Verwaltungsrecht

Asylrecht – Fehlende Glaubhaftigkeit der vorgetragenen Ausreisegründe

Aktenzeichen  11 ZB 17.30652

Datum:
9.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 122968
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1 Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 S. 4 AsylG verlangt, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
4 Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 5 K 16.30700 2017-04-21 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O., § 124a Rn. 72). Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn. 7).
Hieran fehlt es. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung durch Bezugnahme gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auch auf die tragenden Gründe im angefochtenen Bescheid gestützt und ist mit dem Bundesamt davon ausgegangen, dass die Angaben des Klägers zu seinen Ausreisegründen wegen ihrer Oberflächlichkeit und Detailarmut (vgl. zu den Kriterien zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vortrags eines Asylbewerbers BVerwG, B.v. 30.10.1990 – 9 C 72/89 – juris Rn. 15 m.w.N.) nicht glaubhaft sind. Nur hilfsweise, nämlich bei Wahrunterstellung seines Vortrags, hat das Verwaltungsgericht sein Urteil weiter damit begründet, dass der Kläger in der Russischen Föderation hinreichenden (internen) Schutz im Sinne von § 3d und § 3e AsylG finden könne. Die gerichtliche Beurteilung der Glaubhaftigkeit der von ihm vorgetragenen Ausreisegründe hat der Kläger nicht angegriffen. Insoweit würde der Rechtssache auch eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG fehlen.
Da bereits die fehlende Glaubhaftigkeit des Klagevortrags die Abweisung der Klage trägt, sind die vom Kläger formulierten Fragen, ob eine Gewährung staatlichen Schutzes auch dann angenommen werden könne, wenn die Schutzgewährung an die Bedingung der Bezahlung von Bestechungsgeldern geknüpft sei, und ob Personen armenischer Abstammung und offensichtlich kaukasischen Aussehens auf eine inländische Fluchtalternative durch bloßen Ortswechsel verwiesen werden könnten, nicht entscheidungserheblich.
Soweit der Kläger mit seiner Behauptung, die erstinstanzliche Entscheidung sei unrichtig, auf die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts abzielt, ist dies nach der abschließenden Sonderregelung des § 78 Abs. 3 AsylG kein Zulassungsgrund.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Rechtsmittels war auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 ZPO) abzulehnen.
Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben