Verwaltungsrecht

Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Beißvorfall beim Ausführen eines Hundes der Rasse, Akita-Inu durch einen Minderjährigen, Anderer Hund verletzt, Sicherheitsrechtliche Anordnungen:, Leinenzwang mit einer 1, 5 m langen Leine, Geeignete Maßnahme zur Sicherstellung, dass der Hund das eingefriedete Besitztum nicht verlassen kann, Hund darf nur von Personen ausgeführt werden, die den Hund auch körperlich sicher beherrschen können und denen der Hund sofort gehorcht. Kinder und Jugendliche dürfen den Hund nicht ausführen, Informationspflicht für dritte Hundeführer bzgl. der getroffenen Anordnungen sowie Sicherstellung, dass die Anordnungen eingehalten werden, Permanente Beaufsichtigung des Hundes in Gegenwart von Kindern und ihm unbekannten Personen, Meldepflicht für Vorfälle, bei denen durch den Hund, Menschen oder andere Tiere gefährdet oder verletzt wurden, Anordnung des Sofortvollzugs, Zwangsgeldandrohung

Aktenzeichen  Au 8 S 21.1216

Datum:
9.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30522
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG Art. 18 Abs. 2
LStVG Art. 8 Abs. 1
VwZVG Art. 18
VwZVG Art. 19
VwZVG Art. 29
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 36

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird wiederhergestellt hinsichtlich
– Ziffer 1 a), soweit sich diese auch auf Gebiete außerhalb geschlossener Ortschaften bezieht,
– Ziffer 1 b),
– Ziffer 1 c) Satz 2 – Ziffer 1 e) und
– Ziffer 1 f)
des Bescheids der Antragsgegnerin vom 27. April 2021.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird hinsichtlich Ziffer 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 27. April 2021 angeordnet, soweit sich diese auf Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheids bezieht, bei denen die aufschiebende Wirkung in Ziffer I. dieses Beschlusses wiederhergestellt worden ist.
III. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
IV. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller zu 3/8 und die Antragsgegnerin zu 5/8.
V. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen verschiedene Anordnungen betreffend seines Hundes * sowie diesbezügliche Zwangsgeldandrohungen.
Der Antragsteller ist Halter des Hundes, einem ausgewachsenen Hund der Rasse Akita-Inu. Am 2. März 2021 war der 8-jährige Sohn des Antragstellers mit … alleine unterwegs, als es mit diesem Hund zu einem Vorfall mit einem Pudel einer anderen Hundehalterin kam. Die Halterin dieses Pudels stellte Strafanzeige wegen Sachbeschädigung, weil ihr Pudel bei dem Vorfall verletzt worden sei. Mit Verfügung vom 27. April 2021 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO ein.
Mit Bescheid vom 27. April 2021 traf die Antragsgegnerin ohne vorherige Anhörung des Antragstellers in Ziffer 1 folgende Anordnungen für die Haltung des Hundes Akita:
a) Der Hund darf außerhalb des eingefriedeten Besitztums nur an einer maximal 1,5 Meter langen reißfesten Leine mit schlupfsicherem Halsband geführt werden.
b) Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass der Hund das eingefriedete Besitztum nicht unbeaufsichtigt verlassen kann.
c) Der Hund darf nur von Personen ausgeführt werden, die in der Lage sind, den Hund auch körperlich sicher zu beherrschen und denen der Hund sofort gehorcht. Kinder und Jugendliche dürfen den Hund nicht ausführen.
d) Soweit der Hund von einer oder mehreren anderen Personen ausgeführt wird, oder vorübergehend betreut wird, sind diese über die getroffenen Anordnungen zu informieren. Auf geeignete Weise ist sicherzustellen, dass die getroffenen Anordnungen eingehalten werden.
e) Der Hund ist in Gegenwart von Kindern und ihm unbekannten Personen permanent zu beaufsichtigen.
f) Vorfälle, bei denen durch den Hund Menschen oder andere Tiere gefährdet oder verletzt wurden, sind der Gemeinde unverzüglich längstens nach zwei Tagen schriftlich mitzuteilen.
