Verwaltungsrecht

Auswahlentscheidung zur Teilnahme an einer Krankenhausentgelt-Kalkulation

Aktenzeichen  Au 9 S 20.897

Datum:
30.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 18709
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
KHG § 17b Abs. 3

 

Leitsatz

1. Grundsätzlich handelt es sich bei einem Losverfahren um ein Auswahlverfahren, das den Vorgaben des § 17b Abs. 3 KHG für die verpflichtende Teilnahme an der Krankenhausentgelt-Kalkulation entspricht. (Rn. 43 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sofern der abschließenden Losziehung Verfahrensschritte vorausgehen, insbesondere die am Losverfahren teilnehmenden Krankenhäuser ausgewählt werden, ist in den vorgelagerten Verfahrensschritten die Transparenz der Auswahlentscheidung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen.  (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (Az. Au 9 K 20.995) gegen Nr. 1 des Bescheids der Beigeladenen vom 24. Juli 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Antragsgegner vom 23. Oktober 2019 wird angeordnet.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner als Gesamtschuldner und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Anordnung zur verpflichtenden Teilnahme an einer Krankenhausentgelt-Kalkulation für die Jahre 2020, 2021 und 2022 (Datenjahre 2019 bis 2021) auf der Grundlage eines von der Beigeladenen durchgeführten Losverfahrens.
Die Antragstellerin ist Trägerin einer Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, die in den Krankenhausplan des Freistaats Bayern als Plankrankenhaus aufgenommen ist.
Bei den Antragsgegnern handelt es sich um Selbstverwaltungsparteien auf Bundesebene, denen gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenfinanzierungsgesetz – KHG) u.a. die Aufgabe übertragen wurde, Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelation auf Bundesebene (Bewertungsverfahren) zu vereinbaren. Die Antragsgegnerin zu 1 ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die die Krankenkassen in den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung vertritt. Die Antragsgegner zu 2 und 3 sind als Vereine des Privatrechts organisiert.
Bei der Beigeladenen handelt es sich um eine privatrechtliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Sie nimmt insbesondere Aufgaben im Zusammenhang mit der gesetzlich vorgeschriebenen Einführung und Weiterentwicklung des DRG-Systems im Krankenhauswesen wahr. Bei dem sogenannten DRG-System (Diagnosis Related Groups) handelt es sich um ein pauschalisierendes Abrechnungssystem, bei dem stationäre Krankenhausbehandlungen weitestgehend unabhängig von der Verweildauer des Patienten über Fallpauschalen abgerechnet werden.
Die Antragsgegner sind Gesellschafter der Beigeladenen.
Die Antragsgegner zu 1 bis 3 (im Folgenden: Vertragsparteien) vereinbarten am 2. September 2016 auf der Grundlage von § 17b Abs. 3 KHG zur Verbesserung der Repräsentativität der Bewertungsrelationen eine entsprechende Vereinbarung (im Folgenden: ReprKalkV 2016). Anlass für diese Vereinbarung war die Feststellung, dass eine Kalkulation auf der Grundlage einer freiwilligen Teilnahme von Krankenhäusern unzureichend war, da auf diese Weise nicht alle Krankenhausversorgungsstufen und Leistungsbereiche gleichmäßig repräsentiert wurden. Nach der ReprKalkV 2016 folgt die Auswahl der zu verpflichtenden Krankenhäuser durch die Antragsgegner, die hierfür die Beigeladene mit der Durchführung der jeweiligen Auswahlrunden beauftragen.
In § 2 Abs. 1 der ReprKalkV 2016 war unter anderem geregelt, dass die Auswahl der zu verpflichtenden Krankenhäuser durch die Beigeladene erfolgt. Nach § 2 Abs. 2 der ReprKalkV 2016 werden die ausgewählten Krankenhäuser durch die Beigeladene schriftlich informiert.
