Verwaltungsrecht

Antrag auf Zulassung einer Berufung – Asylverfahren

Aktenzeichen  20 ZB 17.30838

Datum:
11.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 119300
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 S. 4
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) stellen im Asylrechtsstreit keinen Grund für die Zulassung der Berufung dar, weil sie in § 78 Abs. 3 AsylG nicht aufgeführt sind. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2 Willkürlich ist ein Richterspruch nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 4 K 17.30066 2017-05-31 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg. Er ist unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargetan sind und auch nicht vorliegen.
Die vorgetragenen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) stellen im Asylrechtsstreit keinen Grund für die Zulassung der Berufung dar, weil sie in § 78 Abs. 3 AsylG nicht aufgeführt sind und der Vortrag des Klägers auch nicht in einen nach § 78 Abs. 3 AsylG statthaften Zulassungsgrund umgedeutet werden kann.
Der vom Kläger gerügte Verfahrensverstoß (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG), weil das Verwaltungsgericht den Beweisantrag des Klägers abgelehnt hat, liegt nicht vor. Der Kläger hatte zum Beweis der Tatsache, dass im Irak die Milizen, insbesondere die Al-Badr-Miliz, mächtig und einflussreich sind und die Bevölkerung regelmäßig bedrohen, die Vernehmung eines Zeugen beantragt. Die Ablehnung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, B.v. 30.1.1985 – 1 BvR 393/84 – BVerfGE 69, 141/144 = NJW 1986, 833; BVerfG, B.v. 18.6.1993 – 2 BvR 1815/92 – NVwZ 1994, 60 = BayVBl 1993, 562; BayVerfGH, E.v. 26.4.2005 – Vf. 97-VI-04 – VerfGH 58, 108 = BayVBl 2005, 721). Das rechtliche Gehör ist versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5 m.w.N.).
Gemessen daran liegt in der Ablehnung des Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2017 hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag mit folgender Begründung abgelehnt: „Die behaupteten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Ob der Kläger tatsächlich selbst von Milizen, insbesondere der Al-Badr-Miliz, bedroht wurde, kann durch die beantragte Zeugeneinvernahme, die sich lediglich auf die allgemeine Bedrohungslage durch Milizen im Irak sowie den Einflussbereich bezieht, nicht geklärt werden. Vom Vorliegen einer allgemeinen Bedrohungslage durch Milizen im Irak hängt der Ausgang des Rechtsstreits nicht ab. Zudem verhalten sich die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Stellungnahmen, Auskünfte und Gutachten hinreichend zu den unter Beweis gestellten Tatsachen. Die Einvernahme des genannten Zeugen als weitere Erkenntnisquelle drängt sich daher nicht auf. Es ist nicht vorgetragen und ersichtlich, über welche weitergehenden Erkenntnisse der Zeuge im Gegensatz zu den offiziellen Erkenntnismitteln verfügen soll.“ Diese Beweisantragsablehnung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. In seinen Urteilsgründen (Seite 7,8) geht das Verwaltungsgericht unter Würdigung der Sachverhalts- und Beweislage davon aus, dass der Vortrag des Klägers hinsichtlich der Bedrohung durch die Milizen nicht glaubhaft sei. Der Kläger hat in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung nicht dargelegt, warum die Einvernahme des Zeugen, über die allgemeine Bedrohung durch die Milizen hinaus, eine individuelle Bedrohung seiner Person hätte belegen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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