Verwaltungsrecht

Behördliche Aufforderung an den Personensorgebrechtigten zur Vorlage eines Nachweises über eine Immunität eines minderjährigen Kindes gegen Masern oder eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen verbunden mit der Androhung eines Zwangsgelds, Keine evidente Verfassungswidrigkeit der durch das Masernschutzgesetz eingeführten Be-stimmungen des § 20 Abs. 8 bis 14 IfSG, Keine der Masernschutzimpfung aufgrund einer Erkrankung von Geschwistern des zu impfenden Kindes, Wechsel der Personensorge zwischen dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses (alleinige Personensorge der Mutter) und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (gemeinschaftliche Personensorge beider Elternteile), Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Bescheiderlasses für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Bescheids nach § 20 Abs. 12 Satz 1 und Abs. 13 Satz 1 IfSG, Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der gerichtlichen Entscheidung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldandrohung nach Art. 36 i.V.m. Art. 31 VwZVG

Aktenzeichen  AN 18 S 21.01891

Datum:
5.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36949
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
IfSG § 20 Abs. 9, 12, 13
VwZVG Art. 31, 36

 

Leitsatz

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25. Oktober 2021 (AN 18 K 21.01892) gegen Ziffer 2 des Bescheids des Gesundheitsamts der Stadt … vom 6. September 2021 wird angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
4. Der Antrag auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin …, …, für das vorläufige Rechtsschutzverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine behördliche Aufforderung zum Nachweis eines ausreichenden Masernimpfschutzes oder einer medizinischen Kontraindikation der Masernimpfung bei ihrem minderjährigen Sohn.
Die Antragstellerin ist die Mutter des am … 2012 geborenen Kindes M. … Dieses besucht seit dem 16. Februar 2021 die … Schule, eine Grundschule in …, und hat bislang lediglich eine erste Schutzimpfung gegen Masern erhalten.
Mit Schreiben vom 18. Mai 2021 wies das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass Personen, die in Schulen betreut würden, einen Nachweis über einen ausreichenden Masernimpfschutz zu führen hätten. Dieser könne erbracht werden durch einen Impfausweis bzw. eine Impfbescheinigung über den Erhalt von insgesamt zwei Masernschutzimpfungen, ein ärztliches Zeugnis über eine (labordiagnostizierte) Immunität gegen Masern, ein ärztliches Zeugnis darüber, dass das Kind aus medizinischen Gründen nicht oder erst später geimpft werden könne, oder die Bestätigung einer zuvor besuchten Einrichtung darüber, dass bereits dort ein entsprechender Nachweis vorgelegt worden sei. Die … Schule habe das Gesundheitsamt dahingehend informiert, dass für das Kind M. … bislang kein entsprechender Nachweis beigebracht worden sei. Die Antragstellerin werde daher aufgefordert, bis zum 25. Juni 2021 einen der vorstehend bezeichneten Nachweise im Original oder in beglaubigter Kopie beim Gesundheitsamt einzureichen. Sollte die Antragstellerin dieser Aufforderung nicht fristgemäß entsprechen, werde sie mit einem Bescheid nach § 20 Abs. 12 IfSG erneut zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises aufgefordert. Bis zu dem genannten Datum bestehe daher ebenfalls Gelegenheit, sich zum geplanten Erlass eines derartigen Bescheids zu äußern.
Die Antragstellerin ließ hierauf mit E-Mail vom 23. Juni 2021 erwidern, dass sie sich aktuell im Frauenhaus aufhalte. Sie führe derzeit ein Sorgerechtsverfahren gegen den Kindsvater, welcher eine Impfung des Sohnes bislang verweigert habe. In diesem Verfahren habe am 21. Juni 2021 ein Termin zur mündlichen Verhandlung angestanden. Bei Übertragung des alleinigen Sorgerechts wolle sie ihre Kinder impfen lassen, dies jedoch erst nach dem 25. Juni 2021, weil die Verhandlung für die Familie sehr belastend gewesen sei.
Daraufhin forderte das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin die Antragstellerin telefonisch unter Fristsetzung bis zum 2. Juli 2021 zur Vorlage der in dem Sorgerechtsverfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf. Gleichzeitig stellte es der Antragstellerin in diesem Fall eine erneute Frist zur Vorlage des angeforderten Nachweises in Aussicht, weil sich der Erlass eines Bescheids nach Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist im Hinblick auf die besondere familiäre Situation als unbillig erweise.
Durch Beschluss des Amtsgerichts … vom 8. Juli 2021 (…) wurde der Antragstellerin unter anderem das alleinige Sorgerecht für ihren Sohn M. … übertragen. Diese Entscheidung brachte die Antragstellerin am 14. Juli 2021 auszugsweise bei der Antragsgegnerin in Vorlage.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2021 setzte das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin der Antragstellerin eine weitere Frist bis zum 3. September 2021 für die Vorlage eines Nachweises über einen ausreichenden Masernschutz ihres Sohnes M. … oder das Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation von Masernschutzimpfungen im Original oder in beglaubigter Kopie. Vor dem Hintergrund der Übertragung des alleinigen Sorgerechts für das betreffende Kind sei es der Antragstellerin nunmehr möglich, auch ohne Rücksprache mit dem Kindsvater eine Entscheidung über eine Impfung ihres Sohnes gegen Masern zu treffen.
Nachdem auch diese Frist ergebnislos verstrichen war, verpflichtete das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Bescheid vom 6. September 2021, bis zum 22. Oktober 2021 einen Nachweis über die Immunität ihres Kindes M. … gegen Masern oder über eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen im Original oder in beglaubigter Kopie beim Gesundheitsamt einzureichen (Ziffer 1). Falls die Antragstellerin dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommen sollte, wurde außerdem ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR angedroht (Ziffer 2). Des Weiteren wurde die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffer 1 angeordnet (Ziffer 3) sowie eine Gebühr von 100,00 EUR erhoben (Ziffer 4).
In den Gründen des Bescheids wird unter anderem ausgeführt, dass für Kinder, die – wie der Sohn der Antragstellerin – in einer Schule betreut würden, gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG ein Nachweis über einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen nachgewiesen werden müsse. Aufgrund der Minderjährigkeit des Sohnes treffe diese Pflicht die Antragstellerin als Sorgeberechtigte (§ 20 Abs. 13 IfSG). Nach § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 IfSG sei der obengenannte Nachweis auf Aufforderung gegenüber dem Gesundheitsamt zu erbringen, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die Einrichtung befinde, in der das betreffende Kind betreut werde. Das Gesundheitsamt sei daher gezwungen, die Antragstellerin zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zur Vorlage von Nachweisen über einen ausreichenden Masernschutz oder das Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation bei ihrem Sohn zu verpflichten. Ohne die Klärung des Masernimpfstatus müsse der Sohn als zumindest abstrakte Infektionsgefahr für die öffentliche Gesundheit betrachtet werden, wobei gerade in Anbetracht der hohen Ansteckungsgefahr und der möglichen schwerwiegenden Krankheitsverläufe einer Maserninfektion das öffentliche Interesse an einer Klärung bzw. Beseitigung der Gefährdungssituation das private Interesse an einer eingriffsfreien Ausübung des elterlichen Erziehungsrechts sowie körperlichen Unversehrtheit des Kindes überwiege. Die Frist zur Erfüllung dieser Verpflichtung sei mit sechs Wochen hinreichend bemessen worden. Insbesondere sei diese unter Berücksichtigung der Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, welches zwischen zwei Masernschutzimpfungen einen Mindestabstand von vier Wochen empfehle, ausreichend, um den erforderlichen vollständigen Impfschutz durch zwei Masernimpfungen herzustellen. Die Zwangsgeldandrohung stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG, wobei die Höhe des Zwangsgelds der Gefahr für die öffentliche Gesundheit angemessen erscheine, die von der Teilnahme eines Kindes mit unzureichendem Masernimpfschutz am Gemeinschaftsleben, insbesondere der betroffenen Einrichtung, ausgehe.
Der Bescheid vom 6. September 2021 wurde zunächst mittels Postzustellungsurkunde an die Postfachanschrift des von der Antragstellerin benannten Frauenhauses übersandt, konnte dort jedoch mit dem Vermerk „Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ nicht zugestellt werden. Daraufhin veranlasste die Antragsgegnerin eine erneute Zustellung des Bescheids mittels Postzustellungsurkunde an die nunmehrige Wohnanschrift der Antragstellerin, die am 25. September 2021 bewirkt wurde.
Gegen den Bescheid vom 6. September 2021 hat die Antragstellerin, vertreten durch ihre Bevollmächtigte, am 25. Oktober 2021 Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erhoben (AN 18 K 21.01892) und das Gericht außerdem um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieses Rechtsbehelfs sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ersucht.
Zur Begründung macht sie geltend, der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, weil er ausschließlich an sie und nicht auch an den Kindsvater gerichtet sei, mit welchem ihr inzwischen das gemeinsame Sorgerecht für das Kind M. … zustehe. Wie einem Beschluss des Oberlandesgerichts … vom 21. September 2021 (…) zu entnehmen sei, sei die Entscheidung des Amtsgerichts …, durch welche ihr das alleinige Sorgerecht für ihren Sohn M. … zugesprochen worden sei, wirkungslos. Sorgeberechtigt und damit nach § 20 Abs. 13 IfSG nachweispflichtig sei daher nicht sie allein, sondern vielmehr in Gemeinschaft mit dem Kindsvater. Im Übrigen bestünden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs. 9 IfSG. Die hierdurch begründete indirekte Impfpflicht verletze ihren Sohn in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und sie in ihrem elterlichen Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Im konkreten Fall ihres Sohnes M. … sei eine Masernschutzimpfung aber jedenfalls medizinisch kontraindiziert. So habe dessen jüngerer Bruder C. … im Anschluss an seine erste siebenfache Impfung – unter anderem gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis – am 10. Dezember 2014 einen Neurodermitis-Schub erlitten. Da die Neurodermitis erstmals nach dieser Impfung aufgetreten sei, sei es wahrscheinlich, dass es sich hierbei um eine kausale Impfreaktion handle. Wie den Attesten der behandelnden Kinderärzte … und … vom 27. Oktober bzw. 4. Dezember 2020 zu entnehmen sei, leide der Bruder C. … auch heute noch an Neurodermitis sowie an Asthma bronchiale. Aufgrund der Erkrankung des Bruders würden sie, die Antragstellerin, und der Kindsvater auch in Bezug auf ihren Sohn M. … entsprechende Impfreaktionen befürchten und seither Impfungen ihrer Kinder ablehnen, um deren Gesundheit nicht zu gefährden. Die mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustands überwiege daher das Interesse der Öffentlichkeit an einer sofortigen Vollziehung und damit an einer Impfung des Kindes M. … Die Antragstellerin beantragt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Anordnung des Gesundheitsamts der Stadt … vom 6. September 2021 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den Bescheid vom 6. September 2021 und führt ergänzend aus, dass insbesondere die alleinige Bescheidzustellung an die Antragstellerin nicht zu beanstanden sei. Abgesehen davon, dass ihr, der Antragsgegnerin, der betreffende Beschluss des Oberlandesgerichts … bislang nicht bekannt gewesen sei, sei der Bescheid inzwischen auch dem Kindsvater tatsächlich zugegangen. Auch die in der Antragsbegründung gerügte Verfassungswidrigkeit des § 20 IfSG sei nicht ersichtlich. Im Übrigen habe die Antragstellerin keinen Nachweis für eine medizinische Kontraindikation der Masernimpfung bei ihrem Sohn M. … erbracht; hierzu könne sie insbesondere nicht auf die Erkrankung des Bruders C. … an Neurodermitis und Asthma verweisen, zumal selbst diese Krankheiten – wie auch den Ausführungen des Robert-Koch-Instituts zu entnehmen sei – keine medizinische Kontraindikation einer Masernschutzimpfung begründen würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte in den Verfahren AN 18 S 21.01891 und AN 18 K 21.01892 sowie auf die Behördenakte der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Das Gericht legt das vorläufige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin – ungeachtet der unpräzisen Formulierung in der Antragsschrift – gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO in sachgerechter Weise als Antrag mit dem Ziel der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 angeordnete Nachweispflicht sowie der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 2 des Bescheids erfolgte Zwangsgeldandrohung aus.
