Verwaltungsrecht

Abschiebungsschutz gegen eine Rückführung nach Griechenland

Aktenzeichen  AN 17 E 20.50011

Datum:
15.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7122
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2, § 71

 

Leitsatz

1. § 71 AsylG greift nicht ein, wenn die Frage nach der Zuständigkeit eines anderen Staates nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a oder Nr. 2 AsylG erneut aufgeworfen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die (echten) Dublin-Folgeanträge kann § 71 Abs. 5 und 6 AsylG nicht analog angewendet werden. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass aus den Abschiebungsandrohungen in den Bescheiden des Bundesamtes für … vom 25. April 2017 keine Vollzugsmaßnahmen ergehen dürfen.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Antragsteller beantragen im Wege einer einstweiligen Anordnung Abschiebungsschutz gegen eine Rückführung nach Griechenland bzw. die Untersagung der Abschiebung aus einer bestandskräftigen Abschiebungsandrohung nach erfolgter freiwilliger Ausreise und Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland.
Die Antragstellerin zu 1) und ihre 2015 und 2018 in Griechenland geborenen Kinder, die Antragsteller zu 2) und zu 3), sind syrische Staatsangehörige. Sie reisten am 8. Oktober 2015 mit dem Ehemann bzw. dem Vater der Antragsteller in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Antragstellerinnen zu 1) und zu 2) stellten – wie auch der Ehemann und Vater – am 6. April 2016 Asylanträge. Für den Antragsteller zu 3) galt ein Asylantrag über § 14a Abs. 2 Satz 3 AsylG mit der Anzeige vom 11. Juli 2016 als gestellt. Aufgrund ihres zuvor in Griechenland, wo sie sich seit 2008 aufgehalten hatten, gestellten Asylantrags wurden sie von der Hellenischen Republik am 5. November 2015 als Flüchtlinge anerkannt.
Mit Bescheiden vom 25. April 2017 lehnte das Bundesamt für … (Bundesamt) die Asylanträge der Antragsteller daraufhin als unzulässig ab, wobei die Bescheide für die Antragstellerinnen zu 1) und zu 2) auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützt wurden und der des Antragstellers zu 3) auf Art. 20 Abs. 3 i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 1a bzw. Nr. 2 AsylG. Den Antragstellern wurde jeweils die Abschiebung – in erster Linie – nach Griechenland angedroht, wenn sie die Bundesrepublik Deutschland nicht binnen einer Woche nach Bescheidserlass verließen.
Im anschließenden Gerichtsverfahren (AN 18 K 17.50781) bestanden Anhaltspunkte für einen unbekannten Aufenthalt der Antragsteller, was zu einer Einstellung der Klageverfahren nach § 81 AsylG führte.
Am 20. November 2019 stellten die Antragsteller erneut einen Asylantrag beim Bundesamt. Die Antragstellerin zu 1) gab beim Bundesamt schriftlich an, im März 2019 freiwillig nach Griechenland ausgereist zu sein, sich in Athen, wo die Familie kein Geld, keine Bleibe und keine Hilfe gehabt hätte, aufgehalten zu haben und am 12. November 2019 über den Luftweg über Wien und weiter mit den Zug in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt zu sein. Bei einer Befragung vor der Ausländerbehörde gab die Antragstellerin zu 1) am 21. November 2019 an, dass sie sich vom 7. Oktober 2015 bis 10. März 2019 bei Familienangehörigen in Deutschland aufgehalten hätten.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2019 lehnte das Bundesamt die Anträge der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1) und lehnte die Abänderung der Bescheide vom 25. April 2017 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab (Ziffer 2).
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Januar 2020 erhoben die Antragsteller Klage auf Aufhebung des Bescheids „vom 07.02.2018“ und beantragten gem. § 123 VwGO,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die erlassene Abschiebungsandrohung zu widerrufen bzw. der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass auf die ursprüngliche Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG zunächst keine Vollzugsmaßnahmen ergehen dürfen und begründeten diesen mit gleichem Schriftsatz und mit Schriftsatz vom 9. April 2020 mit der Gefahr der Abschiebung der Antragsteller aus der alten Abschiebungsandrohung und den Verhältnissen in Griechenland, die einer Abschiebung dorthin entgegenstünden.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 10. Januar 2020, den Antrag abzulehnen.
