Aktenzeichen M 21 K 15.2485
SKPersStruktAnpG SKPersStruktAnpG § 2 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1
SVG SVG § 23 Abs. 1, Abs. 2
VwVfG VwVfG § 48
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Leitsatz
1. Ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf mögliche Amtshaftungsansprüche liegt vor, wenn der Kläger aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts einen Schadensersatzprozess führen kann, dieser bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist, wobei dies dann nicht gilt, wenn sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat, da in solchen Fällen sofort die Möglichkeit der Anrufung des zuständigen ordentlichen Gerichts besteht. (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz räumt nach seiner Zielrichtung keine subjektiven Rechte zugunsten von Soldaten ein, sondern dient ausschließlich Interessen der Bundesrepublik Deutschland. (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach dem Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz besteht weder ein Anspruch, in den Ruhestand versetzt zu werden, noch kann ein entgangener versorgungsrechtlicher Ausgleich nach § 6 Abs. 1 SKPersStruktAnpG wegen einer verspäteten Versetzung in den Ruhestand einen Schadensposten darstellen. Letzteres folgt auch daraus, dass der versorgungsrechtliche Ausgleich dem Soldaten keinen finanziellen Vorteil verschafft, sondern finanzielle Nachteile infolge der frühzeitigen Versetzung in den Ruhestand ausgleicht. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über die Klage wird gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden. Die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit Klage ist unzulässig.
Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Eine solche Feststellung ist auch statthaft, wenn sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat, wobei wegen der vergleichbaren Voraussetzungen dahinstehen kann, ob es sich um eine entsprechende Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder um eine Feststellung nach § 43 VwGO handelt (vgl. dazu Decker in Posser/Wolff, Beck-OK VwGO, Stand 1.1.2017, § 113 Rn. 90).
Das ursprüngliche Ziel des Klägers war auf die Aufhebung des Bescheids vom 18. September 2013 über die Aufhebung der Zurruhesetzung vom 25. Juni 2013 mit Wirkung zum 31. Januar 2014 gerichtet. Bei dem Bescheid vom 18. September 2013 handelte es sich in der Sache – mangels spezieller Regelungen im Soldatenrecht (§ 2 Abs. 3 Satz 3 SKPersStruktAnpG regelt nur den Widerruf einer Versetzung in den Ruhestand) – um eine Rücknahme gemäß § 48 VwVfG, deren Aufhebung im Rahmen der Beschwerde oder aufgrund eines Anfechtungsurteils zum Wiederaufleben der Zurruhesetzung vom 25. Juni 2013 mit Wirkung zum 31. Januar 2014 geführt hätte. Insofern trat Erledigung zwar nicht bereits durch Zeitablauf, wohl aber durch die antragsgemäße Ruhestandsversetzung zum 31. März 2015 ein. Denn damit wurde das aktive Soldatenverhältnis beendet und die vom Kläger begehrte Statusänderung herbeigeführt. Eine erneute Statusänderung ist nicht mehr möglich.
Die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes setzt ein besonderes Feststellungsinteresse voraus, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein kann. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (st. Rspr., z.B. BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6.12 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 6 ZB 13.122 – juris Rn. 7). Hierzu haben sich in der Rechtsprechung anerkannte Fallgruppen herausgebildet.
Im Hinblick auf das geltend gemacht wirtschaftliche Interesse kommt vorliegend ausschließlich die Vorbereitung eines nicht offensichtlich aussichtslosen Amtshaftungsprozesses zu den Zivilgerichten als anerkannte Fallgruppe in Betracht. Die entsprechenden Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.
Ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf mögliche Amtshaftungsansprüche liegt vor, wenn der Kläger aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts einen Schadensersatzprozess führen kann, dieser bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. Decker in Posser/Wolff, Beck-OK VwGO, 40. Edition, § 113 Rn. 87.3). Hat sich der Verwaltungsakt jedoch bereits vor Klageerhebung erledigt, besteht ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf einen beabsichtigten Amtshaftungsprozess nicht, da in solchen Fällen sofort die Möglichkeit der Anrufung des zuständigen ordentlichen Gerichts besteht (BVerwG, B.v. 9.5.1989 – 1 B 166/88 – juris Rn. 4; B.v. 26.7.1996 – 1 B 121/96 – juris Rn. 7). Das gilt gleichermaßen bzw. umso mehr im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet wäre – dies bereits im Hinblick auf die Subsidiarität einer Feststellungklage gegenüber einer Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO).
Das ursprüngliche Begehren des Klägers hatte sich zum 31. März 2015 und damit vor Erhebung der gegenständlichen Klage erledigt. Die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses kommt daher als Feststellungsinteresse nicht in Betracht.
Abgesehen davon hat Kläger bereits keine Absicht einer Rechtsverfolgung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Der allgemeine Hinweis auf das wirtschaftliche Interesse im Zusammenhang mit der Höhe des einmaligen Ausgleichs nach § 6 Abs. 1 SKPersStruktAnpG genügt insofern nicht.
Eine Klage auf Schadensersatz hätte im Übrigen auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Insofern fehlt es bereits an einer Amtspflichtverletzung und einem Schaden. Das Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz räumt nach seiner Zielrichtung keine subjektiven Rechte zugunsten von Soldaten ein, sondern dient ausschließlich Interessen der Beklagten (vgl. VG Schleswig-Holstein, U.v. 14.3.2014 – 12 A 187/13 – juris Rn. 20 f. unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 17/9340 S. 1; zur vergleichbaren Situation nach dem Personalanpassungsgesetz BayVGH, B.v. 3.12.2013 a.a.O. – juris Rn. 9). Demnach besteht weder ein Anspruch darauf, nach dem Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz in den Ruhestand versetzt zu werden noch kann ein entgangener versorgungsrechtlicher Ausgleich nach § 6 Abs. 1 SKPersStruktAnpG wegen einer verspäteten Versetzung in den Ruhestand einen Schadensposten darstellen. Letzteres folgt im Übrigen auch daraus, dass der versorgungsrechtliche Ausgleich dem Soldaten keinen finanziellen Vorteil verschafft, sondern finanzielle Nachteile infolge der frühzeitigen Versetzung in den Ruhestand ausgleicht.
Letztlich stünde einem Schadensersatzbegehren nach Maßgabe von § 839 Abs. 3 BGB auch entgegen, dass die Erledigung der Zurruhesetzung vom 25. Juni 2013 und ihrer Rücknahme durch den Aufhebungsbescheid vom 18. September 2013 auf der eigenverantwortlichen Entscheidung des Klägers beruhte, der im Rahmen des Beschwerdeverfahrens einen weiteren Antrag auf Zurruhesetzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SKPersStruktAnpG zum 31. März 2015 stellte. Im Hinblick auf die dienstrechtlichen Auswirkungen der Beschwerde und die vom Kläger reklamierte Planungssicherheit wäre es möglich und zumutbar gewesen, vor der Stellung eines erneuten Antrags auf Zurruhesetzung zum 31. März 2015 die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Rücknahme der Zurruhesetzung abzuklären (vgl. § 3 Abs. 1 WBO) und ggfs. bei der zuständigen Behörde oder beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gemäß § 80 Abs. 4 bzw. 5 VwGO zu stellen.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO