Verwaltungsrecht

begründete Anfechtungsklage gegen Rücknahmebescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Hinblick auf eine zuerkannte Flüchtlingseigenschaft wegen falscher Staatsangehörigkeit, materielle Beweislast der Behörde, gefälschte Personendokumente

Aktenzeichen  AN 15 K 20.30436

Datum:
31.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 26522
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 73 Abs. 1 u. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. Mai 2020 (Az. …) wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

Das Gericht konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. August 2021 über die Klage verhandeln und hierauf gestützt eine Entscheidung treffen, obgleich kein Vertreter der Beklagten im Termin anwesend war. Denn die form- und fristgerecht erfolgte Ladung des Gerichts zum Termin der mündlichen Verhandlung enthielt den Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO.
Die Klage hat im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) mit dem Hauptantrag Erfolg, denn der Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2020 erweist sich bereits in seiner Ziffer 1. als rechtswidrig und verletzt den Kläger in dessen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Infolge dessen können auch die Entscheidungen in den Ziffern 2. und 3., die sich als akzessorisch zur Rücknahme der Flüchtlingseigenschaft erweisen (§ 73 Abs. 3 AsylG), keinen Bestand haben. Hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge des Klägers bedurfte es aufgrund des Erfolgs des Hauptantrags keiner Entscheidung.
1. Die Rücknahme der mit Bescheid vom 2. Oktober 2015 zuerkannten Flüchtlingseigenschaft ist rechtswidrig, weil das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auf unrichtigen Angaben des Klägers beruht. Das Gericht ist aufgrund des Akteninhalts sowie des Vorbringens des Klägers in der mündlichen Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass der Kläger kein syrischer Staatsangehöriger ist, selbst wenn der Kläger insoweit nicht alle Zweifel restlos ausräumen konnte. Im Ergebnis konnte aber nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nachgewiesen werden, dass der Kläger kein syrischer Staatsangehöriger ist. Die materielle Beweislast liegt diesbezüglich im Rücknahmeverfahren – anders als im Zuerkennungsverfahren – bei der Beklagten (vgl. VG Saarlouis, U.v. 4.6.2020 – 6 K 1953/18 – juris Rn. 20 m.w.N.; VG Hamburg, U.v. 16.2.2021 – 8 A 3184/20 – BeckRS 2021, 9314 Rn. 25). Eine Situation des non-liquet geht zu ihren Lasten. Hieran ändert auch nichts die den Kläger treffende Mitwirkungspflicht gemäß § 73 Abs. 3a Satz 1 AsylG.
a) Rechtliche Bedenken formeller Art gegen den klagegegenständlichen Bescheid, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung des Überprüfungszeitraums für die Regelüberprüfung der Zuerkennungsentscheidung (§ 73 Abs. 7 Satz 1 AsylG), der Heranziehung der korrekten Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahmeentscheidung und der Wahrung des vorgängigen Anhörungsverfahrens (§ 73 Abs. 3a u. 4 AsylG) haben sich für das Gericht nicht ergeben. Die Beklagte ist auch zu Recht von einer gebundenen Entscheidung anstatt einer Rücknahmeentscheidung im Ermessenswege (§ 73 Abs. 2a Satz 5 Alt. 1 i.V.m. Abs. 2 AsylG) ausgegangen. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
b) Die Rücknahmeentscheidung in Ziffer 1. des beklagten Bescheids erweist sich nach Überzeugung des Gerichts jedoch als materiell rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 AsylG hier nicht vorliegen.
Voraussetzung für eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 Satz 1 und 2 AsylG ist, dass die Darstellung des Betreffenden objektiv unzutreffend war, also hier die Angabe zu seiner syrischen Staatsangehörigkeit, und dass diese objektiv fehlerhafte tatsächliche Grundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kausal war. Die unrichtigen Angaben zur syrischen Staatsangehörigkeit müssen ursächlich für den Erlass des positiven Bescheides gewesen sein und feststehen. Es muss positiv festgestellt sein, dass der Kläger nicht syrischer Staatsangehöriger ist. Die Beklagte ist darlegungs- und beweispflichtig. Bloße Zweifel genügen nicht (vgl. Fleuß in: BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 30. Edition, Stand: 1.7.2021, § 73 AsylG Rn. 30 ff.; Marx, AsylG, 10. Aufl. 2019, § 73 Rn. 80; Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, AsylG § 73 Rn. 22).
Diesen Nachweis der fehlenden syrischen Staatsangehörigkeit als objektiv unrichtige Tatsache hat die Beklagte im Fall des Klägers nicht zu führen vermocht.