Das Auswahlverfahren gestaltet sich nach der Vereinbarung (ReprKalkV 2016) im Wesentlichen wie folgt: Die bisher auf einer freiwilligen Teilnahme aufbauende Kalkulationsstichprobe soll durch eine Auswahl einzelner, bislang entweder aufgrund ihrer Trägerschaft oder ihrer Leistungsstruktur unterrepräsentierter Krankenhäuser ergänzt werden (s. die Präambel der ReprKalkV 2016). Wie in § 1 Abs. 1 Satz 2 ReprKalkV 2016 ausdrücklich klargestellt wird, bleibt die freiwillige Teilnahme von Krankenhäusern an der Kalkulation von der verpflichtenden Teilnahme in dem neu geschaffenen Auswahlverfahren unberührt. Dementsprechend werden in das Auswahlverfahren, welches auf der Basis des von der Beigeladenen entwickelten Konzepts „Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe“ (Anlage 1 zur ReprKalkV 2016) durchgeführt wird, von vornherein nur solche Krankenhäuser einbezogen, welche nicht auf freiwilliger Basis und zugleich erfolgreich an der Kostenerhebung teilnehmen (vgl. die entsprechende Erläuterung auf der Internetplattform der Beigeladenen in Bezug auf die Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation 2016, s. https://www.g-drg.de/Kalkulation2/Erhoehung_der_Repraesentativitaet_der_Kalkulation). Die Auswahl der in das Verfahren einbezogenen Krankenhäuser soll „nicht bewusst“, jedoch zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe unter Berücksichtigung der Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereiche“ erfolgen (Anlage 1 zur ReprKalkV 2016, S. 6 unter „Hinweise“). Zu diesem Zweck wird in einem ersten Schritt zunächst analysiert, in welchen Bereichen die Kalkulationsstichprobe bezüglich der genannten Merkmale unterrepräsentiert ist (s. Anlage 1 zur ReprKalkV 2016, „Teil I: Analyse der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe bzgl. der Merkmale ‚Trägerschaft‘ und ‚Leistungsbereiche‘“ auf S. 1 bis 3). So wird zum einen ermittelt, in welchem Verhältnis bzw. wie viele Krankenhäuser der einzelnen Trägergruppen (öffentliche Träger, frei-gemeinnützige Träger, private Träger) ergänzend in die Kalkulationsstichprobe aufgenommen werden müssen. Zum anderen werden Leistungsbereiche bestimmt und je Leistungsbereich geprüft, ob dieser in der Gruppe der Hauptleistungserbringer unterrepräsentiert ist. Abschließend erfolgt unter den ermittelten unterrepräsentierten Leistungsbereichen eine Priorisierung. Auf der Grundlage der hierbei gewonnenen Ergebnisse erfolgt in einem zweiten Schritt der eigentliche Auswahlprozess (s. Anlage 1 zur ReprKalkV 2016, „Teil II: Auswahlprozess zur Erweiterung der Kalkulationsstichprobe“ auf S. 3 bis 6). Zunächst werden die in das Auswahlverfahren einbezogenen Krankenhäuser in einem Ranking gelistet, das die unterschiedlichen Verbesserungsbeiträge der Krankenhäuser bezüglich der priorisierten unterrepräsentierten Leistungsbereiche abbilden soll. Die Krankenhäuser mit dem höchsten Verbesserungspotential stehen dabei im Ranking oben. Anschließend wird in einem „iterativen zufallsbedingten dynamischen Auswahlprozess in jedem Ziehungsschritt genau ein Krankenhaus aus dem Top-Bereich des Rankings ausgelost“ (Anlage 1 zur ReprKalkV 2016, S. 4), wobei jedes der im Top-Bereich gelisteten Krankenhäuser „im Lostopf des Ziehungsschritts“ (Anlage 1 zur ReprKalkV 2016, S. 5) mit einem Los vertreten ist. Das Ranking der Krankenhäuser wird „am Beginn eines jeden Ziehungsschritts aktualisiert […] und nur eine vorgegebene Anzahl an Krankenhäusern der Trägergruppen neu aufgenommen“ (Anlage 1 zur ReprKalkV 2016, S. 4). Dieses Verfahren wird so oft wiederholt, bis die festgelegte Zahl an auszuwählenden Krankenhäusern erreicht ist. Die Ziehung erfolgt unter Aufsicht eines neutralen Beobachters und die iterativen Schritte werden in einer Dokumentation im Internet veröffentlicht (Anlage 1 zur ReprKalkV 2016, S. 6).
Im Rahmen eines am 22. September 2017 durchgeführten Losverfahrens wurde die Antragstellerin zur verpflichtenden Teilnahme an der Kostenerhebung für den Entgeltbereich „PSY“ (pauschalierendes Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen) im Losverfahren gezogen.
In Reaktion auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. April 2019 (Az.: 13 B 1431/18) wurde die ReprKalkV 2016 mit Fassung vom 17. Juli 2019 dahingehend abgeändert, dass die in einem Losverfahren ausgewählten Krankenhäuser durch die Beigeladene namens und im Auftrag der Antragsgegner mit einem schriftlichen Bescheid zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichtet werden. In der Ergänzungsvereinbarung vom 17. Juli 2019 wurde weiterhin zum Auswahlverfahren im Entgeltbereich „PSY“ bestimmt, dass gemäß § 17d Abs. 1 Satz 7 letzter Halbsatz KHG die Vertragsparteien eine erste Auswahl von Krankenhäusern zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation des PEPP-Systems im Jahr 2017 vereinbaren. Die Auswahl der zu verpflichtenden Krankenhäuser erfolgt durch die Vertragsparteien. Diese beauftragen die … mit der Durchführung der Auswahlrunden, im Jahr 2017 bis spätestens 30. September 2017. Die Auswahl ist auf maximal 20 Teilnehmer begrenzt (§ 3 der Ergänzungsvereinbarung). Auf den weiteren Inhalt der Ergänzungsvereinbarung vom 17. Juli 2019 wird ergänzend verwiesen.
