Verwaltungsrecht

Antrag auf vorläufige Zulassung zum Studium der Tiermedizin

Aktenzeichen  M 3 E 17.18289

Datum:
29.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 13905
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 123 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 3
ZPO § 294, § 920 Abs. 2
HZV § 35 Abs. 1 S. 1, § 42 Abs. 1, Abs. 2, § 47

 

Leitsatz

1 Ein Eilverfahren gem. § 123 Abs. 1 VwGO auf vorläufige Zulassung zum Studium durch Berufung auf die Nichtausschöpfung der von einer Hochschule festgesetzten Kapazitäten führt zur Überprüfung der Kapazitätsberechnung (vgl. BVerfG BeckRS 2004, 21966). (Rn. 16 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Zulassung für ein höheres Fachsemester setzt gem. § 35 Abs. 1 S. 1 HZV voraus, dass die Zahl der in diesem Semester und gleichzeitig die Gesamtzahl der in dem betreffenden Studiengang eingeschriebenen Studierenden unter den hierfür festgesetzten Zulassungszahlen liegt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei der Berechnung der Kapazität für einen zulassungsbeschränkten Studienabschnitt sind auch beurlaubte Studierende einzurechnen. Beurlaubte Studierenden entlasten das Lehrangebot der Universität nicht dauerhaft, da sie nach ihrer Beurlaubung das Lehrangebot wieder in Anspruch nehmen (stRspr, zB BayVGH BeckRS 2016, 45518). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Berücksichtigung von Lehrdeputatsverminderung erfolgt zu einem Stichtag. Nachträgliche Änderungen sollen gem. § 42 Abs. 2 HZV bei wesentlichen Änderungen berücksichtigt werden.  (Rn. 24 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
5 Schwundfaktoren sind dem Einfluss der Hochschule entzogen und hinzunehmen. Gleiches gilt für Curricularnormwerte, solange der Curricularnormwert für einen Studiengang in der Summe nicht überschritten wird (vgl. BayVGH BeckRS 2012, 54422). (Rn. 25) (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
6 Es besteht ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf ausreichende Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität, nicht jedoch auf deren Erhöhung, insbesondere dann, wenn der in der LUFV normierte Maximalwert der Lehrverpflichtung von 10 LVS im Hinblick auf die von dieser Personengruppe wahrzunehmenden weiteren Dienstaufgaben regelmäßig nicht voll ausgeschöpft wird. Ein zwingender Grund, die Lehrtätigkeit von Mitarbeitern einseitig zulasten ihrer Forschungstätigkeit oder ihrer sonstigen Aufgaben auszuweiten, besteht nicht (vgl. BayVGH BeckRS 2012, 56670). (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragspartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EURO festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragspartei beantragt beim Verwaltungsgericht München gemäß § 123 Abs. 1 VwGO, den Antragsgegner zu verpflichten, sie zum Studium der Tiermedizin an der … nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2017/18 im 5. Fachsemester vorläufig zuzulassen, sofern nach den Vergabekriterien des Gerichts ein freier Studienplatz auf die Antragspartei entfällt.
Zur Begründung lässt die Antragspartei vortragen, sie habe sich für das Wintersemester 2017/18 direkt bei der Hochschule um einen Studienplatz in der Fachrichtung Tiermedizin 5. Fachsemester beworben. Der Antrag sei abgelehnt worden. Die Antragspartei legte einen Anrechnungsbescheid im Umfang von vier Semestern vor. Die Hochschule habe mit der festgesetzten Zulassungszahl ihre Kapazität nicht ausgeschöpft.
Der Antragsgegner beantragt mit Schreiben vom 15. Januar 2018, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Es sei kein Zulassungsanspruch glaubhaft gemacht worden; die Kapazität im Studiengang Tiermedizin sei bereits ausgelastet bzw. sogar überbucht.