Zwar steht fest, dass die vom Kläger vorgelegten und vom Bundesamt hinzugezogenen Personendokumente des Klägers Fälschungen, somit objektiv unrichtig und zum Nachweis der syrischen Staatsangehörigkeit des Klägers ungeeignet sind. Das Gericht hat an der Richtigkeit der physikalisch-technischen Gutachten zu den vorgelegten Dokumenten keine Zweifel. Insoweit ist der Beklagten auch zuzugestehen, dass dies ein erhebliches und gewichtiges Indiz für eine Falschangabe der Staatsangehörigkeit durch den Kläger im Zuerkennungsverfahren ist, wobei es auf die Frage einer Täuschungsabsicht nicht entscheidend ankommt. Aufgrund der Vorlage gefälschter Dokumente ist der Kläger im Rahmen des Rücknahmeverfahrens auch nicht hinreichend seiner Mitwirkungspflicht im Sinne des § 73 Abs. 3a Satz 1 AsylG nachgekommen.
Gleichwohl kann ohne die Würdigung der Gesamtumstände, insbesondere auch des Vortrags des Klägers in den Verwaltungsverfahren und des Ergebnisses weiterer Ermittlungen der Beklagten unter gebührender Berücksichtigung der den Kläger treffenden Mitwirkungspflicht aus § 73 Abs. 3a Satz 1 AsylG allein aus der Vorlage gefälschter syrischer Dokumente noch nicht der Schluss gezogen werden (vgl. insoweit auch § 73 Abs. 3a S. 5 AsylG), der Kläger sei kein syrischer Staatsangehöriger. Einen dahingehenden allgemeinen Erfahrungssatz oder eine Vermutungsregel zu Lasten des Klägers gibt es schon vor dem Hintergrund der in Syrien vorherrschenden Zustände und den Erkenntnissen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex im Hinblick auf das Auftauchen gefälschter syrischer Dokumente (vgl. etwa: DER SPIEGEL, Gefälschte Pässe – alle wollen Syrer sein, Online-Artikel vom 24.9.2015, abrufbar unter: www.spiegel.de; Deutschlandfunk, EU-Grenzschutzagentur Frontex – Sicherheitsrisiko durch gefälschte Pässe, Online-Artikel vom 20.12.2015 – abrufbar unter: www.deutschlandfunk.de) nicht. Es kommt aber auf die objektive Unrichtigkeit des Merkmals “syrische Staatsangehörigkeit” für die Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung im Fall des Klägers an.
Das Gericht verkennt nicht, dass sich – gerade aus der Sicht der Beklagten – verständlicher Weise erhebliche Zweifel darin begründen, dass der Kläger zum Beweis seiner Staatsangehörigkeit Unterlagen (Ausweise und Personenstandsregisterauszug) vorgelegt hat, bei denen aufgrund der physikalisch-technischen Untersuchung durch das Bundesamt viel für eine nicht amtliche Ausstellung bzw. Totalfälschungen spricht. Der Kläger hat dazu im bisherigen Verfahren auch nicht plausibel vorgetragen, wie es zur Ausstellung dieser Dokumente kam. Insoweit verkennt das Gericht ebenfalls nicht, dass der Vortrag des Klägers Widersprüche aufweist, die er nicht ohne Weiteres überzeugend in der mündlichen Verhandlung aufgelöst hat. So hatte er im behördlichen Verfahren noch angegeben, keine Verwandten in Syrien zu haben bzw. dass seine Eltern verstorben seien. In der mündlichen Verhandlung nun gab der Kläger an, seine Mutter lebe noch, halte sich in Jordanien auf und habe über einen weiteren Verwandten in Syrien die Ersatzausstellung der vorgelegten Dokumente organisiert und an den Kläger per DHL übersandt. Bei seiner vorherigen Angabe im behördlichen Verfahren, seine Eltern seien gestorben, müsse es sich um ein Missverständnis gehandelt haben. Das ist zumindest widersprüchlich und vor dem Hintergrund der vom Kläger mit seiner Unterschrift bestätigten Richtigkeit des aufgenommenen Anhörungsprotokolls auch ein Ansatz für eine unglaubhafte Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Im Weiteren ist es auch nicht überzeugend dargestellt, dass der Kläger sämtliche persönlichen Dokumente bei seiner Seeüberfahrt von Libyen nach Italien verloren haben will, mit Ausnahme der ID-Karte zur Ausweisnummer 17728217 mit Ausstellungsdatum 22. Oktober 2011, bei der es sich seiner Aussage nach um eine Ersatzausstellung handle, die ihm von einem Verwandten aus Syrien zugeschickt worden sei. Es fehlt hierzu an nachvollziehbaren Details. Auch der Umstand, dass der Kläger persönlich in … ca. eineinhalb Jahre vor seiner endgültigen Ausreise aus Syrien einen Auszug aus dem zivilen Personenstandsregister beantragt haben will und dabei gegenüber dem Bundesamt in seiner Anhörung am 11. September 2019 angab, diesen auch vorlegen zu können, wobei er in der Folge aber eine nichtamtliche Ausstellung mit Ausstellungsdatum vom 20. Oktober 2019 einreichte, zeugt von erheblichen Zweifeln an der Darstellung des Klägers. Schließlich stimmt das Gericht auch mit der Einschätzung der Beklagten im angegriffenen Bescheid unter Würdigung der Niederschriften der Anhörungen des Klägers vor dem Bundesamt am 26. März 2019 und am 11. September 2019 darin überein, dass der Kläger einfache Fragen zu Syrien und zu seiner Herkunftsregion nur vage und zum Teil mit Unwissen beantwortete, was aufkommende Zweifel zu seiner Staatsangehörigkeit ebenfalls bekräftigt.