Mit Bescheid der Beigeladenen vom 24. Juli 2019 wurde die Antragstellerin namens und im Auftrag der Antragsgegner verpflichtet, für die Jahre 2020, 2021 und 2022 an der Kalkulation für den Entgeltbereich „PSY“ teilzunehmen (Datenjahre 2019 bis 2021, Abgabe der Daten jeweils im darauffolgenden Jahr 2020 bis 2022) (Nr. 1 des Bescheids). In Nr. 2 des Bescheids wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass für die Teilnahme an der Kalkulation ergänzend die Regelungen der Kalkulationsvereinbarung gelten, soweit die Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität nichts Abweichendes regelt. Eine unvollständige und/oder ausbleibende Kalkulationsteilnahme sei sanktionsbehaftet. In Nr. 3 wird die Antragstellerin weiter verpflichtet, in einem beigefügten Formular Angaben zu den im Krankenhaus zuständigen Ansprechpartnern für die Teilnahme an der Kalkulation einzutragen und bis zum 9. August 2019 an die Beigeladene zurückzusenden.
Zur Begründung des Bescheids ist ausgeführt, Rechtsgrundlage der Verpflichtung sei § 17b Abs. 3 Satz 4 und 5 KHG i.V.m. der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation. Aufgrund des in der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation vorgesehenen Auswahlverfahrens sei die Antragstellerin im Rahmen eines notariell beaufsichtigten Losverfahrens von den Vertragsparteien auf Bundesebene zur verpflichtenden Teilnahme an der Kostenerhebung ausgewählt worden. Die Antragstellerin sei daher durch schriftlichen Bescheid zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichtet. Die verpflichtende Teilnahme erstrecke sich aufgrund der bereits durchgeführten Kalkulation bis einschließlich 2019 auf die Datenjahre 2019 bis 2021. Die Verpflichtung zur Kalkulation ende mit dem Datenlieferungsjahr 2022.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung im Bescheid der Beigeladenen vom 24. Juli 2019 verwiesen.
Die Antragstellerin hat gegen den vorbezeichneten Bescheid Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegner vom 23. Oktober 2019 zurückgewiesen wurde.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Antragstellerin sei auf der Grundlage des § 17b Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 KHG i.V.m. der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation entsprechend den dort vorgesehenen Auswahlverfahren im Rahmen eines notariell beaufsichtigten Losverfahrens zu verpflichten gewesen. Die Beigeladene habe allein die entsprechend der Vereinbarung getroffene Auswahlentscheidung im Losverfahren in einem schriftlichen Bescheid umgesetzt. Gegen die gesetzliche Beauftragung der Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG mit der Vereinbarung eines Konzepts zur repräsentativen Kalkulation der Bewertungsrelationen und seiner Weiterentwicklung auf der Basis eines Vorschlags der Beigeladenen einschließlich der Verpflichtung bestimmter Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation bestünden keine rechtlichen Bedenken. Die normenvertragliche Ausgestaltung des Fallpauschalensystems durch die Vertragsparteien sei obergerichtlich zumindest inzident gebilligt worden.
Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbescheides der Antragsgegner vom 23. Oktober 2019 wird ergänzend verwiesen.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 12. November 2019 gegen den Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2019 beim Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben mit dem Antrag, die Bescheide aufzuheben (Az. VG 24 K 504.19).
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. Juni 2020 wurde der Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen (Az. Au 9 K 20.995). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.
Mit Schriftsatz vom 5. September 2019 hat die Antragstellerin im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 24 L 406.19) beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 12. November 2019 gegen den Verpflichtungsbescheid der Antragsgegner vom 24. Juli 2019 anzuordnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz sei geboten, weil gemäß § 17b Abs. 3 Satz 6 KHG Widerspruch und Klage gegen die Verpflichtung zur Teilnahme am Kalkulationsverfahren keine aufschiebende Wirkung hätten. Der Bescheid vom 24. Juli 2019 sei voraussichtlich rechtswidrig, da es ihm an einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage fehle. Der Beigeladenen komme keine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes zu. Die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen genügten nicht den rechtlichen Anforderungen. Insbesondere fehlten sämtliche Verwaltungsvorgänge, die zu einer Heranziehung der Antragstellerin im Losverfahren geführt hätten und damit Grundlage des Ausgangsbescheides gewesen seien. Die Weigerung der Beteiligten, einer weiteren Aktenvorlage nachzukommen, müsse im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu ihren Lasten gehen.
