Verwaltungsrecht

Berechungsverfahren zur Sitzverteilung

Aktenzeichen  B 9 E 20.658

Datum:
27.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21098
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
GO Art. 33 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Eine nach Ausschussgrößen differenzierende Festlegung des Berechnungsverfahrens für die Sitzverteilung ist jedenfalls dann unzulässig, wenn für die konkrete Ausgestaltung kein sachlicher Grund vorliegt.
2. Ein solcher sachlicher Grund kann bei Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens vorliegen, wenn es im Ergebnis zu einer sog. Überaufrundung kommt (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159).
3. Darüberhinausgehend ist eine Differenzierung nach Ausschussgrößen nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen vorstellbar; der sachliche Grund hierfür muss sich nicht nur auf Differenzierung an sich, sondern auch auf die konkret gewählte Grenze der Mitgliederzahl beziehen.

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über die Besetzung der Ausschüsse ihres Stadtrats mit elf oder mehr Mitgliedern unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts bis spätestens zum 15. Oktober 2020 erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner 1/3, die Antragsgegnerin 2/3.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Besetzung der Ausschüsse des Stadtrates der Antragsgegnerin.
Aufgrund der Kommunalwahl am 15. März 2020 hat sich für den aus insgesamt 44 ehrenamtlichen Stadträten bestehenden Stadtrat der Antragsgegnerin folgende Zusammensetzung ergeben:
Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. (CSU)
10 Sitze
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
8 Sitze
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE)
8 Sitze
FREIE WÄHLER Bayern/Bayreuther Gemeinschaft – Freie Wähler e.V. (BG)
7 Sitze
Junges Bayreuth (JB)
3 Sitze
Freie Demokratische Partei (FDP)
2 Sitze
Die Unabhängigen (DU)
2 Sitze
Alternative für Deutschland (AfD)
2 Sitze
DIE LINKE
1 Sitz
Frauenliste Bayreuth (FL)
1 Sitz
Die Antragsteller sind die beiden Stadträte, die der AfD angehören.
Am 13. Mai 2020 fand die konstituierende Sitzung des Stadtrates der Antragsgegnerin statt. Unter TOP 4 wurde dabei mitgeteilt, dass dem Oberbürgermeister die Bildung folgender Stadtratsfraktionen angezeigt wurde:
CSU
10 Mitglieder
22,73% der Sitze
SPD (zusammen mit DIE LINKE)
9 Mitglieder
20,45% der Sitze
Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen
8 Mitglieder
18,18% der Sitze
Bayreuther Gemeinschaft – Freie Wähler
7 Mitglieder
15,91% der Sitze
FDP/DU/FL
5 Mitglieder
11,36% der Sitze
Junges Bayreuth
3 Mitglieder
6,82% der Sitze
Die Antragsteller, die über 4,55% der Sitze im Stadtrat verfügen, haben keine Fraktion gebildet und gehören keiner Ausschussgemeinschaft an.
Unter TOP 6 wurde die Gemeindesatzung der Antragsgegnerin beschlossen. Deren § 2 Abs. 2 lautet folgendermaßen:
„Der Stadtrat bestellt ständige Ausschüsse in folgender Stärke:
1. Ältestenausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
2. Bauausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
3. Haupt- und Finanzausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
4. Kulturausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
5. Personalausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
6. Sozialausschuss (10 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
7. Steuerausschuss (7 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
8. Umweltausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
9. Verkehrsausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
10. Konzessionsvergabeausschuss (16 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)
11. Rechnungsprüfungsausschuss (7 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder)“
Zu TOP 7 – Erlass der Geschäftsordnung für den Stadtrat Bayreuth 2020-2026 – lagen unter anderem ein Antrag von drei Stadträten der Fraktion „Bayreuther Gemeinschaft – Freie Wähler“ vom 23. April 2020 vor. Mit diesem wurde beantragt, § 5 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindesatzung (gemeint: Geschäftsordnung) dahingehend zu ändern, dass für die Besetzung der Ausschüsse das d’Hondt‘sche Verfahren Anwendung finden solle. Begründet wurde dieser Antrag wie folgt:
„Schon in seiner Entscheidung des 2. Senats vom 24.11.1988 (BvC 4/88) hat das Bundesverfassungsgericht 1988 entschieden, dass keinem Verteilungsverfahren (dort Niemeyer/d‘Hondt) prinzipiell der Vorzug zu geben sei. Aus dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit ließen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eines der genannten Systeme für die Berechnung und Verteilung der Mandate den Vorzug verdient. Unter diesen Umständen sei es der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen, für welches System er sich entscheiden will.
Gleiches gilt für den Vergleich zwischen dem in der letzten Legislaturperiode angewendeten Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers und dem d’Hondtschen Verfahren. Es ist also dem Stadtrat überlassen, diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen.
Weiter begründet sich unser Antrag auf den Umstand, dass das d’Hondtsche Verfahren im Gegensatz zum Sainte-Lague/Schepers Verfahren größere Parteien gegenüber kleineren Parteien bevorzugt. Insbesondere bei einer Kommunalwahl wird dieses Verfahren dem Grundsatz der Wahlgerechtigkeit gerechter, da die mit den meisten Sitzen in dem Gremium vertretenen Fraktionen auch entsprechend in den Ausschüssen und Gremien vertreten sein sollten.
Der „Benachteiligung“ der kleineren Parteien kann gerade im kommunalen Bereich dadurch Rechnung getragen werden, dass der Weg von Zusammenschlüssen gegangen wird.
Dass gerade Letzteres in der nun anstehenden Periode der Weg sein sollte, auch kleineren Gruppierungen gerecht zu werden, ist aus Sicht der Antragsteller vor dem Hintergrund, dass nunmehr auch eine Gruppierung in den Stadtrat gewählt wurde, mit der bisher keine der anderen vertretenen Gruppierungen bereit ist, eine Ausschussgemeinschaft zu bilden, relevant.
Hier zeigt sich in der Freiheit zur Bildung oder aber Nichtbildung von Ausschussgemeinschaften, dass ein legaler Weg zur Verfügung steht, sich von Gruppierungen die sich weit von den demokratischen Mehrheitsansichten der anderen Gruppierungen entfernt haben, zu distanzieren.
In Zeiten, in denen Teile der Partei AfD vom Bundesverfassungsschutz beobachtet werden und beispielsweise auf die Corona-Krise seitens der AfD nur so reagiert wurde, dass gesagt wurde, hier sei nun der Beweis erbracht, dass man Grenzen schließen könne, erscheint uns ein solches Vorgehen zweckmäßig.
Selbstverständlich könnten sich derartige zu kritisierende Äußerungen noch nahezu beliebig aufzählen lassenStellvertretend sei auf den „Fliegenschiss“ und das Verhalten von Landtagsabgeordneten der AfD bzgl. der Gedenkminute für den ermordeten Herrn Regierungspräsident Lübcke erinnert.
Wir halten ein solches klares Zeichen gleich zu Beginn der Legislaturperiode für sinnvoll und notwendig.“
Des Weiteren lag zu TOP 7 der Sitzung vom 13. Mai 2020 ein Antrag der Fraktion „Junges Bayreuth“ vom 4. Mai 2020 vor, der dahin ging, in § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung vorzusehen, dass für Gremien, in welchen 12 oder mehr ehrenamtliche Stadtratsmitglieder entsendet werden, das d’Hondt’sche Verfahren, im Übrigen das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren angewendet werden solle. Eine Begründung enthielt der Antrag nicht.
Ausweislich der Niederschrift der Stadtratssitzung vom 13. Mai 2020 wurde der Antrag der drei Stadträte der Fraktion „Bayreuther Gemeinschaft – Freie Wähler“ vom 23. April 2020 zurückgezogen. Der Antrag der Fraktion „Junges Bayreuth“ wurde dahingehend modifiziert, dass das d’Hondt’sche Verfahren für Gremien mit elf (statt zwölf) oder mehr ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern Anwendung finden solle. Der so geänderte Antrag wurde in namentlicher Abstimmung mit 28 gegen 16 Stimmen – u.a. gegen die Stimmen der Antragsteller – beschlossen. § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Stadtrates der Antragsgegnerin hat damit folgenden Wortlaut:
„Die Verteilung der Sitze erfolgt nach Fraktionen, Ausschussgemeinschaften und Gruppen. Es findet hierbei für Gremien, in welche elf oder mehr ehrenamtliche Stadtratsmitglieder entsandt werden, das d’Hondtsche Verfahren Anwendung. Für alle weiteren Gremien findet das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren Anwendung. Haben dabei mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, so entscheidet die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Wird durch den Austritt oder Übertritt von Stadtratsmitgliedern oder den Zusammenschluss von Parteien oder Wählergruppen zu einer Fraktion oder Ausschussgemeinschaft das ursprüngliche Stärkeverhältnis der im Stadtrat vertretenen Fraktionen, Ausschussgemeinschaften und Gruppen verändert, so sind diese Änderungen in den Ausschüssen und in Aufsichtsräten nach Satz 2 auszugleichen; haben danach mehrere Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften Anspruch auf einen Sitz, so entscheidet das Los.“
§ 3 der in der Sitzung vom 13. Mai 2020 beschlossenen Geschäftsordnung hat folgenden Wortlaut:
㤠3 Fraktionsbildung
(1) Die Stadtratsmitglieder können sich zu Fraktionen zusammenschließen, wobei als Fraktion nur Vereinigungen von mindesten drei Mitgliedern gelten.
(2) Die Stadtratsmitglieder können jeweils nur einer Fraktion angehören.
(3) Die Bildung und Bezeichnung der Fraktionen sowie deren Vorsitzende und ihre Stellvertreter/-innen sind dem Oberbürgermeister mitzuteilen; diese unterrichtet den Stadtrat.
(4) Einzelne Stadtratsmitglieder und kleine Gruppen, die aufgrund ihrer eigenen Stärke keine Vertretung in den Ausschüssen und Aufsichtsräten erreichen würden, können sich zur Entsendung gemeinsamer Vertreter/-innen in die Ausschüsse und Aufsichtsräte zusammenschließen (Ausschussgemeinschaften: Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO).
(5) Über die den Fraktionen zur Verfügung gestellten Mittel legen die Fraktionen jährlich bis spätestens 30.06. des Folgejahres Rechnung. Die Rechnungslegung der Fraktionen wird auf den Internetseiten der Stadt Bayreuth veröffentlicht.“
In § 8 Abs. 1 der Geschäftsordnung ist Folgendes geregelt:
„Der Jugendausschuss setzt sich wie folgt zusammen:
Stimmberechtigte Mitglieder
1 Vorsitzende/-r
8 ehrenamtliche Stadtratsmitglieder
3 Vertreter/-innen der Wohlfahrtsverbände
3 Vertreter/-innen des Stadtjugendringes
…“
Unter TOP 10 der Sitzung erfolgte die Besetzung der Ausschüsse des Stadtrates der Antragsgegnerin. Dabei entfielen bei den Ausschüssen mit 16 Mitgliedern (Ältestenausschuss, Bauausschuss, Haupt- und Finanzausschuss, Kulturausschuss, Personalausschuss, Umweltausschuss, Verkehrsausschuss und Konzessionsvergabeausschuss) unter Anwendung des d’Hondt‘schen Verfahrens jeweils folgende Anzahl an Sitzen auf die Fraktionen:
CSU
4 Sitze
25,00% der Ausschusssitze
SPD
3 Sitze
18,75% der Ausschusssitze
Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen
3 Sitze
18,75% der Ausschusssitze
Bayreuther Gemeinschaft – Freie Wähler
3 Sitze
18,75% der Ausschusssitze
FDP/DU/FL
2 Sitze
12,50% der Ausschusssitze
Junges Bayreuth
1 Sitz
6,25% der Ausschusssitze
Auf die Antragsteller entfiel dementsprechend keiner der Ausschusssitze.
Die zehn Sitze des Sozialausschusses entfielen unter Anwendung des Verfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers folgendermaßen auf die Fraktionen:
CSU
2 Sitze
20,00% der Ausschusssitze
SPD
2 Sitze
20,00% der Ausschusssitze
Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen
2 Sitze
20,00% der Ausschusssitze
Bayreuther Gemeinschaft – Freie Wähler
2 Sitze
20,00% der Ausschusssitze
FDP/DU/FL
1 Sitze
10,00% der Ausschusssitze
Junges Bayreuth
1 Sitz
10,00% der Ausschusssitze
Auf die Antragsteller entfiel dementsprechend keiner der Ausschusssitze.
Die jeweils sieben Sitze des Steuer- und Rechnungsprüfungsausschusses wurden ebenfalls nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren wie folgt auf die Fraktionen verteilt:
CSU
2 Sitze
28,57% der Ausschusssitze
SPD
2 Sitze
28,57% der Ausschusssitze
Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen
1 Sitze
14,29% der Ausschusssitze
Bayreuther Gemeinschaft – Freie Wähler
1 Sitze
14,29% der Ausschusssitze
FDP/DU/FL
1 Sitze
14,29% der Ausschusssitze
Auf den jeweils siebten Sitz in diesen Ausschüssen hätten nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren die SPD-Fraktion und die Fraktion „Junges Bayreuth“ den gleichen Anspruch gehabt. Ausweislich der Niederschrift der Sitzung vom 13. Mai 2020 wurde hierzu ein Losverfahren durchgeführt. In beiden Fällen entfiel das Los auf die SPD-Fraktion. Auf die Antragsteller entfiel dementsprechend keiner der Ausschusssitze.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27. Juli 2020 erhoben die Antragsteller Klage gegen die Antragsgegnerin (B 9 K 20.659) mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verurteilen, die am 13. Mai 2020 vorgenommene Besetzung der Ausschüsse ihres Stadtrates zu wiederholen und dergestalt nach Maßgabe der Urteilsgründe zu ändern, dass die Antragsteller in den Ausschüssen gemäß ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Stadträte vertreten sind. Zugleich beantragten sie im Wege der einstweiligen Anordnung,
I. die Antragsgegnerin einstweilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, die am 13. Mai 2020 vorgenommene Besetzung der Ausschüsse ihres Stadtrates zu wiederholen und dergestalt nach Maßgabe der Urteilsgründe zu ändern, dass die Antragsteller in den Ausschüssen gemäß ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Stadträte vertreten sind;
II. die Beschlüsse des Stadtrates der Antragsgegnerin vom 13. Mai 2020 werden einstweilen bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache insoweit aufgehoben als diese der Verpflichtung unter I. widersprechen.
Nach der früheren Geschäftsordnung für den Stadtrat der Antragsgegnerin sei primär das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren zur Anwendung gekommen, hilfsweise, wenn im Einzelfall mehrere Parteien oder Wählergruppen Anspruch auf einen Ausschusssitz gehabt hätten, sei auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen abgestellt worden. Für Ausschüsse mit elf oder mehr Mitgliedern solle nach der am 13. Mai 2020 beschlossenen Geschäftsordnung nunmehr aber das Verfahren nach d’Hondt angewandt werden, um die Antragsteller auszugrenzen und das Wahlergebnis deutlich zu verzerren. Bis zu einer Ausschussgröße von elf Mitgliedern würden nur Ausschusssitze der AfD eliminiert, während die aus drei Stadträten bestehende Fraktion „Junges Bayreuth“ vollen Zugriff bei Anwendung des Sainte-Laguë/Schepers-Verfahrens bei geringeren Ausschussgrößen behalte. Noch in der Sitzung vom 13. Mai 2020 sei die Grenze für die Anwendung des d’Hondt’sche Verfahrens von zwölf auf elf korrigiert worden, um zu verhindern, dass der Fraktion „Junges Bayreuth“ ein Ausschusssitz verloren gehe. Aus dem Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung vom 23. April 2020 der Fraktion „Junges Bayreuth“ ergebe sich, dass die Änderung des Ausschussbesetzungsverfahrens dazu diene, die Partei der Antragsteller zu bekämpfen.
Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, da es sich um eine kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeit handele. Die Antragsteller seien klage- und antragsbefugt, da sie geltend machen könnten, in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten aus Art. 33 Abs. 1 der Gemeindeordnung (GO) verletzt zu werden und eine Verletzung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit von Ausschüssen als Ausfluss des Demokratiegebotes möglich erscheine. Der Antrag sei nach dem Rechtsträgerprinzip gegen die Antragsgegnerin als Rechtsträger ihres Stadtrates zu richten. Es werde angeregt, den Stadtrat, hilfsweise die übrigen Stadtratsmitglieder beizuladen. Statthaft sei hier nur der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, da die streitgegenständlichen Entscheidungen keine Verwaltungsakte darstellten. Es sei im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller auch nicht erforderlich, dass diese sich zuvor an die Kommunalaufsicht wenden würden.
Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO. Danach hätten die Antragsteller als Gruppe bei der Besetzung der Ausschüsse berücksichtigt werden müssen. Dies sei nicht geschehen, weil die Geschäftsordnung mit dem Ziel geändert worden sei, zu verhindern, dass die Antragsteller in einem Ausschuss vertreten seien. Jedenfalls habe aber die am 13. Mai 2020 beschlossene Geschäftsordnung objektiv diese Wirkung. Ein solcher Totalausschluss sei nach der Rechtsprechung aber unzulässig. Der derzeitige Zustand führe dazu, dass nicht sichergestellt sei, dass die im Stadtrat bestehende Meinungsvielfalt auch in den Ausschüssen zum Ausdruck komme. Zudem folge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Anspruch der Antragsteller auf Berücksichtigung bei der Ausschussbesetzung aus dem Demokratieprinzip. Ein solches Recht stehe nicht nur Fraktionen, sondern auch Gruppen, die aufgrund ihrer zu geringen Größe keine Fraktion bilden könnten, zu. Das früher vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof herangezogene Kriterium einer „ansehnlich großen Gruppe“ finde sich in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Recht nicht, unabhängig davon wäre es im Fall der Antragsteller jedoch erfüllt. Ähnliches folge auch aus den verfassungsrechtlichen Grenzen der Organisationautonomie der Landesparlamente, wie sie sich beispielsweise aus der Rechtsprechung des Rheinland-Pfälzischen Verfassungsgerichtshofes ergäben. Danach sei insbesondere eine willkürliche Festlegung der Größe und Besetzung der Fachausschüsse bzw. eine Regelung, die im Ergebnis zu einer völligen Entleerung von Teilhabe- und Mitwirkungsrechten einer Fraktion führe, unzulässig. Ein solcher Fall liege auch hier vor.
Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache für die Antragsteller unzumutbar sei. In dieser Zeit wären die Antragsteller gezwungen, auf eine angemessene Vertretung in den Ausschüssen zu verzichten. Da aber fast alle wichtigen Entscheidungen in den Ausschüssen maßgeblich vorberaten würden und dort wichtige Informationen mitgeteilt würden, die durch die wesentlich später zur Verfügung stehenden Sitzungsprotokolle nicht kompensiert werden könnten, sei dies für die Antragsteller nicht hinzunehmen. Sie wären sonst in gravierendem Umfang an der Ausübung ihrer kommunalverfassungsrechtlichen Aufgaben gehindert. Zudem mache eine rechtswidrige Ausschussbesetzung im Grundsatz jeden Gemeinderatsbeschluss anfechtbar, insbesondere, wenn ein Ausschuss dem Plenum eine Vorlage mit nur einer Stimme Mehrheit zur Abstimmung empfohlen habe und auch die Abstimmung im Plenum sehr knapp ausfalle. Ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung drohten daher eine Vielzahl rechtswidriger Ausschuss- und Plenumsentscheidungen, wodurch das Allgemeinwohl gefährdet werde. Zudem stünden im Stadtrat der Antragsgegnerin in naher Zukunft sehr teure, politisch hochumstrittene Abstimmungen mit langfristiger Wirkung an (wird näher ausgeführt). Hierbei komme es vor allem auf eine Mitwirkung im Rechnungsprüfungsausschuss an.
Es entspreche einhelliger Meinung, dass an den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO geringere Anforderungen zu stellen seien als an eine solche nach § 47 Abs. 6 VwGO. Selbst bei in der Hauptsache offenen Erfolgsaussichten müsse eine Interessenabwägung zugunsten der Antragsteller ausfallen. Denn auch wenn sich nachträglich herausstelle, dass die Klage in der Hauptsache abzuweisen sei, entstehe in der Zwischenzeit kein nennenswerter Schaden, da die Ausschüsse in dieser Zeit rechtmäßig besetzt gewesen seien. Die Ausschussbesetzung könne nach einer Klageabweisung in der Hauptsache problemlos korrigiert werden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Berücksichtigung der Antragsteller in den Ausschüssen nur und ausschließlich zu Lasten einer nur aus einer Person bestehenden Gruppierung im Stadtrat gehen würde, die dann gar nicht mehr in den Ausschüssen vertreten sei.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2020 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig, da es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der streitgegenständliche Beschluss des Stadtrates sei am 13. Mai 2020 erfolgt. Danach hätten regelmäßig Ausschusssitzungen stattgefunden, in denen zahlreiche Beschlüsse und Gutachten gefasst worden seien; die gefassten Beschlüsse seien auch größtenteils bereits vollzogen worden. Der Antrag der Antragsteller sei aber erst etwa zweieinhalb Monate später bei Gericht eingegangen. Wenn es den Antragstellern um eine möglichst schnelle Korrektur der Ausschutzbesetzung ginge, so hätten sie unverzüglich nach dem 13. Mai 2020 das Verwaltungsgericht anrufen können und müssen.
Es fehle darüber hinaus aber auch ein Anordnungsgrund. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 8 der Geschäftsordnung des Stadtrates finde in der Ferienzeit vom 1. August bis 11. September 2020 lediglich eine Ferienausschusssitzung, nicht aber die herkömmlichen Ausschusssitzungen statt.
Es werde ausdrücklich bestritten, dass die Stimmen der Antragsteller in den Ausschüssen des Stadtrates entscheidend gewesen wären. Sämtliche Beschlüsse und Gutachten, die seit dem 13. Mai 2020 gefasst worden seien, seien einstimmig oder mit ganz überwiegender Mehrheit getroffen worden. Zudem sei von nicht ordnungsgemäßen Folgebeschlüssen der Ausschüsse wegen einer vermeintlich fehlerhaften Ausschussbesetzung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit auszugehen, was hier nicht der Fall sei. Im Vorfeld der Sitzung vom 13. Mai 2020 sei das von der Fraktion „Junges Bayreuth“ beantragte Sitzverteilungsverfahren unter Heranziehung von Kommentarliteratur geprüft worden. Danach sei das gewählte Verfahren zulässig. Das von Antragstellerseite angeführte mögliche Informationsdefizit aufgrund einer fehlenden Vertretung in den Ausschüssen bestehe nicht. Die Mitglieder des Stadtrates hätten stets ein Teilnahmerecht an (auch nichtöffentlichen) Ausschusssitzungen. Die nicht einem Ausschuss angehörenden Fraktionen und Gruppierungen würden von den jeweiligen Sitzungen zuvor durch Übersendung einer Tagesordnung informiert. Zwar hätten die Antragsteller ohne Ausschusssitz in diesen Sitzungen kein Stimm-, Rede- oder Fragerecht. Sie könnten gleichwohl von ihrem Antragsrecht nach § 15 der Geschäftsordnung Gebrauch machen. Solche Anträge dürften Stadtratsmitglieder auch ohne Ausschusssitz in der jeweiligen Sitzung im Detail begründen und mitberaten, § 5 Abs. 6 und 7 der Geschäftsordnung. Auch insoweit erfolge vorab eine Übersendung der Tagesordnung der Ausschusssitzung an die betroffenen Stadtratsmitglieder. Die Geschäftsordnung des Stadtrates gewähre somit ein „Mehr“ gegenüber der Gemeindeordnung. Stadtratsmitglieder könnten zudem ohne Ausschusssitz als „Berater“ im Einzelfall hinzugezogen werden. Auch Gruppierungen, die keinen Fraktionsstatus hätten, würden künftig zu Fraktionsvorsitzendenbesprechungen des Oberbürgermeisters eingeladen.
Der von den Antragstellern gezogene Vergleich zu den Grundsätzen des Deutschen Bundestages sei unzutreffend. Bei diesem handele es sich um ein legislatives Parlament, während der Stadtrat ein kollektives Verwaltungsorgan sei, auf das diese Sonderregelungen aufgrund der gesetzlichen Struktur und des Gewaltenteilungsprinzips nicht anwendbar seien.
Es mangele außerdem an einem Anordnungsanspruch: Die gewählte Sitzverteilung verstoße weder gegen Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO, noch gegen das Demokratieprinzip. Letztlich führten die Antragsteller eine Ergebniskontrolle anhand ihres Anteils an den Sitzen des gesamten Stadtrates durch und leiteten hieraus einen Anspruch auf eine gewisse Mindestzahl an Sitzen in den jeweiligen Ausschüssen ab. Die Prüfung des Spiegelbildlichkeitsgebotes aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO habe aber nicht lediglich anhand eines Vergleichs der Meinungsvielfalt im Stadtrat und den Ausschüssen zu erfolgen; sie verenge sich vielmehr auf die Frage nach einer verfassungskonformen Auswahl und Durchführung der Sitzverteilung. Die Rechtsprechung erfordere keine „Mindestanzahl“ von Ausschusssitzen für eine Gruppierung im Stadtrat. Es sei zunächst die Wahl des Berechnungsverfahrens zu prüfen und – bei der Wahl des d’Hondt’sche Verfahrens – eine „Endkontrolle“ hinsichtlich einer „Überaufrundung“ vorzunehmen. Es sei aber hinzunehmen, dass die eine oder andere Gruppe bei der Zuteilung der Ausschusssitze nicht zum Zuge komme. Auch unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes ergebe sich hierauf bzw. auf die Wahl eines bestimmten Berechnungsverfahrens kein Anspruch. Die Umstellung auf eine Kombination aus d’Hondt- und Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren sei nicht zu beanstanden. Die Beweggründe hierfür seien unerheblich. Der von Antragstellerseite unterstellte „politische Racheakt“ werde zudem bestritten. Das Gebot der Spiegelbildlichkeit verlange, dass den Stärkeverhältnissen im Stadtrat Rechnung getragen werde. Die Frage der Auswahl des Berechnungsverfahrens sei daher dem Stadtrat im Rahmen seiner Organisationskompetenz und demokratischen und politischen Entscheidungsgewalt überlassen. Außerdem führe keines der anerkannten mathematischen Berechnungsverfahren zu einer exakten Spiegelbildlichkeit. Auch die Anknüpfung an die Größe des Ausschusses für die Wahl des Besetzungsverfahrens sei nicht rechtswidrig. Die Größe des Gremiums sei ein wertungs- und damit willkürfreies Kriterium. Es sei anerkannt, dass eine Differenzierung nach Ausschussgröße und Anwendung unterschiedlicher Besetzungsverfahren zulässig sei. Zudem entspreche die Regelung in § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung auch der von der Rechtsprechung geforderten und verfassungsrechtlich gebotenen „Endkontrolle“. Maßgeblich hierfür sei das Kriterium der „Überaufrundung“. Danach sei die Anwendung des d’Hondt’sche Verfahrens ausgeschlossen, wenn dieses im Einzelfall dazu führe, dass eine Fraktion durch eine „Überaufrundung“ zu Lasten einer anderen Fraktion überrepräsentiert werde und dies durch ein alternatives Verfahren (z.B. Hare/Niemeyer oder Sainte-Laguë/Schepers) vermieden werden könne ohne dass es dabei zu einer Unterrepräsentation anderer Fraktionen komme.
Soweit es um Ausschüsse mit zehn oder weniger Mitgliedern gehe, stehe den Antragstellern ohnehin nach keiner Berechnungsmethode ein Sitz zu. Bei Ausschüssen mit elf oder mehr Mitgliedern sei das d’Hondt’sche Verfahren jedoch angemessen, eine „Überaufrundung“ finde hier gerade nicht statt. Dies sei vor der Beschlussfassung am 13. Mai 2020 überprüft worden. Der Stadtrat habe damit eine im Rahmen seiner Organisationshoheit liegende, rechtmäßige und willkürfreie Entscheidung getroffen. Keine Gruppierung habe einen Anspruch darauf, dass das für sie günstigste Besetzungsverfahren verwendet werde. Die Antragsteller hätten außerdem die Möglichkeit gehabt, im Wege einer Ausschussgemeinschaft nach § 33 Abs. 1 Satz 5 GO einen Ausschusssitz zu erlangen. Die von Antragstellerseite angeführten anstehenden bedeutenden Entscheidungen seien ohnehin dem Stadtrat vorbehalten. Soweit die Antragsteller vor allem auf die Wichtigkeit einer Teilnahme am Rechnungsprüfungsausschuss abstellten, sei darauf zu verweisen, dass es sich hierbei um einen Ausschuss mit sieben Mitgliedern handele, bei dem die Antragsteller nach keinem Berechnungsverfahren einen Sitz erhalten hätten.
Der Antragstellerbevollmächtigte erwiderte hierauf unter dem 18. August 2020, es sei für die Verteilung der Ausschusssitze nicht auf den Stimmenanteil der Antragsteller bei der Kommunalwahl, sondern auf ihren Anteil an den Sitzen im Stadtrat abzustellen. Dem Antrag mangele es nicht wegen einer zu späten Antragstellung am Rechtsschutzbedürfnis, die Suche nach einer qualifizierten anwaltlichen Vertretung habe entsprechende Zeit in Anspruch genommen. Die Antragsteller hätten unmittelbar nach der Entscheidung des Stadtrates eine gerichtliche Überprüfung angekündigt. Auch deshalb lägen die Voraussetzungen einer Verwirkung des Antragsrechts nicht vor. Die Dringlichkeit des Antrages entfalle nicht wegen der Ferienzeit, die nur wenige Wochen dauere.
Es werde bestritten, dass die von Antragsgegnerseite herangezogene Kommentarliteratur, die ein nach Ausschussgröße differenziertes Berechnungsverfahren als zulässig ansehe, die in der Literatur vorherrschende Auffassung darstelle. Sie beziehe sich zudem auf eine hier nicht vorliegende Fallgestaltung eines Verstoßes gegen Art. 31 Abs. 3 GO. Die Antragsgegnerin verkenne vielmehr die insoweit einschlägige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und könne nicht behaupten, nicht grob fahrlässig zu handeln. Die dort aufgestellten Grundsätze zu einer „Endkontrolle“ insbesondere aus der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs seien erkennbar verletzt. Die Ziele der Neugestaltung der Ausschusssitzverteilung seien sehr wohl relevant und stellten ein weiteres Indiz für mindestens grobe Fahrlässigkeit der Antragsgegnerin dar.
Die Antragsgegnerin könne nicht darauf verweisen, dass es sich nicht ausgewirkt habe, dass die Antragsteller nicht in den Ausschüssen des Stadtrates vertreten gewesen seien. Denn eine andere Ausschusszusammensetzung hätte zu anderen Anträgen und Beratungen in den Ausschüssen führen können, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass sämtliche bisherigen Entscheidungen in den Ausschüssen in gleicher Weise getroffen worden wären. Der von Antragsgegnerseite angeführte Ausgleich des Informationsdefizits der nicht in den Ausschüssen vertretenen Antragsteller gehe fehl bzw. falle praktisch nicht ins Gewicht. So seien die Antragsteller auch über drei Monate nach Beginn der Wahlperiode zu keiner Fraktionsvorsitzendenbesprechung des Oberbürgermeisters eingeladen worden.
Die Antragsgegnerin leugne zu Unrecht, dass die Grundsätze aus Art. 20 Abs. 2 und Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auch auf die kommunale Ebene Anwendung fänden. Diese seien vielmehr Grundlage des Spiegelbildlichkeitsgebotes für kommunale Gremien, im Übrigen werde auf Art. 12 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV) verwiesen. Dem Spiegelbildlichkeitsgebot komme Verfassungsrang zu. Die verschiedenen Berechnungsverfahren führten nicht aus sich heraus zu rechtmäßigen Ergebnissen. Vorliegend könne jede Fraktion, jede Gruppe und jeder Einzelstadtrat, der sich einer Fraktion oder Gruppe anschließe, durch eine entsprechende Kombination aus Ausschussgröße und Berechnungssystem in den Ausschüssen vertreten sein, ohne dass es zu einer Überaufrundung komme.
Es werde ebenso bestritten, dass es anerkannt sei, dass der Stadtrat nicht bei allen Ausschüssen das selbe Berechnungsverfahren anwenden müsse, sondern nach Ausschussgröße differenzieren könne. Diese Rechtsfrage sei in der Rechtsprechung bislang ungeklärt und in der Literatur umstritten. Es gehe fehl, wenn die Antragsgegnerin darauf verweise, dass der Rechnungsprüfungsausschuss nur aus sieben Personen bestehe. Jedenfalls die Kombination aus unterschiedlichen Ausschussgrößen und Berechnungsverfahren verfolge das Ziel, den Antragstellern jeglichen Ausschusssitz zu verwehren. Der Anteil der Antragsteller an den Sitzen des Stadtrates von 4,5% sei nicht so gering, dass er bei der Ausschussbesetzung unberücksichtigt bleiben könne. Dies gelte umso mehr, da die nächstkleinere Fraktion bei dem gewählten Verfahren Ausschusssitze erhalte, während die Antragsteller „passgenau“ ausgeschlossen würden. Damit sei die Differenzierung nach Ausschussgrößen gerade nicht wertungsfrei. Eine Überaufrundung müsse dadurch qualifiziert gesehen werden, dass (nur) eine Gruppierung auf „Null“ falle. Wären die Antragsteller in den Ausschüssen vertreten, käme es auch nicht zu einer Unterrepräsentation der anderen Fraktionen und Gruppen. Es werde darauf verwiesen, dass die Antragsteller etwa genauso viele Wählerstimmen wie DIE LINKE und die Frauenliste zusammen erhalten hätten, die nur über Fraktionszusammenschlüsse Ausschusssitze erhalten hätten.
Soweit die Antragsgegnerin darauf verweise, dass große Projekte auch im Plenum des Stadtrates entschieden würden, gehe dies an der Praxis vorbei, entsprechende Angelegenheiten in den Ausschüssen entscheidend vorzuberaten. Den Antragstellern könne auch nicht vorgehalten werden, sie hätten ihre Möglichkeiten zur Bildung einer Ausschussgemeinschaft nicht wahrgenommen. Vielmehr sei ihnen dies von allen anderen Parteien verweigert worden.
Der Antragstellerbevollmächtigte legte unter anderem den Ausdruck eines Artikels des Internet-Portals „Bayreuther Tagblatt“ vom 14. Mai 2020 vor. Darin heißt es insbesondere:
„Auf Nachfrage des Bayreuther Tagblatt erklärt der Fraktionsvorsitzende des Jungen Bayreuths, … den Antrag seiner Fraktion. ‚Die AfD war nicht der Grund für die Änderung‘, sagt …

Der Grund für den BG-Antrag habe wohl darin gelegen, dass die Ausschüsse ohne die Zersplitterung besser arbeiten könnten, mutmaßt … Die Konsequenz daraus wäre gewesen, dass die Fraktion des Jungen Bayreuths in keinem der Ausschüsse gesessen hätte. Dies habe seinen Partei durch den Antrag zu ändern versucht.“
Mit Schriftsatz vom 26. August 2020 führte die Antragsgegnerin hierzu aus, dass es der herrschenden Meinung entspreche, dass die Beschlüsse eines fehlerhaft besetzten Ausschusses wirksam blieben. Zudem könne der Antragsgegnerin keine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgeworfen werden, sie habe sich vor der konstituierenden Sitzung ausgiebig mit Rechtsprechung und Kommentarliteratur auseinandergesetzt, die entscheidungserhebliche Frage sei aber bislang nicht gerichtlich geprüft worden. Die Größe der Ausschüsse sei rechtmäßig bestimmt worden. Art. 33 GO garantiere nicht jeder kleinsten Fraktion oder Gruppierung einen Anspruch auf einen Ausschusssitz. Die Bestimmung der Ausschussgröße liege vielmehr in der Organisationshoheit des Stadtrats. Sie sei hier gegenüber der vorhergehenden Wahlperiode unverändert geblieben, da sich die gewählten Größen für eine effektive Ausschussarbeit bewährt hätten. Die Spiegelbildlichkeit sei insoweit gewährleistet. Die Antragsteller hätten die Möglichkeit des Zusammenschlusses zu Ausschussgemeinschaften nicht genutzt bzw. dies nicht einmal versucht. Sie könnten daher nicht verlangen, dass Ausschussgröße und Berechnungsverfahren nach ihren Wünschen festgelegt werden. Auch in der Vergangenheit seien verschiedene Berechnungsverfahren zur Anwendung gekommen, so habe man von Mai 2008 bis Juli 2018 das d’Hondt’sche Verfahren und danach bis April 2020 das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren verwendet. 2002 habe man das d’Hondt’sche Verfahren für Ausschüsse und das Verfahren nach Hare-Niemeyer für Aufsichtsräte angewandt. Nun habe man aufgrund des sachlichen Kriteriums der Ausschussgröße differenziert. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin sei bewährt und nicht neu eingeführt. Die Geschäftsordnung gewährleiste zudem, dass auch kleine Gruppen oder Einzelpersonen ausreichend Informationen erhalten, um effektiv im Stadtrat arbeiten zu können.
