauf, dass wohl nur ein 21 Mitglied der Erbengemeinschaft der Widmung zugestimmt hat, kann ohnehin keine Rede sein, weil keiner der an dem Verfahren Au 6 K 12.619 Beteiligten – weder die mit drei Berufsrichtern besetzte Kammer noch die Rechtsanwälte der Parteien – das Problem gesehen hat.
Selbst wenn man jedoch die Nichtigkeit der Widmung unterstellt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids, weil es sich dann bei dem Feld- und Wald Weg B … um eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche handeln würde, die auch unter den Schutzbereich des Art. 32 Abs. 1 StVO fällt. Das Straßenverkehrsrecht geht aufgrund seiner sicherheitsrechtlichen Zwecksetzungen von einem umfassenderen Begriff der öffentlichen Verkehrsflächen als das Straßen- und Wegerecht aus. Zu ihnen zählen nicht nur öffentlich gewidmete Verkehrsflächen, sondern auch Flächen, auf denen der (frühere) Verfügungsberechtigte die Benutzung durch jedermann tatsächlich zugelassen hat und dementsprechend die typischen Gefahren des Straßenverkehrs abzuwehren sind. Tatsächlich-öffentliche Verkehrsflächen im Sinn von § 1 StVG und § 1 StVO sind demnach alle Flächen, die der Allgemeinheit zu Verkehrszwecken offenstehen. Demnach ist es dem Eigentümer nach § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO verboten, auf einem solchen Weg Verkehrshindernisse zu errichten.
Zudem sind die Ermessenserwägungen der Beklagten nicht zu beanstanden (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Da die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich eines Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann (§ 114 Satz 2 VwGO), ist auch auf die Erwägungen abzustellen, die in der Klageerwiderung vom 21. Oktober 2015 enthalten sind. Darin weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die getroffene Maßnahme zur Beseitigung der Störung (für den Fahrzeugverkehr) bzw. zur Abwehr der konkreten Gefahr (für Radfahrer und Fußgänger) erforderlich ist.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Kostenentscheidung war gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.


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