Verwaltungsrecht

Aufhebung einer Auswahlentscheidung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens

Aktenzeichen  AN 1 E 20.01447

Datum:
21.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39998
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123
LlBG Art. 2 Abs. 2
BayPVG Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 3

 

Leitsatz

1. Es handelt sich gerade nicht um einen Abbruch des Auswahlverfahrens, wenn der Dienstherr eine bereits getroffene Auswahlentscheidung aufhebt, um seiner Verpflichtung, eine rechtmäßige, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG standhaltende Auswahlentscheidung zu treffen, gerecht zu werden, ohne für die erneut vorzunehmende Auswahlentscheidung den Bewerberkreis zu verändern. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßnahmen, die nicht durchgeführt werden, bei deren ursprünglicher Entscheidung der Personalrat aber bereits zugestimmt hat, bedürfen keiner Mitbestimmung. Die Personalvertretung hat keinen Anspruch darauf, dass eine Maßnahme, der sie zugestimmt hat, auch von der Dienststelle durchgeführt wird. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.    Der Antrag wird abgelehnt.
2.    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3.    Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

II.
Der Antrag ist bereits unzulässig.
1. Dem Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
a) Zwar kann effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gegen den unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden, da die zeitnahe Fortführung eines Auswahlverfahrens mit dem bestehenden Bewerberkreis nicht mit der Hauptsacheklage erreicht werden kann. Aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens, das auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn zur Fortsetzung des Auswahlverfahrens gerichtet ist und daher bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden kann, ergibt sich in der Regel der Anordnungsgrund für einen Antrag nach § 123 VwGO (BVerwG, U. v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 8.7.2011 – 3 CE 11.859 – juris Rn. 22).
Auch vorliegend begehrt der Antragsteller die Fortsetzung des Auswahlverfahrens für die Stelle der Amtsleitung des Ordnungsamtes der Antragsgegnerin. Genau dieses Vorgehen hat jedoch die Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber mit Schreiben vom 30. Juni 2020 angekündigt. Denn der Antragsteller wurde in diesem Schreiben über die Aufhebung der auf dem Auswahlvermerk vom 5. März 2020 basierenden Auswahlentscheidung vom 27. März 2020 wegen formeller und materiell-rechtlicher Fehlern und die Wiederholung des Auswahlverfahrens ab Eingang der Bewerbungen mit dem gleichen Bewerberkreis informiert. Insoweit geht der Antrag des Antragstellers ins Leere.
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers handelt es sich bei der Aufhebung der Auswahlentscheidung gerade nicht um den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahren. Vielmehr hat die Antragsgegner in rechtlich gebotener Weise gehandelt, indem sie die zu Gunsten des Antragstellers getroffene Auswahlentscheidung zurückgenommen hat (BayVGH, B.v. 29.9.2005 – 3 CE 05.1705 – juris Rn. 23).
Nach ständiger Rechtsprechung kann der Dienstherr aufgrund seines Organisationsermessens ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden. Liegt kein solcher Grund für den Abbruch vor, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen. Durch eine gleichwohl in einem neuen Auswahlverfahren getroffene Auswahlentscheidung werden die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt (BVerwG, B.v. 29.7.2020 – 2 VR 3/20 – juris Rn. 12 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 12.7.2011 – 1 BvR 1616/11 – RiA 2012, 29 Rn. 24, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – NVwZ 2012, 366 Rn. 22 f. und BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – BVerwGE 151, 14 Rn. 16 ff.).
Ein sachlicher Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens ist u.a. gegeben, wenn der Dienstherr den unverändert bleibenden Dienstposten weiterhin vergeben will, aber den Ausgang des ersten Auswahlverfahrens als unbefriedigend empfindet oder das bisherige Verfahren nach seiner Einschätzung an nicht behebbaren Mängeln mit der Folge leidet, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheint. Insoweit geht es nicht um das dem Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerte Organisationsermessen des Dienstherrn, sondern bereits um das Auswahlverfahren, für das die aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensansprüche maßgebend sind (BVerwG, B.v. 29.7.2020, a.a.O., Rn. 13).
Entsprechend handelt es sich gerade dann nicht um einen Abbruch des Auswahlverfahrens, wenn der Dienstherr eine bereits getroffene Auswahlentscheidung aufhebt, um seiner Verpflichtung, eine rechtmäßige, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG standhaltende Auswahlentscheidung zu treffen, gerecht zu werden, ohne für die erneut vorzunehmende Auswahlentscheidung den Bewerberkreis zu verändern. Denn unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung (s.o.), dass der Abbruch eines Auswahlverfahrens ohne sachlichen Grund einer Neuausschreibung entgegensteht, ist für einen an diesen Anforderungen zu messenden Verfahrensabbruch denknotwendig erforderlich, dass für den Fall, dass der Dienstherr den Dienstposten weiterhin besetzen will, eine neue Stellenausschreibung, aufgrund der sich ggf. der Bewerberkreis verändern kann, durchgeführt werden soll.
So liegt hier jedoch der Fall offensichtlich nicht, da die Antragsgegnerin keine neue Stellenausschreibung vornehmen möchte, sondern im Rahmen des bereits mit Stellenausschreibung vom 9. Dezember 2019 eingeleiteten Auswahlverfahrens aufgetretene Mängel beseitigen möchte.
Dieses Vorgehen der Antragsgegnerin trägt dabei auch dem in der Rechtsprechung angenommenen sachliche Grund, dass ein Verfahren abgebrochen werden kann, wenn nach Einschätzung des Dienstherrn das Verfahren an nicht behebbaren Mängeln leidet, mit der Folge, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheint, Rechnung. Danach ist der Dienstherr letztlich verpflichtet, vor einem Abbruch zu prüfen, ob die Mängel im laufenden Auswahlverfahren, beseitigt werden können, und ggf. einzelne Phasen des Auswahlverfahrens zu wiederholen.
Insoweit ist der vorliegende Sachverhalt mit der Situation vergleichbar, dass im Rahmen eines durch einen unterlegenen Bewerber eingeleiteten gerichtlichen Eilverfahrens das Gericht aufgrund festgestellter Mängel im Auswahlverfahren die Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Bewerber vorläufig untersagt und aufgrund dessen der Dienstherr das Auswahlverfahren ab dem Zeitpunkt vor dem festgestellten Mangel wiederholt. Dabei ist kein Grund erkennbar, dass eine andere Beurteilung sachgerecht sein sollte, wenn der Dienstherr – wie hier – bereits vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens seine Fehler erkennt und von sich aus die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um diese zu beseitigen. Denn für die Antragsgegnerin war es nicht zumutbar, trotz – anlässlich eines vom Beigeladenen eingeleiteten Widerspruchsverfahrens – erkannter Mängel an der Auswahlentscheidung festzuhalten und damit sehenden Auges weitere gerichtliche Schritte des Beigeladenen und daraus folgend höhere Kosten zu provozieren.
Die Antragsgegnerin hat die Gründe für die Aufhebung der Auswahlentscheidung bereits in der Sitzungsvorlage für die Sitzung des Personal- und Organisationsausschusses am 22. Juni 2020 dokumentiert und diese Vorlage dem Auswahlvorgang beigefügt, sodass der Antragsteller die maßgeblichen Gründe im Rahmen einer Akteneinsicht, die weder bei der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren beantragt worden ist, hätte in Erfahrung bringen können.
Insoweit erachtet die Kammer auch die von der Antragsgegnerin in der Sitzungsvorlage dokumentierten und im gerichtlichen Verfahren ausführlicher vorgetragenen Gründe für die Aufhebung der Auswahlentscheidung als stichhaltig. Über die dokumentierten Gründe hinausgehende, sachwidrige Gründe für die Aufhebungsentscheidung sind nicht erkennbar. Insbesondere handelt es sich bei dem Hinweis des Bevollmächtigten des Antragstellers, die Aufhebung sei nur erfolgt, um den Antragsteller als freigestelltes Personalratsmitglied von der Stellenbesetzung auszuschließen, um eine nicht belegbare Mutmaßung. Dass der Antragsteller bei früheren Stellenbesetzungsverfahren nicht zum Zug gekommen sei, ist als Beleg für diese Feststellung nicht ausreichend, da bei Annahme von ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren eine Auswahl nach den Grundsätzen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung erfolgt sein sollte. Im Übrigen spricht gegen eine Aufhebung zum Ausschluss des Antragstellers die Tatsache, dass der Antragsteller erst einmal ausgewählt worden ist. Hätte die Antragsgegnerin die ausgeschriebene Stelle nicht mit dem Antragsteller besetzen wollen, so hätte die Antragsgegnerin in dem fehlerhaft durchgeführten Verfahren sicherlich auch ein Argument gefunden, um die Auswahlentscheidung nicht zu Gunsten des Antragstellers treffen zu müssen.