In Ziffer 2 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 a) bis f) an. Falls die in Ziffer 1 a) bis f) festgelegten Verpflichtungen nicht, nicht fristgerecht oder nicht vollständig erfüllt werden, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 150,00 € je nicht eingehaltener Verpflichtung fällig (Ziffer 3). In Ziffern 4 und 5 ist die Kostentragung des Antragstellers geregelt.
Eine Hundehalterin habe bei der Polizei einen Beißvorfall gemeldet. Ihr Pudel sei durch den Hund des Antragstellers am 2. März 2021 attackiert und in den Rücken gebissen worden, weshalb dieser ärztlich behandelt habe werden müssen. Im Protokoll der Polizei sei festgehalten, dass der kleine Junge, der den Hund des Antragstellers an der Leine gehalten habe, diesen großen Hund nicht habe davon abhalten können, auf den Pudel zuzulaufen und diesen zu beißen. Erst eine Zeugin und die Halterin des Pudels hätten den größeren Hund festhalten und den verletzten Pudel in Schutz nehmen können.
Der große Hund sei durch den Vorfall am 2. März 2021 gefährlich gegenüber anderen Hunden aufgefallen. Aufgrund der Größe des Hundes bestehe zudem die Gefahr, dass auch Personen, die den Hund nicht kennen würden, sich durch den Hund bedroht fühlten und in Schrecken versetzt würden. Es müsse daher von einer konkreten Gefährdung für Leben und Gesundheit von Menschen und Eigentum ausgegangen werden. Zum Schutz vor diesen Gefahren seien die in Ziffer 1 des Bescheids angeführten Maßnahmen erforderlich. Die Anordnung sei im pflichtgemäßen Ermessen im Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor Straftaten und Gefahren, die durch das Verhalten und die Eigenschaften des Hundes hervorgerufen würden, erfolgt. Dies habe eine Interessenabwägung ergeben. Die Anordnungen seien verhältnismäßig.
Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf die Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Die sofortige Vollziehung sei gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse geboten.
Hiergegen ließ der Antragsteller am 25. Mai 2021 Klage erheben und beantragen,
Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2021 über Anordnungen zur Haltung des Hundes „…“ (Az. …) wird aufgehoben.
Gleichzeitig ließ er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird wiederhergestellt.
Eine Anhörung des Antragstellers sei vor Erlass des Bescheids nicht erfolgt, die Tatsachengrundlage nicht hinreichend ermittelt worden. Die Antragsgegnerin habe sich allein auf die polizeilichen Schilderungen verlassen, ohne die tatsächlichen Folgen für den Pudel zu ermitteln oder die Zeugen des Vorfalls anzuhören.
Der Bescheid sei nicht bestimmt genug, da dieser den Hund nur seiner Rasse nach als „…“ bezeichne, nicht aber mittels seines Namens konkretisiere. Die Anordnungen seien unverhältnismäßig, unbestimmt und rechtswidrig.
Die Anordnung der Leinenpflicht sei deshalb rechtswidrig, weil sie örtlich nicht eingeschränkt und damit für ganz Bayern ohne Rücksicht auf die konkrete Umgebung erlassen worden sei. Nach der Rechtsprechung des BayVGH sei eine solche pauschale Anordnung nicht verhältnismäßig. Die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung sei für den örtlichen Geltungsbereich unbedingt zu berücksichtigen. Es sei eine Einschränkung auf Bereiche vorzunehmen, in denen mit einer erhöhten Dichte von Passanten, Radfahrern und anderen Hundeführern zu rechnen sei. Die Leinenpflicht sei damit auf Ortslagen bzw. bebaute Bereiche und besonders beliebte, stark frequentierte Orte im Außenbereich zu beschränken. Dies sei auch im Hinblick auf das Tierwohl geboten, da sonst eine artgerechte Haltung nicht möglich sei.
Die angeordnete Maximallänge der Leine von 1,5 m sei ebenfalls vor dem Hintergrund des Tierwohls unverhältnismäßig. Für Hunde dieser Größe geeignete Leinen seien mindestens zwei Meter lang.