Die Antragsgegner zu 1 und 3 sind dem Antrag mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2019 entgegengetreten und beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung des Antrags wird vollumfänglich auf die Antragserwiderung vom 22. Oktober 2019 in einem anhängigen Parallelverfahren verwiesen. Dort wird geltend gemacht, der Ausgangsbescheid sei rechtmäßig gewesen. Die Verpflichtung der Antragstellerin sei von den Antragsgegnern in Ausübung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Entscheidungskompetenz eigenständig getroffen worden. Dies lasse insbesondere der Widerspruchsbescheid, auf den maßgeblich abzustellen sei, erkennen. Die Auswahlentscheidung selbst sei rechtmäßig ergangen. Es sei ein Losentscheid vorausgegangen, der mit dem in der Sache angefochtenen Bescheid umgesetzt worden sei. Der gesamte Vorgang des notariell beaufsichtigten Losverfahrens sei mittels Video aufgezeichnet worden, das auf der Internetplattform der Beigeladenen veröffentlicht worden sei und somit für Jedermann abrufbar sei. Das gesetzliche Vollziehungsinteresse habe offenkundig Vorrang gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, nachdem diese keinerlei materiellen Argumente gegen ihre Verpflichtung zur Teilnahme an der Kalkulation vorgetragen habe. Es sei nicht hinnehmbar, dass sich die Antragstellerin weiter der Teilnahme an der Kalkulation entziehe. Auf die weiteren Ausführungen der Antragsgegner in den Schriftsätzen vom 22. Oktober 2019 bzw. 20. Februar 2020 wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2019 beantragte der Antragsgegner zu 2,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei unbegründet, da der Verpflichtungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids offensichtlich rechtmäßig sei. Der Widerspruchsbescheid sei insbesondere formell rechtmäßig, da die Antragsgegner gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) befugt gewesen seien, über den eingelegten Widerspruch zu entscheiden. Der Widerspruchsbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Das Auswahlverfahren sei auf der Basis der ReprKalkV erfolgt. Bedenken dagegen, dass das durch die ReprKalkV vorgegebene Losverfahren im Fall der Antragstellerin fehlerhaft erfolgt sei, seien seitens der Antragstellerin nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Der Anordnung der beantragten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs stehe ein überwiegendes öffentliches Vollzugsinteresse entgegen. Denn der Gesetzgeber habe aufgrund der dringenden Notwendigkeit einer verpflichtenden Kalkulationsteilnahme von ausgelosten Krankenhäusern zur Behebung bestehender Fehleranreize bezüglich einer sachgerechten Verwendung von Finanzmitteln in § 17b Abs. 3 Satz 6 KHG den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen die Verpflichtung zur Kalkulationsteilnahme geregelt. Aus dem Vortrag der Antragstellerin gehe ein diese gesetzgeberische Grundentscheidung überwiegendes Aussetzungsinteresse nicht hervor.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Oktober 2019 wurde das … GmbH (…) zum Verfahren beigeladen.
Mit Schriftsatz vom 5. November 2019 beantragte die Beigeladene,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung hat sich die Beigeladene den Ausführungen der Antragsgegner zu 1 und 3 angeschlossen.
Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2020 wurde für die Beigeladene weiter mitgeteilt, dass diese in der Funktion als bloße Verwaltungshelferin tätig geworden sei und bei ihr kein Verwaltungsvorgang entstanden sei.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Mai 2020 wurde das streitgegenständliche Verfahren an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akte des Verfahrens Au 9 K 20.995 und die von den Antragsgegnern vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
1. Der vom Verwaltungsgericht Berlin mit Beschluss vom 20. Mai 2020 an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit bindender Wirkung (§ 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 1 GVG) verwiesene Antrag vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig und insbesondere statthaft.
Der am 5. September 2019 gestellte Antrag ist nach § 88 i.V.m. § 122 VwGO sachgerecht dahingehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 12. November 2019 gegen den Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in der Fassung des mittlerweile ergangenen Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2019 beim Verwaltungsgericht Berlin erhobenen Klage (Az. VG 24 K 504.19), verwiesen mit Beschluss vom 9. Juni 2020 an das Verwaltungsgericht Augsburg (Au 9 K 20.995), begehrt wird. Eine ausdrückliche Einbeziehung des Widerspruchsbescheids in den bereits vor dessen Erlass gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bedurfte es nicht, da sich dieses eindeutig aus den Schriftsätzen der Antragstellerin eindeutig ergibt. Hiervon gehen sowohl die Antragsgegner als auch die Beigeladene aus, wie den schriftlichen Äußerungen zu entnehmen ist, in denen maßgeblich auf den Bescheid vom 24. Juni 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2019 Bezug genommen wird.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage u.a. in den Fällen anordnen, in denen ein Bundesgesetz das Entfallen der aufschiebenden Wirkung vorschreibt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Bei der mit der Klage (Az. Au 9 K 20.995) angegriffenen Verpflichtung der Antragstellerin zur Teilnahme an der Kalkulation für den Entgeltbereich „PSY“ für die Datenjahre 2019 bis 2021 (Nr. 1 des Ausgangsbescheids vom 24. Juli 2019) handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 35 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (vgl. hierzu ausführlich OVG NW, B.v. 17.4.2019 – 13 B 1431718 – juris), gegen den Widerspruch und Klage gemäß § 17b Abs. 3 Satz 6 KHG keine aufschiebende Wirkung haben.
