Aktenzeichen Au 6 S 19.163
AufenthG § 7 Abs. 2 S. 2, § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 31, § 60a Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Eine eheliche Lebensgemeinschaft, die sich nach außen im Regelfall in einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen dokumentiert, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen, dreht sich im Idealfall um einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt und wird daher regelmäßig in einer von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Wohnung gelebt (HessVGH BeckRS 2004, 24632). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Anträge auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Au 6 K 19.162) gegen Ziffer 2 und Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids des Antragsgegners vom 7. Januar 2019 sowie auf vorläufige Erteilung einer Duldung werden abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
IV. Die Anträge auf Prozesskostenhilfe für das Antrags- und für das Klageverfahren werden abgelehnt.
Gründe
Der Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Kläger) wendet sich mit seiner Klage gegen die nachträgliche Befristung seiner zum Ehegattennachzug zu seiner deutscher Ehefrau erteilten Aufenthaltserlaubnis und begehrt die Erteilung bzw. Verlängerung seiner befristeten und noch nicht abgelaufenen Aufenthaltserlaubnis. Im Antragsverfahren begehrt er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Anordnung des Sofortvollzugs für die nachträgliche Befristung seiner Aufenthaltserlaubnis, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung bzw. Abschiebungsandrohung und hilfsweise die Erteilung einer Duldung. Für beide Verfahren begehrt er Prozesskostenhilfe.
I.
Der am … 1995 in … in der Türkei geborene Kläger reiste am 13. Januar 2017 unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Bereits während des Asylverfahrens begehrte er seine Umverteilung zunächst nach … zu Verwandten; später nach … zu seiner heutigen Ehefrau und deren Kindern. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 23. Juni 2017 vollständig ab; ein hiergegen erhobenes Klageverfahren wurde nach Klagerücknahme eingestellt (VG Augsburg, B.v. 23.2.2018, Au 6 K 17.33743). Am 26. Januar 2018 schloss der Kläger mit seiner heutigen Ehefrau in Deutschland die Ehe und legte einen türkischen Identitätsausweis vor, der sich aber nach Prüfung durch das Bundesamt als totale Fälschung erwies (Behördenakte Bl. 190, 206). Auf Druck der Ausländerbehörde reiste der Kläger schließlich am 2. Mai 2018 freiwillig in die Türkei zurück.
Am 11. Juni 2018 beantragte der Kläger ein Visum zum Ehegattennachzug, legte dazu einen am 15. Mai 2018 neu ausgestellten türkischen Reisepass vor und reiste nach vorheriger getrennter Befragung der Ehegatten und schließlich Erteilung des Visums am 14. September 2018 erneut in das Bundesgebiet ein. Am 11. Oktober 2018 erhielt der Kläger eine bis zum 10. Oktober 2019 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.
Am 12. November 2018 teilte die Ehefrau die Trennung der Eheleute am 7. November 2018 mit. Einer polizeilichen Anzeige zufolge hatte der Kläger am 7. November 2018 die Ehefrau an einer Bushaltestelle zu schlagen versucht und am 16. November 2018 zu Hause zu vergewaltigen versucht, als er Kleidung abholen wollte, davon jedoch abgesehen, als die Kinder der Ehefrau hinzukamen. Der Kläger wurde in Haft genommen und Anklage gegen ihn erhoben.
Nach Anhörung des Klägers, der sich hierzu nicht äußerte, befristete das Landratsamt … mit streitgegenständlichem Bescheid vom 7. Januar 2019 die dem Kläger am 11. Oktober 2018 erteilte Aufenthaltserlaubnis nachträglich bis zum 20. Januar 2019 (Ziffer 1 des Bescheids), ordnete die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 an (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung des Klägers aus der Haft in die Türkei unter der Voraussetzung der Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung an, forderte ihn für den Fall, dass er sich zum Zeitpunkt der Vollziehbarkeit des Bescheides nicht mehr in Haft befinde, zum unverzüglichen Verlassen der Bundesrepublik Deutschland auf und drohte ihm, sollte er seiner Ausreisepflicht nicht bis spätestens einen Monat nach Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nachgekommen sein, die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat an (Ziffer 3). Weiter befristete es die Wirkung einer Abschiebung auf zwei Jahre nach der Ausreise (Ziffer 4).