Die Anordnung, dass es Kindern und Jugendlichen verboten sei, den Hund zu führen, sei unbestimmt und unverhältnismäßig. Es sei schon nicht erkennbar, wie die Anordnung Kinder und Jugendliche verstehe. Man müsse davon ausgehen, dass damit alle minderjährigen Personen gemeint seien. Es sei nicht ersichtlich, weshalb es Minderjährigen egal welchen Alters verboten sein solle, den Hund zu Übungs- und Gewöhnungszwecken in Bereichen an der Leine zu führen, in denen der Leinenzwang selbst nicht verhältnismäßig sei. Darüber hinaus sei eine Anordnung bezüglich der körperlichen Beherrschbarkeit des Hundes völlig ausreichend. Jugendlichen fehle es daran nicht generell, insbesondere seien die 15 und 17 Jahre alten Söhne des Antragstellers körperlich ausgewachsen.
Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die angenommene Gefährlichkeit des Hundes nicht vorliege. Der Hund werde als Familienhund gehalten, sei den Kontakt mit Kindern und anderen Hunden gewöhnt. Die Kinder des Antragstellers seien 8, 10, 15 und 17 Jahre alt.
Der Hund sei noch nie Menschen oder anderen Hunden gegenüber aggressiv geworden. Er habe vielmehr ein großes Interesse, seinen Spieltrieb auch mit anderen Hunden auszuleben.
Der Vorfall vom 2. März 2021 habe sich nicht so ereignet, wie in der Begründung des Bescheids geschildert. Richtig sei, dass der 8-jährige, jüngste Sohn des Antragstellers mit dem Hund alleine und ohne Wissen und Einverständnis des Antragstellers unterwegs gewesen sei. Der Hund sei die ganze Zeit angeleint gewesen. Der Pudel hingegen sei unangeleint unterwegs gewesen – obwohl im Bereich des Zusammentreffens per Verordnung Leinenzwang herrsche. Der Hund des Antragstellers habe versucht, mit dem Pudel zu spielen, ein Biss habe nicht stattgefunden. Auch im Nachhinein habe sich keinerlei Verletzung des Pudels feststellen lassen. Der Hund habe sich auch gegenüber den anwesenden Personen nicht aggressiv verhalten. Das Ermittlungsverfahren sei durch die Staatsanwaltschaft eingestellt worden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ein Pudel sei von dem Hund des Antragstellers bei einem Vorfall am 2. März 2021 attackiert worden. Der den Hund des Antragstellers ausführende Junge habe den großen angeleinten Hund nicht davon abhalten können, auf den Pudel zuzulaufen und diesem sofort in den Rücken zu beißen. Die Verletzung sei auf Lichtbildern in der Akte erkennbar.
Ein weiterer Vorfall sei der Polizei am 16. Februar 2021 gemeldet worden, bei dem der Mitteilende mit seinem Hund im Kurpark spazieren gegangen sei, wobei er einem anderen Hund begegnet sei, welcher seinen Hund direkt angefallen habe. Zu einer Verletzung sei es nicht gekommen. Aus den polizeilichen Akten gehe hervor, dass dieser Hund wohl identisch mit dem Hund des Antragstellers gewesen und von einem 10 bis 12 Jahre alten Jungen geführt worden sei.
Die Anhörung sei gem. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG entbehrlich gewesen, da die Haltungsanordnungen zur Verhinderung einer Gefahr erlassen worden seien. Eine Anhörung könne zudem gem. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden.
Die getroffenen Haltungsanordnungen seien materiell rechtmäßig und bestimmt genug. Insbesondere sei der Hund des Antragstellers jedenfalls bestimmbar, da es sich dabei um den einzigen beim Antragsteller gemeldeten Hund handele. Von großen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, gehe nach ständiger Rechtsprechung des BayVGH durch das Führen durch eine hierzu nicht befähigte Person oder durch eine nicht ausbruchsichere Unterbringung in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter aus. Die Vorfälle vom 16. Februar 2021 und 2. März 2021 würden die vorliegende konkrete Gefahr belegen. Hunde der Rasse Akita wiesen in der Regel eine Größe von 58-70 cm bei einem Gewicht von 28-40 kg auf. Die beiden aktenkundigen Vorfälle würden belegen, dass der Hund des Antragstellers aggressiv gegenüber anderen Hunden reagiere. Bei den zu schützenden Rechtsgütern Leben und Gesundheit reiche eine geringe Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts aus, um eine konkrete Gefahr anzunehmen.
