Verwaltungsrecht

Anerkennung eines Schadensereignisses im Rahmen des außerdienstlichen Sports während der Elternzeit als Dienstunfall (verneint)

Aktenzeichen  M 21a K 19.5069

Datum:
22.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44983
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtVG § 31

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.  Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, da die Beteiligten ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Schadensereignisses beim Volleyballtraining am 26. Juli 2018 als Dienstunfall.
Ob ein Ereignis als Dienstunfall anzuerkennen ist, beurteilt sich nach dem Recht, das in dem Zeitpunkt galt, in dem sich der Unfall ereignete (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 17/16 – juris Rn. 12). Dementsprechend ist hier § 31 BeamtVG in der Fassung vom 5. Januar 2017, gültig vom 11. Januar 2017 bis 8. August 2019, maßgeblich.
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung vom 5. Januar 2017 ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG gehört zum Dienst auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen.
Es kommt darauf an, ob es sich bei dem auf äußerer Einwirkung beruhenden Ereignis, das die Verletzung verursacht hat, um ein solches handelt, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Damit wird ein bestimmter Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Ausübung des Dienstes verlangt. Der Zusammenhang des Unfalles mit dem Beamtendienst muss das entscheidende Kriterium sein (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 14.12.2004 – 2 C 66/03 – juris Rn. 24).
Auch der außerdienstliche Sport kann unter bestimmten Voraussetzungen eine dienstliche Veranstaltung sein. Als dienstliche Veranstaltung i.S.d. § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG kann eine Veranstaltung angesehen werden, die im Zusammenhang mit dem Dienst, den eigentlichen Dienstaufgaben, steht, dienstlichen Interessen dient und, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen wird und damit in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2004 – 2 C 66/03 – juris Rn. 25; BVerwG, U.v. 13.8.1973 – VI C 26.70 – juris Rn. 26 ff.). Es muss eine materielle und formelle Dienstbezogenheit gegeben sein (BVerwG, U.v. 13.8.1973 – VI C 26.70 – juris Rn. 26 ff.).
Dementsprechend wird auch in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV) in der Fassung vom 2. Februar 2018, gültig vom 6. Februar 2018 bis 5. März 2021, unter Ziffer 31.1.2.3 ausgeführt, dass dienstliche Veranstaltungen solche sind, die die Dienststelle durchführt oder durchführen lässt, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienst stehen, dienstlichen Interessen dienen und durch organisatorische Maßnahmen personeller und sachlicher Art in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sind (formelle und materielle Dienstbezogenheit).
Zwar wurde für das Volleyballtraining in der …halle am Montag und Donnerstag, jeweils von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr, auf Antrag des Klägers vom 1. Juli 2017 hin Dienstunfallschutz anerkannt, sodass zunächst von einer dienstlichen Veranstaltung auszugehen war. Daran würde aus Sicht der Kammer im vorliegenden Fall auch allein der Umstand, dass im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Ereignisses ein anderer als der im Antrag des Klägers genannte Trainer das Training leitete, nichts ändern. In der sich in der Verwaltungsakte befindlichen Konzeption „Polizeitraining in der Bundespolizei“ wird die Einwilligung in die Anerkennung außerdienstlichen Sportes als dienstliche Veranstaltung i.S.d. § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG zwar unter anderem davon abhängig gemacht, dass die Ausübung des Sports von einer in der betriebenen Sportart fachkundigen Person beaufsichtigt wird. Jedoch wird für die Herstellung der formellen Dienstbezogenheit und des gegebenenfalls notwendig werdenden Nachweises des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Unfall und dienstlicher Veranstaltung (nur) die schriftliche Angabe der Trainingszeiten und des Trainingsortes verlangt. Auch unabhängig davon ist vorliegend jedenfalls zu berücksichtigen, dass der im Antrag des Klägers genannte Trainer bei dem in Rede stehenden Training anwesend war, sodass dem Kläger nicht entgegengehalten werden kann, dass er allein aufgrund der Leitung des Trainings durch einen anderen Trainer keinen Dienstunfallschutz mehr genoss.
