Verwaltungsrecht

Bauvorbescheid keine bauaufsichtliche Zulassung

Aktenzeichen  2 CS 18.2165

Datum:
12.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2019, 204
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3
BauGB § 10 Abs. 2, § 212a Abs. 1
BayBO Art. 68 Abs. 5, Art. 71

 

Leitsatz

Ein Bauvorbescheid nach Art. 71 BayBO stellt keine bauaufsichtliche Zulassung  eines Vorhabens im Sinn von § 212a Abs. 1 BauGB dar. (Rn. 3)

Verfahrensgang

M 29 SN 18.4199 2018-09-13 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 5.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin nach § 146 VwGO hat keinen Erfolg.
Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Nachbarklage gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ist bereits nicht statthaft. Die aufschiebende Wirkung ihrer Klage ist weder kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) noch durch Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) des angefochtenen Bescheids entfallen. Sie besteht nach wie vor.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die aufschiebende Wirkung ihrer Klage insbesondere nicht gemäß § 212a Abs. 1 BauGB entfallen. Ein Vorbescheid nach Art. 71 BayBO stellt keine bauaufsichtliche Zulassung im Sinn von § 212a Abs. 1 BauGB dar. Denn der Vorbescheid lässt noch keine Bauausführung zu. Er beinhaltet lediglich eine Vorabentscheidung über einzelne in der Baugenehmigung zu entscheidende Fragen, enthält aber keine abschließende Entscheidung über ein Bauvorhaben. Insbesondere enthält er anders als die Baugenehmigung keinen verfügenden Teil, mit dem das Bauen freigegeben wird. Mit der Bauausführung darf vielmehr erst nach Bekanntgabe der Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 5 BayBO begonnen werden (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.1999 – 2 CS 98.2646 – BayVBl 1999, 467; OVG Saarland, B.v. 2.8.2018 – 2 B 170/18 – juris; Berliner Kommentar/Fislake, BauGB, Stand: August 2018, § 212a Rn. 9; Spannowsky/Uechtritz/Hornmann, BauGB, 3. Auflage 2018, § 212a Rn. 18; Simon/Busse/ Decker, BayBO, Stand: März 2018, Art. 71 Rn. 158; Eyermann/Schmidt, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 28; Redeker, NVwZ 1998, 589; a.A. NdsOVG, B.v. 30.3.1999 – 1 M 897/99 – NVwZ-RR 1999, 716; OVG NW, B.v. 1.12.1998 – 10 B 2304/98 – BRS 60 Nr. 156; Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger/Kalb/Külpmann, BauGB, Stand: Mai 2018, § 212a, Rn. 25; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80 Rn. 65; Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 212a Rn. 1).
Die Gegenauffassung berücksichtigt zu wenig die Zielsetzung des § 212a Abs. 1 BauGB, Bauinvestitionen zu beschleunigen, die mit einem Bauvorbescheid, der ein Vorhaben nicht im Sinn einer Baufreigabe zulässt, nicht erreicht werden kann. Die weitere Fassung des § 212a Abs. 1 BauGB mit dem Begriff der „bauaufsichtlichen Zulassung“ gegenüber dem Begriff der „bauaufsichtlichen Genehmigung“ in der Vorgängervorschrift des § 10 Abs. 2 BauGB-Maßnahmengesetz soll ersichtlich solche Zulassungen erfassen wie die bauaufsichtliche Zustimmung nach Art. 73 Abs. 1 BayBO, die eine der Baugenehmigung entsprechende Wirkung der Baufreigabe besitzen (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Februar 2018, Art. 73 Rn. 50; Simon/Busse/Lechner, BayBO, Stand: März 2018, Art. 73 Rn. 155).
Die Frage, ob gegen einen Vorbescheid eine Widerspruchsmöglichkeit oder nur die Anfechtungsklage gegeben ist, spielt für die rechtliche Einordnung des Vorbescheids keine Rolle. Ebenso wenig kommt es für diese Einordnung darauf an, wie weitgehend im Vorbescheidsverfahren die Details des geplanten Vorhabens abgefragt werden.
Im Übrigen hat die Beklagte weder im angefochtenen Bescheid vom 19. Juli 2018 noch in ihren Schriftsätzen in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben, dass sie entweder aufgrund der Gesetzeslage oder einer Anordnung der sofortigen Vollziehung davon ausgehe, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin entfallen sei. Vielmehr geht sie in ihrer Rechtsbehelfsbelehrung:zum Bescheid vom 19. Juli 2018 davon aus, dass gegen den Bescheid bezüglich der Sachentscheidung nur die Klage zum Verwaltungsgericht zulässig ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Nachdem die Beigeladene im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.


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