Verwaltungsrecht

Beginn der zweitägigen Frist in § 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG – Höchstaufenthaltsdauer im Flughafenverfahren

Aktenzeichen  M 16 E 18.33929

Datum:
26.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28819
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 123
AsylG § 18a, § 30, § 34 Abs. 1
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Da § 18a Abs. 1 AsylG zwischen dem Nachsuchen um Asyl bei der Grenzbehörde (§ 18a Abs. 1 S. 1 und 2 AsylG) und der „eigentlichen“ Antragstellung bei dem Bundesamt (§ 18a Abs. 1 S. 3 AsylG) unterscheidet, beginnt die in § 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG bestimmte, zweitägige Frist grundsätzlich erst mit der Antragstellung beim Bundesamt zu laufen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Annahme einer Höchstaufenthaltsdauer von 19 Tagen für einen Verbleib im Transitbereich des Flughafens im Rahmen des Verfahrens bei Einreise auf dem Luftwege erscheint vor der Hintergrund des mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2017 (BGBl. I S. 1970) neu eingefügten § 15 Abs. 6 AufenthG, auf den die Regelung über das Flughafenverfahren verweist (vgl. jetzt § 18a Abs. 6 Nr. 4 AsylG) und Art. 43 Abs. 2 der Asylverfahrensrichtlinie für das Verfahren an der Grenze oder im Transitbereich überholt (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung seine Einreise in das Bundesgebiet.
Der Antragsteller, der sich nicht im Besitz gültiger Ausweispapiere befindet, ist nach eigenen Angaben 1989 geboren und aserbaidschanischer Staatsangehöriger. Nach den Feststellungen der Bundespolizei kam er 2. Oktober 2018 mit dem Flugzeug aus Belgrad am Flughafen München an. Dort meldete der Antragsteller sich gegen 20:35 Uhr zusammen mit Frau … …, die seine Ehefrau sei, im Transitbereich bei einer Streife der Bundespolizei und ersuchte um Asyl. Im Anschluss an die Befragung durch die Bundespolizei wurde der Antragsteller zur Flughafenunterkunft verbracht.
Am 8. Oktober 2018 stellte der Antragsteller einen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Bei seiner Anhörung am selben Tag gab er u.a. an, seinen Pass habe er im Transitbereich zerrissen, anschließend habe seine Frau ihn in der Toilette hinuntergespült. Gelebt habe er bis zu seiner Ausreise aus Aserbaidschan am 26. September 2018 in Baku. Die Schule habe er mit dem Abitur abgeschlossen, danach erfolgreich Rechnungswesen studiert und anschließend bei verschiedenen Firmen gearbeitet, wo er für aserbaidschanische Verhältnisse nicht schlecht verdient habe. Mit der Frage der Religion habe er sich noch nicht beschäftigt; seine Mutter sei Christin und sein Vater Moslem. Zu den Gründen für das Verlassen seines Heimatlandes trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, er und seine aus Tschetschenien stammende Frau würden von der Familie seiner Frau bedroht, weil diese die Heirat mit ihm nicht akzeptiere. Kennen gelernt hätten sie sich 2014 in einem sozialen Netzwerk. In jenem Jahr hätten sie auch ohne Wissen ihrer Familien geheiratet; wann und in welcher Jahreszeit, könne er nicht mehr sagen. Seiner Familie habe er die Heirat zunächst ebenfalls nicht offen gelegt, weil sie vielleicht ebenfalls etwas gegen die Verbindung gehabt hätte. In den nächsten vier Jahren hätten sie sich nur heimlich getroffen. 2016 sei seine Frau für ein Jahr nach Tschetschenien gegangen, wo sie einen älteren Mann hätte heiraten sollen. An den Monat und die Jahreszeit könne er sich nicht mehr erinnern. Zurückgekehrt sei seine Frau 2017, auch hier könne er sich nicht mehr an den Zeitpunkt erinnern. Im Juni 2018 sei seine Frau schwanger geworden, von zu Hause weggelaufen und bei ihm und seinen Eltern eingezogen. Dort seien drei Personen mit langen Bärten erschienen und von seinen Freunden weggeschickt worden. Er selbst habe die Verwandten nie gesehen; seine Frau habe ihm gesagt, die Bedrohung gehe von der väterlichen Verwandtschaft aus. Er und seine Frau hätten auch mehrere Drohungen per SMS erhalten. Auf seinem Handy seien diese aber nicht mehr gespeichert, da er es vor der Ausreise aus Aserbaidschan formatiert habe. Auf Vorhalt des Bundesamts, dass das Handy nach dem in Augenschein genommenen Browserverlauf erst am 2. Oktober 2018 formatiert worden sei, gab der Antragsteller an, er habe es in Serbien noch einmal gelöscht; es seien noch Spiele darauf gewesen. Auf den Vorhalt des Bundesamts, im Rahmen eines Visumsantrags bei der Deutschen Botschaft in Baku im Juli 2017 hätten er und seine Frau übereinstimmend die Anschrift … 21 seiner Eltern angegeben, unter der sie seinen Angaben erst 2018 zusammen gewohnt hätten, gab der Antragsteller an, dies hätten sie wegen der genannten Bedrohung so tun müssen. Der Antragsteller bestätigte abschließend, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten mit der Dolmetscherin gegeben habe.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab und verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Aserbaidschan oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
