Verwaltungsrecht

Asylantrag, Asylverfahren, Abschiebungsandrohung, Prozesskostenhilfe, Bewilligung, Afghanistan, Asylbewerber, Beiordnung, Bescheid, Ermessensentscheidung, Lebensunterhalt, Erfolgsaussicht, Berufung, Ausreisepflicht, aufschiebende Wirkung, Zulassung der Berufung, Antrag auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  Au 6 K 21.366

Datum:
19.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47156
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis durch den Beklagten und beantragt hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Klägerbevollmächtigten.
I.
Der am … geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und reiste erstmals am 12. Januar 2016 in das Bundesgebiet ein. Am 19. April 2016 stellte er einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 27. April 2017 abgelehnt wurde. Seine hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2018 (Au 5 K 17.32776) abgewiesen, der Antrag auf Zulassung der Berufung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 5. Februar 2020 (13a ZB 18.31214) abgelehnt.
Mit Bescheid vom 18. März 2020 wurde dem Kläger eine Duldung erteilt, die nach Aktenlage am 9. Oktober 2020 sowie am 26. Januar 2021 verlängert wurde. Ein am 24. April 2020 gestellter Asylfolgeantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 29. Juni 2020 als unzulässig abgelehnt; im Hinblick auf die dagegen erhobene Klage und den Eilantrag des Klägers ordnete das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 24. Juli 2020 (Au 8 S 20.31043) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 3 des ablehnenden Bundesamtsbescheids ausgesprochene Abschiebungsandrohung nach Afghanistan an. Über die Klage im Verfahren Au 8 K 20.31042 ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht entschieden.
Am 9. Oktober 2017, am 26. Juni 2018 sowie am 14. Oktober 2019 erteilte der Beklagte jeweils die Zustimmung zu Beschäftigungen bei drei verschiedenen Arbeitgebern, die den Kläger jeweils kündigten. Der Kläger sei nach Angaben einer Bekannten seit Oktober 2017 in neurologischer und psychologischer Behandlung; ausweislich eines ärztlichen Attests vom 10. März 2020 leide er an einer schweren Depression und Angststörung, er sei extrem engagiert seiner Arbeit zuverlässig nachzukommen. Aufgrund einer schweren depressiven Episode im Rahmen einer psychosozialen Belastung sei er vom 6. August 2019 bis 28. August 2019 in stationärer Behandlung gewesen. Schließlich habe der Kläger laut eines ärztlichen Berichts vom 21. Januar 2021 eine Panikattacke erlitten.
Am 9. Dezember 2020 beantragte der Kläger eine Beschäftigungserlaubnis als Produktionswerker. Daraufhin teilte der Beklagte mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 mit, eine Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Beschäftigungserlaubnis zu beabsichtigen, da der Kläger kein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland habe und auch die Identität mangels Vorlage eines Reisepasses nicht geklärt sei; der Durchsetzung der Ausreisepflicht sei der Vorrang einzuräumen.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2020 nahm der Klägerbevollmächtigte hierzu Stellung und führte aus, der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Juli 2020 (Au 8 S 20.31043) gebe deutliche Hinweise auf die Einschätzung des Gerichts zu den aktuellen Umständen in Afghanistan; es erscheine wenig wahrscheinlich, dass der als „krank“ zu bezeichnende Kläger in der Lage sein würde, seinen Lebensunterhalt in Afghanistan sicherzustellen. Eine Erwerbstätigkeit für Geduldete würde allenfalls über Jahre hin zu einer für ein Aufenthaltsrecht geeigneten Integration führen, im Übrigen erfolge die Integration des Klägers auf eigenes Risiko.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2021 lehnte der Beklagte den Antrag auf Ausübung einer Beschäftigung als Produktionshelfer bei der … ab (Ziffer 1.).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 4a Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV stünde grundsätzlich im Ermessen der Ausländerbehörde. Negativ wirke sich die fehlende Identitätsklärung mangels Vorlage eines gültigen Passes aus, ferner sei nicht absehbar, dass dem Kläger ein Schutzstatus in der Bundesrepublik zustehe. Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie seien weitestgehend entfallen, sodass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung möglich sei. Auch nennenswerte Integrationsleistungen seien der Ausländerakte nicht zu entnehmen.
Hiergegen ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 22. Februar 2021 Klage erheben und beantragte neben einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Klägerbevollmächtigten:
Unter Aufhebung seiner Entscheidung vom 14. Januar 2021 – Gz.: … – wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Ausübung einer Beschäftigung als Produktionshelfer bei der … zu erlauben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Nr. 2.1.2.2 des Erlasses des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 13. Juli 2020 nach Nr. 2b des Erlasses vom 16. August 2021 weiterhin gelte und § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG Anwendung fände, wenn das Bundesamt ein weiteres Asylverfahren durchführe. Dem stünde gleich, wenn das Bundesamt verpflichtet gewesen wäre, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, dies aber rechtswidrig unterlassen habe. Dies sei vorliegend der Fall, wie der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Juli 2020 (Au 8 S 20.31043) belege. Zudem sei der Neun-Monats-Zeitraum längst abgelaufen.