Der so verstandene zulässige Antrag auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Der kombinierte Antrag auf Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig.
Er ist insbesondere statthaft. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung, soweit diese in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3a VwGO kraft Gesetzes entfällt, ganz oder teilweise anordnen und im Fall der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Vorliegend hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 verfügten Nachweispflicht die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet (Ziffer 3 des Bescheids), wohingegen der Anfechtungsklage gegen die in Ziffer 2 des Bescheids ausgesprochene Zwangsgeldandrohung kraft gesetzlicher Anordnung in Art. 21a Satz 1 VwZVG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
2. In der Sache hat der Antrag teilweise – nämlich, soweit damit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 2 des Bescheids vom 6. September 2021 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung begehrt wird – Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das erkennende Gericht eine eigenständige und originäre Interessenabwägung zwischen dem – in der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch Ziffer 3 des Bescheids vom 6. September 2021 bzw. Art. 21a VwZVG zum Ausdruck gelangten – Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin zu treffen. Bei dieser gerichtlichen Ermessensentscheidung kommt vor allem den – nach dem Wesen des Eilverfahrens nur summarisch zu prüfenden – Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine maßgebliche Bedeutung zu (vgl. BVerwG, B.v. 6.7.1994 – 1 VR 10.93 – juris Rn. 5). Dabei können allerdings – eben wegen des summarischen Charakters des Eilverfahrens und seiner nur begrenzten Erkenntnismöglichkeiten – weder schwierige Rechtsfragen vertieft oder abschließend geklärt, noch komplizierte Tatsachenfeststellungen getroffen werden; solches muss dem Verfahren der Hauptsache überlassen bleiben (OVG NRW, B.v. 26.1.1999 – 3 B 2861/97 – juris Rn. 4). Wird bei einer derartigen summarischen Prüfung der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird dem Antrag regelmäßig zu entsprechen sein. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben, so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrags.
In Anwendung dieser Maßstäbe war dem vorliegenden Antrag teilweise zu entsprechen. Während das öffentliche Interesse an einer Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt, kommt hinsichtlich dessen Ziffer 2 dem letzteren das größere Gewicht zu. Die in der Hauptsache (AN 18 K 21.01885) erhobene Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 wird voraussichtlich erfolglos bleiben, wohingegen die Antragstellerin mit der Anfechtung von dessen Ziffer 2 aller Voraussicht nach durchdringen wird. Denn bei der hier allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung erweist sich zwar die der Antragstellerin auferlegte Verpflichtung, bis zum 22. Oktober 2021 einen Nachweis über die Immunität ihres Sohnes M. … gegen Masern oder über eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen beim Gesundheitsamt der Antragsgegnerin einzureichen, als rechtmäßig, die für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung erfolgte Zwangsgeldandrohung hingegen als rechtswidrig, so dass die Antragstellerin als Adressatin insoweit zumindest in ihrem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Bei summarischer Prüfung stellt sich die der Antragstellerin in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 auferlegte Nachweispflicht als rechtmäßig dar.
aa) Die in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 ausgesprochene Verpflichtung findet in § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1, Abs. 9 Satz 1 und Abs. 13 Satz 1 IfSG eine hinreichende Rechtsgrundlage, gegen deren Verfassungsmäßigkeit das Gericht bei summarischer Prüfung keine durchschlagenden Zweifel hat. Insbesondere vermag es eine – im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein zu prüfende – evidente Verfassungswidrigkeit der betreffenden Vorschriften nicht zu erkennen.
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind an die Nichtanwendung eines formellen Bundesgesetzes mit Blick auf das in Art. 100 Abs. 1 GG normierte Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts hohe Anforderungen zu stellen. Dieses verpflichtet ein Fachgericht, das ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für grundgesetzwidrig hält, jedenfalls im Hauptsacheverfahren dazu, das bei ihm geführte Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Die Vorlagepflicht des Art. 100 Abs. 1 GG jedoch kann in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Konflikt mit der Gewährung des durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierten effektiven Rechtsschutzes geraten. Die Fachgerichte sollen daher nicht gehindert sein, schon vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falls im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Entscheidung in der Hauptsache dadurch nicht vorweggenommen wird (BVerfG, B.v. 24.6.1992 – 1 BvR 1028/91 – NJW 1992, 2749/2750). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen kann indes nur in engen Grenzen ausgegangen werden, wobei die „Selbstermächtigung“ des Gerichts zur Verwerfung und Nichtanwendung einer als verfassungswidrig erkannten Norm im Eilverfahren die Ausnahme und auf die Fälle evidenter Verfassungswidrigkeit beschränkt bleiben muss (NdsOVG, B.v. 13.9.2017 – 7 ME 77/17 – juris Rn. 5; B.v. 9.10.2020 – 10 ME 207/20 – juris Rn. 7).
Ein derartiger Fall der evidenten Verfassungswidrigkeit ist hinsichtlich der durch das Masernschutzgesetz vom 10. Februar 2020 (BGBl. I 148) eingeführten Bestimmungen des § 20 Abs. 8 bis 14 IfSG nicht gegeben (ebenso NdsOVG, B.v. 9.10.2020 – 10 ME 207/20 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 25 CS 21.1651 – juris Rn. 10). Auch das Bundesverfassungsgericht (B.v. 11.5.2020 – 1 BvR 469/20 – NJW 2020, 1946) hat die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen zum Nachweis einer Masernschutzimpfung als offen angesehen und die von den dortigen Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG im Rahmen einer Folgenabwägung abgelehnt. Es hat hierbei insbesondere herausgestellt, dass die betreffenden Bestimmungen nicht nur das Individuum gegen Masernerkrankung, sondern – bei Erreichen einer hinreichend hohen Impfquote in der Bevölkerung – auch solche Personen schützen, die aus medizinischen Gründen selbst nicht geimpft werden können, bei denen aber schwere klinische Verläufe bei einer Infektion drohen. Gesetzesziel ist dabei namentlich der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit, zu dem der Staat prinzipiell auch kraft seiner grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet ist (BVerfG, B.v. 11.5.2020 – 1 BvR 469/20 – NJW 2020, 1946 Rn. 15). Die hohen Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit einer Vielzahl von Personen erscheinen mithin grundsätzlich dazu geeignet, die damit einhergehenden Eingriffe in das elterliche Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und in die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte körperliche Unversehrtheit der impfpflichtigen Personen zu rechtfertigen.
bb) Die der Antragstellerin in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 auferlegte Nachweispflicht ist darüber hinaus in formell rechtmäßiger Weise ergangen.