Zur Begründung des Bescheids wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei zumindest gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, weil das Vorbringen des Antragstellers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert, lebensfremd und widersprüchlich sei. Detaillierte Nachfragen zur Lebens- und Verfolgungsgeschichte habe der Antragsteller nicht konkret beantwortet, so dass der Eindruck entstehe, er wolle Widersprüche zu dem Sachvortrag seiner Frau vermeiden. Gleichwohl gebe es noch erhebliche Unstimmigkeiten zwischen ihren Ausführungen. Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 GG und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG unterschieden sich lediglich dadurch, dass der Schutzbereich des § 3 AsylG weiter gefasst sei. Die strengeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter lägen somit nach Ablehnung des Flüchtlingsschutzes ebenfalls offensichtlich nicht vor. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG seien offensichtlich nicht gegeben. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG und § 60 Abs. 7 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor; insbesondere sei der Antragsteller ein gesunder und arbeitsfähiger Mann mit überdurchschnittlicher Schulbildung, Studienabschluss sowie Berufserfahrungen. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG, die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots aus § 11 Abs. 2 AufenthG.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller nach seinen Angaben am 18. Oktober 2018 übergeben. Gleichzeitig verweigerte die Bundespolizeidirektion … – Bundespolizeidirektion Flughafen … * – mit am selben Tag bekanntgegebenen Bescheid vom 18. Oktober 2018 dem Antragsteller die Einreise in das Bundesgebiet.
Mit Schriftsatz vom Montag, den 22. August 2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, hat die Bevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen diese Bescheide erhoben und zugleich beantragt,die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, dem Antragsteller die Einreise in das Bundesgebiet zu gestatten,
hilfsweise,
für den Fall der Einreise des Klägers/Antragstellers ohne deren Gestattung aufgrund einer verwaltungsgerichtlichen Anordnung die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dem Antragsteller sei die Einreise schon deshalb zu gestatten, weil die vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22. Juli 1993 (Az. 2 BvR 1507/93, 1508/93) aufgestellte Höchstfrist von 19 Tagen für die zumutbare Dauer der Einreiseverweigerung bereits am 21. Oktober 2018 abgelaufen sei. Der Antragsteller sei am 2. Oktober 2018 eingereist und habe am gleichen Tag sein Asylgesuch geäußert. Darüber hinaus habe das Bundesamt über den Asylantrag nicht innerhalb von zwei Tagen entschieden, sodass die Voraussetzungen des § 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG erfüllt seien. Es verstoße gegen das Unionsrecht sowie gegen das in Art. 18a Abs. 1 AsylG niedergelegte Gebot besonderer Verfahrensbeschleunigung, den Antrag als erst am 8. Oktober 2018 als gestellt zu behandeln. Doch selbst wenn man von letzterem ausgehe, sei die Ablehnung des Asylgesuchs erst mit Übergabe des Bescheides an den Antragsteller am 18. Oktober und damit deutlich zu spät erfolgt. Der angefochtene Bescheid sei auch in der Sache rechtswidrig. Mit Blick auf den Asylantrag der Frau des Antragstellers komme hier Familienasyl nach § 26 AsylG in Betracht. In der Sache habe das Bundesamt den Vortrag des Antragstellers zu Unrecht als offensichtlich unglaubhaft bewertet. Dazu trägt die Bevollmächtigte insbesondere vor, es habe Verständigungsschwierigkeiten zwischen der Dolmetscherin und dem Antragsteller gegeben. Inzwischen könne ein per Mobiltelefon übermitteltes Foto der Urkunde über die Heirat am … Oktober 2014 vorgelegt werden. Weiterhin habe das Bundesamt die Drohnachrichten, die die Frau des Antragstellers erhalten habe und die auch auf den Antragsteller abzielten, fehlerhaft nicht aufgenommen und nicht zutreffend gewürdigt. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2018 nahm die Bevollmächtigte nach Erhalt der Behördenakte ergänzend – und für das Gericht ersichtlich im Eilverfahren abschließend – Stellung und trug insbesondere vor, das Bundesamt habe spätestens am 5. Oktober 2018 ein Asylgesuch des Antragstellers registriert.
