Verwaltungsrecht

Asylrecht (USA), Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verneint, Gehörsverstoß verneint, Urteil mit Gründen versehen, Urteil selbständig tragend mehrfach begründet

Aktenzeichen  21 ZB 17.30616

Datum:
17.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 965
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3a Abs. 2 Nr. 5, § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 3
VwGO § 138 Nr. 3 und 6
RL 2011/95/EU Art. 9 Abs. 2 Buchst. e

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 25 K 15.31291 2016-11-16 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der beklagten Bundesrepublik Deutschland die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beanspruchen kann.
1. Der Kläger, ein am 21. Mai 1977 geborener Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika, stellte am 9. Dezember 2008 bei der Außenstelle Karlsruhe des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung am 4. Februar 2009 äußerte er sich unter anderem wie folgt:
Er habe sich im Dezember 2003 für zunächst 15 Monate zum (aktiven) Dienst im Heer der amerikanischen Streitkräfte (US-Army) verpflichtet. Nach seiner Ausbildung (Reparatur und Wartung von AH-64 Apache-Hubschraubern) habe er einen Einsatzbefehl zu seiner Einheit nach Katterbach (Deutschland) erhalten. Es sei die „ACO601, Aviation Support Batallion“ gewesen, die sich bereits im Irak befunden habe. Nach dem Erhalt seiner Ausrüstungsgegenstände sei er Anfang September 2004 zu seiner Einheit im Irak (Camp Speicher bei Tikrit) weitergeleitet worden. Er sei dort vier bis fünf Monate mit der Wartung der Helikopter beschäftigt gewesen. Im Dezember 2004 habe er seine Dienstzeit erstmals verlängert und zwar um zwei Jahre. Im Februar des Jahres 2005 sei seine Einheit nach Katterbach zurückgekehrt. Im November 2005 habe er seine Dienstzeit um sechs Jahre bis in das Jahr 2011 verlängert. Aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen seien die Apache-Hubschrauber der Einheit in die USA verlegt worden. Im April 2007 habe er einen Einsatzbefehl für den Irak bekommen. Am 11. April 2007 habe er die Armee unerlaubt verlassen, weil er sich an dem Krieg im Irak und den dort seiner Auffassung nach begangenen Kriegsverbrechen nicht habe beteiligen wollen.
2. Mit Bescheid vom 31. März 2011 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Nr. 1) und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 2) noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen (Nr. 3).
Der Kläger ließ dagegen gerichtet auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft am 11. April 2011 Klage erheben.
Das Verwaltungsgericht legte dem Gerichtshof der Europäischen Union ein Vorabentscheidungsersuchen vor zur Auslegung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der RL 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (sog. Anerkennungsrichtlinie), an deren Stelle die wortgleiche Regelung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der RL 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 getreten ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dazu mit Urteil vom 26. Februar 2015 (C-472/13) entschieden.
Mit Urteil vom 16. November 2016, zugestellt am 25. April 2017, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem am 19. Mai 2017 eingelegten Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und von in § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmängeln (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) liegen nicht vor.
1.1 Die Rechtssache hat nicht die vom Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG.
Sie müsste dafür eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufwerfen, die klärungsbedürftig sowie für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist und eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung hat (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 36).
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, „ob für die Plausibilität der Wahrscheinlichkeit von Handlungen, die Art. 12 Abs. 2 RL 2011/95/EU zuwiderlaufen, als maßgebende militärische >EinheitKompanieDivision<, welcher die Kompanie untergeordnet ist, zugrunde zu legen ist.“
Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Sie ist, soweit das fallübergreifend möglich ist, durch das auf das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts hin ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. Februar 2015 (C-472/13) geklärt.