Insbesondere war das Gesundheitsamt der Antragsgegnerin hierfür sowohl in sachlicher wie auch in örtlicher Hinsicht zuständig. Zuständig für die Anforderung der Vorlage des nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG erforderlichen Nachweises ist gemäß § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet. Dies ist vorliegend das Gesundheitsamt der Stadt …, dessen Zuständigkeitsbereich sich auf das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin erstreckt, in dem auch die durch den Sohn der Antragstellerin besuchte …Schule belegen ist (§ 2 Nr. 14 IfSG i.V.m. Art. 4 und 1 Abs. 2 Nr. 1 GDVG i.V.m. § 2 Abs. 2 GesV).
Auch hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin zuvor durch Schreiben vom 18. Mai 2021 zum Erlass eines Bescheids nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG angehört und dieser eine Frist zur Stellungnahme bis zum 25. Juni 2021 eingeräumt. Dem Verfahrenserfordernis des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist damit genüge getan.
Soweit sich die Antragstellerin schließlich darauf beruft, die elterliche Sorge für ihren Sohn M. … gemeinsam mit dem Kindsvater, ihrem Ehemann, auszuüben, so dass die Antragsgegnerin auch gegenüber diesem einen entsprechenden Bescheid hätte erlassen müssen, betrifft die damit aufgeworfenen Problematik des richtigen Adressaten der Anordnung nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG – entgegen der von beiden Beteiligten vertretenen Rechtsansicht – nicht etwa die formelle, sondern vielmehr die sogleich zu erörternde materielle Rechtmäßigkeit des Bescheids.
cc) Die der Antragstellerin in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 auferlegte Pflicht, bis zum 15. Oktober 2021 einen Nachweis über die Immunität ihres Sohnes M. … gegen Masern oder über eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen beim Gesundheitsamt der Antragsgegnerin vorzulegen, erweist sich darüber hinaus auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig.
Gemäß § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 IfSG haben Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 3 IfSG betreut werden, dem zuständigen Gesundheitsamt auf Anforderung einen Nachweis nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG vorzulegen. Dem Begriff der Gemeinschaftseinrichtungen unterfallen nach § 33 IfSG solche Einrichtungen, in denen überwiegend minderjährige Personen betreut werden; hierzu zählen insbesondere Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte (§ 33 Nr. 1 IfSG), die nach § 43 Abs. 1 SGB VIII erlaubnispflichtige Kindertagespflege (§ 33 Nr. 2 IfSG) sowie Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen (§ 33 Nr. 3 IfSG). Ist die nach § 20 Abs. 9 bis 12 IfSG verpflichtete Person minderjährig, so hat gemäß § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG derjenige für die Einhaltung der diese Person nach den genannten Bestimmungen treffenden Verpflichtungen zu sorgen, dem die Personensorge zusteht.
(1) In Anwendung dieser Bestimmungen unterfällt das Kind M. … zunächst dem Personenkreis, der nach § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 IfSG auf Anforderung des Gesundheitsamts zur Vorlage eines Nachweises im Sinne des § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG verpflichtet ist. So besucht dieses seit dem 16. Februar 2021 die …Schule, eine Grundschule und damit eine Gemeinschaftseinrichtung im Sinne des § 33 Nr. 3 IfSG, in welcher überwiegend – im vorliegenden Fall sogar ausschließlich – minderjährige Personen betreut werden.
(2) Auch ist die Anforderung der Antragsgegnerin nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG in zutreffender Weise gegenüber der Antragstellerin ergangen.
Im Hinblick auf die Minderjährigkeit des am 30. Dezember 2012 geborenen Kindes M. … war dieses vorliegend nicht etwa selbst für die Einhaltung der sich für seine Person aus § 20 Abs. 12 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 IfSG ergebenden Nachweispflicht verantwortlich; hierfür hat gemäß § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG vielmehr derjenige zu sorgen, dem die Personensorge für das Kind zusteht. Damit kommt auch als Adressat einer entsprechenden gesundheitsamtlichen Anforderung nur der Personensorgeberechtigte und nicht etwa das Kind selbst in Betracht. Hiernach war die Aufforderung nach Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 (ausschließlich) gegenüber der Antragstellerin zu erlassen.
Insoweit ist zunächst zu beachten, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines auf der Grundlage von § 20 Abs. 12 Satz 1 und Abs. 13 Satz 1 IfSG erlassenen Bescheids der Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblich ist (BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 25 CS 21.1651 – juris Rn. 11). Dies ist vorliegend der 6. September 2021. Stellt man auf die sich zu diesem Zeitpunkt ergebende Sach- und Rechtslage ab, ist hierbei der Beschluss des Amtsgerichts … vom 8. Juli 2021 ( …) zu berücksichtigen, durch den die elterliche Sorge für das Kind M. … der Antragstellerin allein übertragen worden war (§ 1671 Abs. 1 BGB). Dieser Beschluss wiederum ist gemäß § 40 Abs. 1 FamFG mit seiner – hier unstreitig vor dem 6. September 2021 erfolgten – Bekanntgabe an die Verfahrensbeteiligten wirksam geworden (vgl. BeckOGK/Fuchs, 1.8.2021, § 1671 BGB Rn. 400). Wirksamkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Fam-FG bedeutet dabei, dass die rechtlichen Wirkungen eintreten, die der Beschluss nach seinem Inhalt herbeiführen kann und soll; sofern der Beschluss auf eine unmittelbare Rechtsänderung abzielt, tritt diese mit der Wirksamkeit des Beschlusses ein (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 39. Aufl. 2018, § 41 FamFG Rn. 2 f.). Dies gilt auch für gerichtliche Entscheidungen nach § 1671 BGB; diese sind rechtsgestaltend (BeckOGK/Fuchs, 1.8.2021, § 1671 BGB Rn. 419). Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 6. September 2021 stand damit die Personensorge für das Kind M. … aufgrund des sofort wirksamen und unmittelbar rechtsgestaltenden Beschlusses des Amtsgerichts … vom 8. Juli 2021 (…) der Antragstellerin alleine zu. Demgemäß war diese gemäß § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG die richtige Adressatin für eine Inanspruchnahme nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG.
An diesem Ergebnis vermag auch der Hinweis der Antragstellerseite auf den Beschluss des Oberlandesgerichts … vom 21. September 2021 (…) nichts zu ändern, mit dem dieses nach § 22 Abs. 2 Satz 2 FamFG deklaratorisch die – infolge der Rücknahme des durch die Antragstellerin gestellten Antrags auf Übertragung der Alleinsorge eingetretene – Unwirksamkeit der zuvor ergangenen amtsgerichtlichen Entscheidung festgestellt hat. Das Gericht verkennt insoweit nicht, dass die Antragsrücknahme – wie auch in anderen Prozess- bzw. Verfahrensordnungen – ex tunc wirkt, das Verfahren also als nicht anhängig geworden zu behandeln ist (Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 22 Rn. 16; Haußleiter/Gomille, FamFG, 2. Aufl. 2017, § 22 Rn. 11). Diese verfahrensrechtliche Rückwirkungsfiktion, die wiederum zur Folge hätte, dass die Personensorge für das Kind M. … gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB von Anfang an beiden Elternteilen gemeinschaftlich zugestanden hätte, kann indes auf das hier verfahrensgegenständliche Infektionsschutzrecht nicht uneingeschränkt übertragen werden. Denn die mit einer derartigen Rückwirkungsfiktion einhergehende Rechtsunsicherheit erscheint mit dem Regelungsziel des Infektionsschutzrechts kaum vereinbar. Dieses besteht gemäß § 1 Abs. 1 IfSG darin, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern, und ist damit auf die Ermöglichung einer effektiven Gefahrenabwehr gerichtet (BVerwG, U.v. 22.3.2012 − 3 C 16.11 – BVerwGE 142, 205 Rn. 32). Dieser Gesetzeszweck jedoch erscheint gefährdet, wenn eine – rein chronologisch betrachtet – erst nachträglich eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage vor dem Hintergrund einer prozess- bzw. verfahrensrechtlichen Rückwirkungsfiktion einer auf dem Gebiet des Sicherheitsrechts getroffenen behördlichen Maßnahme im Nachhinein die Grundlage entzöge. Dies gilt gleichermaßen in der vorliegenden Fallkonstellation. Die Antragsgegnerin hat in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 die Antragstellerin zur Beibringung eines geeigneten Nachweises über eine hinreichende Immunität ihres Sohnes gegen Masern oder alternativ über eine medizinische Kontraindikation einer derartigen Impfung verpflichtet und damit in Übereinstimmung mit § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG die seinerzeit – zumindest aus der ex-ante-Perspektive – allein personensorgeberechtigte Mutter des betroffenen Kindes in Anspruch genommen. Würde dieser zum damaligen Zeitpunkt rechtmäßigen Störerauswahl unter Bezugnahme auf eine prozess- bzw. verfahrensrechtliche Rückwirkungsfiktion im Nachgang die Grundlage entzogen, führte dies gleichsam zu einer Beeinträchtigung des mit dem Bescheid vom 6. September 2021 – ausweislich der zugehörigen Begründung – verfolgten Zwecks, die aus der Teilnahme eines nicht gegen Masern immunisierten Kindes am Schulunterricht resultierenden Gefahren möglichst zeitnah auszuräumen oder, sofern eine entsprechende Schutzimpfung aufgrund einer ärztlich dokumentierten medizinischen Kontraindikation im konkreten Einzelfall ausscheiden sollte, über diesen Umstand möglichst frühzeitig Klarheit zu erlangen.
(3) Ferner bestand zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 6. September 2021 eine fällige Pflicht zur Vorlage eines in § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG beschriebenen Nachweises.
Das Ergehen einer Aufforderung des Gesundheitsamts nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG setzt des Weiteren das Bestehen einer zu diesem Zeitpunkt fälligen Vorlagepflicht nach Maßgabe des § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG voraus (BT-Drs. 19/13452, 30; Gerhardt, IfSG, 5. Aufl. 2021, § 20 Rn. 116). Dies folgt zum einen aus der ausdrücklichen Bezugnahme des § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG auf die Bestimmung des § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG. Zum anderen bedarf es der hiermit bezweckten Kontrolle der Einhaltung der sich aus § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG ergebenden Verpflichtungen nur dann, wenn die betreffende Person tatsächlich einer entsprechenden Vorlagepflicht unterfällt und diese noch nicht in gehöriger Weise erfüllt hat.
Nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG haben unter anderem solche Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 3 IfSG betreut werden, vor Beginn ihrer Betreuung einen der dort genannten Nachweise vorzulegen; hierbei handelt es sich namentlich um (1.) eine Impfdokumentation nach § 22 Abs. 1 IfSG oder ein ärztliches Zeugnis, auch in Form einer Dokumentation nach § 26 Abs. 2 Satz 4 SGB V, darüber, dass bei ihnen ein nach Maßgabe von § 20 Abs. 8 Satz 2 IfSG ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht, (2.) ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bei ihnen eine Immunität gegen Masern vorliegt oder sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können, oder (3.) eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen in § 20 Abs. 8 Satz 1 IfSG genannten Einrichtung darüber, dass ein entsprechender Nachweis bereits vorgelegen hat. § 20 Abs. 10 Satz 1 IfSG schiebt diese Nachweispflicht für Personen, die am 1. März 2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 3 IfSG betreut wurden, auf den Ablauf des 31. Dezember 2021 hinaus.
