Verwaltungsrecht

Abschiebung, Bescheid, Iran, Herkunftsland, Gemeinde, Abschiebungsandrohung, Bundesamt, Einreise, Asylanerkennung, Abschiebungsverbot, Migration, Aufenthaltsverbot, Christentum, Verfolgung, Furcht vor Verfolgung, Kosten des Verfahrens, Bundesrepublik Deutschland

Aktenzeichen  AN 17 K 17.33311

Datum:
31.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12627
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3,
AsylG § 3a,
AsylG § 4,
AsylG § 28 Abs. 1a
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
VwGO § 98
ZPO § 415 Abs. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Asylbewerber aus dem Iran Keine Verfolgung durch den iranischen Geheimdienst Ettela´at mangels glaubhaft vorgetragener Verfolgungshandlung Kein Nachfluchtgrund wegen Konversion zunächst zum christlichen Glauben, sodann zum Bahaitum mangels identitätsprägender Bedeutung; bei mehrfachem Religionswechsel im Zielstaat ist bei Prüfung der identitätsprägenden Bedeutung der zuletzt angenommenen Religion strenger Maßstab anzulegen Anhörungsprotokoll des Bundesamtes als öffentliche Urkunde im Sinne des § 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Auch im Übrigen stößt der angegriffene Bescheid auf keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3a Abs. 3 AsylG muss die Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1, Abs. 2 AsylG an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung vom Staat (§ 3c Nr. 1 AsylG), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG).
Maßstab für die Beurteilung der Furcht des Klägers vor Verfolgung als begründet im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist das Vorliegen einer tatsächlichen Gefahr („real risk“) der Verfolgung. Erforderlich ist insoweit, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer angenommenen Rückkehr Verfolgung droht (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 33/18 – NVwZ 2020, 161 Rn. 15; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – NVwZ 2013, 936 Rn. 32; BVerwG, U.v. 22.11.2011 – 10 C 29/10 – NVwZ 2012, 1042 Rn. 23 ff.; BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09 – NVwZ 2011, 51 Rn. 22). Die Bejahung einer solchen beachtlichen Wahrscheinlichkeit der Verfolgung setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 33/18 – NVwZ 2020, 161 Rn. 15; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – NVwZ 2013, 936 Rn. 32).
Diesbezüglich gewährt Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Anerkennungs-RL) eine Beweiserleichterung: Für Vorverfolgte wird vermutet, dass ihre Furcht vor Verfolgung begründet ist. Die Vermutung ist widerleglich. Hierfür sind stichhaltige Gründe erforderlich, die dagegensprechen, dass dem Antragsteller eine erneute derartige Verfolgung droht (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 33/18 – NVwZ 2020, 161 Rn. 16).
Das Gericht muss in Asylstreitsachen die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals erlangen (BVerwG, B.v. 29.11.1996 – 9 B 293/96 – juris Rn. 2), wobei allerdings der sachtypische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerstaat angemessen zu berücksichtigen und deshalb den glaubhaften Erklärungen des Asylsuchenden größere Bedeutung beizumessen ist als dies sonst in der Prozesspraxis bei Parteibekundungen der Fall ist (BVerwG, B.v. 29.11.1996 – 9 B 293/96 – juris Rn. 2 f.). Dem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung kommt gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris Rn. 16). Der Schutzsuchende hat sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen (VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris Rn. 35; HessVGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris). Er hat die Gründe für seine Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm in seinem Heimatstaat bzw. Staat des gewöhnlichen Aufenthalts Verfolgung droht (BVerwG, B.v. 26.10.1989 – 9 B 405/89 – juris). Von dem Asylsuchenden kann verlangt werden, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, B.v. 19.3.1991 – 9 B 56/91 – juris). Erhebliche Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen können dem entgegenstehen, es sei denn, diese können überzeugend aufgelöst werden (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – juris, U.v. 23.2.1988 – 9 C 273/86 – juris). An der Glaubhaftmachung fehlt es auch, wenn der Schutzsuchende sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät ins das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris Rn. 35).
a) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist das Gericht zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) nicht davon überzeugt, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr nach Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG droht.