Das Ersuchen betraf die Auslegung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der RL 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004, an deren Stelle die wortgleiche Regelung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der RL 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 getreten ist, die durch § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG in nationales Rechts umgesetzt wurde. Danach gilt als Verfolgung i.S.d. Abs. 1 der Vorschrift auch die Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG (insb. Kriegsverbrechen) fallen.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dazu unter anderem entschieden, dass derjenige, der die Flüchtlingseigenschaft unter Verweis auf die genannte Vorschrift zuerkannt bekommen möchte, mit hinreichender Plausibilität darzulegen hat, dass „die Einheit, der er angehört“ (im englischsprachigen Original „his unit“), die Einsätze unter Umständen durchführt oder in der Vergangenheit durchgeführt hat, unter denen Kriegsverbrechen mit hoher Wahrscheinlichkeit begangen werden oder wurden (vgl. EuGH, U.v. 26.2.2015 – C-472/13 – juris Rn. 43). Dem entspricht es, dass die Inanspruchnahme des internationalen Schutzes nur dann auf Personen, die nicht persönlich als Kriegsverbrechen einzustufende Handlungen begehen müssten, ausgedehnt werden kann, wenn es bei vernünftiger Betrachtung plausibel erscheint, dass sie sich „bei Ausübung ihrer Funktionen“ in hinreichend unmittelbarer Weise an solchen Handlungen beteiligen müssten (vgl. EuGH, U.v. 26.2.2015 – C-472/13 – juris Rn. 38). Welche Funktion ein Soldat ausübt, hängt davon ab, welcher Einheit er zugeteilt ist. Das ist eine Frage des Einzelfalls. Beim Kläger war das die Kompanie, konkret die B-Kompanie des 412. Luftunterstützungsbataillons. Denn der Kläger wurde ausweislich seines Anhörungsvorbringens (zuletzt) der in Katterbach stationierten Einheit „ACO601, Aviation Support Battalion“ (vgl. Bl. 157 d. Bundesamtsakte) zugewiesen, die sodann zur „B CO 412. ASB“ umstrukturiert wurde (vgl. Bl. 176 d. Bundesamtsakte). Dementsprechend enthält die Ausrüstungsempfangsbestätigung des Klägers (Equipment Receipt – Bl. 175 d. Bundesamtsakte) unter „Unit“ den Eintrag „B CO 412TH ASB“.
1.2 Die Berufung ist entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht wegen eines in § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmangels zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 3).
1.2.1 Der Kläger macht dazu zunächst geltend, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen. Zwar sei die Entscheidungsbegründung sechs Tage vor Ablauf der nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 (GmS-OGB 1/92 – BVerwGE 92, 367/371 ff.) maßgebenden Frist von 5 Monaten der Geschäftsstelle übergeben worden. Allerdings sei das unerheblich, weil diese Frist eine maximale Frist sei. Nach einer – wie hier – derart langen Zeit sei angesichts der Komplexität des Sachverhalts nicht mehr gewährleistet, dass das Erinnerungsvermögen bestanden habe.
Ein Verfahrensmangel, der nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 6 VwGO die Zulassung der Berufung rechtfertigt, ergibt sich daraus nicht.
Zutreffend ist, dass ein bei seiner Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil als nicht mit Gründen versehen gilt, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind; dasselbe ist in den Fällen des § 116 Abs. 2 VwGO anzunehmen, in denen das Urteil anstelle der Verkündung zugestellt wird. Diese Frist ist aus der in §§ 517, 548 ZPO zum Ausdruck kommenden Wertung abgeleitet und stellt zur Vermeidung von Fehlerinnerungen und zur Sicherung der Beurkundungsfunktion des Urteils die äußerste zeitliche Grenze für die Übergabe des vollständigen Urteils an die Geschäftsstelle dar. Bei ihrer Überschreitung greift die Kausalitätsvermutung des § 138 Nr. 6 VwGO ein (BVerwG, B.v. 3.5.2004 – 7 B 60.04 – juris Rn. 4). Diese äußerste Grenze ist, wovon auch der Kläger ausgeht, hier nicht überschritten worden.
Allerdings kann sich auch bei Wahrung der Fünf-Monats-Frist aus den Umständen des Einzelfalles ergeben, dass infolge der verzögerten Abfassung der Urteilsgründe die zuverlässige Wiedergabe des Beratungsergebnisses und der für die Entscheidungsfindung leitenden Erwägungen nicht mehr gewährleistet ist (BVerwG, B.v. 11.8.2016 – 10 BN 2.15 – juris Rn. 11). Solche konkreten fallbezogenen Umstände hat der Kläger allein mit dem Verweis auf die bis zur Übergabe des vollständigen Urteils an die Geschäftsstelle verstrichenen Zeit und der (angeblichen) Komplexität des Sachverhalts nicht aufgezeigt. Sie sind auch nicht offensichtlich, zumal das Verwaltungsgericht bei der Abfassung des Urteils auch auf ein ausführliches Sitzungsprotokoll zurückgreifen konnte.
1.2.2 Die Berufung ist nicht wegen der vom Kläger behaupteten Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
a) Das Verwaltungsgericht hat den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in erster Linie mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe nicht hinreichend plausibel machen können, dass die Einheit, der er im April 2017 angehörte, bei einer Verlegung in den Irak mit hoher Wahrscheinlichkeit Kriegsverbrechen begehen werde (UA S. 10 f.).
Der Kläger rügt dazu ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe ihm das rechtliche Gehör versagt. Er habe eine Vielzahl von Gründen dafür vorgetragen, dass die 1. Infanteriedivision (First Infantry Division) die maßgebliche Einheit für die Prognose sei, ob wahrscheinlich in einem bevorstehenden Einsatz Kriegsverbrechen begangen würden, und dass die Division wegen ihrer Zusammenarbeit mit anderen militärischen Einheiten im Kontext mit diesen als Bezugsrahmen zugrunde zu legen sei. Das Verwaltungsgericht habe das nicht einmal ansatzweise gewürdigt.
Die behauptete Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegt nicht vor, weil das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen auf den Kern des klägerischen Vorbringens eingeht. Es führt dazu aus:
Abzustellen sei auf die B-Kompanie des 412th Aviation Support Battalion als konkrete Einheit des Klägers und „nicht auf den militärischen Großverband (1. Panzerdivision)“ und begründet das unter Verweis auf das dazu im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. Februar 2016 Dargelegte. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht im Hinblick darauf, ob sich der Kläger bei Ausübung seiner Funktion hinreichend unmittelbar an Kriegsverbrechen beteiligen müsste unter anderem ausgeführt: Auch als der Kläger nach eigenen Angaben am 1. April 2007 von der Aufteilung seiner Einheit in eine A- und eine B-Kompanie erfahren habe, wobei die B-Kompanie für einen Irak-Einsatz vorgesehen gewesen sei, habe keine konkrete Gefahr bestanden, an Kampfeinsätzen beteiligt zu werden. Der Kläger sei zum einen nicht für die in der Einheit zu wartenden Black-Hawk- bzw. Chinook-Hubschrauber ausgebildet gewesen, zum anderen habe es sich dabei ohnehin nur um Transport- und nicht um Kampfhubschrauber gehandelt. Zudem wäre der Kläger mit großer Wahrscheinlichkeit auch im Irak im Büro eingesetzt worden. Eine drohende Versetzung in die A-Kompanie sei zu diesem Zeitpunkt rein hypothetisch gewesen.
Einer weitergehenden Auseinandersetzung mit dem insoweit vom Kläger Vorgebrachten bedurfte es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht.