Der Antrag der Antragstellerin ist weiter dahingehend auszulegen, dass er sich nach deren gesamten Vorbringen nur gegen die in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2019 getroffene Verpflichtung zur Kalkulationsteilnahme richtet. Bei den Nrn. 2 und 3 des Ausgangsbescheids – Nr. 2 enthält den informatorischen Hinweis auf die ergänzende Geltung der Kalkulationsvereinbarung sowie auf die Sanktionsmöglichkeit bei unvollständiger oder ausbleibender Kalkulationsteilnahme; Nr. 3 enthält die Aufforderung, einen Ansprechpartner im Krankenhaus zu benennen – fehlt es mangels eigenständiger Regelung bereits an der erforderlichen Verwaltungsaktqualität. Widerspruch und Anfechtungsklage der Antragstellerin gehen insoweit bereits ins Leere. Beschwert wird die Antragstellerin allein durch die ihr auferlegte Verpflichtung zur Kalkulationsteilnahme, so dass es in der Sache geboten ist, das Begehren der Antragstellerin im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend einschränkend auszulegen (vgl. § 88 i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO).
2. Der so verstandene Antrag ist in der Sache auch begründet. Das private Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung der Teilnahmeverpflichtung am Kalkulationsverfahren für die Jahre 2020 bis 2022 (Datenjahre 2019 bis 2021) zumindest bis zu einer Entscheidung des Gerichts im anhängigen Klageverfahren verschont zu bleiben, überwiegt das durch § 17b Abs. 3 Satz 6 KHG gesetzlich vorgegebene öffentliche Vollzugsinteresse. Trotz der vom Gesetzgeber generell getroffenen Ausschlussentscheidung der aufschiebenden Wirkung erfordert es vorliegend die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG) ausnahmsweise die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage anzuordnen. Denn im Ergebnis der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung von Sach- und Rechtslage bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit den angefochtenen Bescheiden verfügten Teilnahmeverpflichtung der Antragstellerin am Kalkulationsverfahren.
a) Ermächtigungsgrundlage für die Verpflichtung eines Krankenhauses zur Kalkulationsteilnahme ist § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 Alt. 1 KHG. Gemäß § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG vereinbaren die Vertragsparteien (hier die Antragsteller zu 1 bis 3) nach § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG auf der Grundlage eines vom … (Beigeladene) zu entwickelnden Vorschlags bis spätestens zum 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3 der Vorschrift und deren Weiterentwicklung. Als Bestandteil des Konzepts haben die Vertragsparteien geeignete Maßnahmen zu seiner Umsetzung zu vereinbaren (§ 17b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 1 KHG). Dabei können sie gemäß § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 KHG insbesondere bestimmte Krankenhäuser zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichten, um die Lieferung uneingeschränkt verwertbarer Daten zu gewährleisten und um die Richtigkeit der übermittelten Daten umfassend überprüfen zu können.
b) Der mit der Klage angegriffene Verpflichtungsbescheid vom 24. Juli 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Antragsgegner vom 23. Oktober 2019 begegnet zunächst keinen Bedenken im Hinblick auf die Zuständigkeit zum Ausspruch der verpflichtenden Teilnahme am Kalkulationsverfahren nach § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 Alt. 1 KHG. Zwar wurde die dem verpflichtenden Bescheid zugrundeliegende Auswahlentscheidung vom 22. September 2017 von der Beigeladenen in unzulässiger Weise eigenverantwortlich als bloße Verwaltungshelferin durchgeführt (vgl. hierzu OVG NW, U.v. 5.2.2020 – 13 A 3354/18 – juris Rn. 40 ff.; OVG NW, B.v. 17.4.2019 – 13 B 1431/18 – juris Rn. 48 ff.; VG Berlin, B.v. 20.5.2020 – 24 L 395.19 – juris Rn. 23, 31), jedoch wird in dem mit der Klage angegriffenen Ausgangsbescheid der Beigeladenen vom 24. Juli 2019 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Auswahlentscheidung namens und im Auftrag der Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG und damit in Einklang mit der gesetzlichen Konzeption in § 17b Abs. 3 Satz 5 Halbsätze 1 und 2 KHG erfolgt ist. Die Vertragsparteien i.S.d. § 17b Abs. 3 Satz 5 KHG, d.h. die Antragsgegner im hier streitgegenständlichen Verfahren, haben sich insoweit die zunächst kompetenzwidrig erfolgte Auswahlentscheidung der Beigeladenen vom 22. September 2017 zu eigen gemacht. Dieses haben sie auch im nachfolgenden Widerspruchsbescheid vom 12. November 2019 ausdrücklich bestätigt. Nach Änderung der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation (vgl. § 17b Abs. 3 Satz 4 KHG) durch die Änderungsvereinbarung vom 17. Juli 2019 wurde die Beigeladene angewiesen, die inhaltlich unverändert gebliebene Auswahlentscheidung vom 22. September 2017 gegenüber den ausgewählten Krankenhäusern durch Verpflichtungsbescheid konstitutiv festzusetzen. Damit beruht aber die Verpflichtung der Antragstellerin zur Kalkulationsteilnahme auf einer von den Antragsgegnern als Vertragsparteien nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KHG getroffenen Entscheidung, die in Einklang mit der gesetzgeberischen Kompetenzordnung des KHG steht.