Die … hat im Studiengang Tiermedizin in § 1 Abs. 1 ihrer Satzung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2017/18 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2017/18) vom 14. Juli 2017 in Verbindung mit der Anlage hierzu für den Studiengang Tiermedizin für die Fachsemester 1 mit 9 im Einzelnen folgende Studienplätze festgesetzt:
„ Fachsemester
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Summe
Wintersemester 2017/18
302
0
282
0
263
0
245
0
229
1321
Sommersemester 2018
0
292
0
272
0
254
0
237
0
1055
Nach der Studierendenstatistik, Stand 30. November 2017, sind im Wintersemester 2017/18 im Studiengang Tiermedizin in den zulassungsbeschränkten Fachsemestern 1 mit 9 insgesamt 1332 Studierende immatrikuliert:
Fachsemester
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Summe
immatrikuliert
304
3
279
3
247
4
254
5
233
1332
Die der Festsetzung der Zulassungszahl zu Grunde liegende Kapazitätsberechnung aufgrund der personellen Ausstattung geht von folgenden Werten aus:
– Stellen: 186,6
– Gesamtdeputat vor dem Abzug der Verminderungen: 1283,892
– Verminderungen: 8
– Lehrauftragsstunden: keine
– Krankenversorgungsabzug: 271,4334
– Abzug für Praktikumsbetreuung: 6,6748
– bereinigtes Lehrangebot Sb: 997,7838
– CAp: 7,5556 (Physik: 0,0222; Biologie: 0,0222)
– Schwundfaktor: 0,8736
– Übergangsquote: 0,9658
Das Gericht hat der Antragspartei die Stellungnahme der … vom 15. Januar 2018 übersandt, die den Link zu der im Internet bereitgestellten Kapazitätsberechnung für den Studiengang Tiermedizin enthält. Das Gericht gab der Antragspartei Gelegenheit, Stellung zu nehmen und insbesondere darzulegen, weshalb noch ein freier Studienplatz, an dessen Verteilung die Antragspartei zu beteiligen wäre, vorhanden sein sollte.
Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2018 nahmen die Bevollmächtigten der Antragspartei hierzu wie folgt Stellung:
Aus den Belegungsstatistiken ergebe sich eine erhebliche Unterauslastung der streitgegenständlichen Lehreinheit im hier beantragten 5. Fachsemester gegenüber der festgesetzten Zulassungszahl. Es seien 263 Studienplätze festgesetzt, jedoch nur 247 Studierende immatrikuliert. Die für den zulassungsbeschränkten Studienabschnitt festgesetzte Gesamtkapazität von 1.321 Studienplätzen werde nur dann ausgeschöpft, wenn die Belegung mit 1.332 Studierenden kapazitätswirksam sei und die zugrundeliegende Berechnung keinen Grund zur Beanstandung liefere.
Ohne nähere Angaben zu den – nach Statistik insgesamt 13 – Beurlaubungen im zulassungsbeschränkten Studienabschnitt könne die dargestellte Überbuchung nicht nachvollzogen werden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass mehr als fünf Studierende der höheren Fachsemester den nicht mehr zulassungsbeschränkten Semestern zuzuordnen seien und daher die Zahl der tatsächlich zu berücksichtigenden Studierenden nicht die Zahl der festgesetzten Studienplätze erreiche.
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung u.a. des SächsOVG (B.v. 10.6.2014 – NC 2 B 559/13) und des BayVGH (B.v. 21.10.2013 – 7 CE 13.10252) habe die Hochschule eine Belegungsliste der immatrikulierten Studierenden mit Matrikelnummer vorzulegen und Anträge auf Höherstufung, auf Beurlaubung und auf Exmatrikulation darzulegen. Beurlaubte könnten danach nur jeweils in ihrer Zulassungskohorte, nicht mehrmals in der Kohorte des Anfangssemesters gezählt werden; wenn sie in ein höheres Fachsemester gestuft worden seien, hätten sie in der Belegungsstatistik unberücksichtigt zu bleiben.
Klärungsbedarf bestünde außerdem hinsichtlich der Belegungen in den „geraden“ Fachsemestern, die von der Zulassungszahlsatzung nicht vorgesehen seien.
Es bestünden Bedenken hinsichtlich der Deputatsverminderungen. Es werde bestritten, dass Prof. … aktuell noch das Amt des Dekans wahrnehme. Es werde nun von einem anderen Mitglied des Lehrkörpers wahrgenommen, für dessen etwaige Deputatsreduzierung der Antragsgegner keine Nachweise vorlege. Hierzu wurde auf den Aufruf der Internetseite des Dekanats der Tierärztlichen Fakultät der … vom 16. Februar 2018 Bezug genommen, wo als … genannt wird.