Zur Begründung führte die Ausländerbehörde aus, die Ehegatten hätten sich hier getrennt, unabhängig davon, dass der Kläger die eheliche Lebensgemeinschaft gerne aufrechterhalten hätte, sodass die tatsächliche eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG könne die Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich beschränkt werden, wenn eine für die Erteilung wesentliche Voraussetzung entfallen sei. Dies sei hier der Fall, da sich die Ehegatten tatsächlich getrennt hätten. Nach den Ausführungen der Ehefrau sei von der endgültigen Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft auszugehen. Nach ihren Angaben habe sie sich am 7. November 2018 von ihrem Mann getrennt und dieser sei auch nicht mehr in der ehelichen Wohnung wohnhaft. Darüber hinaus habe er sie körperlich angegriffen und versucht, sie zu vergewaltigen, sodass eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft und eine Weiterführung der Ehe für die Ehefrau nicht vorstellbar seien. In der Ermessensentscheidung über die nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer überwiege das öffentliche Interesse an der Beendigung des materiell rechtswidrig gewordenen Aufenthalts das Interesse des Klägers, bis zum Ablauf der bis zum 10. Oktober 2019 befristeten Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu verbleiben. Der Kläger habe keine schutzwürdigen Bindungen im Bundesgebiet; die eheliche Lebensgemeinschaft habe nur knapp zwei Monate in der Bundesrepublik tatsächlich bestanden, sonstige insbesondere wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet habe der Kläger keine. Auch schutzwürdiges Vertrauen liege nicht vor, denn die Aufenthaltserlaubnis sei dem Kläger nur zum Zweck des ehelichen Zusammenlebens erteilt worden, sodass er damit habe rechnen müssen, dieses Recht zu verlieren, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben werde. Dem Kläger sei die Rückkehr in seinen Heimatstaat zuzumuten. Er sei erst 23 Jahre alt, in der Türkei geboren und aufgewachsen und könne sich daher sozial und wirtschaftlich wieder dort eingliedern. Zudem habe der Kläger keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, denn die eheliche Lebensgemeinschaft habe nicht mindestens drei Jahre im Bundesgebiet bestanden. Für den Kläger komme auch keine kürzere Frist nach dem Assoziationsrecht in Betracht, da er die Mindestzeit von einem Jahr einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach Art. 6 ARB 1/80 nicht erfülle. Von dem Erfordernis der Mindestzeit sei auch nicht nach § 31 Abs. 2 AufenthG abzusehen, weil dies nicht zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich sei. Es sei im vorliegenden Fall nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr in die Türkei dort gesellschaftliche Diskriminierung oder gar Verfolgung drohten; zudem habe er seine Ehefrau angegriffen und nicht umgekehrt von ihr Misshandlung erfahren. Eine besondere Härte liege auch sonst nicht vor; insbesondere sei der Kläger nicht in besonderer Weise im Bundesgebiet integriert. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen; sein Asylverfahren im Bundesgebiet sei abgeschlossen und besondere Umstände des Einzelfalls, aufgrund derer das Verlassen des Bundesgebiets für ihn eine außergewöhnliche Härte bedeute, lägen nicht vor. Die Ausreise in die Türkei sei ihm tatsächlich und rechtlich möglich. Die sofortige Vollziehung der nachträglichen Befristung werde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet zum Schutz der körperlichen und psychischen Integrität Anderer wie seiner Ehefrau, der er Gewalt angetan habe. Die alsbaldige Aufenthaltsbeendigung des Klägers sei somit spezialwie generalpräventiv zwingend erforderlich. Der Schutz der im Bundesgebiet lebenden Bevölkerung habe Vorrang vor den Interessen eines straffälligen Ausländers; eine unverzügliche Beendigung des Aufenthalts im Inland setze eine sofort vollziehbare Befristungsentscheidung voraus. Der Kläger sei gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG mangels erforderlichen Aufenthaltstitels zur Ausreise verpflichtet und befinde sich in Haft, sodass seine Abschiebung nach § 58 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG anzuordnen sei. Sollte die Abschiebung aus der Haft nicht möglich sein, habe der Kläger das Bundesgebiet bis zum Ablauf der gesetzten Ausreisefrist zu verlassen, anderenfalls werde er gemäß § 59 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG abgeschoben. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG seien nicht ersichtlich oder vorgetragen. Für den Fall der Abschiebung würden die Wirkungen der Abschiebung auf 2 Jahre nach der Abschiebung im Rahmen des gebotenen Ermessens befristet.
Gegen diesen ihm am 26. Januar 2019 in der Justizvollzugsanstalt zugestellten Bescheid ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 7. Februar 2019 Klage erheben und beantragen,
1. Der Bescheid des Landratsamts … vom 7. Januar 2019 wird aufgehoben.
2. Die Ausländerbehörde wird verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen bzw. zu verlängern.
Weiter ließ er beantragen,
3. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügung des Landratsamts … vom 7. Januar 2019, mit der die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers nachträglich befristet wurde, wird angeordnet bzw. wiederhergestellt.
4. Hilfsweise wird der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, bis zur endgültigen Entscheidung über die Klage von Abschiebungsmaßnahmen abzusehen und der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung vorläufig nicht durchgeführt werden darf.
5. Die Ausländerbehörde wird verpflichtet, dem Antragsteller und Kläger vorläufig eine Fiktionsbescheinigung, hilfsweise eine Duldung zu erteilen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Interesse des Klägers, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage im Bundesgebiet zu bleiben, überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Beendigung seines Aufenthalts. Mit einer Abschiebung würden sonst vollendete Tatsachen geschaffen und eine Wiedereinreise erschwert. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 27, § 28, § 31 AufenthG. Die Eheleute hätten sich nur vorübergehend getrennt. Da die Ehefrau an Depressionen leide, sei nicht auszuschließen, dass sich die Eheleute wieder versöhnten und wieder zusammenfänden, auch wenn die Ehefrau dies derzeit nicht in Betracht ziehe. Hilfsweise sei dem Kläger eine Duldung zu erteilen, um seine Anwesenheit im Bundesgebiet für das laufende Strafverfahren zu ermöglichen. Darüber hinaus werde der Kläger einen Asylantrag stellen. Er habe in der Türkei seinen Militärdienst nicht abgeleistet und befürchte, deswegen verhaftet, verurteilt und unmenschlich behandelt zu werden. Schließlich könne er aus seiner Heimat heraus kein Scheidungsverfahren betreiben. Für ihn gelte die Unschuldsvermutung. Schließlich würde er im Herkunftsstaat aufgrund seiner misslungenen Ehe ausgegrenzt, womöglich durch Bekannte und Verwandte diskriminiert und schikaniert und könne sich keine wirtschaftliche Existenz aufbauen. Für Klage und Eilantrag wurde darüber hinaus Prozesskostenhilfe beantragt.
Der Antragsgegner und Beklagte (im Folgenden: Beklagte) beantragt,
die Klage abzuweisen und die Anträge abzulehnen.
Unter Vertiefung der Bescheidsbegründung machte er im Wesentlichen geltend, der einseitige Wunsch des Klägers, die eheliche Lebensgemeinschaft aufrechtzuerhalten, sei unerheblich angesichts des gegenläufigen Willens seiner Ehefrau und der tatsächlichen Trennung. Dass die Trennung nicht endgültig sei, sei rein spekulativ. Im Übrigen könne die Ehe des Klägers auch in der Türkei geschieden werden. Angesichts der hohen Scheidungsrate in der Türkei sei eine soziale Ächtung des Klägers dort nicht zu befürchten. Sollte dem Kläger in der Türkei die Einziehung zum Wehrdienst drohen, sei dies von der Ausländerbehörde nach § 72 Abs. 2 AufenthG nicht zu prüfen. Darüber hinaus sei der Wehrdienst eine staatsbürgerliche Pflicht, die völkerrechtlich anerkannt sei. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen seien wegen der Untersuchungshaft des Klägers derzeit noch nicht eingeleitet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässig erhobene Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die nachträgliche Befristung ist erfolglos, denn das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Befristung überwiegt sein privates Interesse am weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Ebenso ist die hierauf gestützte Abschiebungsanordnung bzw. Abschiebungsandrohung rechtmäßig, da der Kläger vollziehbar ausreisepflichtig ist. Er hat daher auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Fiktionsbescheinigung oder auf Erteilung einer Duldung.
1. Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig.
Gegenstand des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO sind die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 2 des Bescheids für sofort vollziehbar erklärte nachträgliche Befristung der Aufenthaltserlaubnis und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die nach Art. 21a Satz 1 BayVwZVG als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung bzw. Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids.
Gemäß § 84 Abs. 2 AufenthG lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Betroffenen beendet, unberührt. Eine gegen eine – wie hier – nachträgliche Befristung gerichtete Klage hat aber im Umkehrschluss aus § 84 Abs. 1 Satz 1 AufenthG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese ist hier jedoch durch den nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO angeordneten Sofortvollzug entfallen. Die Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung bzw. Abschiebungsandrohung gemäß Art. 21a BayVwZVG hat keine aufschiebende Wirkung.
Diese Situation bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Aufenthalt des Klägers bereits derzeit rechtswidrig und die Ausreisepflicht – nach Ablauf der Ausreisefrist – vollziehbar ist (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, die ihrerseits Voraussetzung für die Durchsetzung der Abschiebung ist (§ 58 Abs. 1 AufenthG), kann nur durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ausgesetzt werden. Damit erweist sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO als statthaft.
2. Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.
Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Dabei hat das Gericht die widerstreitenden öffentlichen und privaten Vollzugsinteressen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen und die Erfolgsaussichten der Klage mit zu berücksichtigen, soweit sich diese bereits übersehen lassen. Lässt sich bei der im gerichtlichen Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung ohne Weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich rechtswidrig, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen bzw. wiederherzustellen, weil aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich dagegen die angefochtene Verfügung als offensichtlich rechtmäßig, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Vollziehung das private Aufschubinteresse überwiegt. Lässt sich die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Verfügung bei der im gerichtlichen Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung nicht feststellen, nimmt das Verwaltungsgericht eine Folgenabwägung vor unter Berücksichtigung der Folgen, die einträten, würde die Verfügung sofort vollzogen, aber im Nachhinein im Klageverfahren aufgehoben, gegenüber den Folgen, bliebe die Verfügung zunächst außer Vollzug, würde aber später im Klageverfahren bestätigt.
Diese Entscheidung fällt vorliegend zu Lasten des Klägers aus, da sein Interesse, noch bis zur Entscheidung über die Klage im Bundesgebiet bleiben zu können, gegenüber dem öffentlichen Interesse an seiner Aufenthaltsbeendigung derzeit zurücktritt, denn in der im gerichtlichen Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung erweist sich die nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis als rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis; der Sofortvollzug und auch die Nebenentscheidungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden.
a) Die streitgegenständliche nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer ist rechtmäßig.
Die Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides verfügte Verkürzung der Geltungsdauer der – zunächst bis zum Ablauf des 10. Oktober 2019 befristet erteilten – Aufenthaltserlaubnis des Klägers auf den 20. Januar 2019 ist § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Dieser Zeitpunkt ist auch für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.2013 – 1 B 25/12 – BayVBl 2014, 56 Ls. 2).
§ 7 Abs. 2 Satz 1 AufenthG regelt, dass die Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen ist. Nach Satz 2 der Vorschrift kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Demnach steht es im Ermessen der Ausländerbehörde, ob sie von der Möglichkeit der Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis Gebrauch macht. Für die Rechtmäßigkeit der damit verbundenen Ermessensentscheidung ist es unerheblich, ob ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage besteht (sog. Trennungsprinzip, vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2009 – 1 C 11/08 – BVerwGE 134, 124 ff.).
aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG – Wegfall der ehelichen Lebensgemeinschaft als Anknüpfungspunkt für die ursprüngliche Befristung der ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis – sind vorliegend gegeben.
Für das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft, die aufenthaltsrechtlichen Schutz nach Art. 6 GG genießt, kommt es auf den nachweisbar betätigten Willen beider Eheleute an, ein gemeinsames Leben zu führen. Bei der im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden Bewertung, ob eine aufenthaltsrechtlich beachtliche tatsächliche Lebensgemeinschaft vorliegt oder lediglich eine Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, verbietet sich eine schematisierende Betrachtung (BVerwG, B.v. 22.5.2013 – 1 B 25.12 – BayVBl 2014, 56, Ls. 1). Eine eheliche Lebensgemeinschaft, die sich nach außen im Regelfall in einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen dokumentiert, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen, dreht sich im Idealfall um einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt und wird daher regelmäßig in einer von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Wohnung gelebt (HessVGH, B.v. 9.8.2004 – 9 TG 1179/04 – FamRZ 2005, 982).
Selbst wenn Eheleute typischerweise ihren Lebensmittelpunkt in einer gemeinsamen Wohnung haben, kann eine eheliche Lebensgemeinschaft auch dann bestehen, wenn die Eheleute – etwa aus beruflichen Gründen – in getrennten Wohnungen leben oder aus gewichtigen Gründen – Berufstätigkeit, Inhaftierung – wenig persönlichen Kontakt haben. In einem derartigen Fall ist allerdings erforderlich, dass das Bestehen einer über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausreichenden familiären Beistandsgemeinschaft auf andere Weise erkennbar sichergestellt ist, etwa durch eine jedenfalls erforderliche intensive Kommunikation zwischen den Eheleuten als Indiz für eine gemeinsame Lebensgestaltung, durch Beistandsleistungen oder Besuche im Rahmen des Möglichen. Maßgeblich ist der nachweisbar betätigte Wille, mit der Partnerin bzw. dem Partner als wesentlicher Bezugsperson ein gemeinsames Leben zu führen. Ob dieser Wille vorliegt und praktiziert wird, ist allerdings eine Frage des jeweiligen Einzelfalls; die abstrakte Festlegung weiterer Kriterien für das Maß an tatsächlicher Verbundenheit zwischen den Eheleuten ist nicht möglich (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2013 – 1 B 25/12 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Trotz des formellen Bestehens einer Ehe ist die eheliche Lebensgemeinschaft beendet, wenn sich die Eheleute endgültig getrennt haben; die tatsächliche Trennung besteht in der Regel in der Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2007 – 24 CS 07.2053 – juris); dies ist vorliegend erfolgt, da die Ehegatten jedenfalls seit dem 7. November 2019 getrennt leben und die Ehefrau keine Versöhnung anstrebt. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die zum Zweck der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 27 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entfallen. Dass der Kläger noch auf eine Versöhnung der Eheleute hofft, ändert als einseitiger Wunsch nichts an der Notwendigkeit einer beidseits gewollten und geführten Lebensgemeinschaft. Dass sich der Kläger in Haft befindet und tatsächlich nicht mit seiner Ehefrau zusammenleben kann, ist hier unerheblich, da sie ein Zusammenleben ablehnt.
bb) Die Ermessensentscheidung des Beklagten zur nachträglichen Verkürzung ist nicht zu beanstanden.
Das öffentliche Interesse, den formell und materiell noch rechtmäßigen, seiner tatsächlichen Grundlage aber verlustig gegangenen Aufenthaltstitel zu beseitigen, überwiegt das private Interesse des Klägers, hiervon bis zum Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer des Aufenthaltstitels verschont zu bleiben. Der Beklagte hat zutreffend gewürdigt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nur sehr kurze Zeit im Bundesgebiet tatsächlich geführt worden ist und der Aufenthaltstitel kein schützenswertes Vertrauen geschaffen hat, auch nach Fortfall seiner Voraussetzung einer ehelichen Lebensgemeinschaft noch im Bundesgebiet bleiben zu dürfen. Der nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AufenthG einzige Erteilungszweck ist entfallen; der Kläger hat, wie der Beklagte ausführlich im angefochtenen Bescheid dargelegt hat, auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck.
b) Auch die Anordnung des Sofortvollzugs der nachträglichen Befristung ist noch rechtmäßig und hier ausnahmsweise und in Abweichung von der gesetzlichen Regel der aufschiebenden Wirkung der Klage gerechtfertigt, weil sich nicht nur die angefochtene Grundverfügung als offensichtlich rechtmäßig erweist, sondern auch sonst das öffentliche Interesse an der Vollziehung das private Aufschubinteresse überwiegt.
Der Beklagte hat die sofortige Vollziehung der nachträglichen Befristung auf den Schutz der körperlichen und psychischen Integrität Anderer wie der Ehefrau des Klägers gestützt, der dieser Gewalt angetan habe. Die alsbaldige Aufenthaltsbeendigung des Klägers sei somit spezialwie generalpräventiv zwingend erforderlich. Der Schutz der im Bundesgebiet lebenden Bevölkerung habe Vorrang vor den Interessen eines straffälligen Ausländers; eine unverzügliche Beendigung des Aufenthalts im Inland setze eine sofort vollziehbare Befristungsentscheidung voraus.
Der Kläger lässt dem entgegenhalten, ihm sei eine Duldung zu erteilen, um seine Anwesenheit im Bundesgebiet für das laufende Strafverfahren zu ermöglichen. Darüber hinaus werde er einen Asylantrag stellen. Er habe in der Türkei seinen Militärdienst nicht abgeleistet und befürchte, deswegen verhaftet, verurteilt und unmenschlich behandelt zu werden. Schließlich könne er aus seiner Heimat heraus kein Scheidungsverfahren betreiben. Für ihn gelte die Unschuldsvermutung. Zudem werde er im Herkunftsstaat aufgrund seiner misslungenen Ehe ausgegrenzt, womöglich durch Bekannte und Verwandte diskriminiert und schikaniert und könne sich keine wirtschaftliche Existenz aufbauen.
Insgesamt ist die Anordnung des Sofortvollzugs durch den Beklagten vorliegend noch gerechtfertigt, da das öffentliche Interesse an der unverzüglichen Beendigung des Aufenthalts des Klägers sein Interesse, bis zur Bestandskraft der Verkürzungsentscheidung im Bundesgebiet bleiben zu können, überwiegt. Zwar gilt für den Kläger die strafprozessuale Unschuldsvermutung, solange er nicht verurteilt worden ist. Andererseits wiegen die Belastungsmomente, wie sie in der aktenkundigen Anklageschrift gegen den Kläger zusammengefasst und auch auf dritte Personen als Zeugen gestützt sind, schwer genug, jedenfalls eine vorläufige ausländerrechtliche Gefahrenprognose zu tragen, die beim Kläger eine erhöhte Aggressivität und Gewaltbereitschaft gegenüber anderen Personen belegt. Soweit er seine Anwesenheit für das Strafverfahren wünscht, ist diese derzeit durch seine Inhaftierung sichergestellt. Eine Abschiebung ohne Einverständnis der Staatsanwaltschaft ist derzeit nach § 72 Abs. 4 AufenthG ausgeschlossen. Für die Durchführung eines Scheidungsverfahrens im Bundesgebiet kann ihm im Bedarfsfall seiner persönlichen Anwesenheit auch eine Betretenserlaubnis erteilt werden; einer Duldung oder gar Aufenthaltserlaubnis bedarf es hierfür nicht. Zielstaatsbezogene Belange wie eine Wehrdiensteinberufung zur Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht oder eine befürchtete Diskriminierung durch Bekannte und Verwandte wegen seiner misslungenen Ehe wiegen demgegenüber nicht so schwer, ihm den weiteren Aufenthalt bis zur Bestandskraft der Verkürzungsentscheidung zu ermöglichen.
