Verwaltungsrecht

Antrag auf Verlängerung der Abordnung, Ablehnung, Ermessen, Ermessensfehlgebrauch, persönliche Belange, Personalrat, zulässige Vorwegnahme der Hauptsache

Aktenzeichen  B 5 E 21.1077

Datum:
27.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44325
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
VwGO § 114
BBG § 27
BPersVG § 55 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens am derzeitigen Dienstort, dem Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum …, einzusetzen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.000,00 Euro.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung ihres Antrags auf Verlängerung ihrer Abordnung an das Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum … (BPOLAFZ …) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
1. Die 58-jährige Antragstellerin ist Kontroll- und Streifenbeamtin bei der Antragsgegnerin. Ihre Stammdienststelle ist die Bundespolizeiinspektion Flughafen … Im November 2017 wurde sie das erste Mal von ihrer Stammdienststelle zum BPOLAFZ …, befristet für ein Jahr, abgeordnet und als Lehrkraft verwendet. Sie wurde im Bereich der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes und im Rahmen der Basisausbildung des gehobenen Polizeivollzugsdienstes eingesetzt. In den Jahren 2018 bis 2020 wurde diese Abordnung jeweils für ein Jahr verlängert. Sie ist beim BPOLAFZ … Mitglied der dortigen Personalvertretung. Mit Bescheid vom 01.04.2021 wurde die Abordnungsverfügung aus dienstlichen Gründen mit sofortiger Wirkung auf Antrag der Bundespolizeiakademie aufgehoben. Das gegen diesen Bescheid angestrebte Eilverfahren (Az. … – rechtskräftig) hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Bescheids.
Den Antrag der Antragstellerin vom 08.03.2021 bzw. 22.08.2021 auf Verlängerung der Abordnung über den 31.10.2021 hinaus hat die Bundespolizeidirektion S. A. mit Bescheid vom 31.08.2021 abgelehnt. Als Grund wurde genannt, dass eine Verlängerung der Abordnung durch die Bundespolizeiakademie nicht befürwortet werde. Eine Verlängerung werde nur dann verfügt, wenn der Bedarfsträger dies als personalführende Stelle beantragen würde. Eine Versetzung werde nur dann verfügt, wenn durch die aufnehmende Behörde eine entsprechende Anforderung erfolgt. Ohne eine solche sei eine Abordnung oder Versetzung in den Geschäftsbereich einer anderen Behörde nicht möglich. Über den Widerspruch vom 21.09.2021 hat die Antragsgegnerin noch nicht entschieden. Die Antragstellerin hat vorsorglich mit Schreiben vom 30.09.2021 die Versetzung an das BPOLAFZ … beantragt.
2. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten hat die Antragstellerin am 30.09.2021 einen Eilantrag eingelegt und beantragt,
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens am derzeitigen Dienstort BPOLAFZ …, einzusetzen.
Sie ist der Auffassung, dass die Ablehnung aufgrund einer falschen Ermessensentscheidung rechtswidrig sei. Ihre persönliche, insbesondere familiäre Lage sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Ihr sei mündlich mitgeteilt worden, dass wegen nicht abschließend aufgeklärter Verfehlungen im Rahmen einer „Bewährungszeit“ bis zum Ende der derzeitigen Abordnung die Möglichkeit eingeräumt werden solle, eine Bewährung zu erlangen, womit der Verbleib an der Dienststelle in … verknüpft gewesen sei. Daraus entnehme sie, dass die Antragsgegnerin ihre bisherige „Kettenabordnung“ als Versetzung bewerte. Den Antrag auf Verlängerung ihrer Abordnung habe sie gestellt, weil die Antragsgegnerin erklärt habe, dass eine endgültige Versetzung erfolge, sobald eine Stelle haushalterisch dauerhaft belegbar sei. Sie werde unstreitig benötigt und ihre dauerhafte Personalratstätigkeit müsse einen Verbleib an der Dienststelle rechtfertigen, insbesondere weil ihr eine Freistellung seit dem 11.08.2021 zu 50% zuerkannt worden sei. Auch habe der äußerst kurzfristig angeordnete Ortswechsel keine Berücksichtigung gefunden. Ein Anordnungsgrund liege aufgrund der drohenden finanziellen Erschwernisse und gravierenden Einschnitte in ihr Privatleben vor. Auch sei ihre Position als Personalratsmitglied verloren. Ein Anordnungsanspruch liege vor, weil sich die Antragstellerin in einer versetzungsähnlichen Situation befinde. § 55 Abs. 2 BPersVG sei nicht beachtet worden. Die Benennung wichtiger Gründe zur Aufgabe der Stelle und auch auf die Besetzung einer Stelle bei der Stammdienststelle seien unterblieben. Eine Zustimmung der aufnehmenden Stelle sei nur bei einer dienstherrenübergreifenden Maßnahme relevant. Der Antragstellerin sei kein Karenzzeitraum gegeben worden. Die Ablehnung sei auch deshalb rechtswidrig, weil sich die Antragsgegnerin aufgrund mündlicher Angaben widersprüchlich verhalten habe. Die Antragsgegnerin verstoße gegen die Fürsorgepflicht und den Grundsatz von Treu und Glauben.