Verwaltungsrecht

Ausreichende medizinische Versorgung in der Mongolei – Kein Abschiebungsverbot

Aktenzeichen  M 9 S 16, 102, M 9 K 15.5834

Datum:
15.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Ein Abschiebungsverbot wegen einer erheblichen konkreten Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nur vor bei einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde; eine der medizinischen Versorgung in Deutschland gleichwertige Versorgung im Herkunftsland wird nicht vorausgesetzt.   (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf € 2.500,– festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … … wird für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und für das Hauptsacheverfahren (M 9 K 15.5834) abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich mit einer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom … November 2015 sowie gegen den Ergänzungsbescheid vom … November 2015. Sie beantragt, die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen. Weiter hat sie sowohl im Eilrechtsals auch im Hauptsacheverfahren Prozesskostenhilfe beantragt.
Die Antragstellerin ist Staatsangehörige der Mongolei. Sie reiste erstmals am 2. Mai 2013 mit einem Schengen-Visum der Kategorie „C“ zum Zweck einer medizinischen Behandlung in das Bundesgebiet ein. Unter dem 21. Juli 2013, dem 26. Juli 2013 und dem 30. Juli 2013 beantragte sie bzw. ihr Bevollmächtigter die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG bzw. die Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Als Begründung wurde vorgebracht, dass eine Behandlung ihrer attestierten Augenerkrankung in ihrem Heimatland nicht gewährleistet sei. Da über ihre Anträge zunächst nicht endgültig entschieden wurde, erhielt die Antragstellerin Fiktionsbescheinigungen gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG bis zum 16. Januar 2016.
Mit Schreiben vom 27. März 2014 beteiligte die mit der Sache befasste Ausländerbehörde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG am Verfahren. Unter dem 23. Juli 2015 erklärte das BAMF, dass nach seiner Einschätzung kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus dem Krankheitsbild der Antragstellerin hinsichtlich der Mongolei ersichtlich sei (Bl. 142 d. Behördenakte).
Die Antragsgegnerin erließ daraufhin am … November 2015 folgenden auszugsweise wiedergegebenen Bescheid (Ziffer 5. und 6. betreffen Gebühren und Kosten): Ziffer 1.: Ihre Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 21.07.2013, 26.07.2013 sowie vom 30.07.2013 werden abgelehnt.
Ziffer 2.: Sie sind somit verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen. Wir setzen Ihnen dazu eine Frist bis spätestens zum 16.01.2016.
Ziffer 3.: Sollten Sie die Ausreisefrist schuldhaft und erheblich überschreiten, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von bis zu einem Jahr für die Bundesrepublik Deutschland sowie die Schengener Staaten angeordnet werden.
Ziffer 4.: Sollten Sie nicht fristgerecht ausreisen, werden Sie in die Mongolei abgeschoben. Die Abschiebung kann auch in einen anderen Staat erfolgen, in den Sie einreisen dürfen oder der zu Ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
Zur Begründung heißt es, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels lägen nicht vor. Mit Blick auf das Aufenthaltsbegehren der Antragstellerin – humanitärer Aufenthalt, Feststellung von Abschiebungshindernissen – seien die §§ 7 Abs. 1, 25 Abs. 3 und 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG geprüft worden. Im Hinblick auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG und im Hinblick auf das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 4 AufenthG entscheide die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des BAMF. Dessen Stellungnahme ergebe, dass kein Abschiebungshindernis vorläge, weswegen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG nicht möglich sei. Nach der am … Februar 2013 als Routineeingriff durchgeführten Operation der Antragstellerin bedürfe ihre Krankheit ausweislich des Behandlungsberichts der Augenklinik … … … vom … Juni 2014 nur mehr einer medikamentösen Glukokortikoid-Therapie mit dem Immunsupressivum Prednisolon, das auch in der Mongolei, in der Monos pharmacy trade LLC Bayanzurkh district, St. Nyamjav, Ulaanbaatar, verfügbar sei. Für eine alsbaldige konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sei schlichtweg nichts dargelegt worden. In Ulanbaatar gäbe es weiter Möglichkeiten zu engmaschigen und regelmäßigen Kontrollen. Diese seien ausreichend, da nicht einmal feststehe, ob weitere Operationen nötig sind. Es läge deshalb kein Abschiebungshindernis vor. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG sei somit nicht möglich. Auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, insbesondere nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, lägen nicht vor. Die Antragstellerin erfülle die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht, da sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehe. Weiter sei das erforderliche Medikament Prednisolon auch in der Mongolei erhältlich. Die Antragstellerin besäße keine Rechtsposition, auf deren Bestand sie vertrauen durfte.
Unter dem … November 2015 erließ die Antragsgegnerin einen Ergänzungsbescheid, in welchem sie Ergänzungen zur Stellungnahme des Antragstellerbevollmächtigten und zum rechtlichen Gehör vornahm. Der nunmehr einbezogenen Stellungnahme des Antragstellerbevollmächtigten vom 3. November 2015 sei entgegenzuhalten, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG stets eine positive Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der in Bezug genommenen Absätze des § 60 AufenthG voraussetze. Diese lägen hier nicht vor.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat unter dem 20. Dezember 2015 Klage erhoben. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat er unter dem 09. Januar 2016 folgenden Antrag gestellt:
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 23. Dezember 2015 (Az.: M 9 K 15.5834) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom … November 2015, sowie des Ergänzungsbescheides vom … November 2015 wird angeordnet.
2. Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterfertigten für beide Verfahren.
Unter dem 17. Januar 2016 und unter dem 03. Februar 2016 führte der Bevollmächtigte der Antragstellerin aus: Die Ausländerbehörde stütze sich in ihrem Ablehnungsbescheid allein auf die Stellungnahme des Bundesamtes. Diese könne nicht nachvollzogen werden, da sie in Widerspruch stehe zu den Bestätigungen der medizinischen Stellen der Mongolei und der Russischen Föderation sowie zu den Ausführungen des behandelnden Professors Dr. … der Augenklinik … Es sei notwendig, die Behandlung weiterzuführen, dies habe in Deutschland zu erfolgen, da die Behandlung im Heimatland nicht durchführbar sei. Weiter sei die Antragstellerin inzwischen schwanger und erwarte Zwillinge, die voraussichtlich am 13. Mai 2016 geboren würden. Die Schwangerschaft könne zur Folge haben, dass eine weitere Verschlechterung der Sehfähigkeit eintrete. Sofern seitens der Antragsgegnerin weiterhin an der Auffassung festgehalten werde, dass die Beurteilung durch das BAMF höher zu bewerten sei als die Beurteilung durch den behandelnden Professor, werde beantragt, ein Sachverständigengutachten zu den aufgeworfenen Fragen einzuholen, also dazu, dass bei Abbruch der hiesigen Behandlung eine wesentliche Gesundheitsverschlechterung für die Antragstellerin drohe. Ihre Interessen am weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland überwögen somit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug.
Die Antragsgegnerin hat unter dem 26. Januar 2016 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Ausländerbehörde sei an die Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gebunden. Sie dürfe nicht davon abweichend ein Abschiebungsverbot bejahen und auf dieser Grundlage eine Duldung erteilen. Auch eine Schwangerschaft hindere die Ausreise grundsätzlich nicht. Der Antragstellerin werde aber, wie mit Schriftsatz vom 10. Februar 2016 erklärt wurde, zugesichert, ihren Aufenthalt bis zu drei Monate nach der Geburt zu dulden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die Behördenakte, auch im Klageverfahren, Bezug genommen, insbesondere auf die Befundberichte der Augenklinik … vom … Juni 2014, vom … Oktober 2015, vom … Oktober 2015 und vom … Januar 2016 und auf die ärztliche Bestätigung der Frauenklinik … … … vom … Februar 2016.