Zu prüfen ist nach dem klägerischen Vortrag einerseits eine Verfolgung durch den iranischen Geheimdienst „Ettela´at“ sowie eine Konversion vom Islam zunächst zum Christentum und aktuell zum Bahá´itum (im Folgenden Bahaitum) gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylG durch die im Iran auf eine Konversion bzw. dem Abfall vom islamischen Glauben stehende Haft- oder Todesstrafe.
b) Hinsichtlich der vorgetragenen Verfolgung durch den Ettela´at im Iran ist der Vortrag des Klägers als unglaubhaft einzustufen. Es fehlt schon im Ausgangspunkt an einer substantiierten Darlegung einer (drohenden) Verfolgungshandlung durch den Ettela´at im Sinne des § 3a AsylG. Vor dem Bundesamt hatte der Kläger lediglich vorgebracht, dass der Ettela´at ihn für den Fall, dass er dort nicht mitarbeiten würde, bedroht und gesagt habe, dass er und seine Familie dann nicht in Sicherheit wären. Dieser Vortrag bleibt zu blass und detailarm, als dass er die Überzeugung des Gerichts von einer (drohenden) Verfolgungshandlung tragen könnte. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Frage des Gerichts hin, wie es nach seinem zweiten Besuch beim Ettela´at weitergegangen sei, von einer direkten Bedrohung nichts mehr erwähnt. Lediglich ein Freund habe ihm mitgeteilt, dass er fliehen müsse und es sehr große Probleme geben könne, wenn er nicht beim Ettela´at mitmache. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG erfordert als Verfolgungshandlung aber eine solche, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Hinter dieser Schwelle bleibt der klägerische Vortrag deutlich zurück. In diesem Zusammenhang erscheint auch unstimmig, dass die damalige Ehefrau des Klägers sich dessen Ansinnen verweigert hat, gemeinsam auszureisen, was im Falle einer irgendwie manifestierten Bedrohungslage gegen die gesamte Familie aber nahegelegen hätte. Weiter ist widersprüchlich, dass der Kläger ohne größere Probleme zunächst per Flugzeug in die Türkei ausreisen konnte, was bei einem ernsthaften Verfolgungswillen des Geheimdienstes Ettela´at schwer vorstellbar erscheint. Zwar hat der Kläger angegeben sich seinen Reisepass ohne Wissen des Ettela´at über einen Bekannten bei der Polizei beschafft zu haben, jedoch gleichzeitig, dass er unter seinem richtigen Namen ausgereist sei. Hätte der Ettela´at auf den Kläger zugreifen wollen, hätte er naheliegenderweise dessen Ausreise unter Klarnamen am Flughafen unterbinden können. Was der Kläger schließlich auch nicht zur Überzeugung des Einzelrichters darlegen konnte ist, warum der Ettela´at ihn überhaupt zur Mitarbeit gedrängt haben soll. Zum einen können die iranischen Sicherheitsbehörden de facto willkürlich handeln, Straffreiheit ist auf allen Ebenen der Regierung und der Sicherheitskräfte weit verbreitet (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich [BFA], Länderinformation der Staatendokumentation: Iran, Version 4, Stand 22.12.2021, S. 23 ff., 34), weshalb die vom Kläger vorgebrachte eher formaljuristische Begründung, dass er als Mitglied der Gebäudepolizei Privathäuser betreten dürfe, der Ettela´at aber nicht, unstimmig wirkt. Des Weiteren hat der Kläger selbst angegeben sich bei der Gebäudepolizei bestimmten Zerstörungen illegal errichteter Häuser zunächst widersetzt und eine Gehaltskürzung bekommen zu haben. Für einen Geheimdienst hätte es aber nahegelegen jemanden zur Mitarbeit auszuwählen, der behördliche Entscheidungen nicht aus moralischen Gründen in Frage stellt, sondern linientreu ist.
Auch soweit der Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 18. Mai 2017 so zu verstehen ist, dass auch die Verweigerungshaltung des Klägers im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Gebäudepolizei im Iran Anknüpfungspunkt für eine flüchtlingsrelevante Verfolgung sein könne, fehlt es auch hier an einer schlüssig dargelegten drohenden Verfolgungshandlung, die die in § 3a Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG geforderte Schwere hat. Der Kläger hat beim Bundesamt zunächst angegeben, dass sein Lohn bei der Gebäudepolizei auf 500.000 Toman gekürzt worden sei und dass er habe beim Chef der nächsthöheren Behörde vorstellig werden müssen, der ihm gesagt habe, dass er im Wiederholungsfalle zum Kaffeekochen degradiert werde oder keinen Lohn mehr erhalte. In der mündlichen Verhandlung hingegen hat er sich dahingehend korrigiert, dass ihm nicht angedroht worden sei keinen Lohn mehr zu erhalten, sondern nur, dass er bestimmte Privilegien verlieren könne.
