Verwaltungsrecht

Bescheid, Waffenbesitzkarte, Vollziehung, Staatsanwaltschaft, Jagdschein, Zwangsgeld, Widerruf, Sofortvollzug, Anordnungsanspruch, Landratsamt, Antragsteller, Verfahren, Verletzung, Bebauung, aufschiebende Wirkung, sofortige Vollziehung, einstweiliger Rechtsschutz

Aktenzeichen  RN 4 S 21.476

Datum:
29.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 26087
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nummer 7 des Bescheides des Landratsamtes R. vom 8.2.2021 wird angeordnet.
2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
3. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Der Streitwert wird auf 8.375,– € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse und die Entziehung des Jagdscheins.
Der Antragsteller ist Inhaber des am 31.3.2009 durch das Landratsamt R. ausgestellten Jagdscheins mit der Nr. …2009, letztmalig verlängert am 14.3.2018. Ferner ist er Inhaber der am 14.3.2018 durch das Landratsamt R. ausgestellten Waffenbesitzkarte mit der Nr. …21/2018/2.
Bei der Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers am 10.10.2019 ergab sich ein Eintrag im Verfahrensregister des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof. Daraus ergibt sich, dass gegen den Antragsteller wegen Jagdwilderei durch die Staatsanwaltschaft L. unter dem Aktenzeichen 207 Js 18529/19 ermittelt wurde.
Aus der seitens der Polizeiinspektion E. gegenüber der Staatsanwaltschaft L.t unter dem 1.6.2019 im Strafverfahren abgegebenen Sachverhaltsschilderung ergibt sich u.a. Folgendes:
„Am Dienstag, den 7.5.2019, wurde die Streifenbesatzung der Polizeiinspektion E. zu einem Einsatz bei A. (Gemeinde T.n) gerufen. Hier wurde eine trächtige Rehkuh widerrechtlich erlegt. … Am Montag, den 6.5.2019, befand sich der Zeuge F. … auf der Jagd auf seinem Hochsitz bei A.g in T. Dabei erledigte er nach eigenen Aussagen gegen 20:15 Uhr ein Schmalreh. Etwa 10 Minuten später konnte der Zeuge F. einen Schuss von der Nachbarkanzel wahrnehmen. Daraufhin wollte sich der Zeuge F. davon überzeugen, welches Tier der Nachbarjäger, der Beschuldigte A1. …, erledigt hatte. Der Zeuge F. konnte dabei eindeutig wahrnehmen, dass es sich um eine trächtige Rehkuh handelte, die der Beschuldigte A1. erlegt hatte. Der Zeuge F. konnte den Nachbarjäger, den Beschuldigten A1.r, dabei eindeutig beobachten, wie er von seiner Kanzel samt Waffe und Bergstock herabstieg und auf ihn zuging. … Am Dienstag, den 7.5.2019, gegen 9 Uhr, kam eine Person, welche auf Wunsch des Zeugen F. anonym bleiben möchte, zu dem Zeugen F. nach Hause und teilte diesem mit, dass bei A., Nähe des Anwesens „Landwirt T.“, ein Rehkadaver mit zwei kleinen Kitz samt abgetrenntem Kopf liegen würde. Daraufhin ging der Zeuge F. mit seinem Hund auf einem Feldweg Nähe des Standorts, an welchem der Rehkadaver samt abgetrenntem Kopf und den zwei toten Rehkitz nach Beschreibung der o.g. Person liegen sollte. Der Hund des Zeugen F. konnte ca. 30m neben dem Feldweg den Rehkadaver aufspüren …“
Auf eine Anfrage des Landratsamtes R. hin teilte die Staatsanwaltschaft unter dem 16.3.2020 mit, dass die verbundenen Verfahren 207 Js 21630/19 und 207 Js 18529/19 zwischenzeitlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden seien.
Aus der Einstellungsverfügung vom 12.3.2020 ergibt sich u.a. Folgendes:
„Dem Beschuldigten lag zur Last am Montag, den 6.5.2019 gegen 20.20 Uhr in 8. W. eine trächtige Rehgeiß im Jagdrevier des Geschädigten F. erlegt zu haben und das Fleisch anschließend bei der zuständigen Wildsammelstelle zum Inverkehrbringen für den Verzehr abgegeben zu haben.
Das Verfahren war aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen einzustellen.
Soweit dem Beschuldigten zur Last lag, die Rehgeiß unter Verletzung fremden Jagdrechts oder Jagdausübungsrechts erlegt zu haben und sich hierdurch gemäß § 292 StGB strafbar gemacht zu haben, war das Verfahren aus tatsächlichen Gründen einzustellen. Ein Tatnachweis ist nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit zu führen … Bei dem zum Tatzeitpunkt herrschenden Dämmerlicht ist auf eine Entfernung von 80-90 m nicht auf 1,80m genau der Standpunkt des Rehs feststellbar. Gemäß § 292 ist nur eine vorsätzliche Jagdwilderei strafbar, nicht jedoch eine fahrlässige Jagdwilderei. … Soweit dem Beschuldigten zur Last lag, eine Straftat dadurch begangen zu haben, dass er eine hochträchtige Rehgeiß erlegte, ist das Verfahren aus rechtlichen Gründen einzustellen und zur weiteren Verfolgung an die zuständige Ordnungswidrigkeitenbehörde abzugeben … Die hier von dem Beschuldigten bejagte trächtige Rehgeiß war weder Wild, das einer ganzjährigen Schonzeit unterliegt und somit unter § 22 Abs. 2 Bundesjagdgesetz fällt, noch ein Elterntier im Sinn von § 22 Abs. 4 Bundesjagdgesetz. … Es liegt auch keine Strafbarkeit gem. § 17 Tierschutzgesetz vor. Die beiden ungeborenen Rehkitze unterlagen nicht dem Schutzbereich des § 17 Tierschutzgesetz. … Das Inverkehrbringen des Fleisches der trächtigen Rehkuh ist nicht strafbewehrt…“
Der Generalstaatsanwalt in M. leistete der gegen den Einstellungsbeschluss erhobenen Beschwerde keine Folge (Bescheid vom 29.10.2020).
Das Landratsamt R. hörte den Antragsteller unter dem 15.4.2020 zum beabsichtigten Widerruf der ihm erteilten Waffenbesitzkarte Nr. …2018/2 und der beabsichtigten Ablehnung eines bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gestellten Antrags auf Verlängerung des Dreijahresjagdscheins Nr. …2009 an.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers äußerte sich unter dem 27.4.2020 dahingehend, dass die seitens des Landratsamtes mitgeteilte Absicht des Einziehens der Waffenbesitzkarte aufgrund nicht waidgerechten Verhaltens des Antragstellers aus mehreren Gründen fehlerhaft erscheine. Dem Antragsteller werde vorgeworfen, dass er einen groben Verstoß gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit begangen habe. Es handle sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Behörde einen Ermessensspielraum eröffne. Es sei nicht erkennbar, dass eine Ermessensausübung stattgefunden habe. Es sei eine reine Mutmaßung der Behörde, dass der Antragsteller eine trächtige Rehgeiß vorsätzlich erlegt habe. Weder den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen noch dem Sachverhalt ließen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln seines Mandanten vorliege, was tatsächlich auch nicht gegeben sei.
Der Vorsitzende des Jägerausschusses des Regierungsbezirks Niederbayern nahm unter dem 28.5.2020 gegenüber dem Landratsamt R. zu dem gegenüber dem Antragsteller eingeleiteten jagdrechtlichen Verfahren u.a. wie folgt Stellung:
„… Bei der Frage, ob in dem oben gerafft dargestellten Sachverhalt ein Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit vorliegt, ist zu prüfen, ob allgemein anerkannte Regeln, die bei der Ausübung der Jagd als weidmännische Pflichten zu beachten sind, durch den Betroffenen verletzt worden sind… Bei dem oben dargestellten Sachverhalt bezüglich des Vorfalls am 6. Mai 2019 ist die Verletzung folgender weidmännischer Pflichten – und somit Verstöße gegen die Weidgerechtigkeit – festzustellen:
a) Das Erlegen einer Rehgeiß in der Schonzeit
b) Das Erlegen einer hochträchtigen Rehgeiß in der Schonzeit
c) Das Erlegen von jagdbarem Wild außerhalb der eigenen Jagdreviere
d) Das Erlegen von jagdbarem Wild in der Schonzeit außerhalb der eigenen Jagdreviere
e) Das Entsorgen des Aufbruchs von erlegtem Wild in freier Natur und f) Das Verbringen von Wildbret einer hochträchtigen Rehgeiß in den allgemeinen Wildbrethandel … Bei Punkt 3a ist zu betonen, dass jeder Jäger gehalten ist, vor Abgabe eines Schusses … auch eindeutig das zu bejagende Wild anzusprechen, d.h. vorher sicherzugehen, welche Art von Wild sich vor ihm befindet. Dabei ist in der fraglichen Jahreszeit Anfang Mai gegen 20.15 Uhr, also bei gutem Büchsenlicht, bei einer Entfernung von geschätzt 100 m, ein Rehbock klar von einer Rehgeiß zu unterscheiden; sollte dies aus irgendwelchen Gründen nicht sicher möglich sei, so darf das Wild grundsätzlich nicht bejagt werden … Bei Punkt 3b gilt auch das zu Punkt 3a gesagte, wobei zu betonen ist, dass eine hochträchtige Rehgeiß als solche selbst für einen unerfahrenen Jäger deutlich zu erkennen ist, welche insbesondere nicht bejagt werden darf; … Bei Punkt 3e ist darauf zu verweisen, dass das Entsorgen des Aufbruchs der erlegten Rehgeiß – nebst Haupt und Föten – in der freien Natur, das einem Wegwerfen gleichkommt, eine Respektlosigkeit gegenüber dem Geschöpf darstellt, welches mit weidmännischen Pflichten in keiner Weise in Einklang zu bringen ist; so etwas tut ein anständiger Jäger nicht.
Bei Punkt 3f ist darauf zu verweisen, dass das Wildbret einer hochträchtigen Rehgeiß, kurz vor dem Setzen, hormonell schwer belastet ist und nicht in den Wildbrethandel gebracht werden darf, wie durch den Betroffenen geschehen; Frauen und insbesondere junge Mädchen können bei dem Genuss dieses hormonell schwer belasteten Fleisches gesundheitlich ernstlich gefährdet werden. Dies ist jedem Jäger bekannt, kümmert er sich nicht darum, so ist dies wiederum eine Verletzung weidmännischer Pflichten. … Sämtliche oben dargestellte Punkte 3a-f stellen jeder für sich alleine bereits grobe Verletzungen der Pflichten bei der Jagdausübung und gleichzeitig Verstöße gegen die Weidgerechtigkeit dar, …“
Unter dem 30.11.2020 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Verlängerung seines Drei-Jahres-Jagdscheins.
Unter dem 8.2.2021 erließ das Landratsamt R. gegenüber dem Antragsteller folgenden Bescheid, der an dessen Bevollmächtigten am 11.2.2021 zugestellt wurde:
1. Die Herrn P. A2.r, geb. … 1961, vom Landratsamt R. am 14.3.2018 erteilte Waffenbesitzkarte Nr. …2018/2 wird widerrufen.
2. Herr A2. wird verpflichtet, die folgenden in seinem Eigentum stehenden und nach dem Waffenrecht erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition bis spätestens 19.3.2021, im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides, einem Berechtigten zu überlassen oder nach den Bestimmungen des Waffengesetzes dauerhaft unbrauchbar zu machen:
