Verwaltungsrecht

Antrag auf einstweiligen Rechtschutz, hier: Anfechtung eines Entlassungsantrags wegen Täuschung

Aktenzeichen  Au 2 E 18.4

Datum:
15.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 5607
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 123 Abs. 1
BeamtStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
BayBG Art. 57
BGB § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Zielrichtung des einstweiligen Rechtsschutzes ist es, die Lage offen zu halten, um zu vermeiden, dass das Recht bis zu einer Klärung im Hauptsacheverfahren untergeht oder seine Durchsetzung wegen Zeitablaufs mit wesentlichen Nachteilen verbunden ist; ausnahmsweise kommt eine Vorwegnahme der Hauptsache in den Fällen in Betracht, bei denen ein effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, wenn zB dem Antragsteller ohne Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen und der Antragsteller im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach obsiegen wird (stRspr BayVGH BeckRS 2012, 54342). (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine beruflichen Beeinträchtigungen durch die zu erwartenden Verzögerungen bei der Ausbildung begründen keinen Ausnahmefall für die ausnahmsweise Durchbrechung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache, da es dem Antragsteller zumutbar erscheint, seine Ausbildung bis zur Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren zu unterbrechen, denn eine Wiedereingliederung in die Ausbildung wäre ohne Weiteres möglich und es ist auch nicht erkennbar, dass die bislang erworbenen Kenntnisse zwischenzeitlich entwertet würden oder sonst verloren wären bzw. eine Altersgrenze (vgl. Art. 23 Abs. 1 BayBG) überschritten würde. (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus einem im Personalgespräch gegebenen Hinweis auf die schlechten Erfolgsaussichten in Bezug auf das Bestehen der Qualifikationsprüfung kann keine arglistige Täuschung durch den Dienstherrn abgeleitet werden, wenn dieser Hinweis auf langjährigen – statistisch belegten – Erfahrungen des Dienstherrn beruht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.479,79 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … 1986 geborene Antragsteller wurde am 1. September 2016 durch das Bayerische Landesamt für Steuern unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Steuersekretäranwärter ernannt und stand bis zum 31. Dezember 2017 im Dienst des Antragsgegners. Er trat am 1. September 2016 die Ausbildung für den Einstieg in die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen fachlicher Schwerpunkt Steuer an. Im ersten Teilabschnitt des von 8. Mai bis 4. August 2017 dauernden fachtheoretischen Ausbildungsabschnittes II (FTA II/1) erzielte der Antragsteller null Punkte (Teilbeurteilung der Leistungen vom 12.10.2017). Während der sich anschließenden fachpraktischen Ausbildung beim Finanzamt … befand sich der Antragsteller vom 15. September bis 11. Oktober 2017 in stationärer Behandlung im Bezirkskrankenhaus ….
Aufgrund der gezeigten schlechten Leistungen im FTA II/1 wurde der Antragsteller durch das Bayerische Landesamt für Steuern, Dienststelle, am 5. Dezember 2017 zu einem Personalgespräch geladen. Über dieses Gespräch, an dem von Seiten der Behörde Regierungsrätin … und Steueroberinspektor … teilgenommen haben, wurde unter dem 21. Dezember 2017 eine Niederschrift erstellt, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Ausweislich der Niederschrift wurde der Antragsteller dabei u.a. darauf hingewiesen, dass ein Beamter auf Widerruf jederzeit entlassen werden könne, sofern hierfür ein sachlicher Grund vorliege. Es genügten hierzu bereits berechtigte Zweifel, ob der Beamte die fachliche Eignung für sein Amt besitze. Erhebliche Leistungsmängel, die Zweifel an der fachlichen Eignung für die angestrebte Laufbahn begründeten, könnten die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf rechtfertigen. Insbesondere könne eine aussichtslose Ausbildung beendet werden. Ob im vorliegenden Fall ein Entlassungsverfahren einzuleiten sei, werde gesondert geprüft. Auf Nachfrage des Antragstellers wurde ihm mitgeteilt, dass ein Entlassungsverfahren nach summarischer Prüfung nicht unwahrscheinlich sei, da schlechtere Leistungen als null Punkte im FTA II/1 nicht denkbar seien. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebiete es, den Betroffenen zunächst hierauf hinzuweisen. Nach den dokumentierten Ausführungen des Antragstellers habe dieser zwar vorgehabt, die Ausbildung „nochmals in Angriff zu nehmen“. Auch habe er trotz diverser Gespräche mit seiner Ausbildungs- und Amtsleitung, welche dieselbe Auffassung wie das Bayerische Landesamt für Steuern vertreten hätten, die Hoffnung, die Ausbildung erfolgreich abschließen zu können, noch nicht generell aufgegeben. Da es aber maßgeblich auf die Prognose des Bayerischen Landesamts für Steuern ankäme, würde er vor dem Hintergrund einer möglichen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis durch den Dienstherrn dieser – auch aufgrund der Außenwirkung einer solchen – lieber durch eine Entlassung auf eigenen Antrag zuvorkommen. Nach dem Inhalt der Niederschrift wurde der Antragsteller auf die Möglichkeit hingewiesen, sich darüber noch ein paar Tage Gedanken zu machen. Auf Nachfrage des Antragstellers, wie ein etwaiger Antrag bzw. die Entlassung aussehen würde, sei ihm erläutert worden, dass der Antrag nicht an ein bestimmtes Formular gebunden sei, er müsse aber schriftlich und inhaltlich eindeutig sein. Dem Antragsteller sei ein möglicher Musterantrag gezeigt und hierzu erläutert worden, dass die Entlassung auch bei einer Antragstellung noch verfügt werden müsse. In einem solchen Fall würde die Entlassungsverfügung äußerst kurz gehalten, da die maßgebliche Begründung auf „auf ihren Antrag“ begrenzt werden könne. Der Nachweis über die Dauer des Bestehens eines Beamtenverhältnisses könne mittels Ernennungsurkunde und Entlassungsverfügung geführt werden. Es stehe dem Antragsteller auch frei, ein qualifiziertes Dienstzeugnis nach Art. 72 BayBG anzufordern. Der Antragsteller habe erklärt, dass er den Entlassungsantrag jetzt gleich stellen wolle. Er beabsichtige, die Entlassung mit Ablauf des 31. Dezember 2017 zu beantragen, um noch seinen Urlaub einbringen zu können. Daraufhin habe er den entsprechenden Antrag schriftlich gestellt. Dem Antrag sei sodann durch die Entlassungsverfügung vom 5. Dezember 2017, die dem Antragsteller sofort gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt worden sei, entsprochen worden. Der Antragsteller sei darauf hingewiesen worden, dass über das Gespräch eine Niederschrift angefertigt und zur Personalakte genommen werde.
