Verwaltungsrecht

Ausbildungsqualifizierung für den technischen Polizeivollzugsdienst, Beamter im technischen Polizeivollzugsdienst, keine Zuerkennung der Eignung für die Ausbildungsqualifizierung in der aktuellen dienstlichen Beurteilung, kein Anspruch auf Einrichtung eines Studienganges und Einrichtung einer Ausbildungsqualifizierung

Aktenzeichen  M 5 K 21.3764

Datum:
21.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 17911
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG § 37
FachV-Pol/VS § 57
FachV-Pol/VS § 74a

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig.
1. Dem Kläger fehlt die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – BVerwGE 153, 246, juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 13.7.1973 – VII C 6.72 – BVerwGE 44, 1, juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 28.2.1997 – 1 C 29/95 -BVerwGE 104, 115, juris Rn. 18).
Ob die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO erfüllt sind, ist nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu beurteilen (BVerwG, U.v. 2.11.2017 – 7 C 25/15 – NVwZ 2018, 986, juris Rn. 17).
In der aktuellen periodischen Beurteilung des Klägers vom … Juli 2020 wurde dem Kläger die Eignung zur Ausbildungsqualifizierung nicht mehr zuerkannt. Nach Art. 37 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) ist dies jedoch eine zwingende gesetzliche Voraussetzung um überhaupt für eine Ausbildungsqualifizierung zugelassen werden zu können. Der Kläger hat unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung, da diese zwingende Voraussetzung offensichtlich und unstreitig bei ihm nicht mehr gegeben ist.
Die Voraussetzungen für die Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung für die dritte Qualifikationsebene im fachlichen Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst sind auf der Grundlage von Art. 37, 67 und 68 Abs. 2 LlbG in §§ 57 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (FachV-Pol/VS).
Nach Art. 37 Abs. 1 LlbG können Beamte und Beamtinnen, die in der ersten und zweiten Qualifikationsebene eingestiegen sind, sich für die Ämter ab der nächsthöheren Qualifikationsebene desselben oder eines verwandten fachlichen Schwerpunkts qualifizieren, wenn sie im Rahmen der Ausbildung die entsprechende Qualifikationsprüfung bestanden haben. Die Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung setzt u.a. voraus, dass der Beamte oder die Beamtin in der letzten periodischen Beurteilung eine positive Feststellung über die Eignung für die Ausbildungsqualifizierung i.S.d. Art. 58 Abs. 5 Nr. 1 LlbG erhalten hat (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LlbG), und dass er bzw. sie nach dem Ergebnis des Zulassungsverfahrens nach Art. 37 Abs. 3 LlbG erkennen lässt, dass er oder sie den Anforderungen in der neuen Qualifikationsebene gewachsen sein wird (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LlbG).
Demnach kann zur Ausbildungsqualifizierung nur zugelassen werden, wem in der letzten periodischen Beurteilung, die Eignung für die Ausbildungsqualifizierung positiv zuerkannt wurde. In der dienstlichen Beurteilung des Klägers zum Stichtag … Juli 2020, für den Beurteilungszeitraum … Juni 2017 bis … Mai 2020 ist das Feld hinsichtlich der Eignung für die Ausbildungsqualifizierung nicht angekreuzt. Nach Nr. 5.1 der Richtlinien für die Beurteilungen (Dienstliche Beurteilung, Leistungsfeststellungen nach Art. 30 und 66 BayBesG in Verbindung mit Art. 62 LlbG für die Beamten und Beamtinnen der Bayerischen Polizei und des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz (Beurteilungsbekanntmachung Polizei und Verfassungsschutz – BUBek-Pol/VS) Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 12.12.2017, Az. IC3-0371.0-41), die der Beklagte für seine Beamten ersichtlich anwendet, bedarf die Feststellung der Eignung zur Ausbildungsqualifizierung einer ausdrücklichen Feststellung in der dienstlichen Beurteilung. Eine negative Äußerung bei fehlender Eignung unterbleibt. Daraus folgt, dass dem Kläger die Eignung für die Ausbildungsqualifizierung nicht zuerkannt wurde. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass gegen diese dienstliche Beurteilung insoweit ein formeller Rechtsbehelf ergriffen worden wäre.