In Anwendung dieser Bestimmungen bestand im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 6. September 2021 hinsichtlich des Kindes M. … eine – nach § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG durch die Antragstellerin zu erfüllende – fällige Nachweispflicht nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG. Wie bereits dargelegt, besucht dieses die …-(Grund-)Schule und damit eine Gemeinschaftseinrichtung im Sinne des § 33 Nr. 3 IfSG, in der überwiegend minderjährige Personen betreut werden. Da das Kind in dieser Einrichtung erst seit dem 16. Februar 2021 betreut wird, ist auch die Sonderregelung des § 20 Abs. 10 Satz 1 IfSG nicht anwendbar. Die Antragstellerin hatte diese Nachweispflicht zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses auch noch nicht in gehöriger Weise erfüllt. Ihr Sohn M. … hat bislang unstreitig nur eine erste Masernschutzimpfung erhalten, was gemäß § 20 Abs. 8 Satz 2 IfSG nur dann einen hinreichenden Masernimpfschutz begründet, wenn die Impfung – was hier weder vorgetragen noch ersichtlich ist – noch vor der Vollendung des zweiten Lebensjahres erfolgt ist. Mithin muss die Erbringung eines Nachweises nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 und 2 Alt. 1 IfSG von vorneherein ausscheiden. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte für die Erfüllung dieser Nachweispflicht durch eine entsprechende Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen Einrichtung im Sinne des § 20 Abs. 8 Satz 1 IfSG. In Betracht käme eine entsprechende Pflichterfüllung damit allein durch die Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses darüber, dass der Sohn der Antragstellerin aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann (§ 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG).
Auch ein ärztliches Zeugnis über eine medizinische Kontraindikation der Masernschutzimpfung bei ihrem Sohn M. … hat die Antragstellerin im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 6. September 2021 nicht beibringen können. So wurden in Bezug auf das hier relevante Kind M. … keinerlei ärztliche Bescheinigungen vorgelegt, aus denen eine Kontraindikation von Masernschutzimpfungen zu ersehen ist. Vielmehr ist nach Aktenlage und mangels gegenteiligen Sachvortrags der Antragstellerseite davon auszugehen, dass das Kind M. … bereits eine erste Masernschutzimpfung erhalten hat, ohne dass hierbei irgendwelchen Komplikationen aufgetreten wären. Die von der Antragstellerin allein vorgelegten Atteste der Fachärzte für Kinder und Jugendmedizin … und … vom 27. Oktober bzw. 4. Dezember 2020 beziehen sich dagegen ausschließlich auf den jüngeren Bruder C. … und bescheinigen auch nur diesem eine Erkrankung an Neurodermitis sowie Asthma bronchiale. Aus einer Erkrankung von Geschwistern – hier des C. … – kann jedoch nicht gleichsam auf eine medizinische Kontraindikation der Masernschutzimpfung bei dem zu impfenden Kind – hier dem M. … – geschlossen werden (ebenso SächsOVG, B.v. 5.5.2021 – 3 B 411/20 – juris Rn. 24). Dies gilt umso mehr, als es selbst mit Blick auf den Bruder C. … an hinreichend belastbaren Anhaltspunkten dafür mangelt, dass es sich bei dessen Neurodermitis-Erkrankung, die erstmals im Anschluss an eine am 10. Dezember 2014 verabreichte siebenfache Impfung – unter anderem gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis – aufgetreten sei, um eine kausale Impfreaktion handelt. Vielmehr stellt diese Annahme, die insbesondere auch in den ärztlichen Attesten vom 27. Oktober und 4. Dezember 2020 keinerlei Stütze findet, eine bloße Mutmaßung der Antragstellerin und des Kindsvaters dar. Als solche kann sie schon deshalb – zumal für das hier relevante Kind M. …, für das gerade keine Impfnebenwirkungen geltend gemacht wurden – keinen den Anforderungen des § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG entsprechenden Nachweis für eine medizinische Kontraindikation einer Masernschutzimpfung begründen.
(4) Zuletzt bestehen auch gegen die von der Antragsgegnerin auf der Rechtsfolgenseite getroffene Ermessensentscheidung, die Antragstellerin unter Fristsetzung bis zum 22. Oktober 2021 zur Einreichung eines Nachweises über eine Immunität ihres Sohnes M. … gegen Masern oder über eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen zu verpflichten, keine rechtlichen Bedenken.
Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG – wie vorliegend – erfüllt, so hat das Gesundheitsamt eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob und innerhalb welchen Zeitraums es die Vorlage eines entsprechenden Nachweises durch den Pflichtigen verlangt. Das Gesundheitsamt muss sein Ermessen pflichtgemäß ausüben und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten, wobei in besonderem Maße der durch die Vorlage letztlich bezweckte Schutz der Gesundheit vor einer Maserninfektion zu beachten ist (Gerhardt, IfSG, 5. Aufl. 2021, § 20 Rn. 119). Eine von der Behörde unter Beachtung dieser Grundsätze getroffene Ermessensentscheidung ist dabei gemäß § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich nur eingeschränkt, nämlich auf das Vorliegen spezifischer Ermessenfehler hin, überprüfbar.