Dennoch steht zur Überzeugung des Gerichts nicht hinreichend sicher fest, dass der Kläger eine falsche Staatsangehörigkeit vorgespiegelt hat. Denn in die Gesamtwürdigung sind auch Angaben des Klägers einzustellen, die wiederum dafür sprechen, dass er tatsächlich aus der Region … in Syrien stammt. Hier ist zum einen anzumerken, dass die dem Kläger in seinen Anhörungen vor dem Bundesamt gestellten Fragen zu Syrien und seiner Herkunftsregion nur bedingt geeignet waren, die Glaubwürdigkeit des Klägers zu beurteilen. Insbesondere die allgemeinen Fragen zu Syrien können problemlos vor einer Anhörung recherchiert werden. Soweit die Beklagte dem Kläger spezifischere Fragen zu … gestellt hatte, ist eine Auswertung der gegebenen Antworten in der Akte oder in den Gründen des angefochtenen Bescheids nicht erkennbar. Es wird beispielsweise nicht ersichtlich, ob die genannten geographischen Angaben anhand von Kartenmaterial bzw. GoogleMaps, sonstigen Satellitendiensten oder weiteren Erkenntnismitteln des Bundesamtes überprüft wurden und falls ja, zu welchem Ergebnis diese Prüfung gekommen ist. Die dazu in den Gründen des beklagten Bescheids angeführte Textpassage: “Der Ausländer war nicht in der Lage, einfache Fragen im Zusammenhang mit Dingen des täglichen Lebens in seinem angeblichen Herkunftsland zu beantworten; darüber hinaus wurde deutlich, dass er auch von den örtlichen Gegebenheiten in Syrien nur oberflächliche Kenntnisse hat.” erschöpft sich in dieser Feststellung ohne nähere Darlegung, wozu die Beklagte auch das gerichtliche Verfahren nicht genutzt hat. Vielmehr stellt die Beklagte in den Gründen zu ihrer Rücknahmeentscheidung ganz erheblich auf die Vorlage mehrerer gefälschter Dokumente ab, was für sich gesehen nach obigen Ausführungen des Gerichts die Rücknahmeentscheidung allein rechtlich nicht tragen kann, zumal eine bewusste Fälschung bzw. ein Wissen um die Fälschungen vom Kläger auch stets bestritten wurde.
Soweit das Gericht im Zuge seiner Schlussberatung nach Schluss der mündlichen Verhandlung die vom Kläger gegebenen Antworten und auch seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung nachvollzogen hat, ist festzustellen, dass der Kläger nicht in jedem Fall falsche Antworten auf Detailfragen gegeben hat. So wird das Syrische Pfund tatsächlich auch als Syrische Lira bezeichnet und ist der Begriff “Qirsch”, den der Kläger im Zusammenhang mit der Antwort auf die größte Geldmünze in Syrien verwendete, eine arabische Bezeichnung für in Syrien verwendete Münzen. Die Farbangabe des Klägers zum 1.000-Lira-Schein mit “hellgrün” ist jedenfalls für Banknoten älterer Serien zutreffend, die noch zu Zeiten der Macht des Vaters des heutigen Präsidenten der Arabischen Republik Syriens ausgegeben wurden. Als zutreffend erweisen sich auch die geographischen Angaben des Klägers etwa zur Entfernung der Stadt … zur Stadt …, zu Nachbarländern und zu Nachbarstädten. Zwar hat der Kläger keine direkten Nachbarorte zu … benannt, sondern Städte, die zum Teil weiter entfernt liegen. Jedoch hat sich die Angabe zur Stadt …, die das Gericht in der mündlichen Verhandlung noch hinterfragt hatte, insoweit als zutreffend herausgestellt, dass es tatsächlich auch einen solchen Ort unmittelbar südlich von … gelegen gibt, was das Gericht anhand von Google-Maps-Kartenmaterial nachgeprüft hat.
Die Zweifel an der Herkunft des Klägers aus … konnte dieser in der mündlichen Verhandlung auch durch seine Antworten zu den vom Gericht im Zusammenhang mit den Anlagen 1 und 2 des Protokolls über die mündliche Verhandlung gestellten Fragen entkräften. Der Kläger hatte auf der Anlage 1 eingekreist, wo der Stadtteil in … gelegen ist, aus dem er stammt. Der markierte Bereich entspricht ausweislich einer Überprüfung anhand von Kartenmaterial aus Google-Maps im Wesentlichen dem Stadtteil …, der in den vom Kläger vorgelegten Dokumenten angegeben ist. Der vom Kläger in seiner Anhörung am 26. März 2019 benannte Stadtteil … schließt südlich davon an. Der Kläger konnte auch im Wesentlichen das ihm gezeigte Foto (Anlage 2 zum Protokoll) identifizieren, bei dem es sich um ein großes Stadion im äußersten Norden der Stadt … handelt. Der Kläger hat dieses zwar nicht direkt als Sportstadion bezeichnet, sondern als “Freizeitpark mit Bademöglichkeit”. Diese Angabe erweist sich indes insoweit als zutreffend, als in direkter Nachbarschaft des gezeigten Stadions in östlicher Richtung tatsächlich ein öffentliches Freibad existiert oder existiert hat. Dieses Detailwissen, dessen Abfrage in der mündlichen Verhandlung der Kläger nicht antizipieren konnte, spricht eher dafür, dass sich der Kläger in der Stadt … zumindest schon einmal aufgehalten hat.
Das Gericht stellt bei seiner Würdigung der Angaben des Klägers insbesondere im Zusammenhang mit geographischen und lokalen Gegebenheiten in Rechnung, dass der Kläger nach seinen Angaben seit vielen Jahren nicht mehr vorrangig in Syrien gelebt hat, sondern in Libyen aufhältig war, wo er als Automechaniker gearbeitet hat. Der Kläger bekundete dazu, er habe nur einmal im Jahr seine Eltern in … besucht und sich dann für ca. einen Monat dort aufgehalten. Endgültig verlassen habe er Syrien im Jahr 2014. Dies mag die Detailuntreue und Erinnerungslücken in gewissem Maße auch vor dem Hintergrund der inzwischen verstrichenen Zeit erklären, in der der Kläger seinen angegebenen Herkunftsort zuletzt gesehen hat. Hinzu tritt aber auch der Umstand, dass der Kläger nach eigenen Angaben nur eine einfache Schulbildung genossen hat und auch nach dem Eindruck des Gerichts, den es in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen hat, der Kläger wohl über kein umfangreiches Ausdrucksvermögen und auch nicht über ein Bildungsniveau verfügt, bei dem etwa Museumsbesuche oder Zeitungslektüre zu den üblichen Lebensgewohnheiten gehören.
Nachdem somit Zweifel sowohl in die eine wie in die andere Richtung verbleiben, gibt das Gericht unter Beachtung der Regeln zur materiellen Beweislast den Entscheidungsausschlag zu Gunsten des Klägers. Hierbei berücksichtigt das Gericht abschließend, dass die Beklagte im Verwaltungsverfahren nicht alle ihr zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten zur Prüfung der Staatsangehörigkeit des Klägers ausgeschöpft hat, denn es wäre jedenfalls noch eine sprachbiometrische Analyse in Betracht zu ziehen gewesen (§ 73 Abs. 3a S. 2 i.V.m. § 16 AsylG). Dies ist aber im Fall des Klägers nicht vorgenommen worden, obgleich sich erhebliche Zweifel an der Identität des Klägers bzw. seiner Staatsangehörigkeit ergaben und eine solche Analyse auch im vereinfachten Anerkennungsverfahren keine Anwendung gefunden hatte.
Steht damit das Vorliegen der Rücknahmevoraussetzungen des § 73 Abs. 2 Satz 1 und 2 AsylG nicht fest, kann die Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheides keinen Bestand haben. Vielmehr lebt der Ausspruch des Bescheides vom 2. Oktober 2015 mit Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für den Kläger wieder auf.
c) In der Folge besteht kein Anlass für eine weitere Entscheidung über den subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG oder sonstige Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG, so dass die Nummern 2. und 3. des Bescheides ebenfalls aufzuheben waren. Über die betreffenden hilfsweise gestellten Anträge war nicht zu entscheiden.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Das Gericht sieht davon ab, das Urteil bezüglich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO, da der Kläger nicht anwaltlich vertreten ist.


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