Die ungeklärten Fluktuationen des Durchschnittswerts des Deputats der Gruppe der ARaL (Berechnungszeitraum 2012/13: 8,62 LVS; 2015/16: 8,55 LVS, aktuell 8,41 LVS) seien bei der großen Anzahl Beschäftigter in dieser Gruppe ebenso geeignet, den Effekt eines Kapazitätsabbaus herbeizuführen, wie ein Stellenabbau. Der Abbau des sich aus den Stellen ergebenen schwindenden Lehrdeputats laufe weitgehend verdeckt ab.
Außerdem werde in dieser Gruppe in keinem Fall das maximale Lehrdeputat von 10 LVS ausgeschöpft.
Für die Reduzierung der Stellenzahl der ARaL von 56 Stellen im Berechnungszeitraum 15/16 auf nunmehr nur noch 51 Stellen sei keine konkrete Kompensation vorgetragen worden. Sämtliche Dienstvertrage der Hochschule mit den akademischen Räten auf Lebenszeit sowie sämtliche Arbeitsverträge der Wissenschaftlichen Angestellten, aus denen sich die jeweils individuelle Lehrverpflichtung ergeben müsse, seien daher vorzulegen.
Es würden laut Vorlesungsverzeichnis diverse Veranstaltungen des Sommersemesters 2018 von Dr. … durchgeführt werden, die dort als Privatdozentin mit dem Zusatz „extern“ erfasst werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere den vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst überprüften Datensatz für das Studienjahr 2017/18 Bezug genommen.
II.
Der gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts besteht (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO) gemacht wird. Trotzdem gilt auch in Verfahren nach § 123 VwGO der Amtsermittlungsgrundsatz; dieser kann die Anforderungen an die Glaubhaftmachung reduzieren, wenn sich nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ein Anordnungsanspruch aufdrängt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, Rn 24 zu § 123).
Hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen könnte. Insbesondere dann, wenn mit einer – sei es auch nur befristeten – Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hauptsache bereits vorweggenommen würde, muss der Erfolg in der Hauptsache jedoch nicht nur wahrscheinlich sein, sondern bejaht werden können.
Für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds ist grundsätzlich Voraussetzung, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen, ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rn 26 zu § 123).
Die Antragspartei hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d.h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zum nächstmöglichen Termin zum 5. Fachsemester des Studiengangs Tiermedizin an der … nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2017/18 zugelassen zu werden.
Die Antragspartei hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Kammer sieht es aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen, aber wegen der Effektivität des Rechtsschutzes notwendigerweise eingehenderen Überprüfung der Kapazitätsberechnung (vgl. BVerfG, B. v. 31.3.2004 – 1 BvR 356/04 -) nicht als überwiegend wahrscheinlich an, dass an der … im Studiengang Tiermedizin im Wintersemester 2017/18 im 5. Fachsemester über die Zahl der als kapazitätsdeckend vergeben anzuerkennenden 1332 Studienplätze hinaus noch ein weiterer Studienplatz vorhanden ist, der von der Antragspartei in Anspruch genommen werden könnte.
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 HZV erfolgt eine Zulassung für ein höheres Fachsemester, wenn die Zahl der in diesem Semester und gleichzeitig die Gesamtzahl der in dem betreffenden Studiengang eingeschriebenen Studierenden unter die hierfür festgesetzten Zulassungszahlen sinkt. Demzufolge findet gemäß § 3 Abs. 2 der Zulassungszahlsatzung der … in den zulassungsbeschränkten Studiengängen eine Zulassung für ein höheres Fachsemester auch bei Unterschreiten der für das jeweilige Fachsemester festgesetzten Zulassungszahl nicht statt, wenn die Gesamtzahl der den Fachsemestern mit Zulassungsbeschränkung zuzuordnenden Studierenden des betreffenden Studiengangs die Summe der für diesen Studiengang festgesetzten Zulassungszahlen erreicht oder überschreitet.
Im Studiengang Tiermedizin besteht eine Zulassungsbeschränkung für das 1. bis einschließlich 9. Fachsemester. Die Vergabe der 1332 Studienplätze im zulassungsbeschränkten Abschnitt des Studiengangs Tiermedizin im Wintersemester 2017/18 ist als kapazitätsdeckend anzuerkennen.