Hinsichtlich der Leinenpflicht mit einer max. 1,5 m langen reißfesten Leine sei zu berücksichtigen, dass es sich um einen großen und kräftigen Hund handele. Es sei mit hundetypischen Reaktionen zu rechnen. Passanten könnten ängstlich oder erschreckt reagieren und durch Fehlverhalten – auch des Hundes – eine Gefahrensituation hervorrufen. Dies gelte insbesondere auch bei Begegnungen mit anderen Hunden. Die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche ausdrückliche Ausnahme für ausreichend umfriedetes Gelände sei gegeben, so dass an der Verhältnismäßigkeit der Anordnung in Ziffer 1 a) keine Bedenken bestünden.
Hinsichtlich der Anforderungen an die Person des Hundeführers sei in Ziffer 1 c) des Bescheids klarstellend ausgeführt, dass der Hund nur von Personen ausgeführt werden dürfe, die in der Lage seien, den Hund körperlich sicher zu beherrschen und denen der Hund sofort gehorche. Der Kreis der Personen, die den Hund ausführen, sei nicht nur hinsichtlich Alter, sondern auch Körperkraft, Zuverlässigkeit etc. zu beschränken. So bestehe insbesondere auch bei Kindern und Jugendlichen die Gefahr, dass diese in Bezug auf die erforderliche Zuverlässigkeit nicht geeignet seien, den Hund unter Kontrolle zu halten, selbst wenn sie körperlich hierzu in der Lage sein sollten. Der 8-jährige Sohn sei nach den Angaben des Antragstellers unbefugt gewesen, den Hund auszuführen. Insoweit bestünden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers, die die Anordnung, das Ausführen des Hundes auf Erwachsene zu beschränken, rechtfertigen würden. Eine örtliche Beschränkung sei nicht möglich, da in Bereichen, in denen zwar Begegnungen mit anderen Personen bzw. Hunden seltener seien, die Erforderlichkeit der Beherrschung des Hundes und der sofortigen Folgsamkeit auch gegeben seien. Gerade in solchen Bereichen müsse damit gerechnet werden, unvermittelt anderen Hundehaltern zu begegnen.
Die Maßnahmen stellten einen vergleichsweise geringfügigen Eingriff dar.
Der Antragsteller erwiderte, bei dem Vorfall am 16. Februar 2021 sei kein Hund verletzt worden. Die im Polizeibericht getroffenen Beschreibungen seien vage und würden nicht auf den Hund des Antragstellers bzw. nicht einmal auf dessen Rasse „Akita“ zutreffen. Der aufnehmende Polizeibeamte habe hier unsubstantiierte Schlüsse gezogen, woraus die Antragsgegnerin keine konkrete Gefährdungslage ableiten könne.
Gleiches gelte für die Bilder der Verletzung des Pudels. Diese seien von der Polizei angefertigt, ein Tierarztbericht sei weder von der Polizei noch von der Antragsgegnerin eingesehen worden. Es sei nicht einmal nachgewiesen, dass die Verletzung des Pudels tatsächlich vom Hund des Antragstellers verursacht worden seien. Auch die Schwere der Verletzung stehe nicht fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch im Verfahren Au 8 K 21.1215, und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens sind die mit Bescheid vom 27. April 2021 in Ziffer 1 verfügten Anordnungen betreffend den Hund des Antragstellers, deren sofortige Vollziehung in Ziffer 2 angeordnet wurde. Insofern ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Da sich die Klage ausweislich des Wortlauts des Antrags gegen den gesamten Bescheid richtet, war der Antrag im Eilverfahren dahingehend auszulegen, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO, dass auch die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 3 des Bescheides begehrt wird. Insoweit ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da die Zwangsgeldandrohungen als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sind (vgl. Art. 21a VwZVG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO).
2. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen und im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, so verbleibt es bei der Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden öffentlichen bzw. privaten Interessen.
