Verwaltungsrecht

Berufungszulassungsantrag – Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen verschuldeter Fristversäumung

Aktenzeichen  9 ZB 18.50026

Datum:
24.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8605
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 60 Abs. 1

 

Leitsatz

In einem Wiedereinsetzungsantrag ist darzulegen, dass kein schuldhaftes Handeln des Beteiligten oder seines Prozessbevollmächtigten vorliegt, das zu dem Fristversäumnis geführt hat und die diesbezüglichen Tatsachen sind nach § 60 Abs. 2 S. 2 VwGO glaubhaft zu machen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 17.50304 2018-01-17 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig.
Das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrungversehene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Januar 2018 wurde den vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 22. Januar 2018 zugestellt. Der erst am 23. März 2018 beim Verwaltungsgericht eingegangene Antrag auf Zulassung der Berufung wahrt die Monatsfrist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG nicht.
Die mit Schriftsatz vom 23. März 2018 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, weil der Kläger nicht ohne Verschulden verhindert war, die Frist für die Stellung des Zulassungsantrags einzuhalten (§ 60 Abs. 1 VwGO).
„Verschulden“ i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO ist anzunehmen, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (stRspr; vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2017 – 1 B 113.17 – juris Rn. 5 m.w.N.). Das Verschulden eines Bevollmächtigten, insbesondere eines Rechtsanwalts, steht dabei gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich, gilt also als Verschulden des Vertretenen. In dem Wiedereinsetzungsantrag ist deshalb darzulegen, dass kein schuldhaftes Handeln des Beteiligten oder seines Prozessbevollmächtigten vorliegt, das zu dem Fristversäumnis geführt hat und die diesbezüglichen Tatsachen sind nach § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO glaubhaft zu machen.
Dem genügt das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag von 23. März 2018 nicht. Nach den Darlegungen in der eidesstattlichen Versicherung des vormals Bevollmächtigten des Klägers vom 23. März 2018, mit denen der Wiedereinsetzungsantrag begründet wird, ist es offenbar im Rahmen einer Besprechung zwischen ihm und dem Kläger am 26. Januar 2018 aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten zu einem Missverständnis gekommen. Aufgrund dieser in Anwesenheit eines Dolmetschers durchgeführten Besprechung war der vormals Bevollmächtigte des Klägers der Ansicht, dass der Kläger kein Verfahren auf Zulassung der Berufung wünsche. Im Rahmen einer weiteren Besprechung am 21. März 2018 hat der Kläger seinem vormals Bevollmächtigten mitgeteilt, er sei davon ausgegangen, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt worden sei.
Es kann dahinstehen, ob das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag überhaupt auf ein Missverständnis hinführt. Jedenfalls ergibt sich aus den Darlegungen weder, dass der frühere Bevollmächtigte ausreichende Vorkehrungen zur Vermeidung des geltend gemachten Missverständnisses getroffen hat, noch dass der Kläger seine Absicht, ein Zulassungsverfahren durchführen zu wollen, deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Mit der Wendung, „offenbar“ sei es „aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten zu einem Missverständnis gekommen“, wird eine bloße Vermutung angestellt, für die zudem wenig spricht, da bei der Besprechung am 26. Januar 2018 ein Dolmetscher zugegen war. Welche Ursache das Missverständnis tatsächlich herbeigeführt hat, bleibt deshalb offen. Die Absprache über die Einlegung eines Rechtsmittels ist der Sphäre des Klägers und seines Bevollmächtigten zuzurechnen. Auch die Auswahl eines qualifizierten Dolmetschers für Besprechungen zwischen Rechtsanwalt und der von ihm vertretenen Partei liegt allein in deren Verantwortungsbereich. Außergewöhnliche Umstände, die hier ausnahmsweise einen entschuldbaren Irrtum annehmen lassen könnten, werden weder dargelegt noch sind solche ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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