Verwaltungsrecht

Asyl, Elfenbeinküste: Keine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Aktenzeichen  W 2 K 18.30023

Datum:
23.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28079
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Anhänger des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo können weitgehend unbehelligt in ihrem Heimatland leben. Eine aktuelle Verfolgungsgefahr in der Elfenbeinküste für diesen Personenkreis lässt sich nicht feststellen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es gibt keine politische Verfolgung durch staatliche Behörden in der Elfenbeinküste. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3 Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes wurde die Todesstrafe seit der Unabhängigkeit der Elfenbeinküste 1960 kein einziges Mal vollstreckt. Im März 2015 habe das Parlament einstimmig zwei Entwürfe zur Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung genehmigt, um die Todesstrafe auszuschließen, die bereits mit der Verfassung von 2000 abgeschafft worden sei. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die gem. § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt werden konnte, ist unbegründet.
1. Der Bundesamtsbescheid vom 28. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigten, noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, noch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
Es liegen keine nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Ausreiseaufforderung unter Androhung der Abschiebung in die Elfenbeinküste und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sind rechtmäßig.
1.1. Eine Anerkennung des Klägers als Asylberichtigter ist bereits aufgrund seiner Einreise aus Belgien gemäß § 26a Abs. 1 i.V.m. Art. 16a Abs. 1 GG ausgeschlossen.
1.2. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Gemäß § 3a AsylG gelten dabei Handlungen als Verfolgung, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholungsgefahr so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK) keine Abweichungen zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Aufgrund der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349). Maßgeblich sind die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher eine gesteigerte Bedeutung beizumessen. Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu den Umständen machen.
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Kläger eine flüchtlingsrechtliche Verfolgungsgefahr in der Elfenbeinküste nicht glaubhaft gemacht.
Dabei sind seine Einlassungen in der mündlichen Verhandlung (hinsichtlich seiner politischen Überzeugung und Aktivitäten, telefonischen Bedrohungen durch politisch Andersdenkende, Störungen der von ihm organisierten politischen Veranstaltungen, Aufnahme in einer Fahndungsliste der Ordnungskräfte, Festnahme des Hauptredners einer Veranstaltung, die der Kläger besuchen wollte) – nicht nur wegen Abweichungen zur Schilderung beim Bundesamt – zumindest teilweise nicht glaubwürdig. Insbesondere hinsichtlich der Veranstaltung, die der Kläger mit seinen Gefolgsleuten nach seinen Angaben Ende November/Anfang Dezember 2017 in Abjdjan besuchen wollte und wovon er wegen seiner Nennung auf einer angeblichen Fahndungsliste abgesehen habe, fällt auf, dass der tatsächliche Geschehensablauf von den Schilderungen des Klägers abweicht. Als Hauptredner dieser Veranstaltung war ein Herr Kacou Gnangbo vorgesehen, der im Jahr 2015 bei den Präsidentschaftswahlen kandidierte und ein herausragendes Mitglied der FPI ist. Bereits nach den allgemein zugänglichen Informationsmitteln (Internet, z.B.: https://www.afrique-sur7.fr/378744-cote-divoire-etouffe-par-la-police-gnamgbo-kacou-projette-une-autre-marche) wurde dieser aber nicht – wie vom Kläger angegeben – in einem Stadtteil von Abidjan festgenommen, sondern er wurde in der Stadt Noè, die an der Grenze zu Ghana liegt, von Mitgliedern der staatlichen Terrorbekämpfungseinheit DST „in Obhut genommen“ und nach Hause gebracht. Herr Kacou Gnangbo wollte am 1. Dezember 2017 einen 175 Kilometer langen Demonstrationsmarsch von der Stadt Noè nach Abjdian organisieren und wurde zu Beginn dieser Veranstaltung in Obhut genommen“. Eine politische Veranstaltung in Abjdian war von ihm am 19. Dezember 2017 geplant, nicht Ende November/Anfang Dezember. Herr Kacou Gnangbo wurde zudem nicht inhaftiert.
Außerdem kann nicht nachvollzogen werden, dass der Kläger sich für seine Flucht als angeblich politisch Verfolgter in eine Regierungsdelegation einkaufen konnte, auf der anderen Seite aber nicht in der Lage gewesen sein soll, sich von einer „Fahndungsliste“, die den örtlichen Ordnungskräften zur Verfügung stand, herunter zu kaufen.
Aber selbst wenn der Vortrag des Klägers als wahr unterstellt würde, kann dieser keine an die politische Gesinnung des Klägers anknüpfende hinreichend konkrete Verfolgungslage begründen. Die geschilderten Bedrohungen und Störungen des Klägers stellen nach Ansicht des Gerichts nur Gängelungen unterhalb der Schwelle der Genfer Flüchtlingskonvention dar und keine drohenden Menschenrechtsverletzungen. Die vom Kläger geschilderten Vorgänge sind nicht hinreichend gewichtig.
Nach den allgemeinen Erkenntnismittel (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 15. Januar 2018, S. 1 und 8) können Anhänger des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo weitgehend unbehelligt in ihrem Heimatland leben. Eine aktuelle Verfolgungsgefahr für diesen Personenkreis lässt sich auf der Grundlage der in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismittel nicht ableiten. Gemäß Art. 4 Abs. 4 Halbsatz 1 der Richtlinie 2011/95/EU (sog. Anerkennungsrichtlinie) ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde zwar ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist. Diese Vermutung ist jedoch gemäß Art. 4 Abs. 4 Halbsatz 2 RL 2011/95/EU dann erschüttert, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Antragsteller erneut von Verfolgung bedroht wird. Wie der verfahrensgegenständliche Bundesamtsbescheid zutreffend ausführt, hat sich die innenpolitische Lage in der Elfenbeinküste seit den blutigen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Machtübernahme des nunmehr amtierenden Präsidenten Ouattara dahin gehend stabilisiert, dass mit einer Verfolgung aus dem Ausland zurückkehrender Anhänger des ehemaligen Präsidenten Gbagbo grundsätzlich nicht mehr zu befürchten ist. Zwar konstatiert das European Asylum Support Office, dass die Wunden, die durch den Bürgerkrieg geschlagen und in der Krise um die Präsidentschaftswahl 2010/2011 ans Licht getreten sind, noch nicht völlig ausgeheilt seien (EASO, Country Intelligence Report Côte d’Ivoire, 19. Mai 2017, S. 11). Eine ernsthafte Aussöhnungspolitik sei nach Angaben des österreichischen Bundesamtes nicht betrieben worden (österr. Bundesamt, Länderinformationsblatt Elfenbeinküste, Stand: 30. März 2018, S. 9). Zwar sei schon 2011 die zivilgesellschaftliche Organisation Commission Dialogue, Vérité et Réconciliation (CDVR) ins Leben gerufen worden, deren Arbeit international als bedeutsam erachtet werde, die jedoch auch kritisiert werde. Im Wahljahr 2015 habe der Präsident versucht, den Friedensdialog zu stärken, indem er die CDVR durch die CONARIV (Commission nationale de Réconcialisation et d’indémnation de Victimes) ersetzt und die Kirchen daran beteiligt habe. Trotzdem blieben die Versöhnungserfolge hinter den Erwartungen zurück. Die Fortschritte bei der Bereitstellung von Gerechtigkeit für die Opfer der Gewalt nach den Wahlen seien schleppend geblieben, da die überwiegende Mehrheit der Täter von Menschenrechtsverletzungen noch nicht zur Verantwortung gezogen worden sei (vgl. a.a.O., S. 10). Auch stuft das Auswärtige Amt die Situation politischer Gefangener aus der Krisenzeit 2010/2011 als problematisch ein, weil die Betroffenen größtenteils noch auf den Beginn ihrer Prozesse warten würden (vgl. AA, Lagebericht v. 15. Januar 2018, S. 1). Während der Krisenjahre aus politischen Gründen Geflüchtete seien jedoch inzwischen weitestgehend zurückgekehrt und reintegriert (vgl. AA, a.a.O., S. 8). An den letzten Parlamentswahlen am 18. Dezember 2016 habe die Oppositionspartei FPI, die Partei des ehemaligen Präsidenten Gbagbo wieder teilgenommen. Die Popularität von Laurent Gbagbo sei trotz des schwebenden Prozesses vor dem internationalem Strafgerichtshof in Den Haag ungebrochen (vgl. dazu österr. Bundesamt, Länderinformationsblatt Elfenbeinküste, Stand: 30. März 2018, S. 6). In der Zeit der Präsidentenwahl 2010, in welcher das Land in eine Krise gestürzt sei, sei es zu extralegalen Tötungen, Folter und Verschwindenlassen von Angehörigen der widerstreitenden politischen Lager gekommen. Das Auswärtige Amt geht für die aktuelle Situation jedoch davon aus, dass heute, acht Jahre nach Beendigung der Krise, derartige Formen der Selbstjustiz nicht mehr stattfinden würden (vgl. a.a.O., S. 10). Laut Auswärtigem Amt haben Rückkehrer politische oder staatliche Repression nicht zu befürchten. Auch eine strafrechtliche Verfolgung komme nicht in Betracht (vgl. a.a.O., S. 13).
Mithin ist unter umfassender Würdigung der in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismittel nicht davon auszugehen, dass der Kläger, der weder selbst eine herausgehobene politischen Position innegehabt hat, noch mit herausgehobenen Mitgliedern der Führungskräfte der FPI eng verbunden war, aktuell einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist. Dabei berücksichtigt das Gericht sowohl den Vortrag des Klägers, er habe bis zu seiner Ausreise für die Partei FPI Anhänger mobilisiert, als auch sein Vortrag in der mündlichen Verhandlung, dass sein ehemaliger Weggefährte und Mitstreiter, ein Herr S* … …, als neues Mitglied der jetzt herrschenden Regierungspartei auf einer deren Parteiveranstaltungen umgebracht worden sei. Die Umstände des brutalen Mordes dieses Mannes lassen nicht den Schluss zu, dass dieser aufgrund seiner ehemaligen Unterstützungshandlungen für die FPI umgebracht worden ist. Vielmehr ist nach den allgemein zugänglichen Erkenntnismitteln das Motiv dieser Tat völlig unklar. Außerdem ist kein Zusammenhang mit der Person des Klägers erkennbar.
