Verwaltungsrecht

AufenthG, Abschiebung eines irakischen Staatsangehörigen, Eilantrag ohne Erfolg

Aktenzeichen  M 4 E 21.6302

Datum:
7.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 38314
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
AufenthG § 60a
§ 42 AsylG.

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.250,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen seine für den heutigen Tag geplante Abschiebung nach …
Der Antragsteller ist ein 32-jähriger irakischer Staatsangehöriger und befindet sich nach Angaben seiner Prozessbevollmächtigten in Ausreisegewahrsam.
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2021, bei Gericht am selben Tag per beA eingegangen, ließ der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigte unter Ankündigung einer Begründung mit gesondertem Schriftsatz Klage auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten erheben (M 4 K 21.6301) und zugleich beantragen,
dem Antragsgegner aufzugeben, der zentralen Ausländerbehörde, Regierung von Oberbayern mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers vorläufig nicht durchgeführt werden darf und 5 den Antragsgegner zu verpflichten, bis zur Entscheidung über den Antrag zu verpflichten, der zentralen Ausländerbehörde, Regierung von Oberbayern mitzuteilen, dass von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen wird.
Der Antragsteller befinde sich in Ausreisegewahrsam, weshalb Eilbedürftigkeit vorliege. Es sei auch Asylfolgeantrag gestellt worden. Die dort aufgeführte Begründung werde auch zur Begründung des einstweiligen Rechtsschutzes herangezogen. Zudem habe der Antragsteller familiäre Bindungen in Deutschland. Den Folgeantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 6. Dezember 2021 begründete die Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen damit, dass die schlechten humanitären Verhältnisse im Irak derzeit ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründeten. Eine innerirakische Migration in die Region …-Irak sei zwar grundsätzlich möglich. Die Region sei jedoch durch den Zustrom von Binnenvertriebenen stark betroffen. Es sei nicht anzunehmen, dass der Antragsteller in der Lage wäre, zeitnah eine Erwerbstätigkeit zu finden und das Existenzminimum zu sichern. Auch nach der Befreiung der Gebiete vom IS sei die Rückkehr der Bevölkerung durch fehlenden Wiederaufbau, eine unzureichende Sicherheitslage, unklare Sicherheitsverantwortlichkeiten sowie durch die Anwesenheit von schiitischen Milizen zum Teil erheblich erschwert.
Der Antragsgegner übermittelte am 6. Dezember 2021 die Ausländerakte in elektronischer Form und beantragte, für den Fall, dass gegen die Abschiebemaßnahme am 7. Dezember 2021 ein Antrag nach § 123 VwGO gestellt wird, vorab,
den Antrag abzulehnen.
Auf die Darstellung des Tatbestands und die Erwiderung wird Bezug genommen, § 117 Abs. 3 VwGO analog.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
I. Der Antrag wird abgelehnt.
Er ist bereits unzulässig, weil es am Rechtsschutzinteresse fehlt.
Die Anträge sind perplex: Sie sind darauf gerichtet, dass der Antragsgegner – der Freistaat Bayern, vertreten durch die Regierung von Oberbayern – sich selbst (sic) mitteilt, dass eine Abschiebung des Antragstellers vorläufig nicht durchgeführt werden darf, bzw. darauf, dass der Antragsgegner verpflichtet werden soll, sich selbst (sic) mitzuteilen, dass von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen wird.
Für derartige Anträge fehlt es ersichtlich am Rechtsschutzinteresse. Sie sind daher unzulässig.
Soweit es darum geht, die Abschiebung zu verhindern, versteht das Gericht die Anträge zu Gunsten des Antragstellers trotz anwaltlicher Vertretung gemäß § 88 VwGO dahingehend, dass der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 123 VwGO die Verpflichtung des Antragsgegners erwirken will, ihm vorläufig eine Duldung gemäß § 60a AufenthG zu erteilen. Jedoch hat auch ein in diesem Sinn verstandener Antrag des Antragstellers keinen Erfolg.
Neben der unstreitig vorliegenden Eilbedürftigkeit wäre es nämlich erforderlich, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Daran fehlt es vorliegend.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht.
Seine zuletzt erteilte Duldung ist am 6. Dezember 2021 abgelaufen.
Die Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Die Abschiebung des Antragstellers ist tatsächlich und rechtlich möglich. Auf die zutreffenden Ausführungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 6. Dezember 2021 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO analog.
Soweit die Prozessbevollmächtigte sich zur Begründung des Antrags auf die Begründung des Asylfolgeantrags vom 6. Dezember 2021 beruft, handelt es sich mit dem Verweis auf die schlechten humanitären Verhältnisse im Irak, die fehlende Möglichkeit des Antragstellers, im Irak bzw. in der Region …-Irak eine hinreichende Arbeit zu finden und die erschwerte Rückkehr der Bevölkerung um zielstaatsbezogenen Vortrag, für den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zuständig ist. An die Entscheidung des Bundesamts, dass keine Abschiebungsverbote hinsichtlich des Irak vorliegen, ist die Ausländerbehörde gebunden, § 42 Satz 1 AufenthG.
Soweit der Antragsteller geltend macht, er habe familiäre Bindungen in Deutschland, ergibt sich auch daraus keine rechtliche Unmöglichkeit unter Berücksichtigung von Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK. Der Kläger ist volljährig und hat im Bundesgebiet keine eigene Kernfamilie. Im Hinblick auf die Betreuung seiner Mutter wird auf die zutreffenden Ausführungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 6. Dezember 2021 Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO analog. Auch hieraus ergibt sich keine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung.
Der Antrag war somit abzulehnen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
III. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 8.3 des Streitwertkatalogs.


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