Verwaltungsrecht

Anhörungsrüge

Aktenzeichen  24 ZB 21.30605, 24 ZB 21.30315

Datum:
6.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41427
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 152a

 

Leitsatz

Tenor

Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich mit einer Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. April 2021 und macht geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Kläger mit Schreiben vom 16. März 2021, bei seinem Prozessbevollmächtigten zugegangen am 22. März 2021, Gelegenheit gegeben, sich bis 31. März 2021 zu der dienstlichen Stellungnahme des Verwaltungsgerichts vom 8. März 2021 zu äußern. Mit einem am 6. April 2021 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz vom 6. April 2021 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers sich zu der dienstlichen Stellungnahme geäußert und um weitere Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse gebeten. Zugleich hat er ausgeführt, soweit sein ergänzender Vortrag nicht als ausreichend erachtet werde, bitte er erneut um Fristsetzung zur Stellungnahme bis 20. April 2021, damit er sich die Gegebenheiten vor Ort selbst näher ansehen könne.
Ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen einzuleiten oder eine weitere Frist zu setzen, hat der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 12. April 2021 (24 ZB 21.30315) abgelehnt. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass Verstöße gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz, die dem Gericht nicht zurechenbar sind, sondern auf einem bloßen Versehen Dritter oder des nichtrichterlichen Personals des Gerichts beruhen und dem Gericht nicht bekannt waren, außer Betracht bleiben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die diesbezügliche Stellungnahme des Verwaltungsgerichts dahingehend ausgelegt, dass dem Einzelrichter während der Durchführung der Verhandlung nicht bekannt gewesen sei, ob das Haupttor offen oder geschlossen gewesen sei, es aber daneben einen weiteren Eingang zum Gericht gebe, der gemäß der Dienstanweisung für die Angestellten der Poststelle während des Sitzungsbetriebs geöffnet bleibe.
Mit seiner Anhörungsrüge macht der Kläger geltend, er habe um erneute Fristsetzung gebeten, der Verwaltungsgerichtshof habe aber ohne auf seine Argumente einzugehen entschieden. Er habe sich die Verhältnisse vor Ort nun nochmals angesehen. Bei dem Tor handele es sich um den Haupteingang des Verwaltungsgerichts. Vom Standpunkt des Tores aus sei kein Hinweis auf einen weiteren Eingang erkennbar, sondern am anderen Ende des Gebäudes befinde sich ein kleiner unscheinbarer Torbogen auf dem sich die Aufschrift „Nebeneingang“ befinde. Das Verwaltungsgericht gebe selbst auf seiner Website an, am Freitag nur von 8.30 Uhr bis 12.00 Uhr für Parteiverkehr geöffnet zu haben. Der dienstlichen Stellungnahme sei zu entnehmen, dass es bezüglich des Haupteingangs keine Anweisungen zur Offenhaltung gebe und der Richter damit grundsätzlich mit der Schließung des Tors rechnete. Diese Schließung sei ihm auch zuzurechnen und durch den unscheinbaren Nebeneingang sei die Öffentlichkeit nicht sichergestellt. Der Hinweis auf eine Erreichbarkeit in Notfällen über die Einsatzzentrale der Polizei erwecke auch den Hinweis, dass dies bei geschlossenem Tor die einzige Möglichkeit sei das Verwaltungsgericht zu erreichen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus § 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG nicht in entscheidungserheblicher Weise i.S.d. § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt.
1. Dabei kann dahinstehen, ob die Anhörungsrüge nicht bereits unzulässig und deshalb zu verwerfen ist (§ 152a Abs. 4 Satz 1 VwGO), weil ihrer Begründung – entgegen der Anforderung nach § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO – nicht hinreichend substantiiert entnommen werden kann, inwiefern der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben soll. Denn der darzulegende Gehörsverstoß muss in der gerügten Entscheidung selbst liegen, nicht in einer nach Ansicht des Rügenden unzutreffenden Beurteilung eines Gehörsverstoßes der Vorinstanz im Rahmen eines Rechtsmittelzulassungsverfahrens (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 152a VwGO, Rn. 18).
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Recht des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs bei der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags mit Beschluss vom 12. April 2021 nicht verletzt.
Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, seine Entscheidung nur auf Tatsachen oder Beweisergebnisse zu stützen‚ zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO), sowie ihre rechtzeitigen und möglicherweise erheblichen Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben müssen oder können (BayVerfGH, E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 44 m.w.N.). Das rechtliche Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 91 Abs. 1 BV ist allerdings nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seinen Pflichten nicht nachgekommen ist.
Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um einen Rechtsbehelf, der dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich nicht mit ihm in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht allerdings nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen.
Der Senat hat im vorliegenden Fall das rechtserhebliche Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen und hat dem Kläger die Möglichkeit gegeben, sich zu der dienstlichen Stellungnahme des Verwaltungsgerichts vom 8. März 2021 zu äußern. Dass der Senat den Sachverhalt entgegen dem Begehren des Klägers im Schriftsatz vom 6. April 2021 nicht weiter aufgeklärt hat, weil er die dienstliche Stellungnahme für ausreichend angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs stellt es auch keinen Gehörsverstoß dar, dem Kläger keine weitere Stellungnahmefrist mehr einzuräumen, die der Kläger nur für den Fall beantragt hatte, dass der Senat noch weiteren Vortrag für erforderlich halte. Der Senat ist davon ausgegangen, dass Verstöße gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz, die dem Gericht nicht zurechenbar sind, sondern auf einem bloßen Versehen Dritter oder des nichtrichterlichen Personals des Gerichts beruhen und dem Gericht nicht bekannt waren, außer Betracht bleiben und hat der dienstlichen Stellungnahme entnommen, dass der Einzelrichter davon ausging, dass es neben dem großen Tor noch einen weiteren Eingang zum Gericht gibt, der gemäß der Dienstanweisung für die Angestellten der Poststelle während des Sitzungsbetriebs geöffnet bleibe, was durch entsprechende Vorkehrungen zu gewährleisten sei. Dass dieser Nebeneingang zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ebenfalls geschlossen war, hat der Kläger weder im Berufungszulassungsverfahren noch mit der Anhörungsrüge vorgetragen. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, der Nebeneingang sei schwer aufzufinden, da er etwas entfernt vom Tor liege und nicht hinreichend gekennzeichnet sei, wird damit kein Gehörsverstoß durch den Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht, sondern die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage gestellt. Damit kann der Kläger im Verfahren der Anhörungsrüge aber nicht gehört werden.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (vgl. § 83b AsylG, § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 Buchst. b RVG).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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