2. Jedenfalls ist die Klage auch unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom … Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Juni 2021 und Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung für den technischen Polizeivollzugsdienst (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Das Begehren des Klägers, zur Ausbildung für Ämter der dritten Qualifikationsebene im fachlichen Schwerpunkt technischer Polizeivollzugsdienst zugelassen zu werden, besteht offensichtlich und eindeutig unter keiner denkbaren Betrachtungsweise. Die Möglichkeit, eine Ausbildungsqualifizierung zu durchlaufen, besteht nur für den Polizeivollzugsdienst nach Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LlbG sowie § 57 Abs. 1 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (FachV-Pol/VS) vom 9. Dezember 2010 (GVBl. S. 821), zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. März 2019 (GVBl. S. 98).
a) Auf die Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung besteht – selbst wenn die Voraussetzungen nach Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LlbG sowie § 57 Abs. 1 FachV-Pol/VS erfüllt sind – kein Rechtsanspruch (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2022, Art. 37 LlbG Rn. 17). Sie steht vielmehr im Ermessen des Dienstherrn. Der Beamte kann lediglich beanspruchen, dass über seine Zulassung zum Aufstiegs- oder Qualifizierungsverfahren rechtsfehlerfrei entschieden wird und von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich dabei darauf, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Doch hat der Bewerber einen aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) resultierenden Anspruch darauf, dass der Dienstherr das ihm bei seiner Entscheidung über die Zulassung zustehende Ermessen fehlerfrei ausübt (vgl. BVerfG, B.v. 10.12.2008 – 2 BvR 2571/07 – ZBR 2009, 125, juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 22.6.2018 – 3 CE 18.604 – RiA 2018, 224, juris Rn. 29).
b) Die Entscheidung, den Beamten nicht zur Ausbildungsqualifizierung zuzulassen, führt nicht dazu, dass der Kläger in seinem Auswahlanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt ist.
Auch wenn man als Maßstab für die Auswahl zur Zulassung für Qualifizierungsmaßnahmen für die dritte Qualifikationsebene den Leistungsgrundsatz zugrunde legt (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2015 – 3 CE 15.2563 – juris; B.v. 30.10.2015 – 3 CE 15.2050 – juris; B.v. 11.5.2015 – 3 CE 15.887 – juris), besteht keine rechtliche Möglichkeit, dass der Kläger im Rahmen einer erneuten Entscheidung über seine Zulassung zum Zuge kommen kann. Denn der Beamte erfüllt nicht die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen für die Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung. Er kann daher nicht zu entsprechenden Qualifizierungen zugelassen werden, da in seiner letzten periodischen Beurteilung eine positive Feststellung über die Eignung für die Ausbildungsqualifizierung nicht getroffen wurde.
c) Dessen ungeachtet hat der Kläger – als Angehöriger der Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz mit dem fachlichen Schwerpunkt technischer Polizeivollzugsdienst (§ 1 Satz 1 Nr. 4 FachV-Pol/VS) – keinen Anspruch auf Ausbildung für Ämter der dritten Qualifikationsebene.
(1) Voraussetzung für eine Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung im fachlichen Schwerpunkt technischer Polizeivollzugsdienst wäre ein Studiengang, in dem Beamtinnen und Beamten dieses fachlichen Schwerpunkts die fachlichen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten erlernen könnten, die für die dritte Qualifikationsebene im technischen Polizeivollzugsdienst benötigt werden. Es existiert aktuell kein geeigneter Studiengang noch ein dazugehöriges Auswahlverfahren, für welches der Kläger zugelassen werden könnte.
§ 74a Abs. 2 Satz. 2 FachV-Pol/VS, welcher § 57 FachV-Pol/VS für entsprechend anwendbar erklärt, eröffnet die Möglichkeit, dass für den technischen Polizeivollzugsdienst eine Ausbildungsqualifizierung eröffnet wird, vermittelt aber keinen Anspruch auf Zulassung oder Einrichtung einer Aufstiegsqualifizierung für technische Polizeivollzugsbeamte. Eine entsprechende Anwendung wäre dann denkbar, wenn der Dienstherr einen entsprechenden Studiengang auch für technische Vollzugsbeamte einrichtet, oder den bisherigen Studiengang für die Polizeivollzugsbeamten so modifiziert und die Lehrinhalte so anpasst, so dass dieser auch für die Anforderungen an technische Polizeivollzugsbeamte ausgerichtet ist.
Einen entsprechenden Studiengang, in dem Beamtinnen und Beamten des fachlichen Schwerpunkts technischer Polizeivollzugsdienst die fachlichen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten erlernen könnten, die für die dritte Qualifikationsebene im technischen Polizeivollzugsdienst benötigt werden, besteht aktuell – wie auch der Beklagte bestätigt – nicht.
(2) Entgegen der Ansicht des Klägers besteht auch kein Anspruch auf Einrichtung eines Studienganges für den technischen Polizeivollzugsdienst.
Die Entscheidung des Dienstherrn, einen entsprechenden Studiengang und die Möglichkeit der Zulassung zur Ausbildungsqualifizierung einzurichten, liegt in dessen Organisationsermessen. Die zu der Errichtung von Planstellen gefestigte Rechtsprechung, ist für die Errichtung von Studiengängen im Rahmen der Ausbildungsqualifizierung und die an den Abschluss anschließende Beförderung auf höher bewertete Planstellen übertragbar, da die Ausbildungsqualifizierung eine Vorstufe für eine Beförderung in eine höhere Qualifikationsebene und somit in eine höher bewertete Planstelle darstellt.
Art. 33 Abs. 2 GG begründet kein Recht auf Einrichtung und Besetzung von Planstellen, sondern vermittelt dem Bewerber um ein Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist aber erst auf der Grundlage einer im Rahmen der Organisationsgewalt zur Verfügung gestellten und für die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben gewidmeten Stelle eröffnet. Die organisations- und haushaltsrechtlichen Vorentscheidungen des Dienstherrn, die zur Existenz eines verfügbaren öffentlichen Amtes führen, sind nicht Gegenstand, sondern Voraussetzung der Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, U.v. 22.7.1999 – 2 C 14.98 – ZBR 2000, 40, juris Rn. 24).
Für einen Anspruch des Beamten auf fehlerfreie Ausübung des Organisationsermessens fehlt die dafür erforderliche Rechtsgrundlage (BVerwG, B.v. 5.11.2012 – 2 VR 1/12 – juris Rn. 18 mit weiteren Nachweisen). Rechtsvorschriften, die der Verwaltung ein Ermessen eröffnen, begründen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nur dann, wenn die das Ermessen einräumende Regelung – zumindest auch – dem Interesse des Betroffenen zu dienen bestimmt ist (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, U.v. 29.6.1990 – 8 C 26.89 – BVerwGE 85, 220, juris). Eine lediglich mittelbar-tatsächliche Begünstigung, hier die Eröffnung einer Beförderungsmöglichkeit durch Schaffung eines Studienganges und Einrichtung einer Ausbildungsqualifizierung, reicht zur Begründung eines Anspruchs auf fehlerfreie Ermessensausübung nicht aus (BVerwG, B.v. 5.11.2012 – 2 VR 1/12 – juris Rn. 18 mit weiteren Nachweisen).
Ebenso wie die Schaffung und Bewirtschaftung von Planstellen dient auch die Möglichkeit der Errichtung eines Studienganges für eine Ausbildungsqualifizierung und der damit einhergehenden Gewinnung von qualifizierten Beamten für eine höhere Qualifikationsebene allein dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Sie erfolgen nicht in Wahrnehmung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber Bewerbern. Deren Rechte werden nicht berührt (BVerfG, B.v. 20.9.2007 – 2 BvR 1972/07 – ZBR 2008, 167 juris Rn. 13 mit weiteren Nachweisen).
Ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG scheidet schon deshalb aus, da Art. 3 Abs. 1 GG nur derivative Teilhabeansprüche vermittelt. Originäre Leistungsansprüche vermag der Gleichheitssatz schon strukturell, auf Grund seiner Ausrichtung auf einen Vergleich, nicht zu begründen (Sachs/Nußberger, 9. Aufl. 2021, GG Art. 3 Rn. 55; BeckOK GG/Kischel, 51. Ed. 15.5.2022, GG Art. 3 Rn. 88).
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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