Verwaltungsrecht

Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 9 K 17.4676

Datum:
7.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 56448
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 11
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1, § 34 Abs. 2, § 53 Abs. 1, Abs. 2, § 54 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.     
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid vom 01.09.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Aufhebung der Ausweisung (Nr. 1 des Bescheids) noch auf eine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Nr. 2 des Bescheids). Die Entscheidung über die Dauer der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Nr. 3 des Bescheids) ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst umfänglich auf die ausführlichen und rechtlich zutreffenden Ausführungen in den Gründen des Bescheids vom 01. September 2017 Bezug genommen. Ergänzend dazu sind unter Berücksichtigung des maßgeblichen Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung folgende tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen veranlasst:
1. Die Voraussetzungen für eine Ausweisung, § 53 Abs. 1 i.V.m. §§ 53 Abs. 2, 54 Abs. 1 Nr. 1, 55 AufenthG lagen auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiterhin vor, wobei sich die Prognose einer erheblichen Wiederholungsgefahr weiterer Straftaten bereits während der Haft bestätigt hat. Der Kläger erhielt zweimal Arrest wegen Drogenkonsums (Spice). Die dem Ausweisungsbescheid zugrunde liegende Einschätzung, dass wegen der Persönlichkeitsstruktur des Klägers unabhängig von der Drogenkriminalität mit weiteren Straftaten zu rechnen ist, hat sich durch das Verhalten des Klägers in der JVA verfestigt. Der Kläger hat es nicht geschafft, sich an die Regeln der JVA zu halten und neben dem Drogenkonsum weitere disziplinarische Verstöße begangen. Er tat dies, obwohl er zu diesem Zeitpunkt seit geraumer Zeit inhaftiert war und nach aktuellem Kenntnisstand keinen Zugang zu Heroin oder Opium hatte. Auch die Einschätzung des Gutachters im Strafverfahren, dass beim Kläger unabhängig von der Drogenproblematik eine dissoziale Persönlichkeitsstruktur vorliege, aufgrund derer mit weiteren Delikten zu rechnen sei, ist ebenfalls bestätigt, zumindest nicht widerlegt worden.
Unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger auch in der JVA wiederholt Drogen nimmt, bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der vom Gutachter angedachte stationäre Entzug von 1,5 Jahren in einer Entziehungsanstalt erfolgreich sein wird. Auch bei Einordnung der Straftaten, die der Kläger seit 2013 begangen hat, als Beschaffungskriminalität, zeigt sein Verhalten in der Haft, dass er nicht bereit oder nicht in der Lage ist, sich an Regeln zu halten. Nur zwei von vier Disziplinarmaßnahmen lag Drogenkonsum zugrunde. Es ist danach nicht erkennbar, dass nur ansatzweise eine Aussicht darauf besteht, dass der Kläger selbst bei Erfolg der Drogentherapie bereit und in der Lage wäre, sich an die Rechtsordnung zu halten und ein straffreies Leben zu führen. Danach ist weiterhin von einer außerordentlich hohen konkreten Wiederholungsgefahr nach Strafentlassung auszugehen.
2. Der Kläger hat kein schützenswertes Bleibeinteresse, § 53 Abs. 2, § 55 AufenthG, sodass die Beklagte zutreffend dazu ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung die Interessen des Klägers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt, § 53 Abs. 1 AufenthG. Ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 AufenthG hat der Kläger nicht. Er ist weder in Besitz einer Niederlassungserlaubnis noch einer Aufenthaltserlaubnis. Sonstige Umstände des Einzelfalls, § 53 Abs. 2 AufenthG, die bei der Abwägung als Gründe für einen Verbleib im Bundesgebiet zu berücksichtigen sind, sind von geringem Gewicht. Der Kläger ist mit 15 Jahren in das Bundesgebiet eingereist, hat keine Ausbildung abgeschlossen und kein dauerhaftes Arbeitsverhältnis gehabt. Die Drogenproblematik besteht seit Einreise des Klägers. Er hat in Serbien die Schule besucht und offenbar bis zur Entscheidung der Eltern, dass er im Alter von 15 Jahren nach Deutschland ziehen soll, dort eine gute Kindheit – zuletzt bei seinem Vater – gehabt. Anhaltspunkte dafür, dass er sich in seinem Heimatland als mittlerweile Erwachsener nicht zurechtfinden kann, bestehen nicht. Eine Integration und Sozialisation im Bundesgebiet ist fehlgeschlagen. Ein weiterer Verbleib im bekannten Umfeld bei seiner Familie und den bisherigen Freunden ist nach Entlassung aus Haft und Entzugsanstalt nicht dazu geeignet, dies nachzuholen. Vielmehr ist zu erwarten, dass der bis dahin ca. 30 Jahre alte Kläger in der gewohnten Umgebung in alte Verhaltensmuster rutscht und rückfällig wird, da er keinerlei Perspektive hat. Sonstige Gründe, die für einen Verbleib im Bundesgebiet sprechen, sind auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht erkennbar.
3. Die Entscheidung über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots, § 11 AufenthG, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 AufenthG für eine Verlängerung der Frist lagen vor und wurden im Bescheid umfangreich begründet. Anhaltspunkte für eine Verkürzung der Frist, § 11 Abs. 4 AufenthG, lagen auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor und wurden nicht vorgetragen.
4. Der Antrag vom 02. November 2016 auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wurde zu Recht abgelehnt. Nach § 8 Abs. 1 AufenthG gelten für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis dieselben Vorschriften wie für die Erteilung, wobei in der Regel vorausgesetzt wird, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt (§§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Nach §§ 34, 35 AufenthG kann die einem Kind erteilte Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht vorliegen. Im vorliegenden Fall ist die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis wegen der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe i.H.v. fünf Jahren und zehn Monaten gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG ausgeschlossen und eine (befristete) Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wegen des darin zu sehenden Ausweisungsgrundes ebenfalls nicht möglich (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Die Beklagte hat zutreffend angenommen, dass keine von der Regelbewertung abweichende Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Umstände des Einzelfalls geboten ist. Vielmehr hat sich bis zur mündlichen Verhandlung die Einschätzung einer massiven Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch das Verhalten während des Strafvollzugs bestätigt. Im Hinblick auf das Alter des Klägers bei der Einreise und heute ist ein neunjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet, der geprägt von Straffälligkeit und Drogenkonsum ist, kein Grund für eine Abweichung vom Regelfall. Es ist für den Kläger und seine Eltern ohne weiteres möglich, den familiären Kontakt durch Besuche aufrechtzuerhalten. Der Kläger ist erwachsen. Betretenserlaubnisse hat die Beklagte nicht ausgeschlossen.
Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 f. ZPO


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