Verwaltungsrecht

Allgemeinverfügung zur Bewältigung des sprunghaften Anstiegs der Infektionen mit dem Coronavirus

Aktenzeichen  20 CS 20.2873

Datum:
4.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 34835
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 6
IfSG § 28 Abs. 1 S. 1, § 28a Abs. 1

 

Leitsatz

1. Zweifel daran, ob die vom Robert-Koch-Institut ermittelten und veröffentlichten Fallzahlen, auf die der Gesetzgeber abstellt (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 12 IfSG), das Infektionsgeschehen zutreffend wiedergeben, stehen jedenfalls der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 28a Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht entgegen. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Beschwerdevorbringen, wonach eine Allgemeinverfügung formell rechtswidrig sei, weil die Regelungen aufgrund ihres abstrakt-generellen Charakters als Rechtsverordnung hätten ergehen müssen, muss darlegen, inwiefern ausnahmsweise ein Rechtsformenzwang zu Gunsten einer Regelung durch Rechtsverordnung bestehen und nur eine Regelung durch Rechtsverordnung zulässig sein sollte. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 14 S 20.2948 2020-12-02 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 27. November 2020 (Allgemeinverfügung zur Bewältigung des sprunghaften Anstiegs der Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, ABl. Nr. 53 S. 550) wendet, bleibt ohne Erfolg.
Die von ihr dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Klage der Antragstellerin gegen die streitgegenständliche Allgemeinverfügung bei summarischer Prüfung keinen Erfolg haben wird.
1. Soweit die Antragstellerin umfangreich dazu vorträgt, dass sog. PCR-Tests nicht geeignet seien, um Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus zu belegen und daher mangels nachgewiesener Infektionen die Voraussetzungen der §§ 28 ff. IfSG nicht erfüllt seien, setzt sie sich weder mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts noch mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des erkennenden Senats auseinander, wonach PCR-Tests ungeachtet gewisser Rest-Ungenauigkeiten im Grundsatz ein geeignetes Instrument zur Ermittlung der Infektionsgefahr darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 8.9.2020 – 20 NE 20.2001 – juris Rn. 28). Unabhängig davon stellt der Gesetzgeber ausschließlich auf die vom Robert-Koch-Institut ermittelten und veröffentlichten Fallzahlen ab (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 12 IfSG); Zweifel daran, ob diese Zahlen das Infektionsgeschehen zutreffend wiedergeben, stehen daher jedenfalls der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 28a Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht entgegen.
2. Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie werde durch Ziff. 2.1 Satz 4 der angegriffenen Allgemeinverfügung in ihrer Versammlungsfreiheit verletzt, da sie aus medizinischen Gründen von der Maskenpflicht befreit sei und deshalb nicht mehr an Versammlungen teilnehmen könne, hat sie mit ihrer Beschwerde weder eine konkrete bevorstehende Versammlung benannt, an der sie teilnehmen möchte noch die behauptete ärztliche Befreiung von der Maskenpflicht i.S.d. § 2 Nr. 2 9. BayIfSMV (BayMBl. 2020 Nr. 683) konkretisiert. Aus ihrem Antrag ergibt sich somit schon nicht hinreichend, inwiefern sie von der Norm betroffen ist.
3. Soweit die Antragstellerin schließlich die in der Hauptsache angegriffene Allgemeinverfügung für formell rechtswidrig hält, da die Regelungen aufgrund ihres abstrakt-generellen Charakters als Rechtsverordnung hätten ergehen müssen, hat sie schon nicht dargelegt, inwiefern hier ausnahmsweise ein Rechtsformenzwang zu Gunsten einer Regelung durch Rechtsverordnung bestehen (vgl. dazu Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 18a) und warum hier nur eine Regelung durch Rechtsverordnung zulässig sein sollte.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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