II.
1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag im Fall des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 3 die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn es im Wege einer eigenen Ermessensentscheidung zum Ergebnis kommt, dass das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Nichtvollzug das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung hat sich dabei an den voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren, die summarisch überprüft werden.
Mit ihrem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wendet sich die Antragstellerin gegen die Folgen des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, wonach Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine aufschiebende Wirkung haben. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kommt dabei dann in Betracht, wenn der Ablehnungsbescheid eine Erlaubnis-, Duldungs- bzw. Fortgeltungsfiktion zum Erlöschen gebracht hat, da die Entscheidung in diesen Fällen eine über die Versagung der Aufenthaltserlaubnis hinausgehende zusätzliche Belastung darstellt (BayVGH, B. v. 31.08.2006 – 24 C 06.954 – juris). Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung ist bei Anträgen bezüglich Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U. v. 07.04.2009 – 1 C 17/08 -, BVerwGE 133, 329ff.).
Nach den dargestellten Maßstäben überwiegt vorliegend das öffentliche Vollzugsinteresse, da die Klage der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Dabei geht das Gericht davon aus, dass sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf die Klage vom 20. Dezember 2015 (Datum des Schriftsatzes), eingegangen bei Gericht am 23. Dezember 2015, bezieht.
Der Bescheid vom … November 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom … November 2015 ist bei gebotener summarischer Prüfung rechtmäßig, da die Antragstellerin unabhängig von der Frage, ob ihr Schengener Visum vom 12. April 2013 wegen § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG überhaupt einen tauglichen Aufenthaltstitel im Sinne von § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG darstellt (verneinend bspw. BayVGH, B. v. 28.05.2015 – 10 CE 14.2123 -, juris), keinen Anspruch auf einen (weiteren) Aufenthaltstitel oder auf eine Neuverbescheidung durch die Antragsgegnerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat, § 113 Abs. 5 Satz 1, 2 VwGO.
a.) Der Tatbestand des hier in Betracht kommenden § 25 Abs. 3 Satz. 1 AufenthG ist nicht erfüllt. Es fehlt an einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG.
§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verlangt, dass von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Er setzt mithin eine individuell-konkrete Gefahr für die genannten Güter im Aufnahmestaat voraus. Erheblich ist die Gefahr, wenn sich der Gesundheitszustand aufgrund des rückführungsbedingten Abbruchs einer notwendigen und auch in Anspruch genommenen medizinischen Behandlung wegen einer unzureichenden oder nicht zugänglichen Behandlungsmöglichkeit im Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Für die Bestimmung dieser Gefahr gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutsverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. z.B. VG München, B. v. 23.09.2015 – M 15 S. 15.31148 -, juris).
Die Antragsgegnerin konnte bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 7 AufenthG) auf die Einschätzung des BAMF abstellen, da es dem Gesetzeszweck entspricht, die Beurteilung, ob zielstaatsbezogene Gefahren und dem folgend Abschiebungshindernisse vorliegen, dem BAMF zu überlassen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 14.06.2006 – 9 ME 187/06 -, juris). Die Unterscheidung zwischen zielstaats- und inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen ist von § 60 Abs. 7 AufenthG aufgenommen und deswegen auch hier bestimmend. Die Beteiligung des BAMF erfolgt, um dessen besondere Sachkunde hinsichtlich der Verhältnisse im Herkunftsland des Ausländers nutzbar zu machen (OVG Saarland, B. v. 20.03.2008 – 2 A 33/08 -, juris).
Diese Sachkunde ist vorliegend bei der ausführlichen Prüfung in der Stellungnahme vom 23. Juli 2015 eingeflossen. Das BAMF hat seine Stellungnahme unter besonderer Würdigung der Verhältnisse im Heimatland der Antragstellerin gefasst. Es hat konkrete Hinweise – Adressen einer Klinik und einer Apotheke, in der das zuletzt angewendete Medikament verfügbar ist – dafür gegeben, wie die Behandlung ohne weiteres auch in der Mongolei fortgesetzt werden kann, um ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG auszuräumen.