Die Antragsgegnerin hat die Akten vorgelegt, ohne sich zum Antrag zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Klageverfahren M 16 K 18.33928 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Die Ehefrau des Antragstellers hat beim Verwaltungsgericht München ebenfalls Klage (M 22 K 18.33926) und Eilantrag (M 22 ES 18.33927) erhoben; die Niederschrift über die Anhörung sowie der ablehnende Bescheid des Bundesamts vom 9. Oktober 2018 sind im hiesigen Verfahren zu den Akten genommen worden.
II.
Das Rechtsschutzbegehren hat keinen Erfolg. Der als Hilfsantrag bezeichnete Antrag ist bereits unzulässig. Der als Hauptantrag erhobene Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Soweit sich der als Hilfsantrag bezeichnete Antrag darauf richtet, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 9. Oktober 2018 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anzuordnen, ist dieser Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig (vgl. BeckOK Ausländerrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2018, § 18a AsylG, Rn. 32 m.w.N.). Eines eigenständigen Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO bedurfte es nicht. Denn jeder Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz richtet sich nach § 18a Abs. 5 Satz 1 AsylG auf Gewährung der Einreise und für den Fall der Einreise gegen die Abschiebungsandrohung. Nach § 18a Abs. 5 Satz 2 AsylG gilt die Anordnung des Gerichts, dem Ausländer die Einreise zu gestatten, zugleich als Aussetzung der Abschiebung.
Der als Hauptantrag bezeichnete Antrag nach § 123 VwGO ist zwar zulässig, da insbesondere fristgerecht (§ 18a Abs. 4 Satz 1 AsylG) gestellt, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Dem Antragsteller ist die Einreise gemäß § 18a Abs. 3 Satz 1 AsylG zu Recht verweigert worden.
Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 AsylG ist bei Ausländern, die – wie der Antragsteller – bei der Grenzbehörde auf einem Flughafen um Asyl nachsuchen und sich dabei nicht mit einem gültigen Pass oder Passersatz ausweisen, das Asylverfahren vor der Entscheidung über die Einreise durchzuführen, soweit die Unterbringung auf dem Flughafengelände während des Verfahrens möglich oder lediglich wegen einer erforderlichen stationären Krankenhausbehandlung nicht möglich ist. Wird der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt, ist dem Ausländer die Einreise zu verweigern (§ 18a Abs. 3 Satz 1 AsylG).
Die Voraussetzungen für eine Einreiseverweigerung nach § 18a Abs. 3 Satz 1 AsylG liegen hier vor.
Dem Antragsteller ist nicht bereits nach § 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG die Einreise zu gestatten. Nach dieser Vorschrift ist dem Ausländer die Einreise zu gestatten, wenn das Bundesamt nicht innerhalb von zwei Tagen nach Stellung des Asylantrags über diesen entschieden hat. Da § 18a Abs. 1 AsylG ebenso wie das Asylverfahrensgesetz im Übrigen zwischen dem Nachsuchen um Asyl bei der Grenzbehörde (§ 18a Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylG) und der „eigentlichen“ Antragstellung bei dem Bundesamt (§ 18a Abs. 1 Satz 3 AsylG) unterscheidet, beginnt die Frist grundsätzlich erst mit der Antragstellung zu laufen (Fritz in: GK-AsylVfG, Stand: Februar 2006, zu § 18a AsylG, Rn. 101). Dass die förmliche Antragstellung beim Bundesamt erst am 8. Oktober 2018 und damit sechs Tage nach der erstmaligen Äußerung des Asylgesuchs am 2. Oktober 2018 erfolgte, ist dabei unschädlich. Zwar stellt jede Verzögerung, die nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist, eine Verletzung des Gebots zum unverzüglichen Tätigwerden dar. Es wird daher angenommen, dass die zweitägige Frist ab dem Zeitpunkt berechnet wird, zu dem der Asylsuchende sich nach Weiterleitung durch die Grenzbehörde beim Bundesamt befindet und die Aufnahme des Asylantrags möglich und rechtlich geboten wäre (vgl. Fritz, a.a.O.). Für eine Verletzung des Gebots der Unverzüglichkeit ist hier jedoch jedenfalls nichts ersichtlich. Zum einen bewegt sich die Antragstellung sechs Tage nach dem erstmaligen Äußerung des Asylgesuchs noch innerhalb der in Art. 6 Abs. 1 UA 2 