c) Der Einzelrichter geht nach alldem davon aus, dass der Kläger den Iran unverfolgt verlassen hat und Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU der Anerkennungs-RL keine Anwendung findet. Die Konversion zum Christentum bzw. Bahaitum fand nach dem Vortrag des Klägers erst in Deutschland statt, im Iran sei er noch Moslem gewesen.
d) Der Kläger kann sich hinsichtlich der vorgetragenen Konversion zunächst zum Christentum, nunmehr zum Bahaitum auch nicht gemäß § 28 Abs. 1a AsylG auf einen beachtlichen Nachfluchtgrund berufen. Nach § 28 Abs. 1a AsylG kann die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.
Allgemein trifft den Ausländer in Fällen einer Konversion erst im Aufnahmestaat eine erhebliche Plausibilisierungslast insbesondere mit Blick auf den Anlass und den Verlauf des Konversionsprozesses, die Bedeutung der Religion für das Leben des Betroffenen und dessen Überlegungen für den Fall eines Bekanntwerdens des Glaubenswechsels im sozialen Umfeld und Herkunftsland des Betroffenen (Wittmann in Decker/Bader/Kothe, BeckOK Migrations- und Integrationsrecht, 9. Ed. 15.10.2021, § 3b AsylG Rn. 12). Für den Iran kommt es hinsichtlich der Verfolgungsgefahr aufgrund einer Konversion darauf an, ob im Falle einer Rückkehr einer konvertierten Person davon auszugehen ist, dass diese ihren neu aufgenommenen Glauben und die damit verbundene Abkehr vom Islam aktiv im Iran ausüben oder nur erzwungener Maßen, unter dem Druck drohender Verfolgung, auf eine Glaubensbetätigung verzichten wird (BayVGH, U.v. 25.2.2019 – 14 B 17.31462 – juris Rn. 24). Es gibt keine Erkenntnisse dahingehend, dass allein wegen einer bisherigen religiösen Betätigung im Ausland oder in Deutschland oder gar schon wegen eines bloß formalen Glaubenswechsels einem Übergetretenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran eine asylrechtlich relevante Verfolgung drohen könnte – selbst unter dem Recht der Scharia (BayVGH a.a.O. Rn. 25; s.a. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich [BFA], Länderinformation der Staatendokumentation Iran, Version 4, Stand 22.12.2021, S. 54, zumindest für rückkehrende Konvertiten, die keine Aktivitäten mehr in Bezug (auf das Christentum) entfalten oder den Behörden vor Ausreise unbekannt waren). Da demnach die Verfolgung aufgrund einer Konversion im Iran nicht ausschließlich an die formale Kirchen- bzw. Religionsgemeinschaftszugehörigkeit anknüpft, ist bei der Beurteilung der Schwere einer drohenden Verletzung der Religionsfreiheit des Betroffenen zu prüfen, ob die Verfolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis für diesen zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Nachdem bereits der unter dem Druck drohender Verfolgung erzwungene Verzicht auf eine Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG erreichen kann, ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund drohender religiöser Verfolgung in diesem Fall maßgeblich, wie der Einzelne seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BayVGH a.a.O. Rn. 26; BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – NVwZ 2015, 1678 Rn. 11 m.w.N.; nachfolgend BVerfG, B.v. 3.4.2020 – 2 BvR 1838/15 – NVwZ 2020, 950 Rn. 26 ff.).
Diese Voraussetzungen sind in der Person des Klägers jedoch nicht erfüllt. Der Einzelrichter konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger aus ernsthafter, fester Überzeugung im Bundesgebiet zunächst zum christlichen Glauben und nunmehr zum Bahaitum übergetreten ist und diese eine besondere, identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung für ihn hatten bzw. haben.
Hinsichtlich der zunächst vorgetragenen Konversion zum Christentum hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er sich nunmehr nicht mehr als Christ, sondern als Bahai fühle. Da es nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG für die vorliegende Klage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt, kann eine identitätsprägende Bedeutung des Christentums für den Kläger ausgeschlossen werden.