In diesem Zusammenhang ist es nach Einschätzung des Gerichts auch nicht zielführend, Beweis darüber zu erheben, ob der Name des Klägers auf einer „Fahndungsliste“ der Polizei steht. Einer entsprechenden Beweisanregung des Klägervertreters musste das Gericht im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht nachgehen. Die Erkenntnismittel stimmen alle darin überein, dass es offiziell keine politische Verfolgung durch staatliche Behörden in der Elfenbeinküste gibt. Eine entsprechende Anfrage durch das Auswärtige Amt bezogen auf eine Fahndung nach dem Kläger wegen dessen politischer Tätigkeit kann somit nur negativ beantwortet werden. Sollte die Anfrage dahingehend beantwortete werden, dass der Kläger ohne Angabe eines Grundes oder wegen eines anderen strafrechtlichen Vergehens auf der Fahndungsliste stünde, kann daraus bezüglich der politischen Verfolgung keine Schlussfolgerungen gezogen werden. Insoweit fehlt die Entscheidungserheblichkeit.
Im Übrigen wäre der Kläger bezüglich einer Verfolgung durch nichtstaatliche Organe sowohl auf den Schutz durch staatliche Organe als auch auf die Möglichkeit interner Fluchtalternativen innerhalb der Elfenbeinküste zu verweisen.
1.3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG.
Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.
Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes wurde die Todesstrafe seit der Unabhängigkeit der Elfenbeinküste 1960 kein einziges Mal vollstreckt. Im März 2015 habe das Parlament einstimmig zwei Entwürfe zur Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung genehmigt, um die Todesstrafe auszuschließen, die bereits mit der Verfassung von 2000 abgeschafft worden sei. Auch die neue Verfassung von 2017 bestätige dies nochmals explizit. Mithin ist die Gefahr der Vollstreckung oder Verhängung der Todesstrafe ebenso auszuschließen wie die individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Auch bestehen keine Anhaltspunkte für eine rechtlich relevante Bedrohung durch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Soweit der Kläger vorträgt, ihm drohe auch aktuell Gefahr Jugendbanden (Mikroben), bleibt seine Behauptung ohne jede Substanz. Im Übrigen wäre er dazu gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3d AsylG auf die ivorischen Sicherheitsbehörden zu verweisen. Jedenfalls jedoch stand und stehen ihm als alleinstehendem, gebildetem, arbeitsfähigem jungem Mann interne Fluchtalternativen zur Verfügung. Hinsichtlich der Mikroben würde schon ein Ausweichen auf ein anderes Stadtviertel innerhalb Abidjans genügen. Darüber hinaus stehen ihm zahlreiche Ballungsräume innerhalb der Elfenbeinküste zur Verfügung, die er gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e Abs. 1 sicher und legal erreichen und in denen er sich eine neue wirtschaftliche und soziale Existenz hätte aufbauen kann.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus.
1.4. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist danach unzulässig, wenn ihm im Zielstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U.v. 24. Mai 2000 – 9 C 34/99 -, juris Rn. 11).
Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Ist die schlechte humanitäre Lage weder dem Staat noch den Konfliktparteien zuzurechnen, sondern bedingt durch die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, kommt eine Verletzung von Art. 3 EMRK nur dann in Betracht, wenn ganz außergewöhnliche Umstände in der Person des Antragstellers vorliegen, die über die allgemeine Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Antragstellers im Herkunftsland hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 27. Mai 2008 – 26565/05, U.v. 28. Juni 2011 – 8319/07). Solche Umstände sind beim Kläger nicht ersichtlich. Angesichts seines überdurchschnittlichen Bildungsgrades und seines bisherigen wirtschaftlichen Erfolges ist davon auszugehen, dass er sich ein Existenzminimum wird erwirtschaften können, ohne dass er dabei auf das Netzwerk des Familienkreises angewiesen wäre.
Gesundheitsbedingte Einschränkungen im für ein Abschiebungsverbot relevanten Schweregrad sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auftreten und Erscheinungsbild des Klägers in der mündlichen Verhandlung gaben zudem keinen Anlass, an seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu zweifeln, so dass auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht kommt.
1.5. Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG, deren Voraussetzungen hier gegeben sind.
1.6. Schließlich sind auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6 des Bescheids) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Insbesondere sind keine Ermessensfehler des Bundesamts bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AufenthG zu erkennen.
Somit hat die Klage insgesamt keinen Erfolg.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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