c) Die von den Antragsgegnern sich zu eigen gemachte Auswahlentscheidung vom 22. September 2017 genügt bei der gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage jedoch nicht den an sie zu stellenden rechtlichen Anforderungen. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Überlegungen.
Das Auswahlverfahren, das nach der von den Vertragsparteien geschlossenen Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität der Kalkulation vom 2. September 2016 und der für den Bereich des PEPP-Systems geschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 17. Juli 2019 durchgeführt wurde, und das sich hieran anschließende Losverfahren mit seinen normvertraglich festgelegten Teil-Ziehungsschritten „Aufstellung bzw. Aktualisierung des Rankings“ und „Losverfahren zur Auswahl eines Krankenhauses“ entsprechen den Vorgaben des Gesetzgebers in § 17b Abs. 3 KHG und wurden somit nicht willkürlich gewählt. Auch die Losentscheidung selbst verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, da Ziel des Auswahlverfahrens lediglich ist, eine flächendeckende Repräsentativität der Kalkulationsstichproben sicherzustellen. Nach dem Konzept der Beigeladenen (Behördenakte Bl. 11 bis 32) wird dieses Ziel durch einen praktikablen Einstieg zur Erweiterung der Kalkulationsstichproben und die stetige Weiterentwicklung der Stichprobenzusammensetzung erreicht. Im Fokus der Repräsentativitätsbetrachtung befinden sich dabei die durchaus sachgerechten, differenzierenden Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereich“. Zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe wird die Stichprobe durch eine im Auswahlverfahren zu treffende verpflichtende Kalkulationsteilnahme einzelner Krankenhäuser ergänzt. Diese Konzeption für die zu treffende Auswahlentscheidung entspricht nach Auffassung der Kammer den gesetzlichen Vorgaben in § 17b Abs. 3 Satz 4 und 5 KHG. Auch das mit dem Auswahlverfahren im zweiten Schritt verbundene Losverfahren beruht dem Grunde nach auf sachgerechten Erwägungen im Rahmen des den Antragsgegnern durch § 17b Abs. 3 KHG eröffneten weiten Gestaltungsspielraums. Nach der Rechtsprechung sind (iterative) Losverfahren anerkannt, wenn die Entscheidung im Übrigen nachvollziehbar, transparent und willkürfrei ist (vgl. bspw. OVG NW, B.v.15.5.2017 – 4 A 1504/15 – juris zur Vergabe von Standplätzen).
Im vorliegenden Fall mögen die vorgenannten Anforderungen an Nachvollziehbarkeit und Transparenz zwar noch für die Losziehung selbst, wie sie auf der Internetseite der Beigeladenen veröffentlicht und dokumentiert ist, beachtet worden sein, jedoch stellt die Losziehung lediglich den Abschluss eines sich in mehreren Schritten vollziehenden und von komplexen Vorbewertungen geprägten Auswahlverfahrens dar (vgl. VG Berlin, B.v. 20.5.2020 – 24 L 395.19 – juris Rn. 35). In den der eigentlichen Losziehung vorausgehenden Verfahrensschritten insbesondere zur Auswahl der teilnehmenden Krankenhäuser und der Erstellung des der Losziehung vorausgehenden Rankings werden diese Prinzipien ausweislich der von den Antragsgegnern im Verfahren vorgelegten Unterlagen nicht gewahrt. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn das am 22. September 2017 stattgefundene Losziehungsverfahren, wie es auf der Internetseite der Beigeladenen dokumentiert worden ist, ausschließlich auf dem Prinzip des Zufalls beruht hätte, was jedoch offensichtlich nicht der Fall ist. Bereits nach dem der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Konzept zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe sind dem eigentlichen Losziehungsverfahren, mehrere gestaffelte, die Teilnehmer am Losverfahren regelnde Verfahrensschritte vorausgegangen, denen es offensichtlich an der gebotenen Transparenz fehlt. So ist im verbindlich erklärten Konzept zur Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe bereits auf S. 1 zur Bestimmung der Auswahlmenge lediglich dargelegt, dass ein Krankenhaus in die Auswahlmenge gelangt, wenn es im aktuell analysierten Datenjahr nicht oder nicht erfolgreich an der jeweiligen Kostenerhebung teilgenommen hat. Ausweislich den von den Antragsgegnern im Verfahren vorgelegten Verfahrensunterlagen lassen sich so lediglich abstrakt die Kriterien ableiten, unter deren ein Krankenhaus überhaupt in die Auswahl der zur Teilnahme an der Kalkulation verpflichteten Krankenhäuser gelangt bzw. gelangen kann. Den vorgelegten Unterlagen ist hingegen an keiner Stelle