Die Anerkennung des Ereignisses als Dienstunfall scheitert vorliegend aber daran, dass sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt in Elternzeit (§ 6 MuSchEltZV in Verbindung mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) befunden hat.
Für die Dauer der in Anspruch genommenen Elternzeit besteht, sofern – wie hier – keine Teilzeit ausgeübt wird, keine Dienstleistungspflicht und dementsprechend auch kein Anspruch auf Besoldung (vgl. etwa Leihkauff in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Werkstand Juni 2021, Ziffer 9.2.2 Rn. 28; Pepping in: Rancke, Mutterschutz – Elterngeld – Elternzeit – Betreuungsgeld, 5. Auflage 2018, § 6 MuSchEltZV Rn. 9). Aufgrund des Ruhens der Dienstleistungspflicht ist die materielle Dienstbezogenheit des Volleyballtrainings zu verneinen. Da der Kläger während der Elternzeit keinen Dienst zu leisten hatte, kann auch der außerdienstliche Sport nicht als – suspendierte – Dienstleistung anerkannt werden. Darüber hinaus kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Anerkennung von Dienstunfallschutz durch den Dienstherrn auch auf außerdienstlichen Sport während einer Elternzeit bezieht, sodass auch die formelle Dienstbezogenheit zu verneinen ist. Denn eine Beurlaubung ohne Dienstbezüge stellt eine wesentliche Veränderung der Umstände dar, unter welchen der Antrag des Klägers genehmigt wurde.
Entsprechend den vorstehenden Erwägungen wird zudem auch in Ziffer 31.5.1.1 BeamtVGVwV in der Fassung vom 2. Februar 2018 ausgeführt, dass Beurlaubte, also vom Dienst befreite Beamtinnen oder Beamte, wegen der fehlenden formellen und materiellen Dienstbezogenheit keinen Dienstunfall i. S. d. § 31 Absatz 1 erleiden können. Eine Ausnahme wird lediglich für die Teilnahme an dienstlichen Fortbildungsveranstaltungen beschrieben.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass das Beamtenverhältnis an sich sowie einzelne hieraus resultierende Verpflichtungen während der Elternzeit bestehen bleiben, vermag dies die vorstehenden Erwägungen nicht in Frage zu stellen. Wegen des Ruhens der Hauptpflichten aus dem Beamtenverhältnis kann ein während der Elternzeit eingetretenes Unfallereignis ohne das Hinzutreten besonderer, eine Dienstbezogenheit begründenden Umstände (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 21.12.2020 – 3 ZB 20.2667 – juris, betreffend einen Fall, in welchem eine Beamtin während der Elternzeit auf dem Weg zur Eröffnung einer dienstlichen Beurteilung, zu welcher sie vom Dienstherrn einbestellt worden war, einen Unfall erlitt) nicht als Dienstunfall qualifiziert werden.
Auch soweit der Kläger auf die Konzeption „Polizeitraining in der Bundespolizei“ und den Leitfaden 290 „Sport in der Polizei“ verweist und weiter vorbringt, dass er sich als Polizeibeamter auch während der Elternzeit fit halten müsse, vermag dies seiner Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar wird nicht verkannt, dass an Polizeibeamte besondere Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit gestellt werden. Auch wenn der Dienstherr aus diesem Grund den außerdienstlichen Sport fördert, liegt es grundsätzlich in der Verantwortung des einzelnen Beamten seine Einsatzfähigkeit auch im Urlaub zu erhalten bzw. jedenfalls bis zum Beginn des Dienstes nach einer (ggf. auch längeren) Beurlaubung wiederherzustellen. Eine auch während der Elternzeit fortbestehende Anerkennung von Dienstunfallschutz für außerdienstlichen Sport ließe sich zudem, insbesondere bei länger andauernden Elternzeiten, schwerlich noch mit Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeregelungen begründen.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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