Die Aufhebung der Auswahlentscheidung ist darüber hinaus auch nicht fehlerhaft, weil der Personalrat erst mit Schreiben vom 30. Juni 2020 und damit nach der Entscheidung des Personal- und Organisationsausschusses am 22. Juni 2020 über die Aufhebung informiert worden ist. Auch wenn die Beförderung im Sinn des Art. 2 Abs. 2 LlbG (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayPVG) bzw. die Übertragung der Dienstaufgaben eines anderen Amts mit höherem Endgrundgehalt (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPVG) grundsätzlich mitbestimmungspflichtig ist, so bedürfen Maßnahmen, die nicht durchgeführt werden, bei deren ursprünglicher Entscheidung der Personalrat aber bereits zugestimmt hat, keiner Mitbestimmung (Dirnberger/Henneke/Meyer/Schliesky/ Schwarting/Sponer/Steger/Stubenrauch/Winkel/Klang/Bülow/Dieter/Haßenkamp/Zimmermann, PdK Bay C-17a Art. 75 Ziff. 1). Die Personalvertretung hat keinen Anspruch darauf, dass eine Maßnahme, der sie zugestimmt hat, auch von der Dienststelle durchgeführt wird (Schleicher in: Ballerstedt/Schleicher/Faber, Bayerisches Personalvertretungsgesetz mit Wahlordnung, Art. 75 BayPVG Rn. 9).
b) Anlässlich der bevorstehenden Wiederholung des Auswahlverfahrens ab dem Zeitpunkt des Eingangs der zu berücksichtigenden Bewerbungen sieht sich die Kammer veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:
aa) Aufgrund des durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensanspruchs kann eine Auswahlentscheidung grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09, a.a.O.; U.v. 17.8.2005 – 2 C 37/04, BVerwGE 124, 99; U.v. 28.10.2004 – 2 C 23/03, BVerwGE 122, 147).
Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.06.2013, a.a.O., Rn. 23; BVerwG, B.v. 6.4.2006 – 2 VR 2.05 – juris Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 23; ebenso: OVG Lüneburg, B.v. 21.4.2015 – 5 ME 64/15; B.v. 1.3.2016 – 5 ME 10/16). Es ist grundsätzlich zulässig, dass der Dienstherr im Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens zwischen Kriterien, die zwingend erfüllt sein müssen (konstitutives/zwingendes Anforderungsprofil), und solchen Kriterien, deren Erfüllung wünschenswert ist (beschreibendes/fakultatives/nicht-konstitutives Anforderungsprofil), differenziert, und dass er Bewerber schon dann ablehnt, wenn sie bestimmte zwingende Merkmale des Anforderungsprofils nicht erfüllen (OVG Lüneburg, B.v. 1.12.2016 – 5 ME 153/16 – juris Rn. 27, BVerwG, U.v. 25.2.2010 -2 C 22.09 – juris Rn. 15; Nds. OVG, B.v. 26.10.2012 – 5 ME 220/12 – juris Rn. 13; B.v. 5.9.2014 – 5 ME 135/14 – juris Rn. 7; B.v. 1.3.2016 – 5 ME 10/16). Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit – soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht – auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauslese verpflichtet. Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 24; B.v. 19.12.2014, a.a.O., Rn. 20, 24). Einen Bewerber (bereits in einer ersten Auswahl) vom Auswahlverfahren auszuschließen – ihn also gar nicht in den Leistungsvergleich einzubeziehen, weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht -, steht mit dem Laufbahnprinzip nicht in Einklang (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 28; B.v. 19.12.2014, a.a.O., Rn. 25).
Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (BVerwG, B. v. 19.12.2014 – 2 VR 1/14 – juris; B. v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 24 ff. m.w.N.).
Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, B.v. 19.12.2014, a.a.O., Rn. 20; B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 31). Das Anforderungsprofil muss dabei zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt und dokumentiert werden‚ damit die Gründe für diese Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2016 – 3 CE 16.1912 – juris Rn. 22; B.v. 15.2.2016 – 3 CE 15.2405 – juris Rn. 75; B.v. 4.2.2015 – 6 CE 14.2477 – juris Rn. 16).
Die in der Stellenausschreibung als Anforderungen festgelegten Kriterien stellen mit Ausnahme der Laufbahnbefähigung für die dritte Qualifikationsebene bzw. dem Abschluss des Beschäftigtenlehrgangs II kein konstitutives Anforderungsprofil dar. Die in der Stellenausschreibung angeführten Anforderungen stellen keine zwingend geforderten besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten dar, hinsichtlich derer davon auszugehen ist, dass eine Einarbeitung in angemessener Zeit nicht möglich sein wird. Die genannten Kriterien sind bereits Gegenstand der dienstlichen Beurteilungen und können damit im Rahmen des Leistungsvergleiches aufgrund der Beurteilungen ausreichend berücksichtigt werden und ggf. als fakultative Anforderungen im Rahmen der Binnendifferenzierung herangezogen werden.
Dabei steht entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers einer Einbeziehung aller Bewerber in das Stellenbesetzungsverfahren auch nicht entgegen, wenn ein Bewerber bisher noch nicht die Besoldungsgruppe A 12 erreicht (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LlbG) oder noch nicht die erforderliche Beförderungswartezeit für eine Beförderung in die Besoldungsgruppe A 13 erfüllt hat (Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 LlbG). Die Bewertung des Amtes des Leiters des Ordnungsamtes als Amt der Besoldungsgruppe A 13 führt nicht zwingend dazu, dass der Dienstposten ausschließlich mit Beamten, denen das jeweilige Statusamt sofort übertragen werden kann, besetzt werden kann. Denn die nichtnormative Dienstpostenbewertung erfolgt nicht im Hinblick auf ein konkretes Dienstverhältnis oder die tatsächliche Besetzung eines Dienstpostens. Vielmehr werden Dienstposten abstrakt nach Inhalt, Art und Schwierigkeit der von ihnen umfassten Dienstgeschäfte bestimmten Ämtern und dementsprechenden Besoldungsgruppen zugeordnet (Möller in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 19 BayBesG Rn. 17). Gemäß Art. 20 Abs. 3 BayBesG richtet sich die Besoldung ausschließlich nach dem statusrechtlichen Amt; die Wahrnehmung einer Funktion oder die Erfüllung von Funktionsmerkmalen sind grundsätzlich unbeachtlich (Möller in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 20 BayBesG Rn. 7). Die Bewertung eines konkreten Amtes bringt damit zum Ausdruck, welche Besoldungsstufe der Stelleninhaber erreichen kann, nicht aber welche Besoldungsamt er zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bzw. der Stellenzuweisung innehat bzw. innehaben kann. Insoweit genügt es, wenn die Bewerber die Befähigung für die Laufbahn, der das jeweilige Besoldungsamt zugeordnet wird (hier: dritte Qualifikationsebene), besitzen.
Allerdings werden sich regelmäßig im Rahmen des Leistungsvergleiches Auswirkungen ergeben, wenn am Auswahlverfahren Bewerber unterschiedlicher Besoldungsgruppen beteiligt sind (vgl. hierzu auch bb)).
bb) Die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern ist in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 3 CE 17.2440 – juris Rn. 20; B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.1733 – juris Rn. 28). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – juris Rn. 25).
Daran hat sich auch nichts durch die seit 1. August 2013 geltenden Fassung des Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 LlbG geändert. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat insoweit mehrfach ausgeführt, dass Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG dahingehend eine Abstufung trifft, dass dienstliche Beurteilungen stets verwendet werden müssen und weitere Auswahlmethoden zusätzlich gestattet sind (BayVGH, B.v. 11.8.2020 – 3 CE 20.1370 – juris Rn. 16; B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 45; B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 8).
