Verwaltungsrecht

Antrag auf Aussetzung der teilweisen Einbehaltung von Dienstbezügen

Aktenzeichen  M 19L DA 18.5428

Datum:
11.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7164
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 39 Abs. 2 S. 1, Art. 43 Abs. 2, Art. 61
VwGO § 67, § 91 Abs. 2
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Soweit der Antragsteller die Hauptsache für erledigt erklärt hat, wird das Verfahren eingestellt.
II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der vorläufig des Dienstes enthobene Antragsteller wandte sich gegen die Einbehaltung eines Teils seiner Dienstbezüge. Inzwischen ist nur noch die Anerkennung einer monatlichen Ratenzahlung an im Strafverfahren tätige Rechtsanwälte streitig.
Mit Verfügung vom 26. September 2018 enthob die Landesanwaltschaft Bayern den Antragsteller, der bis zum 30. September 2018 von seinem Amt als … für Historische Musikwissenschaft an der Hochschule für … und … … beurlaubt war, mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 vorläufig des Dienstes. Dem lagen eine rechtskräftige Verurteilung durch das Landgericht München I mit Urteil vom 26. April 2017 zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten und eine nicht rechtskräftige Verurteilung durch das Landgericht München I mit Urteil vom 16. Mai 2018 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten, jeweils wegen sexueller Nötigung, zu Grunde.
Im Rahmen der Anhörung zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen äußerte sich der Antragsteller mit Schriftsätzen seines Bevollmächtigten vom 20. September und 5. Oktober 2018. Er legte u.a. eine Rechnung der im Strafverfahren tätigten Rechtsanwälte vom 20. August 2018 über 27.000 € vor, auf der handschriftlich vermerkt ist „Ab Oktober Ratenzahlung: 500 € pro Monat“.
Mit Verfügung vom 16. Oktober 2018 ordnete die Landesanwaltschaft Bayern die Einbehaltung von 50 v.H. der monatlichen Dienstbezüge des Antragstellers an. Als monatliche Ausgabe erkannte sie u.a. eine Zahlung in Höhe von 500 € an die Rechtsanwälte des Strafverfahrens an.
Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 6. November 2018 beim Verwaltungsgericht die Aussetzung der Einbehaltung der Dienstbezüge. Er trug u.a. vor, die Bezifferung der Zahlung an die Rechtsanwälte S., B. und Kollegen auf 500 € beruhe auf einem Missverständnis; tatsächlich bezahle er monatlich 1.000 €. Hierzu werde ein Kontoauszug zu einer Zahlung über 1000 € am 10. Oktober 2018 vorgelegt.
Auf Aufforderung des Gerichts legte der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13. Dezember 2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht am selben Tag, weitere Nachweise vor, u.a. einen Dauerauftrag vom 12. Dezember 2018 über eine monatliche Zahlung für Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1000 € an die Kanzlei S. B. M. Z.. Ausweislich des gerichtlichen Bearbeitungsvermerks wurde dieser Schriftsatz mit Anlagen am 17. Dezember 2018 an die Landesanwaltschaft Bayern weitergeleitet.
Diese änderte die Verfügung vom 16. Oktober 2018 daraufhin mit Verfügung vom 4. Januar 2019 ab und ordnete mit Wirkung des auf die Zustellung dieser Verfügung folgenden Fälligkeitstages die Einbehaltung von 30 v.H. der monatlichen Dienstbezüge des Antragstellers an. Als „Rechtsanwaltskosten Strafverfahren“ erkannte sie wegen nicht ausreichender Nachweise unverändert einen Betrag in Höhe von 500 € an.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 25. Januar 2019, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 28. Januar 2019, beantragte der Antragsteller die Abänderung der Verfügung vom 4. Januar 2019. Er legte nun u.a. eine Mitteilung der Kanzlei S. B. M. Z. vom 21. Januar 2019 vor, nach der mit ihm eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 1000 € vereinbart worden sei und er am 11. Oktober, 5. November und 14. Dezember 2018 sowie am 15. Januar 2019 Zahlungen über 1000 € geleistet habe.
Die Landesanwaltschaft Bayern änderte daraufhin mit Verfügung vom 30. Januar 2019 die Verfügung vom 4. Januar 2019 ab und ordnete nunmehr mit Wirkung des auf die Zustellung dieser Verfügung folgenden Fälligkeitstages die Einbehaltung von 20 v.H. der monatlichen Dienstbezüge des Antragstellers an.
Der Antragsteller beantragt mit Schriftsatz vom 7. Februar 2019 letztendlich,
die Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 30. Januar 2019 insoweit auszusetzen, als darin eine rückwirkende Berücksichtigung der Strafverteidigerkosten in Höhe von 1000 € ab November 2018 abgelehnt wird.
Im Übrigen erklärte er die Hauptsache für erledigt.
Die Landesanwaltschaft Bayern beantragte,
den Antrag abzulehnen und stimmte im Übrigen der Erledigungserklärung zu.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Disziplinar- und Personalakten sowie die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Nach Art. 61 Abs. 1 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) kann der Beamte bei dem Gericht der Hauptsache u.a. die Aussetzung der Einbehaltung von Dienstbezügen beantragen. Über den Antrag entscheidet nach Art. 43 Abs. 2 BayDG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der bei Beschlüssen allein entscheidungsbefugte Vorsitzende der Disziplinarkammer; die Beamtenbeisitzer (Art. 43 Abs. 1 Satz 1, Art. 44 ff. BayDG) wirken nicht mit. Dass Entscheidungen über Anträge nach Art. 61 Abs. 1 BayDG durch Beschluss ergehen, ist Art. 61 Abs. 3 BayDG zu entnehmen.
Nach dem Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 7. Februar 2019 richtet sich der Antrag nunmehr nur noch gegen die Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 30. Januar 2019; es wird begehrt, diese insoweit auszusetzen, als darin eine rückwirkende Berücksichtigung der Strafverteidigerkosten in Höhe von 1000 € ab November 2018 abgelehnt wird. Die Änderung des Antrags vom 6. November 2018 und die Ausdehnung auf die Verfügung vom 4. Januar 2019 und nunmehr auf die Verfügung vom 30. Januar 2019 ist nach der im Beschlussverfahren analog anwendbaren Vorschrift des § 91 Abs. 1 VwGO (BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 11 CE 16.219 – juris Rn. 17) zulässig, weil sich der Antragsgegner insoweit rügelos eingelassen hat und das Gericht sie im Hinblick auf die vollständige Beilegung des Rechtsstreits ohne weiteres gerichtliches Verfahren auch für sachdienlich hält (§ 91 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen hat der Antragsteller die Hauptsache für erledigt erklärt, der Antragsgegner der Hauptsacheerledigung zugestimmt und wurde das Verfahren in Nr. I dieses Beschlusses eingestellt.
Der Antrag hat – soweit er aufrecht erhalten wurde – keinen Erfolg.
Nach Art. 61 Abs. 2 BayDG ist die Einbehaltung von Bezügen ganz oder zum Teil auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Bei der Entscheidung, einen Teil der Dienstbezüge einzubehalten, hat die Disziplinarbehörde vor allem darauf Bedacht zu nehmen, dass die Alimentations- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn auch während eines Disziplinarverfahrens fortdauert. Sie ist insbesondere nicht berechtigt, dem Beamten die Möglichkeit der Tilgung seiner Schulden zu nehmen und ihn der Notwendigkeit preiszugeben, seinen ihm gesetzlich obliegenden und vertraglich eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkommen zu können (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2013 – 16a DS 12.2337 – juris Rn. 19).
Um ihrer Aufgabe gerecht werden zu können, ist die Behörde allerdings auf die Mitwirkung des betroffenen Beamten angewiesen. Die Obliegenheit des Beamten, umfassende Angaben zu seinen Einnahmen und Ausgaben zu machen und die Richtigkeit seiner Angaben zu belegen, folgt in einem auf Einbehaltung von Teilen der Dienstbezüge gerichteten Verwaltungsverfahren aus Art. 3 BayDG i.V.m. Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), im gerichtlichen Verfahren nach Art. 61 BayDG aus Art. 3 BayDG i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2013 – 16a DS 12.2337 – juris Rn. 20).
Im Rahmen der Mitwirkungspflicht ist der Beamte insbesondere verpflichtet, die von ihm angegebenen Ausgaben durch entsprechende Nachweise zu belegen. Erst nach deren Vorlage hat die Disziplinarbehörde die jeweiligen Zahlungen im Rahmen der Einbehaltung zu berücksichtigen. Die Einbehaltung wird nach Art. 40 Abs. 1 BayDG mit dem auf die Zustellung folgenden Fälligkeitstag wirksam und vollziehbar. Eine rückwirkende Berücksichtigung von Nachweisen erscheint wegen des ansonsten entstehenden erheblichen Aufwandes des Dienstherrn im Hinblick auf einerseits die Abänderung der Einbehaltung und andererseits die Berechnung und Nachzahlung von Bezügen jedenfalls dann nicht geboten, wenn die rechtzeitige Vorlage der Unterlagen möglich war.