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass der Antrag unzulässig sei, da sie die begehrte Verpflichtung wegen des fehlenden Einflusses auf die Personalentscheidung der Bundespolizeiakademie nicht erfüllen könne. Es sei kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Eine besondere Härte hinsichtlich der familiären Situation durch den Einsatz an der Stammdienststelle sei nicht ersichtlich. Der möglicherweise erforderliche Umzug liege in der Natur der Abordnung. Es liege kein Anordnungsanspruch vor. Die Ablehnung sei weder willkürlich noch offensichtlich ermessensfehlerhaft. Die Dienstleistung an der Stammdienststelle stelle den Normalfall dar und müsse nicht besonders begründet werden. Dass überhaupt kein Bedürfnis an der dortigen Beschäftigung bestehe, werde nicht geltend gemacht und sei nicht der Fall. Eine Abordnung komme nach Anforderung und im Einvernehmen mit der entsprechenden Behörde in Betracht, welche durch die Bundespolizeiakademie nicht vorliege. Die Fürsorgepflicht sowie die persönliche Situation gäben dem Beamten keinen Anspruch auf wohnortnahe dienstliche Verwendung. Die Wohnung sei nach § 72 Abs. 1 BBG so zu nehmen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird. § 55 Abs. 2 BPersVG stehe der Aufhebung nicht entgegen. Der zeitlich begrenzte Einsatz im Personalrat sei aufgrund der Abordnung bereits bei ihrer Aufstellung zur Wahl ersichtlich absehbare Konsequenz gewesen. Der Wählerwille werde nicht „torpediert“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der streitgegenständlichen und beigezogenen Gerichtsakte (Az. …*) sowie der beigezogenen behördlichen Verfahrensakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund (unter 1.) und einen Anordnungsanspruch (unter 2.) glaubhaft gemacht. Die Entscheidung nimmt die Entscheidung in der Hauptsache auch nicht unzulässig vorweg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei sind der Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit der begehrten Entscheidung, und der Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
1. Die Eilbedürftigkeit der verlangten vorläufigen Regelung – d.h. der vorläufigen Verlängerung der Abordnung der Antragstellerin – hat sie durch Vorlage der Ablehnungsmitteilung belegt. Demnach endet ihre Abordnung an das BPOLAFZ … mit Ende des Monats Oktober. Sie kann ab diesem Zeitpunkt ihre Tätigkeit als Lehrkraft am BPOLAFZ … und als Personalrätin nicht mehr wahrnehmen, da sie aus der Dienststelle ausscheidet, vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 4 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG).
2. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Ablehnungsentscheidung ist nach summarischer Prüfung ermessensfehlerhaft und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten (unter a)). Sie hat deshalb einen Anspruch auf Einsatz in ihrer Abordnungsbehörde, bis die Antragsgegnerin sie neu unter der Rechtsauffassung des Gerichts verbeschieden hat (unter b)).
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG), der gem. § 2 des Bundespolizeibeamtengesetzes (BPolBG) auf Polizeivollzugsbeamte Anwendung findet, ist eine Abordnung die vorübergehende Übertragung einer dem Amt des Beamten entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle.
Nach § 27 Abs. 2 BBG liegt die Anordnung einer Abordnung eines Beamten zu einer Tätigkeit in einer anderen Dienststelle im Ermessen des Dienstherrn. Ein darauf bezogenes gesetzlich normiertes Antragsrecht steht dem Beamten im Unterschied zu der die Versetzung betreffenden Regelung in § 8 BPolBG nicht zu. Damit hat der Dienstherr für den Erlass oder die Ablehnung einer Abordnungsverfügung einen noch weitergehenden Ermessensspielraum als bei einer Versetzungsverfügung. Das Fehlen eines einfachgesetzlich normierten Antragsrechts des Beamten schließt entsprechende Anträge eines Beamten weder aus noch entbindet es den Dienstherrn von der Pflicht, einen auf eine Abordnung gerichteten Antrag in pflichtgemäßer Ermessensausübung entsprechend dem Zweck der Ermächtigung zu bescheiden. Allerdings bewirkt das Fehlen eines gesetzlich normierten Antragsrechts, dass die Ausübung des Abordnungsermessens vorrangig dienstlichen Interessen dient (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3/21 – juris Rn. 14).
Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Ermessenserwägungen des Dienstherrn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei Abordnungen und Versetzungen grundsätzlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie Ermessensfehler im Sinne von § 114 VwGO aufweisen (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3.21 – juris Rn. 16 m.w.N.).
a) Gemessen daran ist die Ablehnungsentscheidung nach summarischer Prüfung rechtswidrig, da hinsichtlich des Entschließungsermessens offensichtlich ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt. Die Antragsgegnerin ist zur Ausübung eines ihr eingeräumten Ermessens nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (vgl. hierzu Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 17). Sie muss alle Erwägungen anstellen, die nach dem gesetzlichen Entscheidungsprogramm von ihr gefordert werden; sie muss nicht nur die einschlägigen Umstände anführen, sondern in einem zweiten Schritt auch diskutieren, also zueinander in Beziehung setzen und nach „Für und Wider“ abwägen. Übersieht sie einen wesentlichen Gesichtspunkt, so sind ihre Ermessenserwägungen unvollständig und rechtswidrig. Die Behörde ist jedoch nicht verpflichtet, alle nur erdenklichen Gesichtspunkte vollständig zu erfassen (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 24 m.w.N.).
Dieser Pflicht ist die Antragsgegnerin nach summarischer Prüfung nicht nachgekommen, indem sie in ihrer Ablehnungsmitteilung festgestellt hat, dass eine Verlängerung der Abordnung durch die Bundespolizeiakademie nicht befürwortet bzw. die Abordnung nur auf Antrag verfügt wird.
Dabei kann offenbleiben, ob – wie von der Antragstellerin behauptet – ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben oder einer Fürsorgepflichtverletzung vorliegt. Denn vielmehr hätte die Antragsgegnerin in einem ersten Schritt folgende Umstände feststellen und in einem zweiten Schritt entsprechend gewichten und im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung abwägen müssen.
aa) Zunächst hätte die Antragsgegnerin erkennen und in ihre Ermessenserwägungen einstellen müssen, dass die Antragstellerin bereits seit dem 01.11.2017 bis zum 31.10.2021 – mithin vier Jahre – an das BPOLAFZ … abgeordnet wurde. In der Abordnungsverfügung vom 05.05.2020 wurde sie bis zum 31.10.2021 aus dienstlichen Gründen und sogar aufgrund ihres Antrags dorthin mit der Option auf Verlängerung abgeordnet (Verwaltungsakte Bl. 7). Zwar sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass aus einer „Kettenabordnung“ kein Anwartschaftsrecht auf eine endgültige Versetzung erwächst bzw. die Kettenabordnung keiner Versetzung gleichkommt. Die Abordnung und die Versetzung haben unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen, insbesondere für welche Art der Tätigkeiten und Dauer diese Personalmaßnahmen in Betracht kommen. Zur Wahrung der Rechtsklarheit muss eine eindeutige Trennung zwischen ihnen erfolgen. Die angeführte Rechtsprechung des Antragstellerbevollmächtigten (HessVGH, B.v. 17.11.2005 – 22 TL 807/05 – juris; VG Gießen, B.v. 4.9.2002 – 22 L 2841/01 – juris; VGH BW, B.v. 7.12.1993 – PB 15 S 203/93 – juris) ist auf diesen Fall nicht übertragbar. Dort wird jeweils die Frage erörtert, ob in bestimmten Fällen der „Kettenabordnung“ das Mitbestimmungsrecht des Personalrats aktiviert wird. Das VG Trier (U.v. 27.4.2021 – 7 K 6/21.TR, BeckRS 2021, 9964) erkennt die Gleichstellung einer Kettenabordnung mit einer Versetzung ebenfalls nicht an, sondern nutzt diesen Begriff im untechnischen Sinne, um darzustellen, dass durch eine Kettenabordnung der Zweck der Abordnungsvorschrift und das Zustimmungserfordernis des Beamten umgangen werden könnte.
Aus der Ablehnungsentscheidung ergibt sich jedoch mit keinem Wort, warum ein dienstliches Bedürfnis bestand, die Antragstellerin für vier Jahre an das BPOLAFZ … als Lehrkraft abzuordnen und eine weitere Abordnung ohne Begründung abzulehnen.
bb) Ferner wurden im Rahmen der Ermessenentscheidung die persönlichen Belange der Antragstellerin nicht ausreichend berücksichtigt. Die knappe Darstellung in der Antragserwiderung vom 11.10.2021 genügt einer nachträglichen Darlegung der Ermessenserwägungen nicht. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin im April 2021 mit 58 Jahren davon ausgegangen ist, dass sie bis zu ihrer Pensionierung in damals dreieinhalb Jahren im BPOLAFZ … verbleiben wird und deshalb nach … umgezogen ist und ihren Lebensmittelpunkt vollständig nach … verlagert hat (vgl. Bl. 82 der Gerichtsakte zum Az. …*). Auch wurde ihre familiäre Beziehung zu ihrem volljährigen Sohn in … nicht berücksichtigt.