Die Antragsgegnerin hat diese Abstufung in der aufgehobenen Auswahlentscheidung nicht beachtet, indem sie aufgrund der unterschiedlichen Statusämter bzw. der Beschäftigteneigenschaft der Bewerber von einer fehlenden Vergleichbarkeit der vorliegenden Beurteilungen bzw. Arbeitszeugnisse ausgegangen ist, ohne den Versuch zu unternehmen eine Vergleichbarkeit herbeizuführen. Trotz der Beteiligung von Beamten und Beschäftigten an dem Stellenbesetzungsverfahren durfte die Antragsgegnerin nicht davon absehen, einen Leistungsvergleich auf der Grundlage von (ggf. einzuholenden aktuellen) dienstlichen Beurteilungen bzw. Arbeitszeugnissen oder Leistungsberichten durchzuführen.
Grundsätzlich müssen – um dem Gedanken der Bestenauslese bei der Auswahlentscheidung Rechnung zu tragen – für eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen in aller Regel das gewählte Beurteilungssystem gleich sein und die bei der Beurteilung zur Anwendung kommenden Beurteilungsrichtlinien, -merkmale und -maßstäbe wie Punkteskalen gleichmäßig auf sämtliche Beamte angewendet werden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können (BVerwG U.v. 2.3.2000 – 2 C 7.99 – NVwZ-RR 2000, 621). Ihre wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen nämlich erst in Relation zu den Bewertungen in anderen dienstlichen Beurteilungen. Um zu der erforderlichen objektiven Bewertung des einzelnen Beamten zu führen und um die Vergleichbarkeit der beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss so weit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Die Beurteiler müssen ihrer Bewertung denselben Begriffsinhalt der Noten (Punktewerte) zugrunde legen und diese mit demselben Aussagegehalt verwenden. Das gilt insbesondere für das die Beurteilungen abschließende Gesamturteil (BVerwG, U.v. 27.2.2003 – 2 C 16.02 – NVwZ 2003, 1397; BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 3 CE 14.377 – juris Rn. 26; B.v. 6.11.2007 – 3 CE 07.2163 – juris Rn. 41 f.).
Um größtmögliche Vergleichbarkeit herbeizuführen, sind ggf. Anlassbeurteilungen anzufertigen (zu den Voraussetzungen für eine Anlassbeurteilung vgl. u.a. BayVGH, B.v. 27.10.2016 – 3 CE 16.1457 – juris Rn. 47 m.w.N.). Beziehen sich die Beurteilungen der Bewerber auf verschiedene Statusämter, so ist es zulässig, bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich als besser anzusehen als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten. Dieses Vorgehen ist mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar, da mit einem höheren Amt regelmäßig auch gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden sind. Dieser Grundsatz ist aber nicht schematisch anzuwenden. Vielmehr hängt das Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab (BayVGH, B.v. 27.10.2016 – 3 CE 16.1457 -juris Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 11).
Auch wenn der einzige Beschäftigte im Auswahlverfahren seine Bewerbung zwischenzeitlich zurückgezogen hat, wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass bei der Beteiligung von Beschäftigten und Beamten an einem Auswahlverfahren und der daraus resultierenden grundlegenden Unterschiede zwischen einer dienstlichen Beurteilung und einem Dienst- oder Arbeitszeugnis (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 18.11.2015 – 6 CE 15.2260 – juris Rn. 13; B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 11; OVG SH, B.v. 27.1.2016 – 2 MB 29/15 – juris Rn. 25) zur Wahrung der Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG für Bewerber außerhalb des Beamtenverhältnisses mit den dienstlichen Beurteilungen vergleichbare aussagekräftige Leistungseinschätzungen – insbesondere qualifizierte Arbeitszeugnisse – einzuholen (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2010 – 1 WB 39/09 – juris Rn. 37 f.; Thür. OVG, B.v. 9.10.2017 – 2 EO 113/17 – juris Rn. 12; B.v. 20.7.2012 – 2 EO 361/12 – juris Rn. 11; Hess. VGH, B.v. 16.11.2008 – 1 B 1870/08 – juris Rn. 5) und an sich nicht vergleichbare dienstliche Beurteilungen mittels eines einheitlich gebildeten Vergleichsmaßstabs vergleichbar zu machen sind (vgl. NdsOVG, B.v. 21.12.2015 – 5 ME 196/15 – juris Rn. 13 f.).
