Verwaltungsrecht

Androhung von Zwangsgeldern zur Durchsetzung des Abbruchs von drei Nebengebäuden

Aktenzeichen  1 ZB 18.148

Datum:
15.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 28694
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4
BayVwZVG Art. 31, Art. 36 Abs. 1 S. 2, Art. 38 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

Der Einwand der fehlerhaften Störerauswahl betrifft die Rechtmäßigkeit des (hier bestandskräftigen) Grundverwaltungsakts und ist für die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung ohne Bedeutung. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 K 16.5548 2017-10-12 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. Oktober 2017 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 3.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger wendet sich gegen die Androhung von Zwangsgeldern zur Durchsetzung des Abbruchs von drei Nebengebäuden auf dem seiner Ehefrau gehörenden Grundstück FlNr. …, Gemarkung M* …
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 7. September 2011 ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger an, auf diesem Grundstück drei Nebengebäude vollständig zu beseitigen. Die Eigentümerin des Grundstücks wurde mit Bescheid vom 31. Oktober 2016 verpflichtet, die Beseitigung zu dulden. Das Landratsamt drohte dem Kläger mit Bescheid vom 8. November 2016 Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 6.000 EUR für den Fall an, dass er der Beseitigungsanordnung aus dem Bescheid vom 7. September 2011 nicht nachkommt. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Zwangsgeldandrohung erhobene Klage abgewiesen. Die isolierte Zwangsgeldandrohung sei rechtmäßig, eine Rechtsverletzung durch die Androhung sei nicht ersichtlich. Im Parallelverfahren zur Duldungsverfügung hat es die Klage der Ehefrau des Klägers ebenfalls abgewiesen. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt (1 ZB 18.149).
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegen nicht vor bzw. werden nicht dargelegt.
1. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen‚ sind zu bejahen‚ wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG‚ B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011‚ 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG‚ B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004‚ 838). Das ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, das die Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzung der Beseitigung der Nebengebäude nach Art. 31, Art. 36 VwZVG rechtmäßig ist.
Soweit der Kläger geltend macht, es fehle an der nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erforderlichen Erfüllungsfrist, weil die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärte Änderung der Ziffer 1.2 des Bescheids dazu geführt habe, dass das Zwangsgeld bereits mit Bestandskraft der gegenüber der Ehefrau ausgesprochenen Duldungsverfügung fällig werde, vermag dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen. Aus der Änderung ergibt sich hinreichend deutlich, dass das Zwangsgeld nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach der zuletzt eintretenden Bestandskraft der angegriffenen Verfügungen fällig wird. Die Zeitangabe „zwei Monate“ ist hier gewissermaßen vor die Klammer gezogen und bezieht sich schon ihrem Wortlaut nach sowohl auf die Bestandskraft des angegriffenen Bescheids als auch auf die Bestandskraft der Duldungsanordnung. Entgegen dem Zulassungsvorbringen besteht auch zu Beginn der Erfüllungsfrist kein Vollstreckungshindernis, da die Erfüllungsfrist frühestens ab dem Zeitpunkt der Bestandskraft der Duldungsverfügung zu laufen beginnt.
Es bestehen auch keine Zweifel hinsichtlich der Bestimmtheit der Erfüllungsfrist. Unabhängig davon, dass der Kläger nach der allgemeinen Lebenserfahrung von seiner Ehefrau regelmäßig unproblematisch in Erfahrung bringen kann, ob die ihr gegenüber ergangene Duldungsverfügung nunmehr bestandskräftig ist, ist dem Kläger eine Nachfrage beim Landratsamt zumutbar. Einen Anlass zu dieser Nachfrage hat der Kläger jedenfalls mit Erhalt dieses Beschlusses, aus dem sich auch ergibt, dass der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung im Verfahren der Ehefrau des Klägers gegen die Duldungsverfügung abgelehnt hat.
Soweit der Kläger eine fehlerhafte Störerauswahl rügt, ist sein Vortrag nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann die Androhung eines Zwangsmittels, wenn sie – so wie hier – nicht mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist, nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird (BayVGH, B.v. 21.8.2017 – 1 ZB 17.926 – juris Rn. 3). Die Einwendungen des Klägers zur Störerauswahl richten sich gegen die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts. Selbiges gilt in Bezug auf die vom Kläger im Zulassungsvorbringen geltend gemachte Unverhältnismäßigkeit der Zwangsgeldandrohung. Die dort vorgebrachten Argumente beziehen sich auf die bestandskräftige Beseitigungsanordnung.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.
Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem abstrakten Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 4 B 21.16 – juris Rn. 5). Diese Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es zeigt bereits nicht auf, mit welchem divergierenden Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einer divergenzfähigen Entscheidung abgewichen sein soll. Im Übrigen liegt die Divergenz ausweislich der vorstehenden Ausführungen unter Nr. 1 auch nicht vor, da zu Beginn der Erfüllungsfrist keine Vollstreckungshindernisse bestehen.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.7.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Abänderungsbefugnis des Senats für die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben