Verwaltungsrecht

Beschäftigungserlaubnis für Asylbewerber – mangelnde Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes

Aktenzeichen  10 ZB 18.85

Datum:
25.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13869
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 61 Abs. 2, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine § 78 Abs. 4 S. 4 AsylG genügende Darlegung von Berufungszulassungsgründen erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 17.127 2017-11-22 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) schon nicht ausreichend dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) und auch nicht vorliegt.
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Seeger in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.5.2019, § 78 AsylG Rn. 18 ff; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 78 AsylG Rn. 11 ff.).
Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Februar 2019, § 124a Rn. 102 ff.; Berlit in GK-AsylG, Stand November 2018, § 78 Rn. 88 m.w.N.). Eine § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügende Darlegung von Berufungszulassungsgründen erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 59), wobei „darlegen“ schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis bedeutet; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG, hilfsweise zur erneuten Verbescheidung, zu verurteilen, abgewiesen, weil der Beklagte den entsprechenden Antrag des Klägers ermessensfehlerfrei abgelehnt habe.
Der Kläger führt zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aus: Grundsätzliche Bedeutung komme dem Umstand zu, dass niedrige Anerkennungsquoten von Asylanträgen (wie beispielsweise für Nigeria) im Zusammenhang mit Entscheidungen der Ausländerbehörden über Anträge von Asylbewerbern auf Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen keine geeignete Ermessenserwägung darstellten, solange der jeweilige Asylantrag noch nicht bestandskräftig abgelehnt worden sei. Die Bundesamts-Statistik über die Zahl der negativ verbeschiedenen Asylanträge könne auch deshalb nicht präjudizierend sein, weil sich im Einzelfall eine vom Bundesamt abweichende Beurteilung ergeben könne. Zudem sei Statistiken und Prognosen immanent, dass sie nicht in jedem konkreten Einzelfall die zukünftigen Entwicklungen vorhersagen würden.
Die Frage, ob und in welcher Form die Anerkennungsquoten von Asylanträgen im Hinblick auf bestimmte Herkunftsländer in die Ermessenserwägungen zur Entscheidung über eine Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG eingestellt werden dürfen, ist jedoch im vorliegenden Fall nicht mehr entscheidungserheblich. Das Asylverfahren des Klägers ist nach Rücknahme seiner Asylklage am 23. Januar 2019 unanfechtbar abgeschlossen. Er ist somit nicht mehr „Asylbewerber“ im Sinn des § 61 Abs. 2 AsylG; nach dieser Rechtsgrundlage kann ihm keine Beschäftigungserlaubnis mehr erteilt werden. Die Bitte des Gerichts um eine Äußerung hierzu ist ohne Reaktion geblieben.
Ob die Begründung des Zulassungsantrags schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt, wie der Beklagte vorträgt, ist damit nicht mehr entscheidungserheblich. Allerdings trifft es zu, dass das klägerische Vorbringen eine substantiierte Auseinandersetzung mit den ausführlichen und differenzierten Erwägungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 11-17) vermissen lässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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