der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU) genannten Frist. Zum anderen ist auch zu berücksichtigen, dass eine etwaige Verzögerung, die im Verantwortungsbereich der Grenzbehörde liegt, sanktionslos bleibt (vgl. Haderlein in: BeckOK Ausländerrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2018, § 18a AsylG Rn. 25). Für eine vom Bundesamt zu vertretende Verzögerung gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Aus der von der Bevollmächtigten genannten Entscheidung des EuGH vom 26. Juli 2017 ergibt sich insoweit nichts anderes, zumal dort Fragen der Auslegung der Dublin-III-Verordnung in Rede standen und der EuGH den Unterschied zwischen dieser und der Asylverfahrensrichtlinie hervorhebt (EuGH, Urteil v. 26. Juli 2017 – C-670/16 – Juris Rn. 101 f.). Die demnach hier am 8. Oktober 2018 in Lauf gesetzte Frist lief am 10. Oktober 2018 ab. Für die Fristwahrung kommt es dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der Erstellung des schriftlichen Bescheides an. Eine Zustellung desselben innerhalb von zwei Tagen nach Antragstellung ist nicht erforderlich, da das Gesetz zwischen dem Ergehen der Entscheidung des Bundesamtes und ihrer Zustellung unterscheidet (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylG; VG München vom 03.02.2005 – M 21 ES 05.60007 – juris; Fritz, a.a.O., Rn. 101). Der Bescheid wurde demnach hier am 9. Oktober 2018 und damit innerhalb der zweitägigen Frist erstellt.
Dem Antragsteller ist die Einreise auch nicht deswegen zu gewähren, weil die vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 22. Juli 1993 (2 BvR 1507/93 u.a., Juris Rn. 9) genannte Höchstfrist von 19 Tagen für einen Verbleib im Transitbereich des Flughafens überschritten worden wäre. Zum einen folgt aus dem Vorgenannten, dass die Höchstfrist von 19 Tagen, die sich als Summe der Fristen des § 18a Abs. 6 Nr. 2 (zwei Tage), Abs. 4 Satz 1 (drei Tage) und Abs. 6 Nr. 3 (vierzehn Tage) AsylG errechnet, im vorliegenden Fall jedenfalls nicht vor Ablauf des kommenden Samstag, den 27. Oktober 2018 endet. Denn auch insoweit wäre – ausgehend von § 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG und dem Vorgenannten – bei der Berechnung auf die Asylantragstellung am 8. Oktober 2018 abzustellen (vgl. dazu VG München, B.v. 11. Juli 2018 – M 21 ES 18.32708; Haderlein in: BeckOK Ausländerrecht, 19. Edition, Stand: 1.8.2018, § 18a AsylG Rn. 48). Zum anderen geht das Gericht davon aus, dass die vorgenannte Annahme einer Höchstfrist von 19 Tagen durch zwischenzeitliche Entwicklungen des europäischen und deutschen Rechts überholt ist (vgl. dazu auch Haderlein, a.a.O.). Nach dem mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2017 (BGBl. I S. 1970) neu eingefügten § 15 Abs. 6 AufenthG, auf den die in diesem Zuge gleichsam novellierte Regelung über das Flughafenverfahren verweist (vgl. jetzt § 18a Abs. 6 Nr. 4 AsylVfG), bedarf der Aufenthalt eines Ausländers im Transitbereich eines Flughafens spätestens 30 Tage nach Ankunft am Flughafen oder, sollte deren Zeitpunkt nicht feststellbar sein, nach Kenntnis der zuständigen Behörde von der Ankunft, der gerichtlichen Anordnung. Das Gesetz geht dementsprechend von einer maximalen Aufenthaltsdauer im Transitbereich von 30 Tagen aus, ohne dass es hierfür einer richterlichen Anordnung bedarf. Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme einer Höchstaufenthaltsdauer von 19 Tagen überholt (vgl. hierzu auch Haderlein, a.a.O.), zumal das Recht auf humanitären Schutz mittlerweile weitgehend unionsrechtlich überformt ist und Art. 43 Abs. 2 der Asylverfahrensrichtlinie für das Verfahren an der Grenze oder im Transitbereich eine Höchstfrist von vier Wochen für den Erlass der Entscheidung vorsieht. Zudem lässt auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Mai 1996 zur Verfassungsmäßigkeit des Flughafenverfahrens erkennen, dass die in § 18a AsylG genannten Fristen nicht starr zu handhaben sind, und ist auf die vorgenannte Höchstfrist nicht weiter eingegangen, obwohl die zeitlichen Abläufe deren Überschreitung in jenem Fall nahelegen (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – Juris, insb. Rn. 138, Rn. 36 ff.).