Mit E-Mail vom 6. Dezember 2017 erklärte der Antragsteller gegenüber dem Bayerischen Landesamt für Steuern, dass er seinen Antrag auf Entlassung „mit sofortiger Wirkung widerrufe“.
Mit Schreiben des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 11. Dezember 2017 wurde dem Antragsteller unter Bezugnahme auf sein Widerrufsschreiben vom 6. Dezember 2017 mitgeteilt, dass sein „Antrag auf Rücknahme des Entlassungsantrags“ aufgrund der Regelung des Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG, dass der Entlassungsantrag nur innerhalb von zwei Wochen schriftlich zurückgenommen werden könne, solange die Entlassungsverfügung noch nicht zugegangen sei, abgelehnt werde, da ihm die Entlassungsverfügung vom 5. Dezember 2017 noch am selben Tag gegen Empfangsnachweis ausgehändigt worden sei.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2017 erhob der Antragsteller gegen die Entlassungsverfügung Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Darüber hinaus wurde die Anfechtung der Erklärung des Antragstellers betreffend seine Entlassung gemäß § 123 Abs. 1 BGB erklärt.
Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2018 ließ der Antragsteller auch gegen die mit Schreiben des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 11. Dezember 2017 erfolgte Ablehnung der Zustimmung zur Rücknahme des Entlassungsantrags Widerspruch erheben. Auch über diesen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Ebenfalls unter dem 2. Januar 2018 begehrt der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes mit dem Antrag,
den Antragsgegner bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die Widersprüche und die eventuellen Klagen gegen die Mitteilungen des Antragsgegners vom 5. Dezember 2017 und 11. Dezember 2017 zu verpflichten, den Antragsteller unter Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf als Steuersekretäranwärter weiter zum Finanzwirt auszubilden.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, dass der Antragsteller aufgrund einer gesundheitlichen Problematik Schwierigkeiten in der Ausbildung gehabt habe. Er habe den ersten Lehrgang der fachtheoretischen Ausbildung von September bis Dezember 2016 noch mit einem Durchschnittsergebnis von 6,6 Punkten absolviert. Den ersten Teil der zweiten fachtheoretischen Ausbildung von Mai bis Juli 2017 habe er jedoch mit null Punkten abgeschlossen. Seit August 2017 habe sich der Antragsteller in der berufspraktischen Ausbildung befunden, zuletzt beim Finanzamt …. Der Antragsteller habe psychische Probleme und sei deswegen für die Dauer von etwa dreieinhalb Wochen im Bezirkskrankenhaus … stationär behandelt worden. Die Entlassung aus dem Bezirkskrankenhaus sei auf eigenen Wunsch hin erfolgt, da dort keine Diagnose habe gestellt, aber zumindest eine organische Störung habe ausgeschlossen werden können. Bei dem Personalgespräch vom 5. Dezember 2017 sei ihm eröffnet worden, dass seine Leistungen im bisherigen Verlauf der Ausbildung ungenügend seien. Er solle sich überlegen, ob er nicht freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden wolle, bevor er die Laufbahnprüfung endgültig nicht bestehe. Unter dem Eindruck der Argumentation der Mitarbeiter des Bayerischen Landesamts für Steuern und der daraus folgenden psychischen Zwangslage habe er einen vorbereiteten Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf unterschrieben. Unmittelbar im Anschluss daran sei ihm die von den Mitarbeitern des Antragsgegners bereits vorbereitete Entlassungsverfügung vom 5. Dezember 2017 ausgehändigt worden, nachdem das Entlassungsdatum 31. Dezember 2017 eingetragen und die Verfügung unterschrieben worden sei. Eine Kopie seines Entlassungsantrags habe er nicht erhalten.
Die Mitarbeiter des Antragsgegners hätten dem Antragsteller im Personalgespräch am 5. Dezember 2017 vermittelt, dass er seine Ausbildung nicht mehr erfolgreich abschließen könne, obwohl hierfür keinerlei rechtlichen oder tatsächlichen Anhaltspunkte vorgelegen hätten. Ausweislich der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Steuerbeamte reiche allein das Nichtbestehen eines Ausbildungsteils noch nicht, um einen Rückschluss auf ein endgültiges Nichtbestehen der Laufbahnprüfung ziehen zu können. Die Gründe für die zuletzt gezeigten mangelhaften Leistungen seien nicht hinterfragt worden. Eine Vorstellung beim Amtsarzt zur Abklärung des abrupten Leistungsabfalls sei unter Verstoß gegen die Fürsorgepflicht nicht in Betracht gezogen worden. Stattdessen sei das Personalgespräch mit dem Ziel geführt worden, den Antragsteller einen vorbereiteten Entlassungsantrag unterschreiben zu lassen und ihm gleich im Anschluss daran die Entlassungsverfügung auszuhändigen. Die Mitarbeiter des Antragsgegners hätten den Antragsteller entgegen Treu und Glauben hinsichtlich der Erfolgsaussichten seiner Ausbildung arglistig getäuscht und ihn vor diesem Hintergrund zur Abgabe der auf seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf gerichteten Willenserklärung veranlasst. Der Antragsteller habe seine Willenserklärung angefochten. Die Anfechtung sei unverzüglich mit Schreiben vom 6. Dezember 2017, vorab per E-Mail, erklärt worden. Die Art und Weise der Entlassung des Antragstellers entspreche in keiner Weise der Intention des Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG. Diese Bestimmung sehe ausdrücklich eine zeitliche Zäsur zwischen dem Antrag und dem Zugang einer Entlassungsverfügung vor. Sie diene unmittelbar dem Schutz des Beamten und solle ihm ermöglichen, unüberlegte Entscheidungen hinsichtlich seiner beruflichen Zukunft auch nachträglich, d.h. nach Zugang bei seinem Dienstherren, noch rückgängig machen zu können. Keinesfalls sehe das Gesetz vor, wie im vorliegenden Fall praktiziert, dass der Beamte im persönlichen Gespräch zur Abgabe eines vorbereiteten Entlassungsantrags ermuntert und ihm sodann sofort die Entlassungsverfügung ausgehändigt werde. Die Anfechtung des Entlassungsantrags führe zur Rückabwicklung des Vorgangs. Der Antragsteller sei so zu stellen, wie er ohne Abgabe seiner Willenserklärung gestellt gewesen wäre. Demnach würde er sich weiterhin in der Ausbildung im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf beim Antragsgegner befinden. Da dem Antragsteller hier ein Abwarten der gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten sei, bestehe besondere Eilbedürftigkeit. Bereits am 8. Januar 2018 werde der zweite Abschnitt des fachtheoretischen Teils der Ausbildung fortgesetzt. Zur Vermeidung von Nachteilen bei der Ausbildung sei es erforderlich, dass er an dem Lehrgang von Anfang an teilnehme. Die Teilnahme an der fachtheoretischen Ausbildung sei beim Antragsgegner nur im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf möglich. Der Antragsteller habe daher Anspruch darauf, dass ein solches Beamtenverhältnis erneut begründet werde. Soweit dies eine Vorwegnahme der Hauptsache darstelle, sei dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes erforderlich, da die zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar seien und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spreche.
Mit Schreiben des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 4. Januar 2018 wandte sich der Antragsgegner gegen den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes. Für ihn ist beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es im vorliegenden Fall bereits an einem Anordnungsanspruch fehle. Die Entlassungsverfügung vom 5. Dezember 2017 sei rechtmäßig. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Wiedereinstellung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf als Steuersekretäranwärter. Der Beamte habe einen Entlassungsantrag gestellt, der weder wirksam angefochten noch zurückgenommen worden sei. Eine arglistige Täuschung analog § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB sei nicht gegeben. Der Antragsteller sei im Personalgespräch nicht arglistig über die Erfolgsaussichten einer Teilnahme an der Qualifikationsprüfung getäuscht worden. Die Mitarbeiter des Antragsgegners hätten den Antragsteller in diesem Gespräch lediglich darauf hingewiesen, dass „eine Steigerung von null auf (mehr als) fünf Punkte innerhalb eines halben Jahres nach den Erfahrungen der Behörde nicht nur unrealistisch, sondern nahezu aussichtslos“ sei. Zu den Entgegnungen des Antragstellers, dass er den Stoff aufarbeiten möchte und daher eine Leistungssteigerung anzunehmen sei, hätten die Mitarbeiter des Antragsgegners zu bedenken gegeben, dass der Trend in eine andere Richtung deute. Dass der Antragsteller keinerlei Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss habe, sei nicht geäußert worden. Dies gehe auch aus der Niederschrift des Personalgesprächs vor, die eine öffentliche Urkunde darstelle und damit den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründe. Die Aussage, dass das Bestehen der Qualifikationsprüfung mit einem Schnitt von 0,0 Punkten im FTA II/1 nach den Erfahrungen des Bayerischen Landesamts für Steuern nahezu aussichtlos sei, stelle keine Täuschung dar. Die Aussage entspreche den tatsächlichen Erfahrungen der Behörde, die aus dem Abschneiden vorangegangener Ausbildungsjahrgänge habe gewonnen werden können. Dies stelle keine Vorspiegelung falscher Tatsachen dar. In den letzten fünf Jahren habe kein einziger Steuersekretäranwärter, der im FTA II/1 eine Durchschnittspunktzahl unter einem Punkt erzielt hatte, die Qualifikationsprüfung bestanden. Insgesamt seien es in den letzten fünf Jahren 21 Steuersekretäranwärter gewesen, die sich im FTA II/1 im Bereich zwischen null und einem Punkt bewegt und die Qualifikationsprüfung im Folgejahr tatsächlich noch mitgeschrieben hätten. Die relativ geringen absoluten Zahlen erklärten sich zum einen daraus, dass derart schlechte Notenschnitte die Ausnahme darstellten und sich die meisten Anwärter notenmäßig im Mittelfeld bewegten. Zum anderen beruhten sie aber auch darauf, dass ein Teil der Anwärter, die bereits in einem frühen Stadium der Ausbildung derart ungenügende Leistungen aufgewiesen hätten, bereits frühzeitig auf eigenen Antrag oder auf Betreiben der Behörde entlassen worden sei. Eine Anfechtung analog § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB wegen widerrechtlicher Drohung scheide hier ebenfalls aus. Im Personalgespräch sei keine widerrechtliche Drohung erfolgt. Die Androhung einer dienstrechtlich zulässigen Maßnahme als solche sei nicht widerrechtlich. Eine Drohung liege nicht vor, wenn der Dienstherr Beamte auf Widerruf darauf hinweise, dass sie mit einer Entlassung wegen mangelnder Bewährung rechnen müssten. Selbst die Vorlage eines vorformulierten Entlassungsgesuchs begründe ohne zusätzliche Druckausübung auch bei besonders schutzbedürftigen Beamten keine widerrechtliche Drohung. Der Antrag auf Entlassung sei durch die E-Mail des Antragstellers vom 6. Dezember 2017 bzw. dessen am 7. Dezember 2017 eingegangenes Schreiben vom 6. Dezember 2017 nicht wirksam im Sinne von Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG zurückgenommen worden. Da dem Antragsteller die Entlassungsverfügung am 5. Dezember 2017 ausgehändigt worden sei, sei die Rücknahmeerklärung nicht mehr fristgerecht erfolgt. Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG lasse die Entlassung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist zu. Der Dienstherr sei lediglich berechtigt, nicht aber verpflichtet, den Ablauf der zweiwöchigen Rücknahmefrist abzuwarten. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut. Auch aus Fürsorgegesichtspunkten sei dem Antragsgegner die sofortige Verfügung der Entlassung nicht anzulasten. Der Antragsteller habe seiner möglichen Entlassung durch eine Entlassung auf eigenen Antrag zuvorkommen wollen. Er habe auch von der ihm explizit eingeräumten Möglichkeit, sich darüber noch ein paar Tage Gedanken zu machen, keinen Gebrauch gemacht und sich nach Durchsicht eines Musterantrags dafür entschieden, den Antrag noch während des Personalgesprächs zu stellen sowie die Entlassung mit Ablauf des 31. Dezember 2017 zu beantragen, um noch seinen Urlaub einbringen zu können. Im Übrigen sei der Antragsteller beim Personalgespräch auch gezielt danach gefragt worden, was aus seiner Sicht die Gründe für die Schlechtleistungen seien. Eine amtsärztliche Untersuchung zur Klärung der Gründe für den Leistungsabfall anzuordnen, sei nicht angezeigt gewesen. Die schlechten Leistungen habe der Antragsteller in den Lehrgangsklausuren gezeigt, die gegen Ende Juli bzw. Anfang August 2017 stattgefunden hätten. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er erst zwei Arbeitstage wegen Krankheit versäumt gehabt. Eine umfangreichere Zahl von Krankheitstagen mit der stationären Behandlung im Bezirkskrankenhaus habe sich erst im September/Oktober 2017 und damit deutlich nach den Lehrgangsklausuren gezeigt. Deshalb habe der Antragsgegner keine Veranlassung gehabt, anzunehmen, dass die Schlechtleistungen auf Krankheit beruhen könnten. Im Personalgespräch habe der Antragsteller auch ausschließlich fachliche Gründe, wie z.B. die Umstellung auf Langschriftklausuren und die Art der Vorbereitung, als Grund für die schlechten Leistungen angegeben. Schließlich liege auch kein Anordnungsgrund vor. Eine „vorläufige“ Wiedereinstellung des Antragstellers in den Vorbereitungsdienst und die weitere Ausbildung bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die Widersprüche würde eine vorläufige Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf voraussetzen, die aber rechtlich nicht vorgesehen sei.
Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2018 führte der Antragsteller ergänzend aus, dass den Feststellungen in der Niederschrift über das Personalgespräch entgegenzuhalten sei, dass diese nicht zeitnah im Zusammenhang mit der Durchführung des Personalgesprächs angefertigt worden sei, sondern vielmehr erst 15 Tage später. Der Inhalt der Gesprächsniederschrift zeige, dass der Antragsteller insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit, sich seinen Entlassungsantrag in Ruhe zu überlegen, getäuscht worden sei. Die beteiligten Beamten hätten den Antragsteller im Unklaren darüber gelassen, dass sowohl sein Entlassungsantrag als auch die Entlassungsverfügung bereits im Vorfeld vorbereitet worden seien und dass die Entlassungsverfügung keineswegs zeitlich unterbrochen durch eine Überdenkensfrist für den Antragsteller verfügt werden würde, sondern sofort noch während des Personalgesprächs. Dem Antragsteller sei kein „Musterantrag“ gezeigt worden, sondern ein Antragsvordruck, der bereits im Vorfeld gezielt in Bezug auf den Antragsteller vorbereitet worden sei. Die Täuschung des Antragstellers sei darin zu sehen, dass ihm zunächst erläutert worden sei, dass es auch im Falle der Stellung eines Entlassungsantrags zunächst noch eines weiteren, zeitlich nachgelagerten Aktes bedürfe, nämlich der Erstellung und Aushändigung einer Entlassungsverfügung. Tatsächlich sei jedoch die Entlassungsverfügung individuell für den Antragsteller bereits durch die Sachbearbeiter vorbereitet und dann ausgehändigt worden. In der Niederschrift sei auch eine widerrechtliche Drohung gegenüber dem Antragsteller enthalten. Dieser habe während des Personalgesprächs immer wieder deutlich gemacht, dass er weiterhin eine Leistungsverbesserung anstrebe. Er habe zu keinem Zeitpunkt geäußert, die Ausbildung abbrechen zu wollen. Erst nachdem die Sachbearbeiter den Antragsteller auf die Möglichkeit der Entlassung hingewiesen hätten, habe er seinen Widerstand aufgegeben. Der Antragsteller habe sich auch aufgrund der Negativprognose genötigt gesehen, einer „unehrenhaften“ Entlassung durch die Entlassung auf eigenen Antrag zuvorzukommen. Bei der von der Behörde zu treffenden Prognoseentscheidung in Bezug auf den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung sei das Vorliegen gesundheitlicher Aspekte beim Antragsteller nahe gelegen. Die Bescheinigung über den stationären Aufenthalt im Bezirksklinikum … sei dem Antragsgegner am 18. September 2017 zugegangen. Daher hätte sich ein gesundheitliches Problem als Grund für den Leistungsabfall aufdrängen müssen. Auch die Ankündigung der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis durch die Sachbearbeiter stelle eine widerrechtliche Drohung dar, da eine entsprechende Entlassungsverfügung auf der (nicht geschaffenen) Tatsachengrundlage sowie unter Zugrundelegung der unzutreffenden Vorstellungen des Antragsgegners hinsichtlich der Prognoseentscheidung rechtswidrig gewesen sei. Der Antragsteller begehre keine „vorläufige“ und in irgendeiner Weise sonst bedingte Ernennung zum Beamten auf Widerruf, sondern begehre schlicht die Ernennung, wie sie zur Durchführung der Ausbildung erforderlich sei.
