Verwaltungsrecht

Anordnung der Abschiebung nach Italien im Dublin-Verfahren

Aktenzeichen  M 8 S7 17.50644

Datum:
10.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 75 Abs. 1, § 77 Abs. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 7 S. 2, § 117 Abs. 3, Abs. 5
AsylVfG AsylVfG § 34a Abs. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Da Italien über eine umfassende Gesundheitsvorsorge verfügt, die italienische Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehende Personen gleichermaßen zugänglich ist, ist im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung keine Verpflichtung zur Duchführung des Asylverfahrens in Deutschland gegeben oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG für Italien anzuerkennen (vgl. bereits VG München BeckRS 2017, 108933). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens

Gründe

I.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird in entsprechender Anwendung von § 77 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) und § 117 Abs. 3 und 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zunächst auf die Ausführungen in Nummer I des Beschlusses des Gerichts vom 9. Februar 2017, M 8 S. 17.50163, Bezug genommen.
Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Änderung des den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der unter M 8 K 17.50164 anhängigen Klage ablehnenden Beschlusses des erkennenden Gerichts vom 9. Februar 2017, M 8 S. 17.50163, nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (vgl. Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 7. März 2017) ist unbegründet.
Auch im Lichte des in Anlage zum Antragsschriftsatz nunmehr vorgelegten, ohnehin nur auf einem Blatt ohne Briefkopf des ausstellenden Arztes handgeschriebenen Attestes vom 6.3.2017, das sich lediglich auf einen Klinikaufenthalt des Antragstellers vom 16.11.2016 bis 23.11.2016 bezieht, der bereits Gegenstand des Verfahrens M 8 S. 17.50163 war, ergeben sich keine veränderten Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Vielmehr erweist sich die in der Hauptsache erhobene Klage voraussichtlich nach wie vor als erfolglos. Im Rahmen der anzustellenden gerichtlichen Ermessensentscheidung tritt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung mithin hinter das öffentliche Interesse am gesetzlichen Sofortvollzug der Abschiebungsanordnung (§ 75 Abs. 1 AsylG) zurück. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Im Rahmen der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG sind sowohl inlandsals auch zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu betrachten (vgl. z.B. BayVGH, B.v.12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris). Solche liegen indes beim Antragsteller auch mit Blick auf das Attest vom 6.3.2017 nicht vor.
1. Das ärztliche Attest vom 6. März 2017 belegt keine Reiseunfähigkeit des Antragstellers, zumal es sich auf einen bereits knapp 4 Monate zurückliegenden Krankenhausaufenthalt bezieht, sodass auch kein inländisches Abschiebungshindernis besteht (vgl. § 60a Abs. 2 Satz 1, Abs. 2c Aufenthaltsgesetz – AufenthG). Bereits im Beschluss vom 9.Februar 2017 wurde festgestellt, dass das, diesem Krankenhausaufenthalt zugrundeliegende Krankheitsbild des Antragstellers einer Abschiebung nach Italien nicht entgegensteht. Etwas anderes kann in Hinblick auf das Attest vom 6.3.2017, das nur diesen Krankenhausaufenthalt in Bezug nimmt, nicht gelten
2. Vorhandene körperliche Beschwerden oder Erkrankungen des Antragstellers sind auch in Italien behandelbar, sodass zudem auch kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis für Italien vorliegt. Insbesondere liegt kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Da Italien über eine umfassende Gesundheitsvorsorge verfügt, die italienische Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehende Personen gleichermaßen zugänglich ist, ist im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung keine Verpflichtung der Antragsgegnerin gegeben, das Asylverfahren in Deutschland durchzuführen oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse für Italien anzuerkennen (vgl. dazu bereits Beschluss vom 14.2.2017 – M 8 S. 17.50188 – BA S. 10 ff.). Etwaige Schwierigkeiten bei der unverzüglichen Fortsetzung der in Deutschland begonnenen augenärztlichen Behandlung in Italien begründen weder eine Pflicht zum Selbsteintritt der Antragsgegnerin noch zur Anerkennung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses. Es ist nach der aktuellen Erkenntnislage unverändert davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien hinreichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung hat. Asylbewerber erhalten nach entsprechender Registrierung und unter Vorlage einer Gesundheitskarte einen effektiven Zugang zu allen wesentlichen Formen der Gesundheitsversorgung in Italien (vgl. aktuell z.B. VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 – 12 L 3754/16.A – juris Rn. 29f.). Dies gilt auch für den Antragsteller.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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