c) Der Kläger ist nach der Verkürzung der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 2 AufenthG ausreisepflichtig und wegen der Anordnung des Sofortvollzugs auch vollziehbar ausreisepflichtig geworden; eine Ausreisefrist wurde wegen der Inhaftierung nach § 59 Abs. 5 AufenthG nicht gewährt, sondern nur für den Fall der Haftentlassung. Da aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise nach § 58 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AufenthG erforderlich erscheint, sind die Voraussetzungen für eine an die Vollziehbarkeit des streitgegenständlichen Bescheides anknüpfende, nach Art. 21a Satz 1 BayVwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bzw. eine hilfsweise Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG gegeben und sind diese nicht zu beanstanden (§ 59 AufenthG), so dass auch hiergegen keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Betracht kommt.
Die Abschiebung ist nach § 59 Abs. 1 AufenthG anzudrohen; ihrem Erlass stehen nach § 59 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. Auf etwaige Einwände des Klägers wegen seiner unerfüllten Wehrpflicht oder wegen Diskriminierungen als geschiedener Mann in der Türkei kommt es daher nicht an. Im Übrigen sind solche durch den bestandskräftigen Bescheid des Bundesamts vom 23. Juni 2017 mit nach § 42 Satz 1 AsylG bindender Wirkung für den Beklagten verneint worden.
2. Die Anträge auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO sind teils unzulässig, im Übrigen unbegründet, weil der Kläger einen Anordnungsanspruch nach § 123 VwGO nicht glaubhaft gemacht hat.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
a) Soweit der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung vorläufig nicht durchgeführt werden darf, ist der Antrag bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Beklagte ist personenidentisch mit dem Träger (seiner) das Verfahren als Vertreter des Beklagten betreibenden Ausländerbehörde, so dass eine interne Mitteilung an diese weder möglich noch erforderlich ist.
b) Soweit der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger vorläufig eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG auszustellen, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis als Grundlage einer Fiktion überhaupt gestellt hätte. Er hat dies auch nicht glaubhaft gemacht.
c) Soweit der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, bis zur endgültigen Entscheidung über die Klage von Abschiebungsmaßnahmen abzusehen, setzt dies einen Duldungsgrund voraus, der von seinem Antrag auf Duldungserteilung sachlich mitumfasst ist. Einen Anspruch auf Duldung hat der Kläger jedoch nicht glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, einen Anspruch zu besitzen, nicht abgeschoben zu werden. Es liegt derzeit kein Rechtsanspruch auf Duldung vor, noch sind sonstige Gründe ersichtlich, aus denen die Abschiebung des Antragstellers nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist.
aa) Die Abschiebung ist nicht rechtlich unmöglich. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer nachehelichen Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG, weil keine eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet über drei Jahre geführt wurde und eine nacheheliche Aufenthaltserlaubnis nicht zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuerteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren im Bundesgebiet bestanden hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger hat zwar am 26. Januar 2018 mit seiner Ehefrau die Ehe geschlossen, reiste jedoch erst am 14. September 2018 in das Bundesgebiet ein. Jedenfalls am 7. November 2018 zog er aus der gemeinsamen Ehewohnung aus. Damit ist die erforderliche dreijährige Ehebestandszeit im Bundesgebiet nicht erfüllt; Anhaltspunkte für eine kürzere Mindestbestandszeit auf Grund Assoziationsrechts liegen nicht vor, da der Kläger, wie vom Beklagten zutreffend dargelegt, nicht assoziationsberechtigt ist.
bb) Ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ergibt sich auch nicht aus § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet ist gem. § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ab-zusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Eine besondere Härte liegt nach § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist (§ 31 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz AufenthG). Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren, unbestimmten Rechtsbegriff (vgl. VG München, U.v. 21.2.2013 – M 12 K 12.4701 – juris Rn. 33).