zu entnehmen, warum dieses gerade bei der Antragstellerin der Fall ist. Weder den dem Gericht vorgelegten Unterlagen noch der Internetpräsentation, auf die die Antragsgegner verweisen, ist eine individuelle Betrachtung bezüglich der Antragstellerin zu entnehmen. Unterlagen dazu, warum die Antragstellerin überhaupt in die Auswahlmenge der möglicherweise später zu verpflichtenden Krankenhäuser aufgenommen wurde, fehlen vollständig. Für die Antragstellerin dürfte daher bereits nicht ersichtlich bzw. nachvollziehbar gewesen sein, warum sie überhaupt in das Auswahlverfahren einbezogen wurde. Mag dies vielleicht noch für das Kriterium einer fehlenden freiwilligen Teilnahme an der Kostenerhebung – dieser Umstand dürfte der Antragstellerin selbst bekannt sein – unerheblich sein, so gilt das jedenfalls nicht für das weitere Kriterium einer „nicht erfolgreichen Teilnahme an der jeweiligen Kostenerhebung“.
Darüber hinaus ist den im Verfahren vorgelegten Unterlagen an keiner Stelle zu entnehmen, aufgrund welcher Datenanalyse das jeweilige Krankenhaus in das für die Losziehung im ersten Schritt maßgebliche Ranking eingestellt worden ist, das nach dem von der Beigeladenen konzipierten Verfahrens für die Auswahlentscheidung eine maßgebliche Rolle spielt. Auch hier führt das von den Antragsgegnern vorgelegte Konzept der Beigeladenen für den Entgeltbereich „PSY“ auf S. 13 (Gliederungspunkt 3.2.1) lediglich abstrakt aus, in welcher Form das maßgebliche Ranking aufgestellt und aktualisiert wird. Unter Zugrundelegung welcher Daten die Antragstellerin bezüglich der Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereiche“ als unterrepräsentiert eingestuft worden ist und mithin im Ranking der im ersten Ziehungsschritt ermittelten unterrepräsentierten 25 Fachkliniken der Fachrichtung „PSY“ gelistet worden ist, ist in den dem Verfahren vorgelegten Unterlagen nicht im Ansatz zu entnehmen. Auch insoweit liegt mangels aussagekräftiger, nachprüfbarer Unterlagen nahe, dass die Antragstellerin von Seiten der Antragsgegner nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, auf welcher Grundlage sie mit welchem Rang in dem für die Losziehung maßgeblichen Ranking geführt worden ist. Die vor jedem Ziehungsschritt projizierte und video-aufgezeichnete Ranking-Liste der sich in der Lostrommel befindlichen 25 Fachkliniken ist nicht geeignet, diesen Mangel an Transparenz zu beheben. Da die getroffene Auswahlentscheidung nicht ausschließlich auf der Ziehung – die im Übrigen ordnungsgemäß erfolgt ist – selbst beruht, sondern dieser ein gestaffeltes mehrstufiges Vorauswahlverfahren vorausgegangen ist, fehlt es an einer nachprüfbaren und nachvollziehbaren Grundlage für die von der Beigeladenen im Losverfahren lediglich abschließend getroffene Auswahlentscheidung und damit an der gebotenen Transparenz, die eine Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Gerichte erst ermöglicht (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.1988 – 1 B 153/87 – NVwZ 1988, 621 f.).
Nicht geeignet, die erforderliche Transparenz herzustellen, ist auch die Tatsache, dass jedes der 25 Krankenhäuser in der Lostrommel des jeweiligen Ziehungsschrittes mit gleicher Wahrscheinlichkeit (hier 1/25 = 4,0%) gezogen werden kann. Denn auch die Wahrscheinlichkeit im Wege des Losziehungsverfahrens zur verpflichtenden Teilnahme an der Kalkulation herangezogen zu werden, beruht maßgeblich auf dem vor jedem der 20 Ziehungsschritte aktualisierten Ranking. Diesem Ranking liegt eine anhand der vorgelegten Unterlagen gerichtlich nicht nachprüfbare Entscheidung zugrunde, welche Krankenhäuser in welchem Umfang zur Verbesserung der Repräsentativität beitragen können. Krankenhäuser mit höherem Verbesserungspotenzial befinden sich dabei nach der der Entscheidung zugrunde gelegten Konzeption weiter oben im Ranking, so dass bereits mit der Aufnahme in die Ranking-Liste mit einem bestimmten Rang eine höhere Wahrscheinlichkeit der Heranziehung zur verpflichtenden Kalkulationsteilnahme begründet wird. Die im Ranking mit einem Rang bis 25 vorbewerteten Kliniken sind demnach bereits beim ersten Ziehungsschritt in der Lostrommel und verbleiben dies auch bei den weiteren zeitlich nachfolgenden, sofern sie nicht selbst gezogen werden. Auch diese Tatsache erfordert eine nachvollziehbare individuelle Vorbewertung und Vergleichbarkeit der in die Auswahlmenge gelangenden Kliniken, an der es vorliegend offensichtlich fehlt.