Für den Antragsgegner wurde mit Schreiben des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 2. Februar 2018 abschließend vorgetragen, dass der Aktenvermerk über das Personalgespräch bereits am 15. Dezember 2017, was sich auch aus der Niederschrift ergebe, durch Steueroberinspektor … gefertigt worden sei. Die Reinschrift sei erst am 20. Dezember 2017 geschrieben und mit dem Stempel versehen worden. Bei einem zwischen dem Personalgespräch und der Fertigung der Niederschrift liegenden Zeitraum von zehn Tagen sei es abwegig anzunehmen, dass der Inhalt nicht mehr vollständig wiedergegeben werden könne. Dies gelte umso mehr, als bereits während des Personalgesprächs handschriftliche Notizen angefertigt worden seien, auf denen die Niederschrift beruhe. Eine arglistige Täuschung liege nicht vor, da der Antragsteller gerade auf die Möglichkeit hingewiesen worden sei, sich noch ein paar Tage Gedanken zu machen. Dies sei zeitlich sogar erst nachdem der Antragsteller zu verstehen gegeben habe, den Antrag auf Entlassung stellen zu wollen, erfolgt. Erst auf Nachfrage des Antragstellers über die Form eines solchen Entlassungsantrags sei ihm der Musterantrag durch die Mitarbeiter des Antragsgegners vorgelegt worden. Es liege auch keine Täuschung durch das Vorbereiten eines auf den Antragsteller abgestimmten Musterantrags vor, da jeder Ausdruck eines Musterentlassungsantrags seit vielen Jahren aufgrund technischer Abläufe mindestens mit der Personalnummer und der Dienstbezeichnung versehen sei. Eine Vorausfüllung mit Namen, Datum usw. habe gerade nicht vorgelegen. Dem Antragsteller sei keine Auskunft darüber erteilt worden, welche konkrete Dauer zwischen Entlassungsantrag und Erlass der Entlassungsverfügung liegen werde. Der getätigten Aussage über den Bedarf einer Verfügung könne auch keinerlei Bedeutung hinsichtlich eines länger andauernden Zeitraums zwischen Antrag und Entlassungsverfügung beigemessen werden und impliziere keineswegs, dass die Entlassungsverfügung nicht auch noch am selben Tag erlassen werden könne. Deshalb liege insoweit auch keine arglistige Täuschung durch die Aushändigung der Entlassungsverfügung im Personalgespräch vor. Dem Antragsteller sei beim Personalgespräch mitgeteilt worden, dass immer eine Einzelfallentscheidung über die Entlassung zu treffen sei und eine gesonderte Überprüfung stattfinde. Im Gespräch sei nur eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in Bezug auf die Qualifikationsprüfung vorgenommen worden, wonach eine negative Prognose aufgrund der schlechten Leistungen von 0,0 Punkten im FTA II/1 nicht unwahrscheinlich sei. Ein Eingehen auf gesundheitliche Aspekte habe sich beim Personalgespräch nicht aufgedrängt. Der Antragsteller habe auch ausschließlich fachliche Gründe für seinen Leistungsabfall angegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Dabei kann zum einen dahinstehen, ob der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO im vorliegenden Verfahren überhaupt statthaft ist, wenn hier ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gerichtet auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Entlassungsverfügung vom 5. Dezember 2017 gemäß § 123 Abs. 5 VwGO als vorrangig anzusehen wäre (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 4). Zum anderen kann insbesondere wegen des ausdrücklich begehrten Ziels des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz auch offen bleiben, ob der gegen die Entlassungsverfügung erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO entfaltet, oder dieser aufgrund des Stellens des Entlassungsantrags durch den Widerspruchsführer selbst als offensichtlich unzulässig anzusehen ist mit der Folge, dass der Eintritt der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise entfällt (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 50).
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist auch im Hinblick darauf, dass mit der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung dem Antrag des Antragstellers auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entsprochen wurde, nicht unzulässig. Da der Antragsteller der Sache nach geltend macht, er habe seinen Entlassungsantrag angefochten und sei deshalb gegen seinen Willen entlassen worden, kann in der vorliegenden Fallkonstellation das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht verneint werden (so auch BVerwG, U.v. 27.8.2009 – 2 C 26.08 – NVwZ-RR 2010, 157; Lemhöfer in Plog/Wiedow, BBG, Stand November 2017, § 33 Rn. 36).
Dem Anordnungsbegehren konnte aber bereits deshalb nicht entsprochen werden, weil die erstrebte Anordnung, den Antragsgegner bis zur bestandskräftigen Entscheidung über seine Widersprüche gegen die Entlassungsverfügung vom 5. Dezember 2017 und die durch Schreiben des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 11. Dezember 2017 erfolgte Ablehnung der Zustimmung zur Rücknahme des Entlassungsantrags zu verpflichten, den Antragsteller unter Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf als Steuersekretäranwärter weiter zum Finanzwirt auszubilden, eine Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten würde. Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers durch eine Veränderung des bestehenden Zustands vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Im Wege der einstweiligen Anordnung ist zudem die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Das Gericht ist dabei aber beschränkt auf die Regelung eines vorläufigen Zustandes; es ist ihm daher grundsätzlich untersagt, im Rahmen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes die Hauptsache vorwegzunehmen. Es ist insoweit nur möglich, die Lage offen zu halten, um zu vermeiden, dass das Recht bis zu einer Klärung im Hauptsacheverfahren untergeht oder seine Durchsetzung wegen Zeitablaufs mit wesentlichen Nachteilen verbunden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 66a). Mit der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung wäre aber die für die erstrebte Fortsetzung der Ausbildung notwendige und nicht wieder rückgängig zu machende (Wieder-)Ernennung des Antragstellers zum Beamten auf Widerruf verbunden, da die Ausbildung für den Einstieg in die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen fachlicher Schwerpunkt Steuer nur im Rechtsverhältnis eines Beamten auf Widerruf absolviert werden kann. Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt jedoch – wie oben ausgeführt – nur ausnahmsweise in Fällen in Betracht, bei denen ein effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen und der Antragsteller im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach obsiegen wird (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 27.6.2012 – 3 AE 12.734 – juris Rn. 12 ff.; B.v. 17.9.2009 – 3 CE 09.1383 – juris Rn. 45; VG München, B.v. 11.1.2017 – M 5 E 16.5069 – juris Rn. 18).
Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Durchbrechung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache gegeben sind. Dem Antragsteller drohen ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung keine unzumutbaren Nachteile. Die vorgetragenen beruflichen Beeinträchtigungen durch die zu erwartenden Verzögerungen bei der Ausbildung begründen keinen Ausnahmefall, da es dem Antragsteller zumutbar erscheint, seine Ausbildung bis zur Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren zu unterbrechen. Die Wiedereingliederung des Antragstellers in die Ausbildung (fachtheoretischer Ausbildungsabschnitt II/2) wäre dem Antragsgegner ohne weiteres möglich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die bislang erworbenen Kenntnisse zwischenzeitlich entwertet würden oder sonst verloren wären bzw. eine Altersgrenze (vgl. Art. 23 Abs. 1 BayBG) überschritten würde. Dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache kann auch nicht die Möglichkeit, den Antragsteller bei Nichtbewährung gemäß § 23 Abs. 4 BeamtStG wieder zu entlassen, entgegengehalten werden (BayVGH, B. v. 27.6.2012 – 3 AE 12.734 – juris Rn. 12; B.v. 17.9.2009 – 3 CE 09.1383 – juris Rn. 44).
Im Übrigen hätte der Antragsteller auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 VwGO i.V.m. § 294 Abs. 2 ZPO). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass der Antragsteller die drohende Gefahr der Rechtsverletzung – Anordnungsgrund – und ein Recht im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO – Anordnungsanspruch – glaubhaft macht. Die im Eilverfahren gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Rechtslage ergibt, dass es (auch) an letzterem fehlt.
Die Entlassungsverfügung vom 5. Dezember 2017 ist voraussichtlich rechtmäßig, insbesondere beruht sie auf dem nicht rechtzeitig widerrufenen Antrag auf Entlassung des Antragstellers vom selben Tag, der auch nicht wirksam gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten wurde. Der Antragsteller wurde weder arglistig getäuscht, noch liegt eine widerrechtliche Drohung vor.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeamtStG sind Beamte zu entlassen, wenn sie die Entlassung in schriftlicher Form verlangen. Art. 57 Abs. 1 BayBG regelt ergänzend hierzu, dass Beamte gegenüber ihren Dienstvorgesetzten jederzeit ihre Entlassung verlangen können (Satz 1) und diese Erklärung, solange die Entlassungsverfügung noch nicht zugegangen ist, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang bei dem Dienstvorgesetzten schriftlich zurückgenommen werden kann, mit Zustimmung der Entlassungsbehörde auch nach Ablauf dieser Frist (Satz 2). In Art. 57 Abs. 2 BayBG ist normiert, dass die Entlassung zum beantragten Zeitpunkt auszusprechen ist und solange hinausgeschoben werden kann, bis die Amtsgeschäfte des Beamten ordnungsgemäß erledigt sind, längstens jedoch drei Monate. Art. 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BayBG bestimmt darüber hinaus, dass die Entlassungsverfügung mit dem darin bezeichneten Zeitpunkt, hier mit Ablauf des 31. Dezember 2017, wirksam wird.
