Verwaltungsrecht

Asyl, Sierra Leone: Mangels Verletzung rechtlichen Gehörs erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  9 ZB 21/31375

Datum:
23.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31020
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4, § 78 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3

 

Leitsatz

Es stellt keinen im Asylverfahrensrecht zulässigen Zulassungsgrund dar, wenn sich der Kläger nur im Gewand einer Gehörsrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wendet.  (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 14 K 18.31715 2021-06-09 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Kläger ist Staatsangehöriger Sierra Leones und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. Juni 2021 die Klage abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Die vom Kläger geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) liegt nicht vor.
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings nicht schon dann verletzt, wenn der Richter zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit der Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen gekommen ist. Auch die bloße Behauptung, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen oder das Gericht habe es versäumt, Beweis zu erheben, vermag einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen (vgl. BVerfG, B.v. 15.2.2017 – 2 BvR 395/16 – juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 13.11.2020 – 9 ZB 20.32162 – juris Rn. 4).
Nach diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Familienasyl habe, weil zwischen ihm und seiner Lebensgefährtin in dem Staat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt werde, keine Ehe bestanden habe und eine Anerkennung von Familienasyl „2. Grades“ über seinen Sohn hier ausgeschlossen sei. Es kommt zudem im Rahmen der Rückkehrprognose bei Würdigung der konkreten Lebenssituation des Klägers zu dem Ergebnis, dass zwischen dem Kläger, seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn keine Kernfamilie bestehe. Unabhängig davon führt das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen unter Berücksichtigung der schwierigen Lebensverhältnisse in Sierra Leone aus, dass der Kläger aufgrund seiner Schulbildung und seiner beruflichen Erfahrungen auch im Falle einer Rückkehr mit Kind und Lebensgefährtin dort in der Lage sein werde, den Lebensunterhalt für sich und sogar für seine Familie zu erwirtschaften. Mit der lediglich gegenteiligen Ansicht, eine Existenzsicherung sei dem Kläger aufgrund der Unterhaltsverpflichtung für seinen Sohn nicht möglich und die Rückkehrprognose des Verwaltungsgerichts berücksichtige die wesentlichen Bindungen des Klägers zu seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn nicht zutreffend, zeigt der Kläger keine Verletzung rechtlichen Gehörs auf. Er wendet sich vielmehr im Gewand einer Gehörsrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, was jedoch keinen im Asylverfahrensrecht vorgesehenen Zulassungsgrund darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2021 – 9 ZB 21.30263 – juris Rn. 4).
Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) anführt oder der behauptete „Verstoß gegen obergerichtliche Rechtsprechung“ als Divergenzrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) zu verstehen sein sollte, genügt das Zulassungsvorbringen den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht. Denn über die bloße Nennung hinaus erfolgen hierzu keinerlei Ausführungen. Kritik an der Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht stellen ebenfalls keinen nach § 78 Abs. 3 AsylG vorgesehenen Zulassungsgrund dar (BayVGH, B.v. 23.2.2021 – 9 ZB 21.30252 – juris Rn. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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