3. Gemessen hieran überwiegt vorliegend das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im tenorierten Umfang. Der von dem Antragsteller angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. April 2021 erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nach Ansicht der Kammer insoweit voraussichtlich als rechtswidrig und verletzt den Antragsteller daher in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Einzelnen:
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell nicht zu beanstanden. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht soll u.a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 – 10 CS 99.27 – BayVBl. 1999, 465 = juris Rn. 18). Bloß formelhafte Begründungen genügen daher regelmäßig nicht.
Diesen formellen Anforderungen genügt die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid gerade noch. Ob diese Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs allerdings in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist hingegen keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses.
Aus Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG folgt schon deshalb keine Anhörungspflicht, weil die sofortige Vollziehung nicht als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann, sondern es sich um eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Verwaltungsakt handelt. Auch eine analoge Anwendung scheidet mangels vergleichbarer Interessenlage aus (Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO, § 80 Rn. 53).
b) Die Antragsgegnerin hat die Anordnungen in Ziffer 1 sämtlich auf Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 LStVG gestützt. Danach können die Gemeinden als Sicherheitsbehörden nach Art. 6 LStVG zum Schutz der Rechtsgüter des Lebens, der Gesundheit, des Eigentums oder der öffentlichen Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen.
Eine solche Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG darf allerdings nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die betreffenden Schutzgüter vorliegt (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris Rn. 19; B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 – juris Rn. 5 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in dem zu beurteilenden Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt gerechnet werden kann. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schutzwürdiger das bedrohte Schutzgut und je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, U.v. 9.11.2010 – 10 BV 06.3053 – juris Rn. 22 m.w.N.). Eine konkrete Gefahr für die Gesundheit und das Leben Dritter und für andere Hunde liegt dabei in der Regel bereits dann vor, wenn große Hunde auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, auch wenn es in der Vergangenheit noch nicht zu konkreten Beißvorfällen gekommen ist (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2020 – 10 ZB 20.961 – juris Rn. 5; B.v. 12.2.2020 – 10 ZB 19.2474 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 13.11.2018 – 10 CS 18.1780 – juris Rn. 10; B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 9.11.2010 – 10 BV 06.3053 – juris Rn. 25; B.v. 20.1.2011 – 10 B 09.2966 – juris Rn. 21; U.v. 21.12.2011 – 10 B 10.2806 – juris Rn. 20; B.v. 19.7.2012 – 10 CS 12.958 – juris Rn. 14). Dies gilt selbst dann, wenn ein Hund sich freundlich und friedlich verhält. Denn bei frei umherlaufenden größeren Hunden kommt es häufig vor, dass unerfahrene oder ängstliche Personen in Angstzustände versetzt werden, was bereits als Beeinträchtigung der Gesundheit anzusehen ist. Auch wenn der einzelne Hund gutmütig und von friedlicher Wesensart ist, fühlen sich solche Personen nicht selten durch den Hund bedroht und fürchten, von ihm gebissen zu werden. Da viele Menschen keine Erfahrung im Umgang mit Hunden haben und nicht einschätzen können, ob ein Hund friedlich auf sie zuläuft oder ob er sich in aggressiver Weise nähert, reagieren sie falsch, was zu erheblichen Gefahren, insbesondere auch deshalb führen kann, weil der Hund zum Beißen animiert wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2013 – 10 ZB 10.2523 – juris Rn. 4, 12; U.v. 9.11.2010 – 10 BV 06.3053 – juris Rn. 25; B.v. 20.1.2011 – 10 B 09.2966 – juris Rn. 21; U.v. 21.12.2011 – 10 B 10.2805 – juris Rn. 20, B.v. 19.7.2012 – 10 CS 12.958 – juris Rn. 14). Ist es bereits zu einem Beißvorfall oder sonstigen Schadensfall durch den Hund gekommen, ist eine konkrete Gefahr zu bejahen, wenn nicht dargelegt werden kann, dass eine Wiederholung auch ohne Erlass einer sicherheitsrechtlichen Anordnung auszuschließen ist (vgl. BayVGH, U.v. 9.6.2020 – 10 B 18.1470 – juris Rn. 40). Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Antragsgegnerin getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22).
c) In Anwendung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes konnte die Antragsgegnerin im Hinblick auf den Hund des Antragstellers, der der Rasse Akita-Inu zuzuordnen und damit als großer Hund im Sinne der Rechtsprechung zu qualifizieren ist, gem. Art. 18 Abs. 2 LStVG grundsätzlich Einzelfallanordnungen zur Haltung des Hundes des Antragstellers treffen. Die getroffenen Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheides sind jedoch teilweise nicht von der Befugnisnorm des Art. 18 Abs. 2 LStVG gedeckt oder erweisen sich als zu unbestimmt bzw. unverhältnismäßig.
