Verwaltungsrecht

Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots

Aktenzeichen  RN 5 K 16.30593

Datum:
16.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, Abs. 7

 

Leitsatz

Bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 11 AufenthG muss die Behörde nur Umstände berücksichtigen, die ihr bekannt sind. Werden persönliche Belange erst im Klageverfahren vorgetragen, kann der Behörde nicht entgegengehalten werden, sie sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Über die Klage kann nach Anhörung der Beteiligten mittels Gerichtsbescheid entschieden werden, weil die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben sind.
Die auf die Regelungen zum Einreise- und Aufenthaltsverbot beschränkte Klage hat keinen Erfolg.
Nach Aktenlage ist kein Ermessensfehler des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erkennbar. Dies gilt sowohl für die beiden Befristungsentscheidungen, als auch für die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG. Die festgelegte Dauer der beiden Befristungen wurde hinreichend begründet. Hinsichtlich der Ermessensausübung bei der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots könnte man sich zwar vorstellen, dass die Ermessenserwägungen im Bescheid etwas deutlicher und umfassender wiedergegeben werden. Die Erwähnung der schutzwürdigen Belange im Zusammenhang mit der Anordnung lässt aber erkennen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sich bewusst war, neben der Befristung auch die Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu erlassen.
Die laufende Berufsausbildung des Klägers ändert an diesem Ergebnis nichts.
Erstmalig im gerichtlichen Verfahren wurde der am 27. Juli 2015 geschlossene Berufsausbildungsvertrag des Klägers vorgelegt. Der Kläger soll in der Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Juli 2018 zum Beton- und Stahlbauer ausgebildet werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Berufsausbildung ein Belang ist, der bei Ermessensentscheidungen im Rahmen des § 11 AufenthG zu berücksichtigen ist. Da es sich jedoch um einen Umstand aus dem persönlichen Lebensbereich des Klägers handelt, kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge diesen Umstand nur dann kennen, wenn der Kläger oder dessen Bevollmächtigte dieses darüber informieren. Insoweit ist die Amtsermittlungspflicht der Behörde nach § 24 VwVfG begrenzt. Kennt eine Behörde Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich des Klägers nicht, dann kann sie derartige Umstände bei einer Ermessensausübung nicht berücksichtigen. Auf einen derartigen Umstand kann damit die Annahme, eine Behörde sei von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen, nicht gestützt werden. Selbst wenn die Behörde somit bei der Ermessensausübung ihr nicht bekannte Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich des Klägers nicht berücksichtigt, ist die Ermessensentscheidung nicht wegen der Unrichtigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts rechtsfehlerhaft (vgl. OVG Hamburg vom 21. Januar 2005, 3 Bs 375/03, juris, Rz. 7).
Der Einwand, dem Kläger habe sich nicht aufdrängen müssen, diesen Grund im Anhörungsverfahren vorzubringen, weil dort beispielhaft ausschließlich nach familiären Belangen gefragt worden sei, verfängt nicht. Einerseits war das Anhörungsschreiben vom 23. Februar 2016 nicht an den Kläger persönlich, sondern an dessen rechtskundige und im Ausländer- und Asylrecht bewanderte Prozessbevollmächtigte gerichtet. Andererseits waren in dem Anhörungsschreiben nur Beispiele für schutzwürdige Belange aufgeführt. Das Beispiel „hohes Lebensalter“ unterfällt zudem ebenso wenig dem Bereich der familiären Belange wie der Hinweis auf sonstige schutzwürdige Belange. Es hätte daher den Prozessbevollmächtigten des Klägers oblegen, diesen hinsichtlich schutzwürdiger Belange umfassend zu beraten und das Vorhandensein derartiger Belange beim Kläger abzufragen. Die schriftliche Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge blieb jedoch ohne jegliche Reaktion seitens des Klägers oder seiner Prozessbevollmächtigten.
Unerheblich ist im Zusammenhang mit der Ermessensausübung, ob der Kläger aktuell im Besitz eines Nationalpasses ist oder nicht. Die streitgegenständlichen Einreise- und Aufenthaltsverbote wirken in zeitlicher Hinsicht erst ab der Ausreise/Abschiebung. Ein Nationalpass kann eine Voraussetzung für die Ausreise/Abschiebung sein, hat aber auf die Dauer der Befristung allenfalls dann spezialpräventiv Einfluss, wenn bereits bei früheren Aufenthaltsbeendigungen eine dem Kläger zurechenbare Passlosigkeit zu Verzögerungen geführt hat (vgl. Oberhäuser, in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 11 AufenthG, Rz. 53).
Kosten: §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben