Verwaltungsrecht

Berücksichtigung nachträglicher Rechts- oder Tatsachenänderungen im Berufungszulassungsverfahren

Aktenzeichen  9 ZB 19.30522

Datum:
14.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 6104
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 77 Abs. 1, § 78 Abs. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

Wegen des zweistufigen Rechtsmittelverfahrens (Zulassung der Berufung; Berufung) kann für die Berücksichtigung nachträglicher Rechts- oder Tatsachenänderungen aus der Vorgabe des § 77 Abs. 1 AsylG, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der der gerichtlichen Entscheidung ist, für das Zulassungsverfahren nicht auf die Berücksichtigung nach Ablauf der Begründungsfrist eingetretener Änderungen geschlossen werden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 17.35547 2019-01-08 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor. Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die weitere Entwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 9 ZB 18.31719 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Die Frage, „ob die beabsichtigten politischen und militärischen Aktionen der Türkei gegen die syrischen Kurden auch für die Kurden in der Türkei eine besondere Verfolgungsgefahr eingetreten ist“, ist nicht klärungsfähig. Sie zielt auf eine Änderung der Sachlage ab, die im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigt werden kann.
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, den Antrag auf Zulassung der Berufung in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz wegen grundsätzlicher Bedeutung auf neue tatsächliche Umstände zu stützen (vgl. GK-AsylG, Stand November 2018, § 78 Rn. 142). Für die Entscheidung über den Zulassungsantrag durch den Senat ist aber auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt dieser Entscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 AsylG). Wegen des zweistufigen Rechtsmittelverfahrens (Zulassung der Berufung; Berufung) kann für die Berücksichtigung nachträglicher Rechts- oder Tatsachenänderungen aus der Vorgabe des § 77 Abs. 1 AsylG, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der der gerichtlichen Entscheidung ist, für das Zulassungsverfahren nicht auf die Berücksichtigung nach Ablauf der Begründungsfrist eingetretener Änderungen geschlossen werden (vgl. GK-AsylG a.a.O. § 78 Rn. 144.1).
Hier ist bereits zweifelhaft, ob sich dem Zulassungsantrag solche neuen tatsächlichen Umstände entnehmen lassen, da dort nur von beabsichtigten politischen und militärischen Aktionen der Türkei gegen die syrischen Kurden die Rede ist. Jedenfalls wird aber nicht dargelegt, dass diese neuen Tatsachen zum jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag bereits eingetreten sind oder konkret bevorstehen. Die lediglich allgemeinen Hinweise und Vermutungen im Zulassungsantrag auf inhaltlich und zeitlich völlig unbestimmte Absichten der Türkei reichen hierfür nicht aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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