(1) Soweit gerügt wird, es habe keine vorherige Anhörung bzgl. der Anordnungen gem. Art. 28 BayVwVfG gegeben, ist dieser formelle Mangel jedenfalls geheilt (Art. 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG). Die Antragsgegnerin hat sich bei der Antragserwiderung nicht nur auf die Verteidigung der getroffenen Verwaltungsentscheidung beschränkt, sondern sich ausführlich mit dem Vorbringen des Antragstellers auseinandergesetzt und eindeutig, umfassend und klar zu erkennen gegeben, dass sie das Vorbringen des Antragstellers unvoreingenommen zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, aber dennoch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Anordnungen aufrechterhalten bleiben (BeckOK VwVfG/Schemmer, 49. Ed. 1.10.2020, VwVfG, § 45 Rn. 42.1).
(2) Der angegriffene Bescheid ist hinsichtlich des betroffenen Hundes hinreichend bestimmt i.S.v. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Zwar wird der Hund des Antragsstellers im Bescheid lediglich mit dessen Rasse „Akita“ bezeichnet und nicht mit seinem konkreten Namen „*“. Für eine hinreichende Bestimmbarkeit gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG genügt es jedoch, wenn sich der Regelungsinhalt durch Auslegung des objektiven Erklärungswertes ermitteln lässt. Da es sich bei dem Hund „*“ ausweislich der Akten um den einzigen gemeldeten Hund des Antragstellers handelt und der Antragsteller im Bescheid mit seinem Namen und Wohnort konkret bezeichnet wird, bestehen hinsichtlich der Bestimmbarkeit des Hundes keine Bedenken.
(3) Der in Ziffer 1 a) angeordnete Leinenzwang erweist sich voraussichtlich insoweit als rechtswidrig, als dieser auch für Gebiete außerhalb geschlossener Ortschaften angeordnet wurde.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Leinenzwang für große Hunde – wie hier im Fall des Hundes des Antragstellers – auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen innerhalb der geschlossenen Ortslage bereits gerechtfertigt, selbst wenn es noch nicht zu einem konkreten (Beiß-)Vorfall gekommen ist (vgl. etwa BayVGH, U.v. 9.6.2020 – 10 B 18.1470 – juris Rn. 44). Insoweit ist die getroffene Anordnung gerichtlich nicht zu beanstanden.
Soweit der angeordnete Leinenzwang darüber hinaus geht, erweist sich diese Anordnung voraussichtlich als rechtswidrig. Außerhalb von bewohnten Gebieten kann eine dahingehende Gefahr nicht ohne Weiteres angenommen werden, weil es dort gerade nicht zwangsläufig zu den die konkrete Gefahrenlage begründenden Kontakten mit anderen Menschen oder Hunden kommt bzw. kommen muss; die bloße entfernte oder abstrakte Möglichkeit, dass der Hund des Antragstellers außerhalb bewohnter Gebiete auf Menschen oder andere Hunde treffen und diese angreifen und vom Halter in solchen Situationen nicht oder nicht rechtzeitig zurückgehalten werden könnte, reicht für das Erfordernis einer konkreten Gefahr im o.g. Sinne nicht aus (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 10 ZB 19.2474 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 3.5.2017 – 10 CS 17.405 – juris Rn. 10; U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris Rn. 20 m.w.N.). Vorfälle, die einen Bezug zu Bereichen außerhalb geschlossener Ortschaften haben, sind nicht aktenkundig. Es ist nicht ersichtlich, weshalb daher ein Leinenzwang auch außerhalb der geschlossenen Ortschaft zur Abwehr einer konkreten Gefahr erforderlich ist. Auch die Gründe des angefochtenen Bescheids verhalten sich dazu nicht.