Auf eine gerichtliche Anfrage vom 20. März 2020 hin teilte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 29. März 2020 mit, dass ihrerseits daran festgehalten werde, dass es nach § 71 Abs. 6 AsylG keiner erneuten Abschiebungsandrohung bedürfe, da von einem Folgeantrag auszugehen sei. Bei einer Erstentscheidung des Bundesamtes nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG sei eine erneute Antragstellung anders als bei einer Erstentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG als Folgeantrag anzusehen, da die Antragsteller im Erstverfahren in diesen Fällen zumindest die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Gründe vorzutragen. Eine Zusage über das Absehen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen könne nicht erteilt werden.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die auf vorläufigen Abschiebeschutz gerichteten Anträge nach § 123 Abs. 1 VwGO sind zulässig und begründet. Den Anträgen auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist im tenorierten Umfang stattzugeben.
1. Nachdem der Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2019 keine Abschiebungsandrohung enthält, scheiden die für den einstweiligen Rechtschutz grundsätzlich vorrangigen (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO) Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO vorliegend aus und sind Anträge nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft (vgl. VG München, B.v. 5.8.2016 – M 24 S 16.31643 – juris Rn. 15).
Den Anträgen fehlt es weder an der Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog, noch am notwendigen Rechtschutzbedürfnis. Da die Antragsgegnerin sich auf den Standpunkt stellt, dass die Antragsteller aus den Abschiebungsandrohungen in den Bescheiden vom 25. April 2017 abgeschoben werden können und es aufgrund von § 71 Abs. 6 AsylG keiner erneuten Abschiebungsandrohung bedarf, fehlt es den Anträgen insbesondere nicht an einem Anordnungsgrund. Das Bundesamt hat auf gerichtliche Anfrage hin sogar ausdrücklich erklärt, auch vorläufig, d.h. bis zur Klärung der Rechtsfrage im Eilverfahren, nicht auf eine Abschiebung zu verzichten bzw. der zuständigen Ausländerbehörde eine entsprechende Mitteilung zu machen, so dass mit einer jederzeitigen Abschiebung der Antragsteller gerechnet werden muss, was die Eilbedürftigkeit rechtfertigt.
Das Rechtschutzbedürfnis entfällt nicht deshalb, weil möglicherweise aufgrund der tatsächlichen Reiseeinschränkungen aufgrund der europaweiten pandemischen Ausbreitung des Covid 19-Virus (Grenzschließungen, extrem eingeschränkter Flugverkehr) derzeit keine Abschiebung realisiert werden kann oder die Behörden in dieser Situation tatsächlich auf eine Abschiebung verzichten. Ob dies der Fall ist, ist jedenfalls unklar und von der Antragsgegnerin oder der zuständigen Ausländerbehörde nicht mitgeteilt worden, auch nicht auf das gerichtliche Anschreiben vom 20. März 2020. Eine allgemein verbindliche Erklärung des Bundesamtes bzw. der zuständigen Ausländerbehörde, dass Abschiebungen derzeit nicht realisiert werden, liegt dem Gericht nicht vor. Die Erklärung des Bundesamtes vom 18. März 2020 (Az.…) erfasst den vorliegenden Fall nicht, da es vorliegend nicht um eine Dublin-Überstellung geht. Das Schreiben kündigt im Übrigen nur Einzelmitteilungen bzw. Einzelentscheidungen an, stellt selbst aber noch keine verbindliche Aussetzungserklärung dar.
Dem Rechtschutzbedürfnis steht auch nicht entgegen, dass die Hauptsacheklagen (AN 17 K 20.50012) fälschlicherweise auf die Aufhebung des Bescheids „vom 07.02.2018“ gerichtet sind und solche Bescheide für die Antragsteller nicht existieren. Wie aus dem Gesamtzusammenhang ersichtlich, sollten die Bescheide vom 19. Dezember 2019 beklagt werden, so dass es sich bei der Formulierung um eine unbeachtliche offensichtliche Unrichtigkeit handelt, die noch geändert werden kann und die Klagen nicht unzulässig macht. Im Übrigen wäre der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auch dann als zulässig zu erachten, wenn der Bescheid vom 19. Dezember 2019 nicht mittels Klagen angegriffen worden wäre. Auf den Standpunkt, dass eine erneute Abschiebungsandrohung erforderlich ist, kann sich die Antragstellerseite unabhängig von der Bestandskraft des Bescheides vom 19. Dezember 2019 stellen.
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist damit zulässig. Zur vorläufigen Verhinderung einer Abschiebung besteht kein anderer Weg.