Die Entlassungsverfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 5. Dezember 2017, die dem Antragsteller am 5. Dezember 2017 gegen Empfangsbestätigung wirksam zugestellt wurde (Art. 10 Satz 2, Art. 56 Abs. 3 BayBG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 VwZVG), ist zu Recht auf § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeamtStG gestützt, da der Antragsteller seine Entlassung aus dem Beamtenverhält auf Widerruf zum 31. Dezember 2017 unter dem 5. Dezember 2017 schriftlich bei seinem Dienstvorgesetzten (Art. 3 Satz 1 BayBG) beantragt hat. Bei der Entlassung eines Beamten auf eigenen Antrag handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Dem wirksam gestellten Entlassungsantrag muss der Dienstherr zwingend stattgeben; ein Ermessen steht ihm bei seiner Entscheidung nicht zu (BVerwG, U.v. 27.8.2009 – 2 C 26.08 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 9.3.2016 – 6 ZB 15.622 – juris Rn. 10). Art. 57 Abs. 2 Satz 1 BayBG bestimmt in diesem Kontext ergänzend, dass die Entlassung zu dem (vom Beamten) beantragten Zeitpunkt, hier mit Ablauf des 31. Dezember 2017, auszusprechen ist. Diesen rechtlichen Anforderungen wurde in der Entlassungsverfügung Rechnung getragen.
Der mit Schreiben des Antragstellers vom 6. Dezember 2017 erklärte Widerruf des Entlassungsantrags erfolgte nicht fristgerecht, da ihm die am 5. Dezember 2017 ausgehändigte Entlassungsverfügung zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung bereits zugegangen war (Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG). Die unmittelbar nach der Stellung des Entlassungsantrags erfolgte Ausfertigung und Zustellung der Entlassungsverfügung verstößt nicht dadurch gegen Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG, dass dem Antragsteller die dort vorgesehene Rücknahmefrist von zwei Wochen nicht mehr zur Verfügung stand, weil dadurch der gesetzlich vorgesehene Ausnahmetatbestand des vorherigen Zugehens der Entlassungsverfügung verwirklicht ist. Die zur Begrenzung der freien Rücknehmbarkeit der Entlassungserklärung in Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG geregelte Zweiwochenfrist begründet keine Verpflichtung des Dienstherrn, über einen Entlassungsantrag innerhalb dieser Frist keine Entlassungsentscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1984 – 2 C 12.84 – ZBR 1985, 204; VG Schleswig, U.v. 7.11.2014 – 12 A 27/14 – juris Rn. 34; Lemhöfer in Plog/Wiedow, BBG, Stand November 2017, § 33 Rn. 15; Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 33 Rn. 3). Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der Gesetzgeber selbst für die Möglichkeit, die Frist in Anspruch zu nehmen, die Einschränkung getroffen hat, dass die Entlassungsverfügung noch nicht zugegangen sein darf. Sonst bliebe für die gesetzlich vorgesehene Einschränkung kein eigener Regelungsgehalt mehr (VG München, U.v. 6.4.2016 – M 5 K 15.4012 – juris Rn. 18). Zum anderen ist in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeamtStG als Voraussetzung für diese Art der Entlassung nur vorgesehen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Entlassungsverfügung ein wirksamer Entlassungsantrag vorliegt (so auch v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand November 2017, § 23 Rn. 168).
Das Ergehen der Entlassungsverfügung vor dem Ablauf der Rücknahmefrist stellt auch keine Verletzung der dem Dienstherrn nach § 45 BeamtStG obliegenden Fürsorgepflicht dar (vgl. z.B. NdsOVG, B.v. 23.12.2004 – 2 ME 1254/04 – NVwZ-RR 2006, 197; VG München, U.v. 6.4.2016 – M 5 K 15.4012 – juris Rn. 19). Ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht ist auch nicht darin zu sehen, dass der Antragsgegner es unterlassen hat, gesundheitliche Gründe für die ungenügenden Leistungen des Antragstellers im FTA II/1 zu prüfen. Für eine solche Abklärung bestand nach dem Ablauf des Personalgesprächs kein Anlass, da der Antragsteller keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für seine Leistungsdefizite angegeben hat und allein der Umstand, dass er im Bezirkskrankenhaus … stationär behandelt worden war, hierfür nicht ausreicht, zumal bis zu diesem Krankenhausaufenthalt keine nennenswerten Krankheitstage zu verzeichnen waren und in der Bescheinigung des Bezirkskrankenhauses vom 15. September 2017 keine Diagnose enthalten ist. Auch bestand nach dem Inhalt der Gesprächsniederschrift keine Veranlassung für die Mitarbeiter des Antragsgegners anzunehmen, dass sich der Antragsteller bei der Abgabe seiner Erklärung, entlassen werden zu wollen, in einem Zustand befunden haben könnte, der die freie Willensbildung ausgeschlossen hat, z.B. im einem Zustand heftiger seelischer Erregung (s. hierzu z.B. VG Würzburg, U.v. 3.2.2015 – W 1 K 14.621 – juris Rn. 35). Ebenso sind nach Aktenlage keine Hinweise dafür erkennbar, dass sich der Antragsteller durch außergewöhnliche Umstände veranlasst sah, den Entlassungsantrag zu stellen und bei verständiger Würdigung anzunehmen war, dass er den Antrag bei vernünftiger und reiflicher Überlegung nicht gestellt hätte (vgl. hierzu OVG NW, B.v. 11.10.2004 – 1 B 1764/04 – juris Rn. 5; VG Schleswig, U.v. 7.11.2014 – 12 A 27/14 – juris Rn. 33).