Die erstmals im Rahmen des vorbereitenden Verfahrens mit Schriftsatz vom 5. September 2018 vorgetragene Mitgliedschaft in der Bahai-Gemeinde in Deutschland K.d.ö.R. und die diesbezüglichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung lassen ebenso wenig erkennen, dass das Bahaitum für den Kläger eine identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung für ihn hat.
Eine ernsthafte Hinwendung des Klägers zum Bahaitum lässt sich insbesondere nicht aus der durch die Bahai-Gemeinde in Deutschland K.d.ö.R. bescheinigten Mitgliedschaften des Klägers mit Bestätigung vom …, wohl 2018 [Jahreszahl in Kopie nicht vollständig lesbar], entnehmen. Diese bestätigt zwar für das Verwaltungsgericht bindend – analog der Rechtslage zur christlichen Taufe – die Wirksamkeit einer nach dem Recht der Religionsgemeinschaft begründeten Mitgliedschaft des Asylbewerbers bei den Bahai. Davon zu trennen ist jedoch – weil es eben keine eigene Angelegenheit der Kirchen oder Religionsgemeinschaften im Sinne des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV darstellt – ob und gegebenenfalls welche Aspekte der Glaubensüberzeugung oder Glaubensbetätigung in einer die Furcht vor Verfolgung begründenden Intensität für die religiöse Identität des Asylbewerbers prägend sind oder nicht (BVerfG, B.v. 3.4.2020 – 2 BvR 1838/15 – NVwZ 2020, 950 Rn. 29 f.; BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 9 ff.).
Bei einem mehrfachen Religionswechsel im Zielstaat ist nach Ansicht des Einzelrichters schon im Ausgangspunkt ein strenger Maßstab bei der Annahme einer identitätsprägenden Bedeutung der nunmehr angenommenen Religionszugehörigkeit anzulegen. Insbesondere muss der Kläger substantiiert darlegen, weshalb er innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes nochmals das Bekenntnis gewechselt hat, andernfalls sich Zweifel an der Identitätsprägung und Unverzichtbarkeit des nach erneutem Wechsel angenommenen Glaubens ergeben können. Dem Merkmal der Identitätsprägung wohnt nämlich auch eine zeitliche Kontinuität inne, die durch einen mehrfachen Konfessionswechsel in verhältnismäßig kurzer Zeit, hier binnen 3 Jahren, in Frage gestellt wird. Dies gilt umso mehr dann, wenn der erste Religionswechsel – hier vom Islam zum Christentum – zurückhaltend gesprochen ohne besonderes geistig-theologisches Fundament erfolgt ist. Der Kläger hat vor dem Bundesamt selbst angegeben auf Empfehlung von Freunden zum Christentum gewechselt zu sein. Er habe sich auch taufen lassen, möge sich aber derzeit [zum Zeitpunkt der Anhörung vor dem Bundesamt] noch nicht als Christ bezeichnen, da er zu wenige Informationen habe. Dies lässt jedenfalls eine gewisse Lockerheit im Umgang mit der Religionszugehörigkeit erkennen, welche dem Erfordernis der Identitätsprägung widerspricht. Es ist am Kläger diesen Widerspruch im Rahmen des erneuten Religionswechsels aufzulösen.