cc) Die Antragsgegnerin hat zudem die Tätigkeit der Antragstellerin als Personalrätin nicht ausreichend berücksichtigt und in ihre Ermessensabwägung eingestellt, auch nicht im Rahmen ihrer Antragserwiderung vom 11.10.2021. Die Antragsgegnerin hat auch nicht berücksichtigt, dass der Antragstellerin seit der Abstimmung vom 11.08.2021 eine Freistellung zu 50% der Dienstzeit für Personalratstätigkeiten zusteht. Auch bezieht sie die Auswirkungen ihrer Ablehnungsentscheidung auf ihre Tätigkeit als Personalrätin, z.B. das Erlöschen der Mitgliedschaft, vgl. § 31 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) nicht in ihre Überlegungen ein.
Zudem hat die Antragsgegnerin nach summarischer Prüfung die für Personalratsmitglieder anwendbare Schutzvorschrift des § 55 Abs. 2 BPersVG nicht ausreichend berücksichtigt. Mitglieder des Personalrats dürfen gegen ihren Willen nur versetzt, zugewiesen oder abgeordnet werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft im Personalrat aus wichtigen dienstlichen Gründen unvermeidbar ist. Die Versetzung, Zuweisung oder Abordnung von Mitgliedern des Personalrats bedarf der Zustimmung des Personalrats.
Diese Norm ist nach summarischer Prüfung entsprechend für den Fall der Ablehnung der Verlängerung einer Abordnung heranzuziehen. Der Wortlaut der Norm erfasst die streitgegenständliche Konstellation gerade nicht, nach summarischer Prüfung ist hierin eine planwidrige Regelungslücke zu sehen. Insbesondere ist der Sachverhalt, den die Norm regelt, nach teleologischen Gesichtspunkten mit dem hiesigen Sachverhalt vergleichbar.
Die Norm bezweckt, den Verlust des Personalratsamtes als Folge dienstlicher Maßnahmen zu verhindern, die ungestörte Ausübung des Personalratsamtes sicherzustellen und alle Mitglieder des Personalrats vor dienstlichen Maßnahmen zu bewahren, welche sie dauernd oder vorübergehend an der unabhängigen Ausübung ihres Personalratsamtes hindern könnten (vgl. VG Bayreuth, B.v. 8.6.2021 – B 5 S 21.437 – Seite 11). Daher drängt es sich auf, die Ablehnung der Verlängerung der Abordnung ebenfalls in den Schutzbereich einzubeziehen. Denn diese beeinträchtigt die Antragstellerin nicht nur in der Ausübung ihres Personalratsamtes am BPOLAFZ …, sondern bringt diese zum Erlöschen (s.o.). Die streitgegenständliche Personalmaßnahme ähnelt im Ergebnis dem Fall einer Rückabordnung, bei der die Abordnung lediglich verkürzt wird und dann endet mit der Folge, dass der betroffene Beamte zur Stammbehörde wechseln muss. Durch die Ablehnung des Antrags auf Fortführung der Abordnung wird die Abordnung ebenfalls beendet und der Beamte kehrt zu seiner Stammbehörde zurück.
Die Antragsgegnerin hätte deshalb wichtige dienstliche Gründe anführen müssen, weshalb die Personalmaßnahme unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft der Antragstellerin im Personalrat unvermeidbar gewesen ist. Die Maßnahmen müssen zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes zwingend erforderlich sein, etwa in dem Sinne, dass für die mit der Abordnung zu erfüllenden Aufgaben nur dieses bestimmte Personalratsmitglied in Betracht kommt. (vgl. VG Bayreuth, B.v. 8.6.2021 – B 5 S 21.437 – Seite 12). Hier lässt sich nicht feststellen, warum die Ablehnung des Antrags der Antragstellerin in dem oben beschriebenen Sinne unvermeidbar war.
b) Die Antragstellerin hat grundsätzlich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, eine Ermessensreduzierung auf Null kommt nach den o.g. Umständen nicht in Betracht.
Allerdings bleibt die Antragstellerin vorläufig und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache am derzeitigen Dienstort BPOLAFZ … über den 31.10.2021 hinaus eingesetzt, damit ihr effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann, vgl. Art. 19 Abs. 4 GG. Insoweit liegt eine zulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Denn ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes würden der Antragstellerin schwere und unzumutbare Nachteile entstehen (s.o.), die durch eine Hauptsacheentscheidung nachträglich nicht mehr beseitigt werden könnten (vgl. Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 123 Rn. 28).
Dem Antrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
3. Der Streitwert wird aufgrund der Vorwegnahme der Hauptsache auf 5.000 Euro festgesetzt, vgl. § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5. der Streitwertfestsetzung der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57; BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3.21 – juris Rn. 25).


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