Soweit der Antragsteller vorträgt, die Leinenlänge von 1,5 m sei unter Tierwohlgesichtspunkten zu kurz, ist darauf hinzuweisen, dass die Anordnung eines Leinenzwangs mit einer kurzen reißfesten Leine innerorts wie dargelegt nicht zu beanstanden ist. Die gerichtliche Kontrolle ist dabei beschränkt darauf, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist, § 114 Satz 1 VwGO. Dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen in Bezug auf die konkrete Leinenlänge fehlerhaft ausgeübt haben könnte, ist bei der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nach Aktenlage nicht ersichtlich.
(4) Ziffer 1 b) des Bescheides erweist sich voraussichtlich als rechtswidrig. Es sind nach Aktenlage keine Vorfälle bekannt, bei denen der Hund unbeaufsichtigt das befriedete Grundstück des Antragstellers verlassen hat bzw. der Hund unbeaufsichtigt herumgelaufen wäre. Eine daraus resultierende konkrete Gefahr für die in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Rechtsgüter ist nicht ersichtlich. Ziffer 1 b) erweist sich daher voraussichtlich als nicht zur Gefahrenabwehr erforderlich und daher jedenfalls unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 1 LStVG.
(5) Ziffer 1 c) des Bescheides erweist sich voraussichtlich als insoweit rechtswidrig, als dort Kindern und Jugendlichen generell untersagt wird, den Hund auszuführen. Soweit im ersten Satz der Ziffer 1 c) angeordnet ist, dass der Hund nur von Personen ausgeführt werden darf, die in der Lage sind, den Hund auch körperlich sicher zu beherrschen und denen der Hund sofort gehorcht, ist diese Anordnung erforderlich, aber auch ausreichend für eine hinreichende Gefahrenabwehr. Dies ergibt sich daraus, dass – wie der Antragsteller selbst vorträgt – dessen 8-jähriger Sohn den Hund unberechtigt ausgeführt hat und dieser nach Aktenlage bei dem Vorfall am 2. März 2021 nicht körperlich dazu in der Lage war, den Hund sicher zurückzuhalten. Von der Anordnung in Ziffer 1c) Satz 1 des Bescheids umfasst sind aber bereits dem Wortlaut nach auch Kinder und Jugendliche, soweit diese tatsächlich körperlich noch nicht in der Lage sind, den Hund sicher auszuführen. Das bloße Alter des Hundeführers ist dabei kein sachgerechtes Differenzierungskriterium zur Gefahrenabwehr. Auch Minderjährige können bereits über die körperliche Konstitution sowie Reife verfügen, um einen auch großen Hund auszuführen. Ziffer 1 c) des Bescheides erweist sich daher insoweit als jedenfalls unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 1 LStVG.
(6) Ziffer 1 d) des Bescheides erweist sich als Annex zu den rechtmäßigen Anordnungen als rechtmäßig und von der Befugnisnorm des Art. 18 Abs. 2 LStVG gedeckt. Diese regelt lediglich, dritte Hundeführer über die ergangenen Anordnungen in geeigneter Weise zu informieren sowie sicherzustellen, dass die getroffenen Anordnungen eingehalten werden. Dies ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
(7) Ziffer 1 e) des Bescheides ist voraussichtlich rechtswidrig. Die in Ziffer 1 e) getroffene Anordnung erweist sich bereits als zu unbestimmt gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 41/87 – juris; VG Würzburg, U.v. 13.3.2020 – W 9 K 19.474 – juris Rn. 24). Maßgeblich ist insofern die am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung der behördlichen Anordnung (§§ 133, 157 BGB; BayVGH, B.v. 10.3.2017 – 10 ZB 17.136 – juris Rn. 7). Für den Antragsteller als Adressat des Bescheids ist nicht ohne weiteres ersichtlich, was in Ziffer 1 e) von ihm verlangt wird. Es ist – insbesondere vor dem Hintergrund der Zwangsgeldandrohung – bereits nicht klar, welche Personen als „Kind“ bzw. als dem Hund „unbekannt“ einzustufen sind. Dieser Personenkreis ist auch nicht unter Zuhilfenahme der Begründung des Bescheids bestimmbar.