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist eröffnet, der Antrag zulässig, er hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.
1. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben. Dazu zählen auch Innenrechtsstreitigkeiten zwischen Organen oder Organteilen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts um deren Befugnisse und damit insbesondere auch – wie hier – ein Kommunalverfassungsstreit um die Organbefugnisse eines Gemeinderates (vgl. Rennert in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, § 40 Rn. 15 m.w.N.).
2. Der Antrag ist zulässig.
a) Die Antragsteller sind als Mitglieder des Stadtrates der Antragsgegnerin entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da sie geltend machen können, möglicherweise in ihrem Recht aus Art. 30 Abs. 1 GO auf Zuteilung von Ausschusssitzen entsprechend ihrer Stärke im gesamten Stadtrat (vgl. BayVGH, U.v. 26.11.1954 – 91 IV 54 -VGH n.F. 8, 5 ff.) verletzt zu sein.
b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist auch im Hinblick auf § 123 Abs. 5 VwGO statthaft. In der Hauptsache ist eine allgemeine Leistungsklage statthaft, da der streitgegenständliche Stadtratsbeschluss zur Besetzung der Ausschüsse mangels Außenwirkung keinen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) darstellt (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 33 GO Rn. 35 m.w.N.).
c) Den Antragstellern kann nicht im Hinblick darauf, dass sie ihren Antrag erst etwa zweieinhalb Monate nach der konstituierenden Sitzung des Stadtrates gestellt haben, ein Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Das Rechtsschutzbedürfnis ist ungeschriebene, aber allgemein anerkannte Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts. Unter ihm ist das Interesse eines Rechtsschutzsuchenden zu verstehen, zur Erreichung des begehrten Rechtsschutzes ein Gericht in Anspruch nehmen zu dürfen. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klage- oder Antragsmöglichkeiten müssen die Gerichte nicht zur Verfügung stehen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist letztlich Ausfluss des allgemeinen Verbots eines Missbrauchs prozessualer Rechte (vgl. Rennert in Eyermann, 15. Aufl. 2019, Vor §§ 40-53 Rn. 11; Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 38. EL Januar 2020, Vorbemerkung § 40 Rn. 74 f.; jeweils m.w.N.). An einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt es insbesondere dann, wenn ein Recht entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben verspätet geltend gemacht wird. Das Klage- bzw. Antragsrecht kann in solchen Fällen fehlen, weil es bereits verwirkt ist. Dies setzt aber einerseits voraus, dass der Berechtigte sein Klage- oder Antragsrecht lange Zeit nicht ausgeübt hat, weswegen der Prozessgegner darauf vertrauen durfte, dass ein gerichtliches Vorgehen nicht mehr erfolgen werde (Vertrauensgrundlage). Andererseits muss der Prozessgegner dieses Vertrauen tatsächlich gefasst haben (Vertrauenstatbestand) und sich entsprechend eingerichtet haben, sodass ihm durch die nunmehr rege Ausübung des Klage- bzw. Antragsrecht ein unzumutbarer Nachteil entstünde (Vertrauensbetätigung) (vgl. BVerwG, U.v. 7.2.1974 – III C 115.71 – BVerwGE 44, 339; B.v. 9.12.1992 – 6 P 16.91 – BVerwGE 91, 276; U.v. 9.12.1998 – 3 C 1.98 – BVerwGE 108, 93; BayVGH, U.v. 7.8.2001 – 8 A 01.40004 – juris Rn. 21). Eine Verwirkung kommt i.d.R. nur in Betracht, wenn keine Rechtsbehelfsfristen laufen (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 38. EL Januar 2020, Vorbemerkung § 40 Rn. 105 m.w.N.). Vorliegend ist zwar der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nicht fristgebunden. Allerdings kann in der Zeitspanne von zweieinhalb Monaten zwischen der konstituierenden Sitzung des Stadtrates und der Antragstellung, in der bereits mehrfach Ausschusssitzungen stattfanden, schon im Hinblick auf die Gesamtdauer der Wahlperiode von 2020 bis 2026 und die in dieser Zeitspanne noch anstehenden Ausschusssitzungen kaum eine hinreichende Vertrauensgrundlage gesehen werden. Jedenfalls bestand aber für die Antragsgegnerin angesichts der öffentlichen Äußerungen der Antragsteller, dass sie sich rechtliche Schritte vorbehielten, keine Grundlage dafür, darauf zu vertrauen, dass die Antragsteller auf die gerichtliche Geltendmachung ihrer Rechte verzichten würden. Eine Verwirkung des Antragsrechts ist vor diesem Hintergrund nicht anzunehmen.
3. Der Antrag erweist sich jedoch nur teilweise als begründet. Er hat in der Sache Erfolg, soweit die Antragsteller die Besetzung der Ausschüsse mit elf oder mehr Mitgliedern rügen, im Übrigen ist er unbegründet.
a) Richtige Antragsgegnerin ist hier die Stadt Bayreuth als Rechtsträgerin des Stadtrates (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.1989 – 4 CE 89.2120 – NVwZ-RR 1990, 99 m.w.N.).
b) Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO. Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch, dass in einem Organstreit eine Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie mit der getroffenen einstweiligen Anordnung erfolgt, nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann. In einem Organstreit ist im Gegensatz zum Außenrechtsstreit nicht über Individualrechte, sondern über innerorganisatorische Kompetenzen zu entscheiden. Diese sind den Antragstellern nicht um ihrer selbst willen, sondern im Interesse der Gemeinde zugewiesen und daher weder aus den Grundrechten herzuleiten, noch im Schutzbereich der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) angesiedelt. Gemessen daran kommt es für den Anordnungsgrund in einem Organstreit nicht auf die subjektive Betroffenheit des jeweiligen Antragstellers, sondern darauf an, ob die einstweilige Anordnung im Interesse der Körperschaft objektiv notwendig bzw. – bei einer Vorwegnahme der Hauptsache – unabweisbar erscheint. Entscheidend für die Vorwegnahme der Hauptsache ist neben der Bedeutung der konkreten Angelegenheit für die Gemeinde vor allem der Rang des Rechtssatzes, dessen Verletzung durch die einstweilige Anordnung abgewendet werden soll (vgl. OVG NW, B.v. 20.7.1992 – 15 B 1643/92 – juris Rn. 42 ff. m.w.N.). Im vorliegenden Verfahren kommt jedoch jede mögliche Entscheidung faktisch einer Entscheidung in der Hauptsache gleich, da die Teilnahme an Ausschusssitzungen nicht nachholbar wäre und dort gefasste Beschlüsse zwar möglicherweise rechtswidrig, aber wohl trotzdem wirksam wären (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 33 GO Rn. 26 f., ebenso Mösbauer, KommunalPraxis BY 2001, 296). Daher ist ein besonders strenger Maßstab an die Glaubhaftmachung des Anspruchs der Antragsteller, mithin die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache, anzusetzen.
c) Die Antragsteller haben einen Anordnungsgrund und damit die Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung glaubhaft i.S.d. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO gemacht. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn die Voraussetzungen nach § 123 Abs. 1 VwGO für die einstweilige Anordnung vorliegen (Happ in Eyermann, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 53), d.h. im Falle der Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wenn die Regelung nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Es stellt für die Antragsteller einen wesentlichen Nachteil dar, wenn sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu Unrecht gezwungen wären, auf einen ihr zustehenden Sitz in den Ausschüssen des Stadtrates der Antragsgegnerin zu verzichten und so wesentliche kommunalpolitische Einflussmöglichkeiten verlieren würden. Dabei können die Antragsteller nicht lediglich darauf verwiesen werden, dass ihr Informationsdefizit, das gegebenenfalls aus der fehlenden Ausschussmitgliedschaft herrührt, auf andere Weise kompensiert werden könne. Maßgeblich sind vielmehr Mitwirkungsmöglichkeiten an der kommunalpolitischen Willensbildung, die rechtlich an die Mitgliedschaft in den jeweiligen Ausschüssen geknüpft sind. Dass in der nach Art. 32 Abs. 4 Satz 1 GO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 8 der Geschäftsordnung des Stadtrats geregelten Ferienzeit von 1. August bis 11. September 2020 keine Ausschusssitzungen stattfinden, ändert an der Eilbedürftigkeit nichts, da auch in dieser Zeit keine Entscheidung in der Hauptsache zu erwarten wäre.
d) Hinsichtlich der Ausschüsse des Stadtrates mit elf oder mehr Mitgliedern (Ältestenausschuss, Bauausschuss, Haupt- und Finanzausschuss, Kulturausschuss, Personalausschuss, Umweltausschuss, Verkehrsausschuss und Konzessionsvergabeausschuss) haben die Antragsteller auch einen Anordnungsanspruch i.S.d. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht.