2. Die Bundesrepublik Deutschland ist richtige Antragsgegnerin. Der Rechtschutz ist nicht gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde bzw. deren Rechtsträger zu suchen. Für Folgeantragsfälle ohne Abschiebungsandrohung ist beim Geltendmachen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen anerkannt, dass die Bundesrepublik Deutschland richtige Antragsgegnerin ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2007 – 19 CE 07.158 – juris). Das Gleiche muss nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch und erst recht gelten, wenn die Frage streitig ist, ob es sich um einen Folgeantrag handelt bzw. die Regelung des § 71 Abs. 5, Abs. 6 AsylG analog anzuwenden ist und sich die Antragsgegnerin jedenfalls hierauf beruft (vgl. allgemein zur Bindungswirkung der Ausländerbehörde an die Bundesamtsentscheidung auch BayVGH, B.v. 10.12.2019 – 10 C 19.2221/10CE 19.2227 – juris).
3. Der Antrag ist auch der Sache nach begründet. Neben dem dargelegten und glaubhaft gemachten Anordnungsgrund (vgl. ausführliche Ausführungen bereits im Rahmen von 1.), ist auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin geht fehl mit ihrer Auffassung, dass die Antragsteller aus den Abschiebungsandrohungen vom 25. April 2017 abgeschoben werden können.
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Abschiebungsandrohung verbraucht ist, wenn der Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen worden ist oder die Abschiebung vollzogen worden ist (vgl. insbesondere Rechtsprechung des BGH zu Abschiebehaftfällen, B.v. 17.3.2016 – V ZB 39/15 – juris Rn. 8, B.v. 7.2.2019 – V ZB 216/17 – juris Rn.12, B.v. 16.5.2019 – V ZB 1/19 – juris Rn. 18). Dies entspricht auch der verwaltungsrechtlichen Rechtslage außerhalb des Asylrechts. Zwangsmittelandrohungen für Handlungsverpflichtungen erledigen sich grundsätzlich mit der Erfüllung der auferlegten Verpflichtung. Eine erneute Vollstreckung ist nur nach einer erneuten Zwangsmittelandrohung möglich (vgl. § 13 Abs. 6 Satz 2 VwZG, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG). Von diesem Grundsatz ausgehend macht § 71 Abs. 5 AsylG eine Ausnahme für Asylfolgeanträge, die nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führen, die nach § 71 Abs. 6 AsylG auch dann greift, wenn der Ausländer bereits abgeschoben worden ist.
Ein Asylfolgeantrag liegt nach der Legaldefinition des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG vor, wenn ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag stellt. Dies ist für die Antragsteller hier bzw. für Antragsteller in der vorliegenden Konstellation aber nicht der Fall. Eine Ablehnung des Asylantrags im Sinn des § 71 AsylG liegt nur im Falle einer inhaltlichen Prüfung und Ablehnung der Asylgründe vor, nicht aber wenn es zu einer solchen nicht gekommen ist, sondern der Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a oder
Nr. 2 AsylG als unzulässig angesehen worden ist. Eine inhaltliche Prüfung der Begehren nach §§ 3 und 4 AsylG durch das Bundesamt hat dann gerade nicht stattgefunden und war auch nicht veranlasst. § 71 AsylG greift damit nicht ein.
Ein anderes Verständnis des § 71 AsylG verbietet sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts, da eine solches Verständnis nicht der Konzeption des deutschen und europäischen Asylsystems entspräche. Ein Folgeantrag oder Zweitantrag setzt ersichtlich voraus, dass ein Asylbegehren schon einmal bestandskräftig inhaltlich in der Sache gescheitert ist, entweder weil keine Asylgründe erkannt wurden oder die Asylgründe aus formalen Gründen (wie Fristabläufen, Nichtbetreiben des Verfahrens) nicht berücksichtigt werden konnten. Ist das (Erst-)Asylverfahren in Deutschland gescheitert, kommt es bei einer erneuten Asylantragstellung zu einem Folgeverfahren nach § 71 AsylG, ist eine solches in einen anderen Staat erfolglos geblieben, greift § 71a AsylG und der erneute, in Deutschland gestellte Antrag wird als Zweitantrag behandelt. Gerade keine Folge- oder Zweitantragssituation liegt aber vor, wenn internationaler Schutz einem Ausländer (irgendwo) zuerkannt worden ist. Dieses Verständnis entspricht dem europäischen Asylsystem, festgelegt in der Dublin III-VO (insoweit greift national § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) bzw. Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 – Verfahrens-RL – (dann greifen § 29 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 AsylG ein). Außerdem zeigt sich dieses Verständnis aus der Formulierung des § 71a AsylG, wonach die Frage der Zuständigkeit der inhaltlichen Prüfung vorgeht („…ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist…“). Unerheblich ist hingegen – wie aber die Antragsgegnerin irrig meint -, ob die Asylantragsteller in einem ersten (Zuständigkeits-)Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland die Gelegenheit hatten, zu ihren Asylgründen etwas vorzutragen. Der Vortrag erfolgt sowohl in den Fällen, die zu einer Entscheidung der Antragsgegnerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG als auch zu einer solchen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG führen, rein vorsorglich und spielt, wenn es zu einer Unzuständigkeitsentscheidung kommt, keinerlei Rolle für diese Entscheidung, nicht einmal in Bezug auf eventuelle nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG, weil diese nur im Hinblick auf den Dublin- bzw. Drittstaat, nicht aber bezogen auf das Herkunftsland geprüft werden. Eine Unterscheidung zwischen den Konstellationen des § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG („Dublin-Folgeantrag“) und der nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG („Anerkannten-Folgeantrag“) überzeugt damit in keiner Weise. Die von der Antragsgegnerin angesprochene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg (B.v. 13.3.2019 – RO 9 E 19.50172 – juris) verhält sich zur der hier aufgeworfenen Fragestellung auch nicht. Das erkennende Gericht hält an seiner Rechtsprechung fest, dass § 71 AsylG nicht eingreift, wenn die Frage nach der Zuständigkeit eines anderen Staates nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a oder Nr. 2 AsylG erneut aufgeworfen ist (vgl. B.v. 14.11.2019 – AN 17 S 19.51068 – juris; ebenso VG München, B.v. 15.4.2019 – M 9 E 50.335 – juris, a.A. Bergmann/Dienelt, 12. Aufl. 2018, § 71 Rn. 7). Gesetzestechnisch lässt sich dies auch damit begründen, dass die Unzulässigkeitsgründe des § 29 Abs. 1 AsylG grundsätzlich in der aufgelisteten Reihenfolge zu prüfen sind, der zuerst genannte Unzulässigkeitsgrund den nachfolgenden Gründen vorgeht, § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG zu prüfen und gegebenenfalls festzustellen ist.
Da kein Folgeantrag vorliegt, greift der Ausnahmetatbestand nach § 71 Abs. 5 und 6 AsylG nicht ein. Eine erneute Abschiebungsandrohung ist nicht entbehrlich.
Für die vorliegende Situation ist nach Ansicht des Gerichts zwar § 51 VwVfG direkt anwendbar (vgl. VG Ansbach, B.v. 14.11.2019 – AN 17 S 19.51068 – juris), so dass formal eine dem Folgeantrag bzw. Zweitantrag vergleichbare Prüfung (allerdings nur in Bezug auf die Zuständigkeitsfrage und nicht in Bezug auf das Asylbegehren) zu erfolgen hat, die Vorschrift des § 51 VwVfG ermöglicht es aber gerade nicht, aus einer verbrauchten Zwangsmittelandrohung erneut zu vollziehen. Da es sich bei § 71 Abs. 5 und 6 AsylG um Ausnahmevorschriften handelt, können diese auch nicht ohne weiteres analog angewendet werden. Für die (echten) Dublin-Folgeanträge ist dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (vgl. U.v. 25.1.2018 – C-360/16 „Hasan“ – juris) vielmehr ausgeschlossen. Aus den gleichen Erwägungen heraus, wenn auch nicht aufgrund europäischer Verpflichtung, muss dies nach Auffassung des Gerichts auch für das vorliegende „Anerkannten-Folgeverfahren“ gelten.
Eine Vollstreckung aus den Abschiebungsandrohungen in den Bescheiden vom 25. April 2017 ist damit unzulässig. Da die Antragsgegnerin die Rechtslage ausdrücklich anders beurteilt und es abgelehnt, die für den Vollzug zuständige Ausländerbehörde entsprechend zu informieren bzw. anzuweisen, war die einstweilige Anordnung auszusprechen. Da auch die Prüfung, welcher europäische Staates für die Antragsteller zuständig ist, dem Bundesamt und nicht der Ausländerbehörde obliegt, hätte die erneute Abschiebungsandrohung mit Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise das Bundesamt und nicht die zuständige Ausländerbehörde erlassen müssen, §§ 35, 38 Abs. 1 AsylG.
4. Die Kostenentscheidung des damit erfolgreichen Antrags beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
5. Diese Entscheidung ist gem. § 80 AsylG unanfechtbar.


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