Es fehlt darüber hinaus auch am Vorliegen einer diesbezüglichen konkreten Gefahr im Sinne des Art. 18 Abs. 2 LStVG. Die Anordnung erweist sich aber jedenfalls als unverhältnismäßig gem. Art. 8 Abs. 1 LStVG. Es sind keine Vorfälle aktenkundig, bei denen der Hund völlig unbeaufsichtigt gewesen oder gegenüber „Kindern“ bzw. dem Hund „unbekannten“ Personen auffällig geworden wäre. Soweit der Hund innerhalb der geschlossenen Ortschaft geführt wird, ist dieser nach Ziffer 1 a) des Bescheids an einer kurzen Leine durch eine dafür geeignete Person (Ziffer 1 c)) zu führen. Dass darüber hinaus eine permanente Beaufsichtigung erforderlich ist, lässt sich weder den Akten noch der Begründung des Bescheids entnehmen.
(8) Ziffer 1 f) findet in Art. 18 Abs. 2 LStVG bereits keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Zwar nennt die Antragsgegnerin bei den Ausführungen zur sachlichen Zuständigkeit auch Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Als Rechtsgrundlage für sämtliche Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheides bezieht sich diese jedoch ausschließlich auf Art. 18 Abs. 2 LStVG. Die Anordnung in Ziffer 1 f) ist von der Befugnisnorm des Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht gedeckt, da dieser nur Anordnungen zur Haltung von Hunden ermöglicht. Sie ist nicht geeignet, eine irgendwie geartete Gefahr zu beseitigen, sondern vielmehr darauf gerichtet, Kenntnis über bereits verwirklichte Gefahren zu erhalten, um auf deren Grundlage ggf. Zwangsgelder festsetzen oder neue Anordnungen treffen zu können. Auch eine Auswechslung der Rechtsgrundlage noch im Verfahren wird aller Voraussicht nach nicht in Betracht kommen. Denn vorliegend handelt es sich sowohl bei Art. 18 Abs. 2 LStVG als auch bei Art. 7 Abs. 2 LStVG jeweils um Befugnisnormen, die den Sicherheitsbehörden ein Ermessen einräumen. Da sich die Ermessensausübung immer vom Zweck der Rechtsgrundlage leiten lassen muss, führt die Auswechslung der Rechtsgrundlage bei Ermessensverwaltungsakten jedoch in der Regel zu einer Wesensveränderung. Dies gilt auch gerade hier, da der Anwendungsbereich von Art. 18 Abs. 2 LStVG deutlich enger und spezieller ist, als der der Generalklausel und die Überlegungen zum Ermessen, die die Antragsgegnerin bei Erlass der Anordnung anstellte, deswegen nicht ohne weiteres übertragen werden können.
Im Übrigen verstößt die Anordnung auch gegen den Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare. Insbesondere in Fällen, bei denen auch Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten im Raum stehen, kann der Antragsteller nicht verpflichtet werden, sich selbst bei der Behörde anzuzeigen. Soweit es zu derartigen Vorfällen kommt, wird die Antragsgegnerin – wie auch hier aufgrund des Vorfalls vom 2. März 2021 – regelmäßig von der Polizei darüber in Kenntnis gesetzt und kann ihren sicherheitsbehördlichen Aufgaben nachkommen.
d) Die umfassende Abwägung aller widerstreitenden Interessen unter Einbeziehung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache führt zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers im tenorierten Umfang.
e) Das gemäß Art. 36 Abs. 1, 3 und 5 VwZVG angedrohte Zwangsgeld dient zur Durchsetzung der in Ziffer 1 getroffenen Verpflichtungen und teilt daher deren Schicksal. Im Hauptsacheverfahren wird die Ziffer 3 daher voraussichtlich im tenorierten Umfang aufzuheben sein, da es an den Vollstreckungsvoraussetzungen fehlt. Für die Vollstreckung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts fehlt es daher jedenfalls am öffentlichen Interesse, so dass die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers im tenorierten Umfang anzuordnen war.
4. Die Kostenentscheidung basiert auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie folgt dem Grad des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens.
5. Der Streitwert war nach § 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG zu bestimmen. Das Gericht orientiert sich dabei an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (dort Nrn. 1.5, 35.2). Der in der Hauptsache anzusetzende Streitwert in Höhe von 5.000,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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