cc) Soweit nachrangig zu der Auswertung der dienstlichen Beurteilungen bzw. qualifizierten Arbeitszeugnissen auch wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center, durchgeführt werden sollen, so ist darauf hinzuweisen, dass es einer vorhergehenden Festlegung der jeweiligen Gewichtung von Beurteilung(en) und wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren bedarf. Diese Festlegung ist bereits im Vorhinein anhand des Ausschreibungsprofils oder anhand von Ausschreibungsrichtlinien zu treffen, da sich der Dienstherr ansonsten dem Verdacht aussetzt, die Gewichtung erst in Kenntnis des Abschneidens der Bewerber getroffen zu haben (vgl. BayVGH, U.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 13; VG Ansbach, B.v. 8.6.2020 – AN 1 E 19.01521 – juris Rn. 80). Außerdem würde den Beförderungsbewerbern ansonsten die Möglichkeit genommen, sich auf eine entsprechende Gewichtung einzustellen und vorzubereiten (vgl. VG Greifswald, U.v. 14.9.2017 – 6 A 2308/16 HGW – juris Rn.50).
Da wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren – wie ein Assessment-Center oder ein Auswahlgespräch – nach Ablauf und Inhalt einer Prüfungssituation ähnlich sind, sind bei der Rechtskontrolle die für die gerichtliche Überprüfung von Prüfungsentscheidungen entwickelten Grundsätze entsprechend heranzuziehen. Danach gilt, dass konkrete und substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung erhoben werden müssen. Darüber hinaus steht der Auswahlkommission ein Bewertungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar ist, ob die objektiven Grenzen des Bewertungsspielraums verletzt wurden. Dies ist nur der Fall, wenn die Auswahlkommission Verfahrensfehler begeht, anzuwendendes Recht verkennt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt. Darüber hinaus ist auf schlüssige Rüge zu untersuchen, ob die Auswahlkommission ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt hat, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem das Auswahlverfahren dient, verkannt hat, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht (VG München, B.v. 25.5.2020 – M 5 E 19.5164 – juris Rn. 63 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 25.2.2019 – 3 CE 18.2550 – juris Rn. 12 m.w.N.). Für diese Überprüfung ist es aber erforderlich, dass auch der Ablauf und der Inhalt der wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren dokumentiert ist und nicht – wie hier – lediglich die Bewertung der Auswahlkommission.
2. Zusätzlich konnte der Antragsteller auch keinen Anordnungsgrund geltend machen.
Da die Antragsgegnerin angekündigt hat, dass sie das Auswahlverfahren mit dem gleichen Bewerberkreis erneut durchführen wird, kann dem Antragsteller zugemutet werden, dass er die erneute Auswahlentscheidung abwartet und dann – im Fall, dass seine Bewerbung keinen Erfolg haben sollte – diese Auswahlentscheidung mit einem Antrag gemäß § 123 VwGO angreift, um die Besetzung der Stelle mit einem anderen Bewerber vorläufig zu verhindern.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Beigeladene hat sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt, § 154 Abs. 3 VwGO. Billigkeitsgründe, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Antragsteller oder der Staatskasse aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich, § 162 Abs. 3 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Ansatz des Auffangstreitwerts ist angemessen, weil der Antrag nur auf die Fortsetzung des Auswahlverfahrens, nicht jedoch bereits auf die Vergabe des Dienstpostens gerichtet ist. Eine Halbierung des Streitwerts scheidet ungeachtet des Umstands, dass es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, schon deshalb aus, weil allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für das Begehren auf Fortführung des abgebrochenen Auswahlverfahrens in Betracht kommt (BayVGH, B.v. 31.8.2020 – 6 CE 20.1325 – juris Rn. 19 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 36). Auch wenn vorliegend kein Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens vorlag, ändert sich an dieser Bewertung nichts, da der Bevollmächtigte des Antragstellers den Antrag nach § 123 VwGO unter der Annahme des Vorliegens eines Abbruchs eines Stellenbesetzungsverfahrens gestellt hat.


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