Das Gericht hat keinen Anlass, von der Hochschule die Vorlage personalisierter Belegungslisten zu verlangen, da nicht ersichtlich ist, inwieweit sich aus diesen – sei es auch nur eventuell – entscheidungserhebliche Erkenntnisse gewinnen lassen könnten. Wenn es um die Zulassung zu einem höheren Fachsemester geht, kommt es nicht mehr darauf an, welchem – fiktiven – Semester mehrfach beurlaubte Studierende statistisch zugeordnet werden. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine mehrfache Beurlaubung nur hinsichtlich der mehrfachen Zuordnung zum 1. Fachsemester kapazitätsrechtlich unberücksichtigt bleiben muss, dass jedoch auch die an wiederholt beurlaubte Studierende vergebenen Studienplätze bei der Zulassung zu einem höheren Fachsemester zur Zahl der kapazitätsdeckend vergebenen Studienplätze hinzuzurechnen sind, da die beurlaubten Studierenden das Lehrangebot nach dem Ende ihrer Beurlaubung wieder in Anspruch nehmen werden und daher die Hochschule nicht dauerhaft entlastet wird. Die … setzt nur für den wissenschaftlichtheoretischen Studienteil des Studiums, das sind die ersten neun Fachsemester, Zulassungszahlen fest, da die Ausbildung in den späteren Fachsemestern Stationen an verschiedenen landwirtschaftlichen, veterinärmedizinischen und behördlichen Einrichtungen umfasst (praktischer Studienteil; vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2013 – 7 CE 13.10106 – juris Rn. 10). Solange wiederholt beurlaubte Studierende den wissenschaftlichtheoretischen Studienteil noch nicht vollständig durchlaufen haben, können sie nicht im Wege einer fiktiven Höherstufung statistisch dem nachfolgenden praktischen Studienteil zugeordnet werden. Denn sie werden nach dem Ende ihrer Beurlaubung gerade das Lehrangebot dieses ersten Studienteils in Anspruch nehmen, ihre statistische Zuordnung zu diesem Studienteil ist daher weiterhin gerechtfertigt. Da bei der Ermittlung eines noch in einem höheren Fachsemester freien Studienplatzes auf die Gesamtzahlen des 1. mit 9. Fachsemesters in der Satzung und in der tatsächlichen Belegung abzustellen, ist insoweit ohne Bedeutung, welchem konkreten Fachsemester die wiederholt beurlaubten Studierenden statistisch zugeordnet werden. Es ist daher bei der Berechnung der Kapazität für einen zulassungsbeschränkten Studienabschnitt unerheblich, ob in der angegebenen Zahl der in diesem Studienabschnitt immatrikulierten Studierenden auch beurlaubte, sei es auch bereits für mehrere Semester beurlaubte, Studierende enthalten sind. Denn diese Studierenden entlasten das Lehrangebot der Universität nicht dauerhaft, weil sie nach dem Ende ihrer Beurlaubung dieses wieder in Anspruch nehmen werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BayVGH, B. v. 21.4.2016 – 7 CE 15.10417 – juris Rn 9).
Einer Überprüfung der Angaben der Hochschule anhand einer detaillierten (anonymisierten) „Belegungsliste“, deren Nachweiswert ohnehin nicht höher einzuschätzen wäre als die nicht weiter belegte Zahlenangabe, bedarf es nicht, wenn – wie hier – die Angaben der Hochschule zu den tatsächlichen Einschreibungen glaubhaft sind (vgl. BayVGH, B. v. 7.12.2015 – 7 CE 15.10254 – juris – Rn 18). Dasselbe gilt hinsichtlich der Immatrikulation von Studierenden in „geraden“ Semestern; es sind vielfältige Gründe denkbar, dass ein Studierender den vorgesehenen Studienverlauf bei dem nur einmal jährlich möglichen Studienbeginn verlässt und sich daher sein Studium um ein Fachsemester „verschiebt“; dies kann gerade bei Rückkehr aus einer Beurlaubung geschehen. Das Gericht hat, solange sich die Zahlen der in geraden Fachsemestern immatrikulierten Studierenden in diesem vergleichsweise geringen Rahmen (3, 3, 4, 5 Studierende) bewegen, keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung.
Die in diesem Studienabschnitt immatrikulierten 1332 Studierenden erschöpfen die vom Gericht – ungeachtet des Einwands hinsichtlich … – bestätigte, für diesen Abschnitt festgesetzte Kapazität von insgesamt – maximal – 1321 Studienplätzen vollständig; ein freier Studienplatz im 5. Fachsemester ist im Wintersemester 2017/18 daher nicht mehr vorhanden, obwohl für das 5. Fachsemester selbst die festgesetzte Kapazität von 263 Studienplätzen mit 247 immatrikulierten Studierenden nicht ausgeschöpft ist.
Das Gericht hat im Rahmen seiner – auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bestehenden – Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO) die der Festsetzung der Zulassungszahl zugrunde liegende Kapazitätsberechnung angefordert und der Antragspartei – nebst der von der … hierzu abgegebenen Stellungnahme – zugänglich gemacht, es hat die Kapazitätsberechnung unter Würdigung der von der Antragspartei erhobenen Einwände überprüft. Rechtsfehler der Kapazitätsberechnung, die sich entscheidungserheblich auswirken könnten, hat das Gericht nicht festgestellt.
Inwieweit sich die Berücksichtigung der Deputatsverminderung bei … für die Tätigkeit als Dekan entscheidungserheblich auswirken könnte, ist für das Gericht nicht erkennbar. Zwar hat die Amtszeit von … als Dekan im September 2017 geendet. Gemäß § 42 Abs. 1 HZV wird die jährliche Aufnahmekapazität auf der Grundlage der Daten eines Stichtages ermittelt, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Berechnungszeitraums liegt, üblicherweise im Februar. Zwar „sollen“ gemäß § 42 Abs. 2 HZV wesentliche Änderungen der Daten, die vor Beginn des Berechnungszeitraums erkennbar sind, berücksichtigt werden. Es kann offen bleiben, ob der einzelne Studienbewerber aus § 42 Abs. 2 HZV tatsächlich einen Anspruch auf Berücksichtigung einer vor Beginn des Berechnungszeitraums erkennbaren wesentlichen Änderung der Daten ableiten kann.
Hier ist bereits fraglich, ob überhaupt eine „Änderung der Daten“ vorliegt, wenn die die Verminderung eines Lehrdeputats begründende Tätigkeit weiterhin, jedoch nur von einer anderen Lehrperson, ausgeübt werden wird und auch – woran das Gericht keinen Zweifel hat – die diesbezügliche Bewilligung der Deputatsverminderung eingeholt werden wird. Jedenfalls ist nicht erkennbar, inwieweit unter derartigen Umständen ein Anspruch eines Studienbewerbers auf Berücksichtigung bestehen sollte, zumal, wie jedenfalls im Nachhinein festgestellt werden kann, auch der Nachfolger von … in der Krankenversorgung tätig ist.
Im vorliegenden Berechnungszeitraum hat sich die Ausbildungskapazität des streitgegenständlichen Studiengangs gegenüber dem vorangegangenen Berechnungszeitraum um drei Studienplätze von 305 auf aktuell 302 Studienplätze vermindert. Eine Verminderung um einen Studienplatz beruht nach dem Vortrag des Antragsgegners auf einem ungünstigeren Schwundfaktor (0,8736 gegenüber 8,7000 des Vorjahres), eine weitere Verminderung und einen Studienplatz auf einem erhöhten Aufwand für die Praktikantenbetreuung. Da diese Faktoren dem Einflussbereich der Universität entzogen sind, sind sie bei der Kapazitätsberechnung hinzunehmen. Ein Studienplatz geht nach Angabe des Antragsgegners verloren „infolge Rundungen“. Zur Kompensation etwa künftiger Verminderungen des Deputats stehen nach dem Vortrag des Antragsgegners aus einer früheren Erhöhung noch 2 SWS zur Verfügung.