Gemessen hieran ist die Berücksichtigung der Zahlung an die Rechtsanwälte des Strafverfahrens in Höhe von nur 500 € von November 2018 bis Januar 2019 und von 1000 € erst ab Februar 2019 frei von Ermessensfehlern. Für die Monate November 2018 bis Januar 2019 wurde ein ausreichender Nachweis nicht rechtzeitig erbracht. Die Mitteilung der Kanzlei S. B. M. Z. vom 21. Januar 2019, mit der nun erstmals die Vereinbarung einer monatlichen Ratenzahlung in Höhe von 1000 € belegt wurde und die einzelnen Zahlungen aufgelistet wurden, ging erst am 28. Januar 2019 beim Verwaltungsgericht ein und wurde daraufhin an die Landesanwaltschaft Bayern weitergeleitet. Diese hat den nunmehr erbrachten Nachweis schnellstmöglich berücksichtigt und den Einbehaltungssatz in der Verfügung vom 30. Januar 2019 auf 20 v.H. reduziert.
Eine rückwirkende Berücksichtigung der Strafverteidigerkosten in Höhe von 1000 € bereits ab November 2018 konnte ohne Ermessensfehler unterbleiben. Es ist nicht erkennbar, dass dem Antragsteller die rechtzeitige Vorlage ausreichender Nachweise nicht möglich war. Die vorher vorgelegten Unterlagen waren für sich nicht aussagekräftig genug. Die im Rahmen des Anhörungsverfahrens mit Schriftsatz vom 20. September 2018 vorgelegte Rechnung der Strafrechtsanwälte vom 20. August 2018 trägt den eindeutigen handschriftlichen Vermerk, dass eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 500 € erfolgen wird. Die Versicherung des Bevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 6. November 2018 an das Verwaltungsgericht München, dass die Bezifferung der Zahlung an die Rechtsanwälte S., B. und Kollegen auf 500 € auf einem Missverständnis beruhe und tatsächlich monatlich 1.000 € bezahlt würden, reicht als Nachweis nicht aus. Der Kontoauszug zu einer Zahlung über 1000 € am 10. Oktober 2018 an die Rechtsanwälte belegt lediglich eine Einzelüberweisung, nicht aber regelmäßige Zahlungen oder das Vorliegen eines Dauerauftrags. Das Verwaltungsgericht hat den Bevollmächtigten mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 zur Vorlage weiterer Unterlagen aufgefordert (insbes. Zahlungsvereinbarung mit der Kanzlei). Der Dauerauftrag vom 12. Dezember 2018 über eine monatliche Zahlung von 1000 € an die Rechtsanwälte des Strafverfahrens ging erst am 13. Dezember 2018 beim Verwaltungsgericht ein und wurde am 17. Dezember 2018 an die Landesanwaltschaft Bayern weitergeleitet. Ausgehend von einem Eingang dort frühestens am 18. Dezember 2018 erscheint die Bearbeitung Anfang Januar in Anbetracht der Feiertage angemessen, dies mit der Folge, dass im Hinblick auf Art. 40 Abs. 1 BayDG eine Berücksichtigung frühestens für die Auszahlung der Dienstbezüge im Februar 2019 möglich war. Da die Verfügung vom 30. Januar 2019 so rechtzeitig erlassen wurde, dass sie ab Februar 2019 Wirkung für die Dienstbezüge zeitigt, kann offenbleiben, ob der Dauerauftrag für sich genommen als Nachweis für eine monatliche Zahlung in Höhe von 1000 € ausgereicht hätte oder ob der erforderlichen Mitwirkungspflicht erst durch Vorlage der Mitteilung der Strafrechtsanwälte Genüge getan ist.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Soweit der Antrag aufrechterhalten wurde, ergibt sich dies aus Art. 72 Abs. 4 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit er für erledigt erklärt wurde, folgt dies aus Art. 72 Abs. 4 BayDG i.V.m. § 161 Abs. 2 VwGO. Der Antragsteller wäre insoweit wegen der ungenügenden bzw. verspäteten Vorlage von Nachweisen unterlegen. Das Verfahren ist nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG gerichtsgebührenfrei.


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