Die Antragsgegnerin hat sich dieser Stellungnahme in ihrem Bescheid inhaltlich angeschlossen, darüber hinaus aber auch eine eigenständige Prüfung anhand des Sach- und Streitstandes vorgenommen, wie aus den Ausführungen auf S. 7 des Bescheids hervorgeht. Sie ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass weder nach den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen noch nach der Stellungnahme des BAMF der Tatbestand des § 25 Abs. 3 AufenthG erfüllt ist.
Die Feststellung einer erheblichen konkreten Gefahr betrifft die Prüfung eines Tatbestandsmerkmals (BVerwG, U. v. 25.11.1997 – 9 C 58/96 -, BVerwGE 105, 383ff.). Maßgeblicher Zeitpunkt für eine Beurteilung dahingehend, ob der Tatbestand einer Anspruchsnorm gegeben ist, ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U. v. 07.04.2009 – 1 C 17/08 -, BVerwGE 133, 329ff.).
Die Antragstellerin hat nichts Substanzielles vorgetragen, um die Einschätzung des BAMF und die Bewertung durch die Antragsgegnerin zu erschüttern bzw. ihrerseits ein Abschiebungsverbot darzulegen. Die Kammer kommt nach eigener Prüfung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt dieser Entscheidung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass keine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG gegeben ist.
Die Antragstellerin hat nur solche Befundberichte vorgelegt, aus denen sich die Notwendigkeit eines weiteren Aufenthalts in Deutschland nicht ergibt. Bereits im Befundbericht vom … Juni 2014 wurde ein „stabiler Befund“ attestiert. Es sei nur „vereinbart [worden], die bestehende Therapie [mit Prednisolon] weiter zu führen“. Der Befundbericht vom … Oktober 2015 weist zwar wieder darauf hin, dass eine aktive Erkrankung bestehe, die einer Behandlung in Deutschland bedürfe, sieht aber weiterhin nur eine medikamentöse Therapie mit Prednisolon vor. Diese kann auch in der Mongolei erfolgen, da Prednisolon dort in der Monos pharmacy trade LLC Bayanzurkh district., St. Nyamjav, Ulaanbaatar, verfügbar ist (siehe Stellungnahme des BAMF, S. 4, Bl. 141 der Behördenakte). Im Befundbericht vom … Oktober 2015 wurde nur mehr ein „ruhiger Befund“ festgestellt; mit der Patientin sei „besprochen“ worden, dass „kurzfristig eine Wiedervorstellung erforderlich sein kann, wenn der Visus erneut schlechter wird“. Weiter wurde klargestellt, dass „der aktuelle Befund […] keine Therapie erfordert“ und es wurde nur auf „mögliche Therapien im Falle einer Verschlechterung“ hingewiesen, die auch dann nicht notwendig operativ, sondern auch medikamentös-immunsuppressiv erfolgen könnten. Selbst eine weitere Anwendung von Prednisolon wurde nicht mehr angeraten. Im Befundbericht vom … Januar 2016 – also wiederum fast drei Monate später – hieß es erneut, dass „ein ruhiger Befund“ gegeben sei und es wurde lediglich darauf hingewiesen, dass wegen eines Folgetermins eine „abschließende Prognose, Verlaufseinschätzung und Therapieempfehlung nicht gegeben werde“. Weitere Verordnungen oder Therapiebestimmungen erfolgten nicht.
Mithin ergibt sich folgendes Bild: Seit spätestens Juni 2014 wurde zunächst nur noch eine medikamentöse Behandlung mit Prednisolon verordnet, später fiel auch diese Therapieempfehlung Weg. Der Befund bleibt nach den von der Antragstellerin selbst vorgelegten augenärztlichen Stellungnahmen seit Juni 2014, also seit mehr als eineinhalb Jahren, unverändert stabil bzw. ruhig. Das Medikament, das eventuell zur Behandlung wieder erforderlich werden könnte, ist auch in der Mongolei erhältlich. Weder dem Vortrag der Antragstellerin noch den vorgelegten Befundberichten lässt sich daher entnehmen, wieso – auch bei Rückkehr in die Mongolei – überhaupt noch eine Verschlechterungsgefahr bestehen sollte, geschweige denn eine konkrete Gesundheits- bzw. Erblindungsgefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Das Äußern von Befürchtungen, dass eine Verschlechterung eintreten könne, reicht zu einer hinreichenden Substantiierung des Vortrags bezüglich dieses Tatbestandsmerkmals nicht aus (vgl. bspw. BVerwG, B. v. 26.11.2014 – 1 B 25/14, 1 PKH 19/14 -, juris, VG München, B. v. 14.10.2015 – M 15 S. 15.31183 -, juris).
Auch für ein von § 60 Abs. 5 AufenthG erfasstes zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot ist nichts ersichtlich. Zu Art. 2 EMRK und 3 EMRK gilt das oben Gesagte. Im Übrigen beruht die vorgetragene Nichtbehandelbarkeit der Augenkrankheit der Antragstellerin nicht auf einer Eingriffshandlung, sodass auch insofern der Tatbestand des § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt ist.
b.) Dringende humanitäre bzw. persönliche Gründe nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor, da eine etwaige medikamentöse Behandlung der Antragstellerin in der Mongolei erfolgen kann. Im Übrigen fehlt es an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, da die Antragstellerin Leistungen nach dem AsylbLG bezieht.
c.) Auch § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist nicht erfüllt. Für eine mit dem Verweis auf die Schwangerschaft der Antragstellerin wohl angesprochene Reiseunfähigkeit ist gegenwärtig nichts ersichtlich. Die Bestätigung vom … Februar 2016, die sich auf kurze apodiktische Feststellungen beschränkt, genügt den Anforderungen an eine hinreichend substantiierte fachärztliche Bescheinigung nicht. Es bestehen danach keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für eine Risikoschwangerschaft oder Reiseunfähigkeit. Weiter ist als voraussichtlicher Entbindungstermin der 13. Mai 2016 genannt, sodass sich eine Vermutung für die Gefährdung von Leib und Leben auch nicht allein aus der Nähe der etwaigen Abschiebung zum Entbindungstermin ergibt (vgl. VG Oldenburg, B. v. 29.01.2013 – 11 B 37/13 – BeckRS 2013, 46235). Davon abgesehen würde der Antragstellerin selbst bei unmittelbar bevorstehender Entbindung kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis erwachsen, da ein hypothetisches, auf einer Schwangerschaft beruhendes Ausreisehindernis nicht auf unabsehbare Zeit besteht. Schließlich steht § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG entgegen.
Nach alledem besteht auch kein Anspruch auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur erneuten Verbescheidung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, da es jeweils bereits an Tatbestandsvoraussetzungen fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 8.1 Streitwertkatalog.
2. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114ff. ZPO bleibt ebenso erfolglos. Danach erhält ein Beteiligter, der die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten einer Klage i.S.v. § 114 ZPO sind dann gegeben, wenn der von dem Beteiligten vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung besteht. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Erfolg gewiss ist. Es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso gewiss ist wie ein Unterliegen, der Erfolg bei summarischer Prüfung mithin offen ist (BayVGH, B.v. 30.9.2008 – 19 C 08.1758 – juris).
Gemessen an diesen Vorgaben besteht für die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bzw. Klägerin vorliegend keine hinreichende Erfolgsaussicht. Denn nach oben erfolgter summarischer Prüfung erweist sich die Klage zwar als zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom …11.2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom …11.2015 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.


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