Bei Anlegung dieser rechtlichen Maßstäbe ist die durch die Antragsgegnerin im Bescheid vom 6. September 2021 getroffene Ermessensentscheidung, die Antragstellerin bis zum 22. Oktober 2021 zur Vorlage eines Nachweises im Sinne des § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG zu verpflichten, nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat insoweit darauf abgestellt, dass der Sohn der Antragstellerin ohne Klärung seines Masernimpfschutzstatus als abstrakte Infektionsgefahr für die öffentliche Gesundheit betrachtet werden müsse. Sie hat dabei außerdem auf die – gemeinhin bekannte – hohe Ansteckungsgefahr sowie die möglichen schwerwiegenden Folgen einer Maserninfektion abgestellt und damit insbesondere dem mit der Bestimmung des § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG verfolgten Zweck des Gesundheitsschutzes hinreichend Rechnung getragen. Ferner hat sie die kollidierenden Grundrechte der Antragstellerin, das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete elterliche Erziehungsrecht, und ihres Sohnes, das Recht auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, in ihre Erwägung einbezogen und ist dabei in ermessenfehlerfreier Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass letztere hinter dem Ziel des Schutzes der Gesundheit der Allgemeinheit vor einer Masernerkrankung zurückzutreten haben. Dieser Entscheidung anhaftende spezifische Ermessensfehler vermag das Gericht nach alledem nicht zu erkennen, zumal solche auch von der Antragstellerseite nicht geltend gemacht wurden. Insbesondere kann im Hinblick auf diese umfassenden Ermessenserwägungen trotz der in den Gründen des Bescheids ungeschickt gewählten Formulierung, das Gesundheitsamt sei „gezwungen“, die Antragstellerin zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zur Vorlage von Nachweisen über einen ausreichenden Masernschutz oder das Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation bei deren Kind zu verpflichten, nicht vom Vorliegen eines Ermessensausfalls oder Ermessensnichtgebrauchs ausgegangen werden.
Auch mit Blick auf die von der Antragsgegnerin gesetzte Frist bis zum 22. Oktober 2021 – gerechnet vom Tag des Bescheiderlasses am 6. September 2021 sind dies mehr als sechs Wochen – sind spezifische Ermessensfehler nicht zu ersehen. Dabei ist unerheblich, dass der Bescheid vom 6. September 2021 vor dem Hintergrund eines der Antragsgegnerin als zuständiger Meldebehörde nicht mitgeteilten Wohnungswechsels erst am 25. September 2021 an die Antragstellerin zugestellt werden konnte und dieser damit ab Bekanntgabe nur mehr ein Zeitraum von etwas mehr als drei Wochen zur Beibringung der geforderten Nachweise zur Verfügung stand. Dieser Zeitraum erscheint mit Blick auf das Kind M. … jedenfalls deshalb ausreichend, weil dieses nach Aktenlage bereits eine erste Masernschutzimpfung erhalten hat und damit nur mehr die Zweitimpfung durchgeführt werden braucht. Unabhängig davon war die Verpflichtung zur Vorlage eines Nachweises nach § 20 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. Abs. 13 Satz 1 IfSG bereits mit dem Beginn der Betreuung des Kindes M. … in der … Schule am 16. Februar 2021 unmittelbar kraft Gesetzes entstanden; es hätte also bereits zu diesem Zeitpunkt – wenn auch gegenüber der Schulleitung und nicht gegenüber dem Gesundheitsamt – ein entsprechender Nachweis einer (vollständigen) Impfung bzw. Immunität gegen Masern oder einer medizinische Kontraindikation der Masernschutzimpfung vorliegen müssen. Des Weiteren war die Antragstellerin bereits mit Schreiben des Gesundheitsamts der Antragsgegnerin vom 18. Mai 2021 unter Fristsetzung bis zum 25. Juni 2021 zur Erfüllung der aus § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG resultierenden Nachweispflicht aufgefordert und diese Frist durch Schreiben vom 20. Juli 2021 nochmals bis zum 3. September 2021 verlängert worden, wobei explizit auf den andernfalls drohenden Erlass eines Bescheids nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG hingewiesen wurde. Der Antragstellerin wäre es daher ohne Weiteres möglich gewesen, das Kind M. … das erforderliche zweite Mal gegen Masern impfen zu lassen. Nach alledem erscheint für die Erfüllung der Nachweispflicht eine Frist von zehn Tagen grundsätzlich angemessen (ebenso Gerhardt, IfSG, 5. Aufl. 2021, § 20 Rn. 120; Kießling/Gebhard, IfSG, 2. Aufl. 2021, § 20 Rn. 61). Eine solche Zeitspanne stand der Antragstellerin vorliegend auch unter Berücksichtigung der erst am 25. September 2021 erfolgten Zustellung des Bescheids vom 6. September 2021 unproblematisch zur Verfügung.
b) Als voraussichtlich rechtswidrig erweist sich demgegenüber die in Ziffer 2 des Bescheids vom 6. September 2021 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung.
Rechtsgrundlage für die Androhung des Zwangsgelds ist Art. 36 i.V.m. Art. 31 VwZVG. Nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen, wenn dieser die Pflicht zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nicht, nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt, durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten. Der Charakter der Zwangsgeldandrohung bedingt notwendig, dass der in die Pflicht Genommene rechtlich und auch tatsächlich in die Lage versetzt sein muss, die ihm im konkreten Einzelfall auferlegte Rechtspflicht zur Vornahme einer Handlung, zu einer Duldung oder zu einer Unterlassung innerhalb der gesetzten Frist zu erfüllen. Hängt nämlich die Pflichterfüllung nicht (nur) vom Willen und der Möglichkeit zur Einflussnahme des Pflichtigen ab, sondern – allein oder daneben – von anderen Gegebenheiten, die außerhalb der ihm zurechenbaren Sphäre liegen, so kann die Zwangsgeldandrohung, die insoweit im Ergebnis auf etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gerichtet ist, naturgemäß ihre Zielsetzung nicht entfalten (BayVGH, U.v. 27.5.1993 – 24 B 90.1654 – juris Rn. 19). Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldandrohung ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung in der Tatsacheninstanz (BVerwG, U.v. 14.3.2006 – 1 C 3.05 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 14.4.2020 – 1 CS 20.143 – juris Rn. 10).