Angesichts dessen ist der Einzelrichter nicht von einer ernsthaften Zuwendung des Klägers zum Bahaitum überzeugt. So bleibt der Kläger nach der Frage des Gerichts, welche Veranstaltung der Kläger zuletzt in der Bahai-Gemeinde in … besucht habe, in seiner Antwort nebulös: Sie hätten vor kurzem gefeiert und sich zu diesem Zweck getroffen und bei diesem Anlass gebetet. Auf Rückfrage des Einzelrichters, was genau gefeiert worden sei, gab der Kläger an, dass es ein wichtiges Fest gewesen sei, er sich aber nicht genau erinnern könne. Von einem im Bahaitum verwurzelten Gläubigen, der seit etwa dreieinhalb Jahren Mitglied ist, ist zu erwarten, dass er jedenfalls grob den (theologischen) Anlass von religiösen Festlichkeiten zu skizzieren vermag. Dieses Bild vervollständigt sich, wenn der Kläger auf Frage des Gerichts zu seinen religiösen Aktivitäten wenig konkret antwortet, dass er „Veranstaltungen“ besuche, teils online, teils in Präsenz und sonntags ab 9 Uhr zu einem „Treffen“ gehe, das mehrere Stunden dauere. Eine derart nüchtern-abstrakte Darstellung der eigenen religiösen Aktivitäten ist nicht im Ansatz geeignet, eine identitätsprägende Bedeutung des Bahaitums für den Kläger zu tragen. Schließlich gab der Kläger auf die Frage des Gerichts, wie sich das Bahaitum in seinem täglichen Leben äußere knapp an, dass er sich bemühe nicht zu lügen und anderen zu helfen. Auch dies lässt den nötigen Tiefgang zur Begründung einer identitätsprägenden Bedeutung des Bahaitums vermissen. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Klägers, dass er anderen Bahai bei Amtsgängen und Erledigungen geholfen, ehrenamtlich bei der Tafel gearbeitet und Senioren beim Einkauf geholfen habe. Zwar hat der Kläger mehrfach betont, dass man auch in seinen Taten ein Bahai sein müsse, jedoch lässt dies nicht in ausreichendem Maße die theologische Verwurzelung der Hilfsbereitschaft und des Altruismus des Klägers erkennen. Beides nämlich kann auch aus einem rein säkular-humanistischen Antrieb heraus gelebt werden. Dass der Kläger auf entsprechende Nachfrage des Gerichts in Ansätzen bestimmte Charakteristika des und Informationen über das Bahaitum wie etwa, dass es keine religiösen Führer gebe – laut der Erkenntnismittel gibt es keine Priester (Deutschlandfunk, Bahaitum / Die Religion der Einheit, 8.7.2020) -, alle Menschen gleich seien – laut der Erkenntnismittel sind etwa Mann und Frau gleichberechtigt -, die Bahai am Weltfrieden festhielten und dass die wichtigste Begegnungsstätte in Frankfurt stehe, nennen konnte, ist nicht hinreichend für den Beleg einer ernsthaften Zuwendung zum Bahaitum. Es handelt sich durchweg um objektive Informationen, die zwar ein Mindestmaß an Wissen zum Bahaitum erkennen lassen, jedoch im Lichte der übrigen Angaben des Klägers keine identitätsprägende Bedeutung des Bahaitums für ihn zu begründen vermögen. Vor diesem Hintergrund ist als unglaubhaft einzustufen, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Iran auf entsprechende Frage bekennen würde, Bahai zu sein und dies bleiben zu wollen. Dies setzte nämlich im ersten Schritt voraus, dass das Bahaitum eine identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung hätte, was gerade nicht der Fall ist.
Nach alldem hat das Gericht auch nach der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck gewinnen können, dass eine verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für den Kläger nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist.
Allein durch die Asylantragstellung und die zunächst behauptete Konversion zum Christentum und sodann zum Bahaitum hat der Kläger bei einer Rückkehr in den Iran keine Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten. Den iranischen Behörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen, hierzu Asylverfahren betreiben und häufig eine Konversion (zum Christentum) behaupten (BayVGH, U.v. 25.2.2019 – 14 B 17.31462 – juris Rn. 25; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Iran (Stand 23. Dezember 2021), vom 28.1.2022, S. 21; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Iran, Version 4, 22.12.2021, S. 54 f.).
Bei der Rückkehr in den Iran kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Bislang ist kein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden (Auswärtiges Amt a.a.O.; BFA a.a.O, S. 93 f.).
e) Soweit der Kläger zahlreiche Übersetzungsfehler im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt vorträgt, rechtfertigt dies keine abweichende Entscheidung. Denn zum einen wurden die konkret in der mündlichen Verhandlung angebrachten Korrekturen der Übersetzung, soweit sie entscheidungserheblich sind, im Urteil zugrunde gelegt. Davon abgesehen sieht der Einzelrichter das Anhörungsprotokoll als öffentliche Urkunde im Sinne des § 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO an, das den vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges erbringt (VG Köln, U.v. 27.9.2012 – 2 K 86/12 – juris Rn. 35). Hiergegen ist nur der volle Gegenbeweis zulässig und genügen bloße Zweifel oder das Behaupten einer Falschübersetzung nicht.
2. Dem Kläger steht unter diesen Umständen auch kein Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Hierfür ist angesichts des nicht glaubhaften Asylvorbringens nichts ersichtlich. Auch die Nr. 3 des § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG ist unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnismittel nicht einschlägig.
3. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist, was insbesondere bei einem drohenden Verstoß gegen Art. 3 EMRK der Fall ist. Was die humanitären und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Iran anbelangt, die nur ausnahmsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtfertigen könnten (ausführlich hierzu etwa VG Ansbach, U.v. 13.7.2021 – AN 17 K 21.30074 – juris Rn. 48 m.w.N.), ist ausweislich der vorliegenden Erkenntnismittel zwar von einer angespannten wirtschaftlichen Situation insbesondere in Folge der Sanktionen der USA und des Währungsverfalls auszugehen (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Iran, Version 4, 22.12.2021, S. 85 f.). Gleichwohl gewährleistet der Iran auch für Rückkehrer eine Grundversorgung, zu der neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen wie Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Spezielle Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind allerdings nicht bekannt (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Iran (Stand 23. Dezember 2021), vom 28.1.2022, S. 20). Die medizinische Versorgung ist auf ausreichendem Niveau gewährleistet (BFA a.a.O., S. 89 ff.). Darüber hinaus ist für den Kläger bei einer Rückkehr mit einer Unterstützung durch den im Iran verbliebenen Familienverband, zu dem auch seine Eltern zählen, zu rechnen, nicht zuletzt, weil auch nach der Ankunft des Klägers in Deutschland laut dessen Angabe vor dem Bundesamt Kontakt – „Natürlich 100%“ – gepflegt wurde. Von familiärer Unterstützung abgesehen ist der Kläger trotz seiner Einschränkung am rechten Arm als arbeitsfähiger junger Mann in der Lage, seinen eigenen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Insbesondere verfügt er über einen guten formalen Bildungsstatus mit dem Ablegen des Fachabiturs und dem Absolvieren einer Maurerausbildung sowie einer Gebäudeplanungsausbildung, aber auch über praktische Arbeitserfahrung: So hat der Kläger eigenen Angaben nach bereits ein Internetcafé eröffnet und Schweißerarbeiten geleistet. Damit ist die Schwelle einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Klägers im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht überschritten.
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG liegen ebenso wenig vor.
4. Auch die in Ziffer 5 des Bescheides vom 8. Mai 2017 enthaltene Ausreiseaufforderung mitsamt Abschiebungsandrohung in den Iran begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor. Insbesondere ist die Verbindung der ablehnenden Asylentscheidung mit dem Erlass der Abschiebungsandrohung als Rückkehrentscheidung europarechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (EuGH, U.v. 19.6.2018 – Gnandi, C-181/16 – NVwZ 2018, 1625). Allerdings muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Lichte der RL 2008/115/EG (Rückführungs-RL) und der Asylverfahrensrichtlinie (heute RL 2013/32/EU) sowie des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 18, Art. 19 Abs. 2 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) durch das nationale Recht gewährleistet sein, „dass alle Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung ausgesetzt werden, dass der Antragsteller während dieses Zeitraums in den Genuss der Rechte aus der RL 2003/9/EG [heute: RL 2013/33/EU] des Rates vom 27.1.2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten kommen kann und dass er sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen kann, die im Hinblick auf die RL 2008/115/EG und insbesondere ihren Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben kann; dies zu prüfen ist Sache des nationalen Gerichts“ (EuGH, U.v. 19.6.2018 – Gnandi, C-181/16 – NVwZ 2018, 1625 Rn. 67). Dem ist das Bundesamt durch die § 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG entsprechende Bedingung, dass im Falle einer Klageerhebung die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens endet, nachgekommen. Die im Übrigen durch den EuGH formulierten Bedingungen sind erfüllt bzw. führt deren Nichtbeachtung nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung (s. VG Ansbach, U.v. 18.8.2020 – AN 17 K 20.30137 – juris Rn. 51 ff.).
5. Die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Befristung steht im Ermessen der Behörde gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG und wird vom Gericht in zeitlicher Hinsicht nur auf – hier nicht vorliegende – Ermessensfehler hin überprüft (§ 114 Satz 1 VwGO).
Die nicht dem heutigen Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, der einen behördlichen Erlass des Einreise- und Aufenthaltsverbots fordert, entsprechende Formulierung der Ziffer 6 im Bescheid vom 8. Mai 2017 („gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot“) ist insoweit unschädlich. Die nunmehr geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer ist regelmäßig in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu sehen (BVerwG, B.v. 13.7.2017 – 1 VR 3.17 – juris Rn. 72; s.a. BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21/17 – NVwZ 2019, 483 Rn. 25).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.


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