Der vorbezeichnete Mangel wurde auch nicht durch ein späteres eigenständiges Auswahlverfahren der Antragsgegner, wie es der gesetzlichen Grundlage in § 17b Abs. 3 Satz 4 und 5 KHG zugrunde gelegt ist, geheilt. Vielmehr haben sich die Antragsgegner zeitlich nachfolgend dazu entschlossen, sich die ursprüngliche Auswahlentscheidung der Beigeladenen zu eigen zu machen, ohne ein Auswahlverfahren nochmals eigenverantwortlich durchzuführen. Damit haben die Antragsgegner aber letztlich auch das Risiko zu tragen, nicht den Nachweis dafür erbringen zu können, dass sämtliche Auswahlschritte, die sich im Ergebnis auf die konkrete Auswahlentscheidung im Losziehungsverfahren auswirken können, ordnungsgemäß erfolgt sind bzw. eine gerichtliche Nachprüfung dieser Schritte ermöglichen. Die Antragsgegner haben sich im Verfahren dahingehend eingelassen, dass zum Auswahlverfahren mit Ausnahme der Video-Dokumentation der eigentlichen Losziehung auf der Internetseite der Beigeladenen keine weiteren Unterlagen vorhanden sind. Dieser Umstand geht damit letztlich zu Lasten der Antragsgegner.
Fehl geht ebenfalls der Hinweis der Antragsgegner, dass die Antragstellerin selbst keine konkreten Einwände gegen das Auswahlverfahren erhoben hat. Hierzu dürfte die Antragstellerin gar nicht in der Lage gewesen sein, da ihr eine Überprüfung der ursprünglichen Auswahlmenge von Krankenhäusern und des der Ziehung selbst vorausgehenden Auswahlvorgangs (Erstellung des Rankings) mangels hierzu vorhandener Unterlagen gar nicht möglich war.
d) Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung verkennt das Gericht nicht, dass eine repräsentative Kalkulationsgrundlage ausweislich der Gesetzbegründung zu § 17b Abs. 3 Satz 6 KHG „von überragender Bedeutung für die Entwicklung und Weiterentwicklung für belastbaren Entgeltsystemen“ ist und die betreffende Vorschrift damit der Gefahr vorbeugt, „dass durch Widerspruch oder Klage eine repräsentative Datengrundlage nicht erreicht wird“ (BT-Drs. 19/5593, S. 110). Andererseits ist hier aber zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin erst mit Bescheid vom 24. Juli 2019 zur Kalkulationsteilnahme verpflichtet wurde, obwohl die Auswahlentscheidung bereits im September 2017 getroffen wurde. Für die Antragsgegner wäre es unschwer möglich gewesen, eine erneute Auswahlentscheidung unter Beachtung der hierfür maßgeblichen Kriterien zur Transparenz eigenverantwortlich zu treffen. Dies haben die Antragsgegner jedoch bewusst unterlassen, in dem sie sich zeitlich nachfolgend die ursprüngliche Auswahlentscheidung der Beigeladenen, die diese ohne die hierzu erforderliche gesetzliche Kompetenz getroffen hatte, zu eigen gemacht hat. Daher ist es ausnahmsweise geboten, der gesetzlichen Entscheidung zu Gunsten des Sofortvollzugs in § 17b Abs. 3 Satz 6 KHG keinen Vorrang einzuräumen und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12. November 2019 (Az. Au 9 K 20.995) anzuordnen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene sich durch eigene Antragstellung einem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, sie an der Kostenentscheidung mit einer Kostenquote zu beteiligen. Für die jeweilige Kostenquote des unterliegenden Teils gilt § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Für das Verhältnis der Antragsgegner untereinander gilt § 159 Satz 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin beläuft sich in Anlehnung an die Höhe der in der Vereinbarung zur Erhöhung der Repräsentativität für den Fall der Nichtablieferung der Daten vorgesehenen Sanktionen in Höhe von 50.000,00 EUR. Dieser in der Hauptsache gebotene Streitwert wurde im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes halbiert (Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 – BayVBl Sonderbeilage Januar 2014).


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