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, § 61 AsylG sei unanwendbar, da der vorbezeichnete Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Juli 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bundesamtsbescheid angeordnet habe und ein weiteres Asylverfahren gerade nicht durchgeführt werde. Die im Rahmen der nach § 32 BeschV i.V.m. § 4a Abs. 4 AufenthG zu treffende Ermessensentscheidung falle zuungunsten des Klägers aus: Positiv sei, dass der Kläger bei seiner Identitätsklärung mitgewirkt und einen gültigen Reisepass vorgelegt habe. Allerdings sei der Kläger seit 5. Februar 2020 vollziehbar ausreisepflichtig und habe eine negative Bleibeperspektive; er sei seiner Ausreisepflicht nicht nachgekommen, obwohl ihm dies zumutbar gewesen sei. Die aktuelle Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan sei nur vorübergehend, die weitere Entwicklung als offen zu bewerten und stelle daher keine Grundlage für eine Verfestigung des Aufenthalts des Klägers dar. Zudem habe sich der Kläger während seines Aufenthalts nicht um eine qualifizierte Berufsausübung bemüht; durch die Genehmigung einer Helfertätigkeit würden vornehmlich gegenwärtige wirtschaftliche Interessen verfolgt, wodurch keine nachhaltige Sicherung des Lebensunterhalts zu erreichen sei. Negativ zu berücksichtigen sei ferner die gesundheitliche Einschränkung des Klägers, sodass dessen Arbeitsfähigkeit fraglich sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bewilligungsreife die zulässige Klage unbegründet ist. Es besteht voraussichtlich weder ein gebundener Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG (1.) noch ergibt sich ein Anspruch aus § 4a Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null bzw. auf Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (2.)
Gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
1. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bewilli gungsreife besteht kein gebundener Anspruch des Klägers auf Erlaubnis der Ausübung einer Beschäftigung nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG.
Durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl 2019 I S. 1294 ff. – Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht) wurde das Verbot der Ausübung einer Erwerbstätigkeit für Ausländer, so lange sie in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen (§ 61 Abs. 1 Satz 1 AsylG), in § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG bei Vorliegen der in Nummern 1 bis 4 angeführten Voraussetzungen aufgehoben und ein Anspruch auf Erlaubnis der Ausübung einer Beschäftigung eingeführt. Diese Regelung betrifft nach ihrem klaren Wortlaut nur Asylbewerber solange sie verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 47 AsylG zu wohnen. Im Übrigen steht – für Asylbewerber, die nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen – die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im Ermessen der Behörde, § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG (vgl. VG München, U.v. 14.10.2019 – M 25 S7 19.4436 – juris Rn. 15 ff.).
a) Der Kläger befand sich weder im Zeitpunkt der Antragstellung gegenüber der Be hörde bzw. in dem des Bescheidserlasses, noch im Zeitpunkt der Bewilligungsreife in einem Asylverfahren (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), weshalb die Voraussetzung des § 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG, wonach die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben ist, wenn das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist, nicht vorliegt.
aa) Der am 19. April 2016 gestellte Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes am 27. April 2017 abgelehnt; nach Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 5. Februar 2020 (13a ZB 18.31214) ist der Bescheid bestandskräftig.
bb) Nichts Anderes folgt aus dem am 24. April 2020 gestellten Asylfolgeantrag: Im Rahmen des Folgeantrags prüft das Bundesamt, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG vorliegen und der Antragsteller deshalb einen Anspruch auf eine erneute Sachprüfung hat, und nimmt, sofern das der Fall ist, erst anschließend eine Asylerfolgsprüfung vor (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 33). Daher ist von dem Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens mithin der materielle Asylantrag im Sinne von § 13 AsylG gedanklich zu unterscheiden (vgl. Heusch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 30. Ed. 1.7.2021, § 29 AsylG Rn. 83):
Lehnt das Bundesamt einen Folgeantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig ab, hat es das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen für ein Asylverfahren nach § 51 Abs. 1 bis 3 AsylG verneint und damit auch kein Asylverfahren durchgeführt. Ist eine gegen eine solche Entscheidung des Bundesamts gerichtete Klage erfolgreich, ist mithin die Unzulässigkeitsentscheidung zu Unrecht ergangen, ist auf die Klage hin das Verfahren beim Bundesamt als neues Asylverfahren fortzusetzen (vgl. Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 71 AsylG Rn. 46).