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner dem mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 erklärten Widerruf des Entlassungsantrags zustimmt. Dieses Begehren wurde vom Antragsgegner im Schreiben des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 11. Dezember 2017 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt. Nach Art. 57 Abs. 1 Satz 2 BayBG kann die Entlassungsbehörde der Rücknahme des Entlassungsverlangens auch noch nach Ablauf der dem Beamten eingeräumten zweiwöchigen Rücknahmefrist zustimmen, es sei denn, die Entlassungsverfügung ist dem Beamten bereits zugegangen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 2.2.1998 – 3 B 96.4214 – juris Rn. 19; Lemhöfer in Plog/Wiedow, BBG, Stand November 2017, § 33 Rn. 17; Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 33 Rn. 3; Weißgerber/Maier in BeckOK BeamtenR Bayern, Stand Januar 2016, Art. 57 Rn. 12; v. Roetteken/ Rothländer, BeamtStG, Stand November 2017, § 23 Rn. 169). Da dem Antragsteller die Entlassungsverfügung bereits am 5. Dezember 2017 durch die Entlassungsbehörde gegen Empfangsbekenntnis (Art. 5 Abs. 1 VwZVG) ausgehändigt und damit wirksam zugestellt worden war, kam eine Zustimmung zur Rücknahme des Entlassungsantrags nicht mehr in Betracht.
Die dem am 5. Dezember 2017 schriftlich und damit formgerecht (§ 126 Abs. 1 BGB) gestellten Entlassungsantrag zugrunde liegende Willenserklärung des Antragstellers wurde von diesem auch nicht wirksam durch die Erklärung der Anfechtung wegen eines Willensmangels (§ 123 Abs. 1 BGB) im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 14. Dezember 2017 beseitigt. Die entsprechende Anwendung von § 123 Abs. 1 BGB in der vorliegenden – öffentlich-rechtlichen Vorgaben folgenden – Konstellation ist grundsätzlich möglich (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 28.10.1982 ZBR 1983, 191; v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand November 2017, § 23 Rn. 173 ff). Die Anfechtungserklärung muss unabhängig vom Anfechtungsgrund ohne schuldhaftes Zögern gegenüber dem Dienstherrn erklärt werden (BVerwG, U.v. 10.12.1970 – II C 5.66 – BVerwGE 37, 19). § 124 Abs. 1 BGB gilt auch im Fall einer Drohung oder Täuschung nicht (VG München, U.v. 6.4.2016 – M 5 K 15.4012 – juris Rn. 23). Ob die im Schriftsatz vom 14. Dezember 2017 enthaltene Anfechtungserklärung diesen Anforderungen genügt, kann dahinstehen, da jedenfalls kein zur Anfechtung berechtigender Grund gegeben ist und die Anfechtung damit nicht wirksam erklärt wurde.
Die behauptete arglistige Täuschung des Antragstellers durch die das Personalgespräch am 5. Dezember 2017 führenden Beamten des Bayerischen Landesamts für Steuern ist gemessen am Inhalt der von dem Protokoll führenden Beamten hierüber (auf der Grundlage einer Mitschrift) am 15. Dezember 2017 gefertigten und nach Abzeichnung am 18. bzw. 20. Dezember 2017 auf den 21. Dezember 2017 datierten Niederschrift nicht gegeben. Nach § 123 Abs. 1 BGB kann, wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten. Allerdings kann in dem im Rahmen des Personalgesprächs gegebenen Hinweis der Mitarbeiter des Bayerischen Landesamts für Steuern auf die schlechten Erfolgsaussichten in Bezug auf das Bestehen der Qualifikationsprüfung keine arglistige Täuschung gesehen werden, da dieser Hinweis auf langjährigen – statistisch belegten – Erfahrungen des Antragsgegners beruht. Auch in den Angaben der Beamten des Bayerischen Landesamts für Steuern zum Ablauf eines Entlassungsverfahrens und speziell zu den Möglichkeiten, einen Entlassungsantrag nochmals zu überdenken, ist keine Täuschung zu erkennen. Ausweislich der Niederschrift wurde dem Antragsteller sogar seitens der Behördenvertreter – erfolglos – angeboten, sich über den Entlassungsantrag „noch ein paar Tage Gedanken zu machen“. Der gesamte Ablauf des Personalgesprächs, so wie er dokumentiert ist, mit der Stellung des (teilweise vorbereiteten) Entlassungsantrags und der Aushändigung der (ebenfalls teilweise vorbereiteten) Entlassungsverfügung scheint zwar in gewissem Sinn ergebnisorientiert geführt worden zu sein, lässt letztlich aber keine bewusste Täuschung des Antragstellers erkennen.
Eine zur Anfechtung berechtigende widerrechtliche Drohung im Sinn von § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB liegt nach Aktenlage ebenfalls nicht vor. Der Hinweis auf die dem Dienstherrn zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf stellt keine widerrechtliche Drohung dar (vgl z.B. VG München U.v. 6.4.2016 – M 5 K 15.4012 – juris Rn. 22). Auch sonstige – den Tatbestand der widerrechtlichen Drohung erfüllende – Handlungen der Behördenvertreter können der Niederschrift über das Personalgespräch am 5. Dezember 2017 nicht entnommen werden. Damit liegt mangels Vorliegens eines Anfechtungsgrundes im Ergebnis keine wirksame, den Entlassungsantrag beseitigende Anfechtung vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, denen das Gericht folgt, die Hälfte des Streitwerts der Hauptsache anzusetzen ist (die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Anwärterbezüge von monatlich 1.159,93 EUR betragen 6.959,58 EUR; davon die Hälfte entspricht 3.479,79 EUR; vgl. z.B. BayVGH, B.v. 17.5.2017 – 3 CS 17.26 – juris Rn. 12).


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