Letztlich wendet sich der Kläger in der Gestalt einer Gehörsrüge dagegen, dass sich das Verwaltungsgericht nicht seiner Auffassung angeschlossen hat, sondern bei der Frage, ob er sich indirekt an der Begehung von Kriegsverbrechen hätte beteiligen müssen, entsprechend dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union darauf abgestellt hat, ob er sich bei Ausübung seiner Funktion in hinreichend unmittelbarer Weise an solchen Handlungen hätte beteiligen müssen.
b) Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht selbständig tragend („unabhängig von diesen Erwägungen“) den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von internationalem Schutz – wiederum unter Verweis auf das im Vorabentscheidungsverfahren ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union – deshalb verneint, weil das unerlaubte Fernbleiben von der Truppe das letzte Mittel sein müsse, um der befürchteten Verwicklung in Kriegsverbrechen zu entgehen, was beim Kläger nicht der Fall gewesen sei. Der Kläger habe sich in Kenntnis der Problematik eines kriegerischen Einsatzes im Irak bewusst und wiederholt für den aktiven Dienst in der Armee entschieden. Neben der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Einleitung eines Kriegsdienstverweigerungsverfahrens habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt ernsthaft versucht, ein reguläres Entlassungsverfahren anzustrengen, mit seinen Dienstvorgesetzten ein vertrauensvolles Gespräch zu führen oder auf anderem Weg eine Versetzung in eine Einheit ohne den (befürchteten) Kontakt zu Kampftruppen zu erreichen. In diesem Zusammenhang bleibe auch unverständlich, weshalb der Kläger trotz seiner vorgetragenen Gewissensnöte nicht bereits im Sommer 2005 eine drohende unehrenhafte Entlassung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens als Gelegenheit angesehen habe, die US-Armee zu verlassen (UA S. 11 ff.).
Die weiteren mit dem Zulassungsantrag geltend gemachten Gehörsverstöße beziehen sich ausschließlich auf diese kumulativ gegebene Begründung, welche die klageabweisende Entscheidung selbständig trägt. Denn es wird im Wesentlichen gerügt, das Verwaltungsgericht habe nicht zur Kenntnis genommen, dass die Möglichkeit, im Falle einer Kriegsdienstverweigerung für die Dauer dieses Verfahrens einen waffenlosen Dienst zu versehen, von der Entscheidung des militärischen Vorgesetzten abhänge und für den Kläger aufgrund seiner spezifischen militärischen Verwendung nicht relevant gewesen sei. Ebenso wenig sei der Vortrag zur Kenntnis genommen worden, dass die von dem Kläger angesprochenen Vorgesetzten nicht vollständig und sachgerecht über das Kriegsdienstverweigerungsverfahren informiert gewesen seien, er gegenüber seinem unmittelbaren Vorgesetzten (Sergeant M.) auf seine Gewissensnöte hingewiesen habe und eine unehrenhafte Entlassung aus der Armee eine soziale Ächtung und Benachteiligung zur Folge gehabt hätte.
Das führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Berufung, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung selbstständig tragend auch darauf gestützt hat, der Kläger habe nicht hinreichend plausibel gemacht, dass seine Einheit bei einer Verlegung in den Irak mit hoher Wahrscheinlichkeit Kriegsverbrechen begehen werde, und die insoweit geltend gemachte Gehörsrüge wie dargelegt nicht durchgreift. Ist die angefochtene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, ist die Berufung nur zuzulassen, wenn ein durchgreifender Zulassungsgrund für jeden Begründungsstrang dargelegt ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 61 m.w.N.).
Unabhängig davon ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten, wie es Art. 103 Abs. 1 GG vorschreibt, zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvorbringen oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen. Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2020 – 1 B 87.19 – juris Rn. 14 m.w.N.).
Besondere Umstände, aus denen sich deutlich ergibt, dass das Verwaltungsgericht Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder in Betracht gezogen hat, ergeben sich aus dem Zulassungsantrag nicht.
1.3 Nach allem kann die Frage offenbleiben, ob der Kläger im Falle einer Rückkehr in die Vereinigten Staaten von Amerika im Hinblick auf seine Desertion eine Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung oder aus einem anderen in § 3b Abs. 1 AsylG genannten Grund nicht zu befürchten hat und das angefochtene Urteil schon deshalb im Ergebnis richtig ist.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 80 AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. November 2016 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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