Auch wenn auf einen längeren Zeitraum abgestellt wird, ergibt sich kein kapazitätsvernichtender Stellenabbau. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Vorgehensweise des erkennenden Gerichts bestätigt, bei der Überprüfung des Lehrangebots der Lehreinheit Tiermedizin darauf abzustellen, ob Änderungen „im Ergebnis“ zu einer Verringerung des Lehrangebots geführt haben; es komme auf die Frage, innerhalb welcher Gruppe der Lehrpersonen und aus welchen hochschulinternen Gründen jeweils der Ausgleich einzelner Minderungen des Lehrangebots stattfinde, nicht an (BayVGH, B.v. 12.5.2014 7 CE 14.10062 – juris Rn. 11 f. unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 27.9.2011 – 7 CE 11.10758 u.a. – juris Rn. 9)
Eine solche längerfristige Verminderung des Lehrangebots, die spezieller Rechtfertigung bedürfte, ist hier jedoch nicht festzustellen:
Studienjahr 2014/15: Lehrangebot: 1274,25 (nach Abzug von 8 SWS),
Lehrauftragsstunden / 2: 3
Studienjahr 2015/16: Lehrangebot: 1276 (nach Abzug von 8 SWS Verminderungen)
Lehrauftragsstunden / 2: 1,5
Studienjahr 2017/18: Lehrangebot: 1275,892
Lehrauftragsstunden: 0
Eine derart minimale Reduzierung des Gesamtdeputats um 0,108 gegenüber dem unmittelbar vorangegangenen Berechnungszeitraum kann sich aus einer Veränderung der jeweils im Einzelfall festgesetzten Lehrverpflichtung ergeben, ohne dass sie auf einer kapazitätsvernichtenden Stellenreduzierung beruht. Das Gericht hat auch deshalb keinen Anlass zu weiterer Untersuchung, weil das Lehrangebot des Studienjahres 2015/16 von 1276 SWS gegenüber dem vorangegangenen Berechnungszeitraum 2014/15 eine Erhöhung von 1,75 beinhaltet hat, langfristig gesehen also die Stellenumwandlungen eine im aktuellen Berechnungszeitraum immer noch feststellbare Erhöhung des Lehrangebots bewirkt haben. Gemäß § 47 HZV werden als Lehrauftragsstunden die Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung einbezogen, die der Lehreinheit in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Lehrverpflichtung beruhen, es sei denn, die Stunden wären aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden oder Personal außeruniversitärer Forschungseinrichtungen hätte diese freiwillig und unentgeltlich übernommen. Dem Ansatz oder Wegfall von Lehrauftragsstunden liegt also keine Entscheidung der Hochschule zu Grunde, vielmehr wird im Fall der Hinzurechnung einem in der Vergangenheit tatsächlich vorhandenen Lehrangebot nachträglich Rechnung getragen.
Die Rüge der Antragspartei, dass in keinem Fall in der Gruppe der ARaL mit der tatsächlichen Lehrverpflichtung die maximal mögliche Lehrverpflichtung von 10 LVS ausgeschöpft werde, begründet ebenfalls keine weitere Aufklärungsverpflichtung für das erkennende Gericht. Zum einen hat die Antragspartei nur Anspruch auf erschöpfende Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität, nicht jedoch auf deren Erhöhung (BayVGH, B.v. 23.7.2012 – 7 CE 12.10054 – juris Rn. 14). Zum anderen begegnet es nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, keinen rechtlichen Bedenken, wenn der in der LUFV normierte Maximalwert der Lehrverpflichtung von 10 LVS im Hinblick auf die von dieser Personengruppe wahrzunehmenden weiteren Dienstaufgaben regelmäßig nicht voll ausgeschöpft wird; es gibt auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Verpflichtung der … zur erschöpfenden Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten keinen zwingenden Grund, die Lehrtätigkeit dieser Gruppe von Mitarbeitern einseitig zulasten ihrer Forschungstätigkeit oder ihrer sonstigen Aufgaben auszuweiten (BayVGH, B.v.23.7.2012 – a.a.O. – Rn. 18 m.w.N.).
Der Curriculareigenanteil der Lehreinheit Tiermedizin (CAp) von 7,5556 ist seit Jahren unverändert geblieben. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist bei Vorgabe von Curricularnormwerten nur deren Höhe für die Kapazitätsberechnung maßgeblich, nicht jedoch ein von der jeweiligen Hochschule tatsächlich betriebener Ausbildungsaufwand, da die Curricularnormwerte abstrakte Normwerte sind, die aus vielen konkreten Studienplänen abgeleitet wurden und für die Kapazitätsberechnungen der Hochschulen verbindlich sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, entscheiden die Hochschulen im Rahmen des ihnen zustehenden Organisationsermessens eigenverantwortlich, welche Lehreinheiten in welchem Umfang an der Ausbildung der Studenten im jeweiligen Studiengang zu beteiligen sind; die Aufteilung des Curricularnormwertes auf die an der Ausbildung der Studierenden beteiligten Lehreinheiten ist vom Studienbewerber hinzunehmen und vom Gericht nicht zu beanstanden, solange der Curricularnormwert für einen Studiengang in der Summe nicht überschritten wird (BayVGH, B.v.14.6.2012 – 7 CE 12.10004 – juris Rn. 11). Der Curricularnormwert für den Studiengang Tiermedizin von 7,60 (Ziffer I. der Anlage 7 zur HZV) wird bei Ansatz des auf die Lehreinheit Tiermedizin aktuell entfallenden Eigenanteils (CAp) von 7,5556 und dem von den Lehreinheiten Physik und Biologie erbrachten Ausbildungsaufwand von 0,044 in der Summe genau eingehalten. Ob Veranstaltungen in anderen Lehreinheiten stattfinden oder nach der Studienordnung stattzufinden haben, ist nicht entscheidungserheblich, da sich der auf die Lehreinheit Tiermedizin entfallende Anteil des Ausbildungsaufwands durch den Wegfall von Veranstaltungen, die anderen Lehreinheiten zugeordnet wurden, erhöhen und dadurch die Aufnahmekapazität reduzieren würde.
Das Gericht hat keinerlei Hinweise darauf, dass andere als die den Lehreinheiten Biologie und Physik zugeordnete Ausbildung in weiteren Lehreinheiten stattfinden und bei der Aufteilung des CNW, insbesondere der Ermittlung des CAp, zu Unrecht nicht in Abzug gebracht worden wäre.
Die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität des Studiengangs Tiermedizin aufgrund der personellen Ausstattung mit 302 Studienplätzen ist, ausgehend von den zunächst ungeachtet des Einwands hinsichtlich der Tätigkeit von Frau … überprüften Parametern, nach der Formel II. der Anlage 5 zur HZV zutreffend erfolgt:
 
als jährliche Aufnahmekapazität für den Berechnungszeitraum 2017/18.
Bei einer konstanten Übergangsquote von 0,9658, gegen die ebenfalls keine Einwände erhoben wurden, ergeben sich für den zulassungsbeschränkten Studienabschnitt folgende Zulassungszahlen:
Fachsemester
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Summe
Wintersemester 2017/18
302,3325
0
282,0066
0
263,0472
0
245,3624
0
228,6770
gerundet
302
282
263
245
229
1321
Im Hinblick auf die vom Gericht anerkannte Überbuchung mit 1332 immatrikulierten Studierenden besteht ein Spielraum für eine Erhöhung des Lehrangebots, ohne dass sich diese entscheidungserheblich auswirken würde, bis mindestens zu dem Wert von Sb = 1005,5971:
 
Bei einer konstanten Übergangsquote von 0,9658 ergäben sich für den zulassungsbeschränkten Studienabschnitt folgende Zulassungszahlen:
Fachsemester
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Summe
Wintersemester 2017/18
304,6999
0
284,2148
0
265,1069
0
247,2837
0
230,6587
gerundet
305
284
265
247
231
1332
Dem Wert Sb = 1005,5971 entspricht, bei unverändertem Krankenversorgungsabzug von 271,4334 und Praktikumsbetreuungsabzug von 6,6748, ein unbereinigtes Lehrangebot von (1005,5971 + 271,4334 + 6,6748 =) 1283,7053, also ein gegenüber dem in der streitgegenständlichen Kapazitätsberechnung zu Grunde gelegten Wert von 1275,892 um 7,8133 höheres unbereinigtes Lehrangebot, ohne dass sich diese Erhöhung entscheidungserheblich auswirken würde. Im Hinblick auf diesen Spielraum sieht das Gericht keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung hinsichtlich der Tätigkeit von … im Rahmen des Studiengangs Tiermedizin; die Antragspartei hat durch die vorgelegten Ausdrucke, die nicht die aufgerufene Adresse und nicht den Tag des Aufrufs enthalten, lediglich von … gehaltene Veranstaltungen im Umfang von 2 SWS nachgewiesen.
Da im gesamten zulassungsbeschränkten Studienabschnitt im Studiengang Tiermedizin im Wintersemester 2017/18 kein freier Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität mehr zur Verfügung steht, war der Antrag abzulehnen.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO; Streitwert: §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG


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