aa) Nach Art. 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO regelt der Gemeinderat die Zusammensetzung der Ausschüsse in seiner Geschäftsordnung; dabei hat er dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Sowohl die Entscheidung über die Bildung von Ausschüssen, ihre Größe (soweit nicht bereits gesetzlich geregelt) als auch das bei der Besetzung anzuwendende Verfahren sind Ausfluss der Organisationskompetenz des Gemeinderats als kollegialem Verwaltungsorgan der Selbstverwaltungskörperschaft. Begrenzt wird diese Autonomie aber durch Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO, der eine Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen erfordert (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 13). Daraus folgt das Spiegelbildlichkeitsgebot, demzufolge jeder Ausschuss in seiner Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild des Gemeinderates darstellen muss (vgl. grundlegend BayVGH, U.v. 26.11.1954 – 91 IV 54 -VGH n.F. 8, 5 ff.).
bb) Die Bestimmung der Ausschussgröße hat die notwendige Effektivität der Ausschussarbeit zu berücksichtigen. Ausschüsse als spezialisierte Unterorgane des Gemeinderats dienen der Beschleunigung der im Plenum vergleichsweise umständlichen Willensbildung, der darin liegende Entlastungseffekt nimmt jedoch mit zunehmender Ausschussgröße ab. Daher muss die Zahl der Sitze nicht zwingend so bemessen werden, dass selbst kleinste Fraktionen oder Gruppen in den Ausschüssen vertreten sind (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 – 8 C 17.08 – juris Rn. 29). Es obliegt vielmehr der kommunalpolitischen Einschätzung des Gemeinderats, bis zu welcher Größe eine zügige und sachgerechte Ausschussarbeit noch möglich erscheint (vgl. BVerfG, U.v. 13.2.2008 – 2 BvK 1/07 – BVerfGE 120, 82/121). Das Spiegelbildlichkeitsgebot wirkt dabei nur insoweit limitierend, als die Mitgliederzahl eines Ausschusses nicht so gering bemessen werden darf, dass ansehnlich große Fraktionen und Gruppen von vornherein von der Vertretung im Ausschuss ausgeschlossen werden; aus Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO folgt insoweit nur ein Verbot grober Verzerrungen (BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Hieran gemessen ergeben sich unter Berücksichtigung des weiten Organisationsermessens des Stadtrats keine rechtlichen Bedenken allein wegen der Größe der Ausschüsse des Stadtrats der Antragsgegnerin. Diese entspricht ausweislich der Sitzungsvorlage zu TOP 6 der konstituierenden Sitzung der Größe der vorhergehenden Wahlperiode. Die in § 2 Abs. 2 der Gemeindesatzung geregelten Größen der Ausschüsse sind auch nicht auffallend klein gewählt, so dass eine Benachteiligung der Antragsteller allein durch die Ausschussgröße naheliegend wäre (zum Vergleich etwa VG Ansbach, B.v. 5.6.2020 – AN 4 E 20.973 zum Stadtrat der Stadt Nürnberg, der aus 70 Mitgliedern besteht und in seiner Geschäftsordnung bestimmt hat, dass die Ausschüsse aus 14 Mitgliedern bestehen). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Rechnungsprüfungsausschuss der Antragsgegnerin mit sieben Mitgliedern die nach Art. 103 Abs. 2 GO maximal zulässige Anzahl an Mitgliedern hat. Auch der Jugendausschuss hat mit insgesamt 15 stimmberechtigten Mitgliedern die nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) die höchstzulässige Mitgliederzahl. Insoweit hat die Antragstellerseite auch nichts vorgetragen oder glaubhaft gemacht, was für eine Verletzung von Rechten der Antragsteller allein aufgrund der gewählten Größe der Ausschüsse sprechen würde.
cc) Anders ist dies für die Wahl des Berechnungsverfahrens zur Verteilung der Ausschusssitze zu sehen: Eine gesetzliche Vorgabe eines bestimmten Verfahrens enthält die Gemeindeordnung (anders als etwa Art. 35 Abs. 2 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes – GLKrWG) nicht. Daher hat der Gemeinderat insoweit grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Es entspricht dabei ständiger Rechtsprechung, dass die drei gebräuchlichen Verfahren nach d’Hondt, Sainte-Laguë/Schepers und Hare-Niemeyer dem Gebot der Wahlgleichheit nach Maßgabe des verbesserten Verhältniswahlrechts entsprechen und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (vgl. BayVerfGH, E.v. 10.6.1994 – Vf. 11-VII-94 – VerfGH 47, 154/156; BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 16; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 33 GO Rn. 17; Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, 30. EL Februar 2020, Art. 33 Rn. 10 ff.; jeweils m.w.N.). Grundsätzlich ist damit auch eine Entscheidung eines Gemeinderates für das d’Hondt‘sche Höchstzahlverfahren nicht zu beanstanden (BayVGH, U.v. 8.5.1968 – 284 VI 67 – BayVBl 1968, 324; U.v. 5.3.1986 – 4 B 85 A.2589 – BayVBl 1986, 366; U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 16).
Wegen der Unteilbarkeit von Menschen und Ausschusssitzen müssen die bei proporzgerechter Übertragung der Kräfteverhältnisse aus dem Plenum auf die (gewählte) Ausschussgröße (also der Anzahl der Gemeinderatssitze der Fraktion multipliziert mit der Gesamtzahl der Ausschusssitze geteilt durch die Gesamtzahl der Gemeinderatssitze) typischerweise auftretenden Teilungsreste (Dezimalbrüche) aufgelöst werden. Dazu stehen verschiedene mathematische Verfahren zur Verfügung: Entweder werden auf der Grundlage der strengen Proportionalberechnung im Anschluss an die Sitzvergabe nach ganzen Zahlen die restlichen Ausschusssitze im zweiten Schritt nach der Größe der Dezimalreste verteilt (so z.B. Hare-Niemeyer) oder es wird die Reihenfolge der Zugriffe auf die Ausschusssitze für die einzelnen Fraktionen über Rangmaßzahlen bzw. Höchstzahlen definiert (so d’Hondt mit fortlaufenden und Sainte-Laguë/Schepers nur mit ungeraden Höchstzahlen). Sobald bei der strengen Proportionalberechnung Dezimalzahlen auftreten und angesichts der sachgesetzlichen Forderung nach ganzzahligen Ergebnissen ein Rundungsbedarf besteht, können die verschiedenen Verfahren zu unterschiedlichen Resultaten führen. Tendenziell ist festzustellen, dass das d’Hondt’sche Verfahren eher größere Fraktionen bevorzugt, während das Restverteilungsverfahren eher die Minderheiten begünstigt und deren Beteiligung am demokratischen Prozess fördert (BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 17 m.w.N.). Die insoweit geäußerte Kritik am d’Hondt’sche Verfahren (vgl. Rauber, NVwZ 2014, 626) ändert nichts an der für den Gemeinderat grundsätzlich bestehenden Wahlfreiheit. Es gibt weder einen Anspruch auf Anwendung eines bestimmten Zählverfahrens noch einen Billigkeitsgrundsatz dahingehend, dass Parteien oder Ausschussgemeinschaften durch die Wahl eines passenden Auswahlverfahrens so (über) repräsentiert werden müssten, dass auch sie einen Ausschusssitz erhalten können (BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 4 ZB 16.1815 – juris Rn. 12 ff. m.w.N.). Solche Billigkeitserwägungen würden mangels einer eindeutigen Abgrenzbarkeit im Übrigen auch keinen brauchbaren Maßstab darstellen (BayVGH, U.v. 5.3.1986 – 4 B 85 A.2589 – BayVBl 1986, 366/367). Der Kommunalgesetzgeber hat, nachdem sich mit keinem der Verfahren eine exakte Spiegelbildlichkeit der Sitzverteilung erreichen lässt, ebenso wie der Verfassungsgeber darauf verzichtet, die örtlichen Volksvertretungen auf die Wahl des jeweils „bestmöglichen“ Verfahrens festzulegen. Erst recht besteht danach keine Verpflichtung, den kleinen Gruppen im Gemeinderat durch die Wahl eines sie besonders begünstigenden Auswahlverfahrens die Entsendung von Vertretern in die Ausschüsse zu ermöglichen (BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 4 CE 20.1442 – Rn. 21 m.w.N.).
Die Antragsgegnerin hat sich hier jedoch nicht für ein Berechnungsverfahren zur Vergabe sämtlicher Ausschusssitze entschieden, sondern nach der Größe der Ausschüsse differenziert. Ob eine solche Regelung zulässig ist, ist in der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bislang nicht geklärt. In der Literatur werden hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten (für eine generelle Unzulässigkeit Rehmsmeier, KommunalPraxis BY 2002, 324; M. Wolff in BeckOK Kommunalrecht Bayern, Dietlein/Suerbaum, 6. Edition, Stand 1.6.2020, Art. 33 GO Rn. 5a; Wachsmuth in Praxis der Kommunalverwaltung – Bayern, Gemeindeordnung, Stand Juli 2019, Art. 33 GO Erl. 3.2; Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, 30. EL Februar 2020, Art. 33 Rn. 10; einschränkend Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung, Stand September 2019, Art. 33 GO Erl. 1.2.2; ähnlich auch BayStMI, IMS vom 30.4.2004 – IB1-1413.1-28).