Nachdem vorliegend das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat und die Grenzbehörde am Flughafen … daraufhin die Einreise nach § 18a Abs. 3 Satz 1 AsylG ohne eigenen Ermessensspielraum verweigert hat, hat das Gericht im Verfahren nach § 18a Abs. 4 Satz 1 AsylG die Rechtmäßigkeit der Einreiseverweigerung und der dieser zugrunde liegenden Beurteilung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet zu prüfen (BVerfG vom 02.12.1993 – 2 BvR 1475/93 – Juris Rn. 18). Aus dem Verweis in § 18a Abs. 4 Satz 6 AsylG auf § 36 Abs. 4 AsylG folgt dabei, dass eine Gestattung der Einreise nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einreiseverweigerung und der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes einschließlich des Offensichtlichkeitsurteils des Bundesamtes bestehen, also erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG vom 14.05.1996 – 2 BvR 1516/93 – Juris Rn. 99). Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz auch zu prüfen, ob das Bundesamt den Asylantrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann, wobei sich das Verwaltungsgericht nicht mit einer bloßen Prognose zur voraussichtlichen Richtigkeit der Feststellung begnügen darf, sondern die Frage der Offensichtlichkeit, soll sie bejaht werden, erschöpfend, wenngleich mit Verbindlichkeit nur für das Eilverfahren, zu klären und insoweit über eine lediglich summarische Prüfung hinauszugehen hat (BVerfG vom 02.05.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 40). Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass die geltend gemachten Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter bzw. Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie Feststellung von Abschiebungsverboten (teils offensichtlich) nicht bestehen (vgl. oben), zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen.
Vorliegend bestehen in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der Entscheidung des Bundesamtes vernünftigerweise keine Zweifel. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG als offensichtlich unbegründet liegen hier nach Maßgabe des § 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG vor.
Gemäß § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Dies ist dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Antrags geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – Juris Rn. 15). Gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag insbesondere als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn das Vorbringen des Ausländers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist.
Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist das Bundesamt zu Recht ausgegangen. Es hat zutreffend ausgeführt, dass das Vorbringen des Antragstellers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert und in sich widersprüchlich ist i.S.d. § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. So ist insbesondere nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller die Urheber der Bedrohung nicht auf Anhieb näher benennen konnte und warum er als nach eigenen Angaben akademisch gebildeter Mensch einschneidende Begebenheiten der Lebens- und Fluchtgeschichte, wie die genannten Trennungen von seiner Ehefrau, zeitlich nicht weiter eingrenzen konnte. Ergänzend dazu sticht ins Auge, dass der Antragsteller angegeben hat, selber Drohungen per SMS erhalten, diese aber gelöscht zu haben (Bundesamtsakte Bl. 103), während seine Frau vortrug, ihr Mann habe sein Handy gelöscht, weil er keine Nachrichten gehabt habe (Anhörung S. 18). Damit scheiden die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung subsidiären Schutzes schon aus tatsächlichen Gründen offensichtlich aus. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung wurden auch im gerichtlichen Verfahren nicht aufgeworfen. Anhaltspunkte für auf die Sprachmittlerin des Bundesamts zurückzuführende Verständigungsschwierigkeiten liegen nicht vor, zumal der Antragsteller dies unmittelbar nach der Anhörung auf dem Kontrollbogen bestätigt hat (Bl. 164 der Bundesamtsakte). Der Vortrag zu Textnachrichten, die die Frau des Antragstellers erhalten habe, hat keinen maßgeblichen Beweiswert. Der Hinweis auf Ehegattenasyl bzw. -flüchtlingsschutz/-subsidiärschutz nach § 26 AsylG verfängt bereits deswegen nicht, weil dieser jeweils eine Schutzgewährung an den Ehepartner voraussetzt.
Ergänzend nimmt das Gericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamts in dem angegriffenen Bescheid, denen es folgt.
Nach alldem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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