Dies zugrunde gelegt, erweist sich die zur Vollstreckung der der Antragstellerin in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 auferlegten Handlungspflicht ausgesprochene Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig. Denn der Antragstellerin ist eine Erfüllung dieser Verpflichtung im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtlich unmöglich. Da – wie oben dargelegt – im Fall des Kindes M. … keine Anhaltspunkte für eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen ersichtlich sind, wird die Antragstellerin der durch die Antragsgegnerin auferlegten Verpflichtung (wohl) nur durch die Vorlage einer Impfdokumentation nach § 22 Abs. 1 IfSG bzw. eines ärztlichen Zeugnisses darüber, dass bei ihrem Sohn M. … ein nach Maßgabe von § 20 Abs. 8 Satz 2 IfSG ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht (§ 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 IfSG) oder eine Immunität gegen Masern vorliegt (§ 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 IfSG), nachkommen können. Einen solchen Nachweis wird die Antragstellerin indes nur dann vorlegen können, wenn ihr Sohn zuvor auch noch eine zweite Masernschutzimpfung erhalten hat. Die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen gegen Infektionskrankheiten stellt jedoch eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind im Sinne des § 1628 BGB dar (BGH, B.v. 3.5.2017 – XII ZB 157/16 – NJW 2017, 2826 Rn. 17 ff.) und kann daher bei gemeinsamer elterlicher Sorge nicht einseitig von einem Elternteil gegen den Willen des anderen Elternteils getroffen werden.
So ist auch die hier zu entscheidende Sachverhaltskonstellation gelagert. Zum für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung stand die elterliche Sorge für das Kind M. …der Antragstellerin und ihrem Ehemann, dem Kindsvater, gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB gemeinschaftlich zu. Wie bereits dargelegt, hatte die Antragstellerin ihren zuvor beim Amtsgericht … gestellten Antrag auf Übertragung der Alleinsorge für ihren Sohn M. …, dem dieses Gericht mit Beschluss vom 8. Juli 2021 (* …*) zunächst entsprochen hatte, im Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht … zurückgenommen, woraufhin letzteres mit Beschluss vom 21. September 2021 (…) deklaratorisch die Unwirksamkeit der zuvor ergangenen amtsgerichtlichen Entscheidung festgestellt hatte. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung war es der Antragstellerin daher aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich, eine (zweite) Masernschutzimpfung ihres Sohnes M. … gegen den Willen des ebenfalls sorgeberechtigten Kindsvaters durchzusetzen, der eine derartige Immunisierung seines Sohnes nach den unbestrittenen Angaben der Antragsschrift gleichermaßen ablehnt.
In einem solchen Fall muss daher auch der andere Elternteil selbst, gegebenenfalls unter Androhung von Zwangsmitteln, aufgefordert werden, den ihn nach § 20 Abs. 9 Satz 1 und Abs. 13 Satz 1 IfSG treffenden Verpflichtungen – gemeinschaftlich mit dem bereits beschiedenen sorgeberechtigten Elternteil – nachzukommen. Die zuständige Behörde darf sich in dieser Konstellation grundsätzlich nicht darauf beschränken, nur den zuvor nach Maßgabe von § 20 Abs. 12 Satz 1 und Abs. 13 Satz 1 IfSG in Anspruch genommenen sorgeberechtigten Elternteil mit Mitteln der Verwaltungsvollstreckung zur Einhaltung der Nachweispflichten anzuhalten und es diesem zu überlassen, erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme familiengerichtlichen Rechtsschutzes nach § 1628 BGB den entgegenstehenden Willen des anderen sorgeberechtigten Elternteils zu überwinden. Zum einen ist der Rechtsschutz nach § 1628 BGB auf die gerichtliche Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten der Sorgeberechtigten ausgerichtet. Hieran fehlt es jedoch, wenn beide Sorgeberechtigte den sich aus § 20 Abs. 9 Satz 1 und Abs. 13 Satz 1 IfSG ergebenden Pflichten nicht nachzukommen beabsichtigen und sich der gemäß § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG zum Nachweis der Erfüllung dieser Verpflichtung aufgeforderte Elternteil dieser behördlichen Anordnung unter Umständen nur deshalb beugen wird, um drohende Vollstreckungshandlungen abzuwenden. Zum anderen ist die (mittelbare) Durchsetzung der sich aus dem Infektionsschutzrecht ergebenden Pflichten keine familiengerichtliche Angelegenheit, sondern eine solche der zuständigen Behörde. Dieser wird es im Regelfall auch ohne Schwierigkeiten möglich sein, gegenüber beiden Sorgeberechtigten eine Anordnung zur Einhaltung der sie treffenden Pflicht im Hinblick auf den Masernschutz ihres minderjährigen Kindes zu erlassen (siehe zum Ganzen: OVG LSA, B.v. 21.10.2021 – 3 M 134/21 – juris Rn. 12).
Vorliegend bedeutet dies, dass die der Antragstellerin in Ziffer 1 des Bescheids vom 6. September 2021 auferlegte Pflicht, einen Nachweis über eine Immunität ihres Sohnes M. … gegen Masern oder über eine medizinische Kontraindikation von Masernschutzimpfungen beim Gesundheitsamt der Antragsgegnerin vorzulegen, nur dann im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden kann, wenn zuvor auch gegenüber dem ebenfalls personensorgeberechtigten und impfunwilligen Kindsvater ein Bescheid entsprechenden Inhalts ergeht. Andernfalls besteht ein rechtliches Vollzugshindernis (OVG LSA, B.v. 21.10.2021 – 3 M 134/21 – juris Rn. 12).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach hat das Gericht bei jeweils anteiligem Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten die Möglichkeit, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben, wovon vorliegend Gebrauch gemacht wurde.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Das Gericht orientiert sich dabei an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel die Hälfte des Streitwerts im Hauptsacheverfahren beträgt.
4. Der Antrag auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes war abzulehnen, weil es die anwaltlich vertretene Antragstellerin trotz schriftsätzlicher Ankündigung versäumt hat, die gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO notwendige Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechender Belege bis zum Abschluss der Instanz bei Gericht vorzulegen. Wenn ein Antragsteller im Eilverfahren anwaltlich vertreten ist und die Vorlage der PKH-Erklärung von ihm angekündigt, aber bis zum Abschluss der Instanz nicht vorgelegt wird, kann das Gericht den Antrag auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Fehlens dieser Erklärung auch ohne die Setzung einer Nachfrist ablehnen (BayLSG, B.v. 22.6.2017 – L 7 AS 329/17 B ER – juris Rn. 23). Besondere Umstände, aufgrund derer vorliegend von diesem Grundsatz abzuweichen wäre, sind nicht ersichtlich.
Zu Ziffer 1 bis 3 gilt folgende


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