Nach Auffassung der Kammer ist eine nach Ausschussgröße differenzierende Festlegung des Berechnungsverfahrens für die Sitzverteilung jedenfalls dann unzulässig, wenn hierfür kein sachlicher Grund vorliegt. Generell birgt die Wahl unterschiedlicher Verfahren für die Besetzung der Ausschüsse die Gefahr, dass unsachliche, nicht vom Grundsatz des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO gedeckte Entscheidungskriterien die Besetzung der Ausschüsse beeinflussen; das Berechnungsverfahren könnte damit zum Spielball politischer Einflussnahmen werden (so zutreffend Rehmsmeier, KommunalPraxis BY 2002, 324). Hinter der oben geschilderten grundsätzlichen Wahlfreiheit des Gemeinderats für ein Berechnungsverfahren steht – anders als bei der von Effektivitätsüberlegungen zu steuernden Wahl der Ausschussgröße – kein materielles Substrat. Diese Wahlmöglichkeit ist nur die Folge begrenzter Umsetzbarkeit des Spiegelbildlichkeitsgebots in den – in der Praxis freilich zumeist vorliegenden und daher die bisherige Rechtsprechung prägenden – Fallkonstellationen, in denen aufgrund der zahlenmäßigen Gegebenheiten die Auswahl nach d’Hondt, SainteLaguë/Schepers oder Hare-Niemeyer zu wechselseitig begünstigenden und belastenden Rundungsfehlern zwischen den Fraktionen bzw. Gruppen führten. Nur in diesen Fällen stößt der strikte Normbefehl des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO an seine immanenten Grenzen, so dass die Rechtsprechung dem Gemeinderat die Auswahl für ein Verfahren überlassen und keinen Raum für Billigkeitserwägungen mit Blick auf einen Gesamtfehlerabgleich der beiden Verfahren gesehen hat (BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 25). Somit sind die verschiedenen Berechnungsverfahren lediglich unterschiedliche Möglichkeiten, sich einem mathematisch exakten Proporz anzunähern. Dabei ist jedes Verfahren – je nach Perspektive – zwingend mit Vor- und Nachteilen bzw. Ungenauigkeiten verbunden, die jedoch in Kauf genommen werden müssen. Die Wahlfreiheit des Gemeinderats besteht in diesen Fallkonstellationen also lediglich darin, eine Methode auszuwählen, um sich dem mathematisch exakten Proporz anzunähern; jedes Berechnungsverfahren bleibt dabei aber in gewisser Weise unzureichend. Eine materielle Begründung der Wahl eines bestimmten Verfahrens unter Billigkeitsgesichtspunkten oder anderen, qualitativen Kriterien ist insoweit objektiv nicht möglich. Vor diesem Hintergrund bedarf aber die Festlegung unterschiedlicher Berechnungsverfahren für verschiedene Ausschüsse unabhängig vom Maßstab der Differenzierung einer besonderen Begründung. Denn letztlich bedeutet die Anwendung unterschiedlicher Berechnungsverfahren die Anwendung unterschiedlicher, auf die eine oder andere Weise im Hinblick auf die Erreichung eines exakten Proporzes unzulänglicher Verfahren. Es ist auch unter Berücksichtigung der Organisations- und Selbstverwaltungshoheit des Gemeinderates mit dem Willkürverbot grundsätzlich nicht vereinbar, für bestimmte Ausschüsse ein Verfahren mit bestimmten Vor- und Nachteilen, für andere Ausschüsse dagegen ein anderes Verfahren mit anderen Vor- und Nachteilen anzuwenden und so jeweils unterschiedliche Fraktionen oder Gruppen zu begünstigen oder zu benachteiligen. Die Begünstigung oder Benachteiligung lässt sich grundsätzlich nur dadurch rechtfertigen, dass alle Berechnungsverfahren mit immanenten Schwächen behaftet sind und keines davon einen mathematisch exakten Proporz abbilden kann. Eine Differenzierung bei der Wahl des Berechnungsverfahrens für verschiedene Ausschüsse würde aber letztlich bedeuten, die Begünstigung oder Benachteiligung und damit die Schwächen der verschiedenen Verfahren zu vervielfachen. Der Gemeinderat muss sich daher im Rahmen seiner Wahlfreiheit grundsätzlich für ein Berechnungsmodell entscheiden, dessen mathematische Unzulänglichkeiten er für akzeptabel erachtet.
Dies schließt aber nicht aus, dass im Einzelfall dennoch ausreichende sachliche Gründe für eine Differenzierung vorliegen. Solche können etwa bei der Anwendung des d’Hondt’sche Verfahrens darin liegen, dass diese Berechnungsmethode im Ergebnis zu einer sogenannten Überaufrundung und damit einer mit dem Spiegelbildlichkeitsgebot unvereinbaren Überrepräsentation einer Fraktion oder Gruppe führt. In einem solchen Fall scheidet die Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens aus, wenn andere Verfahren nicht eine Unterrepräsentation einer anderen Fraktion oder Gruppe zur Folge haben (vgl. dazu BayVGH, U.v. 17.3.2004 – 4 BV 03.1159 – juris Rn. 19 ff.). Insoweit läge ein sachlicher Grund für die Anwendung unterschiedlicher Berechnungsverfahren bei verschiedenen Ausschüssen vor (so auch BayStMI, IMS vom 30.4.2004 – IB1-1413.1-28). Diese Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor; auch bei Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens kommt es bei den Ausschüssen mit elf oder mehr Mitgliedern zu keiner Überaufrundung im oben genannten Sinne. Auch der von Antragsgegnerseite angeführten Kommentarliteratur (Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung, Stand September 2019, Art. 33 GO Erl. 1.2.2) lässt sich nicht entnehmen, dass insoweit eine unbeschränkte Wahlfreiheit des Gemeinderates für eine differenzierte Festlegung der Berechnungsverfahren befürwortet würde. Vielmehr wird auch dort ausdrücklich auf die Rechtsprechung zur Überaufrundung als einem Beispiel für eine begründbare Differenzierung Bezug genommen und ansonsten darauf verwiesen, dass eine unterschiedliche Behandlung von Ausschüssen gleicher Ausschussstärke jedenfalls kaum sachlich begründbar sei.
dd) In welchen Fällen darüber hinaus ebenfalls anerkennenswerte sachliche Gründe für eine Differenzierung der Berechnungsverfahren vorliegen können, ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend zu klären. Es dürfte sich insoweit aber nach obigen Ausführungen um sehr eng begrenzte Ausnahmen handeln, die vor allem auf mathematischen Besonderheiten des Einzelfalls beruhen. Im vorliegenden Fall ist jedenfalls festzustellen, dass von Antragsgegnerseite keine hinreichenden Gründe für die vorgenommene unterschiedliche Festlegung der Berechnungsmethoden glaubhaft gemacht oder auch nur dargelegt worden sind. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass die Ausschussgröße als neutrales Kriterium einen sachlichen Grund für die Differenzierung darstelle, greift dies zu kurz. Denn maßgeblich ist nicht nur die Frage, ob überhaupt unterschiedliche Berechnungsverfahren zur Anwendung kommen, sondern vor allem auch, wie dies geschieht. Erforderlich wäre also ein sachlicher Grund für die hier konkret gewählte Grenze von elf oder mehr Ausschussmitgliedern für das jeweilige Berechnungsverfahren. Insoweit spricht jedoch viel dafür, dass mit § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Stadtrats das Verfahren für die Verteilung der Ausschusssitze einseitig zu Lasten der Antragsteller und damit willkürlich geregelt wurde. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist es auch nicht so, dass die Beweggründe für die Wahl des Berechnungsverfahrens gänzlich unerheblich wären. Vielmehr sind die in der Geschäftsordnung des Gemeinderats getroffene Organisations- oder Verfahrensregelungen nach allgemeiner Auffassung willkürlich und daher unzulässig, wenn sie sich gegen eine bestimmte politische Gruppierung richten und das alleinige oder vorrangige Ziel verfolgen, deren Tätigkeit zu beeinträchtigen oder sie als unerwünschte politische Kraft auszuschalten (BayVGH, U.v. 16.2.2000 – 4 N 98.1341 – juris Rn. 32 m.w.N.; B.v. 12.10.2010 – 4 ZB 10.1246 – juris Rn. 6; HessVGH, B.v. 4.8.1983 – 2 TG 40/83 – NVwZ 1984, 54; OVG SH, U.v. 15.3.2006 – 2 LB 48/05 – juris Rn. 55 ff.). Ob eine solche vom Zweck der Geschäftsordnungsautonomie nicht mehr gedeckte diskriminierende Gestaltung des ratsinternen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesses vorliegt, beurteilt sich nicht allein anhand der offiziellen Erklärungen jener Fraktionen und Wählergruppen, die sich mehrheitlich für die betreffenden Bestimmungen ausgesprochen haben. Von Bedeutung sind darüber hinaus die äußeren Umstände, die dem Erlass der Vorschriften zugrunde liegen, sowie die möglichen Sachgründe, die sich für das gewählte Regelungskonzept anführen lassen. Je stärker von einer bisher überwiegend akzeptierten Handhabung abgewichen wird und je gezielter die gewählte Verfahrensgestaltung auf einen bestimmten (Ausgrenzungs-)Effekt hin zugeschnitten erscheint, desto gewichtiger müssen die sachbezogenen Argumente sein, die das Vorgehen der Ratsmehrheit rechtfertigen (BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 4 CE 20.1442 – Rn. 23).
Nach den für das Gericht ersichtlichen, nach obigem Maßstab zu berücksichtigenden Gesamtumständen dürfte hier eine unzulässige, weil gezielt gegen die Antragsteller gerichtete Regelung vorliegen, die damit rechtswidrig und nichtig ist. Die in § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung getroffene Regelung resultiert aus einem Antrag der Fraktion „Junges Bayreuth“ vom 4. Mai 2020, der in der Stadtratssitzung am 13. Mai 2020 dahingehend abgeändert wurde, dass das d’Hondt’sche Verfahren für Ausschüsse mit elf (statt zuvor zwölf) Mitgliedern Anwendung finden soll. Der Antrag selbst enthielt keine Begründung, auch der Niederschrift der Stadtratssitzung lässt sich eine solche nicht entnehmen. Der Fraktionsvorsitzende des „Jungen Bayreuth“ dementierte zwar ausweislich der von Antragstellerseite vorgelegten Presseberichterstattung, dass die Partei der Antragsteller der Grund für die Änderung der Geschäftsordnung gewesen sei. Gleichzeitig führte er aber aus, der Antrag seiner Fraktion sei die Reaktion auf den Antrag der „Bayreuther Gemeinschaft“ vom 23. April 2020 gewesen, der zur Folge gehabt hätte, dass auch die Fraktion „Junges Bayreuth“ in keinem Ausschuss mehr vertreten gewesen wäre. Aus der schriftlichen Begründung des Antrages der „Bayreuther Gemeinschaft“ vom 23. April 2020 ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Wahl des d’Hondt’sche Verfahrens das Ziel haben sollte, die Antragsteller aus den Ausschüssen des Stadtrates fernzuhalten. Die diesem Berechnungsverfahren innewohnende Benachteiligung kleinerer Fraktionen und Gruppen wird darin als Vorteil dargestellt, da es den Antragstellern – was sich letztlich als zutreffend erwiesen hat – nicht möglich sein werde, eine Ausschussgemeinschaft nach Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO mit anderen Stadträten zu bilden. Ein solches Vorgehen sei zweckmäßig, um sich von der Partei der Antragsteller zu distanzieren. Auch wenn dieser Antrag in der Sitzung des Stadtrates am 13. Mai 2020 – in Kenntnis des späteren Antrages der Fraktion „Junges Bayreuth“ – wieder zurückgezogen wurde und stattdessen das von der Fraktion „Junges Bayreuth“ beantragte differenzierte Berechnungsverfahren vom Stadtrat mehrheitlich beschlossen wurde, deutet vor dem Hintergrund des ursprünglichen Antrages und dessen ausdrücklicher Begründung sehr viel darauf hin, dass auch die nunmehr beschlossene Regelung in § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Stadtrates darauf abzielt, zu verhindern, dass die Antragsteller in den Ausschüssen des Stadtrates vertreten sind. Zwar ist ein Wechsel des Berechnungsverfahrens für die Ausschussbesetzung für sich genommen noch kein Anlass, von einer willkürlichen Benachteiligung einer Partei oder Wählergruppe auszugehen, zumal ausweislich der Sitzungsvorlagen zu TOP 7 der Stadtratssitzung vom 13. Mai 2020 in der vorhergehenden Amtsperiode des Stadtrates zunächst bis Juli 2018 das d’Hondt’sche Verfahren, danach aber das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers Anwendung fand. Allerdings führt die nun gewählte, nach Ausschussgrößen differenzierende Berechnungsmethode wegen der bei elf Ausschussmitgliedern gezogenen Grenze insoweit für die Antragsteller zum gleichen Ergebnis wie eine generelle Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens, ohne dass die Fraktion „Junges Bayreuth“ dabei auf Ausschusssitze verzichten müsste.
e) Hinsichtlich der Ausschüsse des Stadtrats mit weniger als elf Mitgliedern (Sozialausschuss, Steuerausschuss, Rechnungsprüfungsausschuss und Jugendausschuss) fehlt es hingegen an einem Anordnungsanspruch der Antragsteller.
Die insoweit festgelegten Ausschussgrößen sind nach obigen Ausführungen rechtlich nicht zu beanstanden. Wie ausgeführt muss die Zahl der Sitze nicht zwingend so bemessen werden, dass selbst kleinste Fraktionen oder Gruppen in den Ausschüssen vertreten sind; unzulässig sind lediglich grobe Verzerrungen. Solche liegen hier aber im Hinblick darauf, dass die Antragsteller lediglich zwei von 44 Stadtratsmandaten und damit 4,5% der Sitze innehaben, nicht vor. In diesen Ausschüssen hätten die Antragsteller allerdings nach keinem der gebräuchlichen und in der Rechtsprechung anerkannten Berechnungsverfahren einen Sitz erhalten. Insoweit können sie auch nicht verlangen, dass die Antragsgegnerin erneut über die Ausschussbesetzung entscheidet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der ausdrücklich auf eine Änderung der Ausschussbesetzung dahingehend gerichtet ist, dass die Antragsteller in allen Ausschüssen des Stadtrats entsprechend ihres Sitzanteils vertreten sind, ist daher in Bezug auf diese Ausschüsse abzulehnen.
f) Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO steht es im freien Ermessen des Gerichts, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks, d.h. zur Regelung des Zustandes i.S.d. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderlich sind. Soweit dem Antrag stattzugeben ist, ist für die Ermessensausübung des Gerichts Folgendes maßgeblich:
Im Hinblick auf das Ermessen des Gerichts hinsichtlich des Inhalts der einstweiligen Anordnung ist die Bindung an den Antrag im Verfahren nach § 123 VwGO gelockert, das gerichtliche Ermessen unterliegt gleichwohl bestimmten Grenzen (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 38. EL Januar 2020, § 123 Rn. 134 ff. m.w.N.). Jedenfalls kann auch im Verfahren nach § 123 VwGO nicht mehr zugesprochen werden, als dies im Hauptsacheverfahren möglich wäre (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2002 – 7 CE 02.637 – NVwZ-RR 2002, 839/841). Auch dort haben die Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Besetzung der Ausschüsse zu wiederholen und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts so zu ändern, dass die Antragsteller in den Ausschüssen gemäß ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Stadträte vertreten sind. Es würde daher über den Rahmen des von den Antragstellern Beantragten hinausgehen, ihnen im Wege der einstweiligen Anordnung bereits eine bestimmte Zahl von Ausschusssitzen zuzusprechen. Zudem würde das Gericht damit in unzulässiger Weise in die Organisationskompetenz des Stadtrats der Antragsgegnerin eingreifen. Diese hat im oben beschriebenen Umfang eine grundsätzliche Wahlfreiheit zwischen mehreren Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Ausschussbesetzung. Zudem hat der Antrag der Antragsteller nur insoweit Erfolg, als er sich auf die Ausschüsse des Stadtrats mit elf oder mehr Mitgliedern bezieht. Gleichwohl steht es der Antragsgegnerin frei, im Zuge der mit dieser einstweiligen Anordnung verlangten Neuentscheidung darüber hinausgehend das Berechnungsverfahren für alle Ausschüsse insgesamt neu festzulegen oder noch weitergehende Änderungen an der Gemeindesatzung und der Geschäftsordnung des Stadtrats vorzunehmen, soweit dies insbesondere nach den oben dargelegten Grundsätzen zulässig ist. Dabei könnte sich der Stadtrat beispielsweise auch dazu entscheiden, für alle Ausschüsse einheitlich Verfahren nach d’Hondt, nach Hare-Niemeyer oder nach Sainte-Laguë/Schepers anzuwenden. Im letztgenannten Fall sei allerdings darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Ausschüsse mit sieben Mitgliedern (Steuerausschuss und Rechnungsprüfungsausschuss) zu berücksichtigen ist, dass § 5 Abs. 2 Satz 4 der Geschäftsordnung des Stadtrats (im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 Satz 3 GO) vorsieht, dass dann, wenn mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz haben, anders als in der Stadtratssitzung vom 13. Mai 2020 praktiziert, statt eines Losentscheids die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen entscheidet.
Hinsichtlich der Frist bis 15. Oktober 2020 hat das Gericht vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zur grundsätzlichen Unzulässigkeit eines gerichtlichen Eingriffs in die Organisationskompetenz des Stadtrats berücksichtigt, dass einerseits die erneute Entscheidung über die Ausschussbesetzung einer gewissen Vorbereitung und damit eines entsprechenden zeitlichen Vorlaufs bedarf. Andererseits fallen die bis dahin gegebenenfalls noch stattfindenden Ausschusssitzungen im Hinblick auf die Gesamtdauer der Wahlperiode von 2020 bis 2026 nur sehr nachrangig ins Gewicht. In Abwägung der Interessen der Beteiligten erscheint eine Frist bis zum 15. Oktober 2020 angemessen, das Datum liegt zudem außerhalb der in § 6 Abs. 1 Nr. 8 der Geschäftsordnung des Stadtrates festgelegten Ferienzeit.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die Aufteilung der Kosten orientiert sich an der Zahl der Ausschüsse mit elf oder mehr Mitgliedern (acht) im Verhältnis zur Gesamtzahl der Ausschüsse des Stadtrats der Antragsgegnerin (zwölf).
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5, 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Da in dem Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung wegen der noch bis zum 30. April 2026 reichenden Dauer der Wahlperiode allenfalls für einen untergeordneten Zeitraum eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung zu sehen wäre, kommt hier eine Anhebung des Streitwerts auf den vollen Regelstreitwert nicht in Betracht (BayVGH, B.v. 7.8.2020 – 4 CE 20.1442).


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