Der Asylfolgeantrag wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 29. Juni 2020 als unzulässig abgelehnt und zugleich eine erneute Abschiebungsandrohung erlassen. Im Verfahren Au 8 S 20.31043 wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. Juli 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung angeordnet. Eine Hauptsacheentscheidung im Verfahren Au 8 K 20.31042 ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht ergangen. Mithin liegt die Voraussetzung des § 61 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG nicht vor, wonach eine Ausübung der Beschäftigung zu erlauben ist, wenn das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist: Ein Asylverfahren wurde nach Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig durch das Bundesamt bislang nicht mehr durchgeführt.
b) Ob der Fall, dass das Bundesamt verpflichtet gewesen wäre, ein weiteres Asylver fahren durchzuführen, dies aber rechtswidrig unterlassen hat, mit der von § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG vorgesehenen Voraussetzung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gleichzusetzen ist, kann jedenfalls offenbleiben. Zum einen hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 24. Juli 2020 (Au 8 S 20.31043) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom 29. Juni 2020 erlassene Abschiebungsandrohung angeordnet und noch nicht darüber entschieden, ob die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig rechtmäßig gewesen ist; dies bleibt der Hauptsacheentscheidung im dortigen Verfahren vorbehalten. Zum anderen ist wegen der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen und mangels Streitgegenständlichkeit der Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig durch den Bundesamtsbescheid im hiesigen Verfahren darüber auch nicht zu befinden.
2. Die nach § 4a Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV zu treffende und im Ermessen des Beklagten stehende Entscheidung über die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist voraussichtlich nicht zu beanstanden: Weder ist ersichtlich, dass eine Ermessenreduktion auf Null vorliegt (a), noch sind Ermessensfehler des Beklagten erkennbar (b).
Eine Ermessensentscheidung unterliegt mit Blick auf § 114 Satz 1 VwGO grundsätzlich nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu überprüfen ist lediglich, ob sich der Beklagte in den gesetzlichen Grenzen seines Ermessens gehalten und von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ein Anspruch auf die begehrte Erlaubnis besteht dabei ausnahmsweise nur, wenn das Ermessen „auf Null“ reduziert ist, wenn also keine andere Entscheidung ermessensfehlerfrei wäre (vgl. BVerwG, U.v. 28.9.2017 – 5 C 13/16 – juris Rn. 11).
a) Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine Abwägung der öffentlichen Inte ressen, die gegen eine Verfestigung des Aufenthalts eines geduldeten Ausländers sprechen können, mit den privaten Interessen eines Ausländers daran, den Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen zu können, erforderlich (Hailbronner/Lehner in: Hailbronner, Ausländerrecht, 3. Update August 2021, § 32 BeschV Rn. 271). Eine Ermessensreduktion auf Null kommt danach auch unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung und seit 11. August 2021 vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zunächst ausgesetzten Abschiebungen nach Afghanistan mangels verlässlichen Prognosen hinsichtlich der dortigen Sicherheitslage nicht in Betracht (vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 11. August 2021, Rückführungen nach Afghanistan zunächst ausgesetzt, abrufbar unter BMI – Presse – Rückführungen nach Afghanistan zunächst ausgesetzt (bund.de).
Die Planungen für unmittelbar anstehende Rückführungen nach Afghanistan sind zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt vorerst eingestellt (vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 11. August 2021, Rückführungen nach Afghanistan zunächst ausgesetzt, abrufbar unter BMI – Presse – Rückführungen nach Afghanistan zunächst ausgesetzt (bund.de) und ändern darüber hinaus nichts an der weiterhin bestehenden Ausreisepflicht des Klägers (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Wie lange die zunächst erfolgte Aussetzung von Abschiebungen wegen der Sicherheitslage in Afghanistan über die bisherige Dauer von drei Monaten hinaus zu erwarten ist, ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht absehbar und wegen der Zielstaatsbezogenheit des Belangs auch nicht Gegenstand des Verfahrens.
Das Interesse an einer Entlastung der sozialen Sicherungssysteme (vgl. zu diesem Aspekt im Rahmen des § 61 Abs. 2 Satz 2 AsylG BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris Rn. 16), indem der Zugang von Personen, deren vollziehbare Ausreisepflicht mittels Abschiebung vorübergehend nicht durchgesetzt werden kann, zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert wird, ist voraussichtlich nicht derart gewichtig, dass nur die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ermessensfehlerfrei wäre. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ebenfalls ein legitimes Interesse daran besteht, keine Anreizwirkungen durch eine zu weite Öffnung des Arbeitsmarktes zu befördern (vgl. als Aspekt im Rahmen des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris Rn. 16).
b) Im Rahmen seiner Klageerwiderung hat der Beklagte ergänzend ausgeführt, dass neben der als positiv zu wertenden Identitätsklärung des Klägers eine negative Bleibeperspektive aufgrund dessen vollziehbarer Ausreisepflicht bestehe, Abschiebungen nach Afghanistan nur vorübergehend ausgesetzt und die weitere Entwicklung offen sei, was nicht zu einer Verfestigung des Aufenthalts des Klägers führen dürfe. Zudem sei der Kläger gesundheitlich eingeschränkt und könne durch die erstrebte Helfertätigkeit nicht nachhaltig seinen Lebensunterhalt sichern. Dagegen ist auch unter Berücksichtigung vorgenannter Erwägungen nichts zu erinnern. Ermessensfehler nach § 114 VwGO sind von dem Kläger weder hinreichend substantiiert dargelegt noch nach summarischer Prüfung anderweitig ersichtlich.


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