Häusliche Gewalt ist seitens des Klägers nicht geltend gemacht; im Gegenteil hat sich seine Frau wegen Gewaltanwendung seinerseits von ihm getrennt.
Auch eine besondere Härte i.S. des § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG ist nicht gegeben. Von dieser Regelung sind nur ehebezogene Nachteile erfasst, also Beeinträchtigungen, die mit der ehelichen Lebensgemeinschaft oder ihrer Auflösung zumindest in mittelbarem Zusammenhang stehen, nicht aber sämtliche sonstigen, unabhängig davon bestehenden Rückkehrgefahren (s. dazu ausführlich BVerwG, U.v. 9.6.2009 – 1 C 11/08 – NVwZ 2009, 1432).
Derartige ehebezogene Nachteile hat der Kläger bei seiner Rückkehr in die Türkei nicht zu befürchten. Diese ergeben sich insbesondere nicht allein daraus, dass er im Fall des Abbruchs des Aufenthalts einen Arbeitsplatz im Bundesgebiet verlöre und dadurch ein Neubeginn im Heimatstaat erforderlich wird; denn dies trifft grundsätzlich alle Rückkehrer gleichermaßen und ist daher im Regelfall nicht geeignet, die Ausreisepflicht zu suspendieren (vgl. BayVGH B.v. 26.7.2010 – 10 ZB 10.75 – juris Rn. 15; B.v. 15.2.2010 – 19 CS 09.3105 – juris). Befürchteten Diskriminierungen wegen einer in Deutschland gescheiterten Ehe – so diese in seiner patriarchalischen Herkunftsgesellschaft bezogen auf einen Mann überhaupt glaubhaft geltend gemacht wären – kann er durch Ortswechsel ausweichen; der Kläger ist in der Türkei nicht ortsgebunden. Der Kläger ist erst mit 22 Jahren erstmals in die Bundesrepublik eingereist, hat vorher nach Aktenlage in der Türkei gelebt und ist dort aufgewachsen, mithin kulturell, sprachlich und sozial sowie wirtschaftlich verwurzelt und als erwachsener Mann alleine lebensfähig. Er hat dort auch seine Familie. Der Kläger hat den Großteil seines Lebens in der Türkei verbracht und spricht die Heimatsprache. Anhaltspunkte dafür, dass er den Lebensverhältnissen in seiner Heimat in einer Weise entfremdet wäre, die eine Rückkehr unzumutbar machen würde, sind daher weder vorgetragen noch ersichtlich.
Soweit der Kläger fürchtet, in der Türkei zum Wehrdienst herangezogen zu werden, ist dies kein ehebezogener Nachteil sondern allenfalls eine sonstige, unabhängig davon bestehende Rückkehrsituation.
c) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, weil kein Ausreisehindernis ersichtlich oder geltend gemacht ist.
Das Scheidungsverfahren in Deutschland kann aus der Türkei heraus durch Bevollmächtigte hier betrieben werden. Die Eheleute müssen ohnehin mindestens das Trennungsjahr abwarten, sollte dies der Ehefrau nicht nach Auffassung des Familiengerichts unzumutbar sein. Zu etwaigen gerichtlichen Terminen kann dem Kläger kurzfristig eine Betretenserlaubnis erteilt werden (vgl. oben).
Krankheitsbedingte Abschiebungshindernisse sind weder dauerhaft, noch in einer den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG genügenden Weise geltend gemacht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Antragsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 2 und 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffern 8.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Es erfolgt keine Erhöhung durch den zusätzlichen Antrag nach § 123 VwGO, da sich dieser der Sache nach auf eine Duldung, mithin die Aussetzung der Abschiebung richtet, die bereits vom streitgegenständlichen Hauptantrag umfasst ist und nach Nr. 8.1 keine Erhöhung des Streitwerts rechtfertigt.
III.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten für das Klage- und für das Antragsverfahren ist unbegründet, weil die Erfolgsaussichten des Klage- und des Antragsverfahrens nach Vorstehendem nicht gegeben sind.
Gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
Ausgehend von obigen Erwägungen ist Prozesskostenhilfe zu versagen.