– Doppelbüchse, Blaser 95, Herst. Nr. 4/6443, Kaliber: .222Rem u. 7x57R
– Rep.Büchse, Brünner CZ452-2 ZKM, Herst. Nr. 624167, Kaliber:.22lr
– Halbautom. Flinte, Benelli, Herst. Nr. M 083962, Kaliber: 12/76
– Rep. Büchse, Unbekannt M 98, Herst. Nr. BY5975, kaliber:8x57l
– Halbautom. Pistole, Beretta, Herst. Nr. A0982, Kaliber: 6,35mm Browning
– Rep.Büchse, Kessler, Herst. Nr. 330760, Kaliber: 7×64
3. Der Antrag vom 30.11.2020 auf Verlängerung des Dreijahresjagdscheins (Jagdschein Nr.: /2009) wird abgelehnt.
4. Sollte der Anordnung nach Nr. 2 dieses Bescheides nach Ablauf der dort bestimmten Frist nicht nachgekommen werden, werden die bezeichneten Waffen durch das Landratsamt R. sichergestellt.
5. Die unter Nr. 1 dieses Bescheides genannte Waffenbesitzkarte und der am 25.3.2009 erteilte Jagdschein mit der Nr.: …2009 sind bis spätestens 19.3.2021, im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs, innerhalb einer Woche nach Bestandskraft dieses Bescheides, dem Landratsamt R. zurückzugeben.
6. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2 und 5 dieses Bescheides wird angeordnet.
7. Falls Herr P. A2. den Verpflichtungen aus Nr. 2 und 5 dieses Bescheides nicht fristgerecht nachkommt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von je 300,- € zur Zahlung fällig.
8. Herr P. A. hat die Kosten dieses Verfahrens zu tragen.
Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 400,- € festgesetzt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die waffenrechtliche Erlaubnis sei zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setze die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers voraus. Die erforderliche Zuverlässigkeit besäßen Personen, die gröblich gegen die Vorschriften des Bundesjagdgesetzes verstoßen hätten, in der Regel nicht. Die Abgabe eines tödlichen Schusses auf ein geschontes, möglicherweise verdeckt stehendes Wild bei schlechten Sichtverhältnissen oder das besonders leichtfertige Ansprechen von Wild, insbesondere zur Nachtzeit oder in der Dämmerung könne einen gröblichen Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz und die allgemeinen anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit darstellen. Bei der vom Antragsteller erlegten Rehgeiß handle es sich um eine trächtige Rehgeiß, welche zur Tatzeit hätte geschont werden müssen. Die Tatsache, dass die Schussabgabe in der Dämmerung erfolgt sei und der Antragsteller bei dieser Distanz zur Rehgeiß (ca. 80 bis 90 Meter) nicht habe erkennen können, ob diese trächtig gewesen sei oder nicht, ändere daran nichts. Der Antragsteller hätte durch sorgfältiges Ansprechen des Tiers ausschließen müssen, dass dieses der Schonzeit unterliege. Sei ihm dies nicht möglich, hätte keine Schussabgabe erfolgen dürfen. Durch den Abschuss einer geschonten trächtigen Rehgeiß sowie der Art der Entsorgung der Rehkitze, des Kadavers und des Kopfes der Rehgeiß habe der Antragsteller gegen die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit verstoßen. Auf die Stellungnahme des Jägerausschusses des Regierungsbezirks Niederbayern vom 28.5.2020 wurde Bezug genommen. Zur Begründung des Sofortvollzugs wurde u.a. ausgeführt, es sei sicherzustellen, dass dem Antragsteller ab sofort keine Möglichkeit mehr verbleibe, die tatsächliche Gewalt über Waffen und Munition auszuüben. Dies sei nur durch die Anordnung des Sofortvollzugs zu gewährleisten. Es sei kein schützenswertes Interesse des Antragstellers erkennbar, bis zum Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens im Besitz der jagd- und waffenrechtlichen Dokumente und der darin eingetragenen Waffen zu bleiben.
Der Antragsteller ließ mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4.3.2021, bei Gericht eingegangen am 5.3.2021 gegen diesen Bescheid Klage erheben (Az. RN 4 K 21.422) und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen. Vorgetragen wird, der Antragsgegner halte das Tatbestandsmerkmal „gröblich“ vorliegend irrtümlich für erfüllt. Durch den Antragsgegner werde nicht mit einbezogen, dass das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen eingestellt worden sei. Der Abschuss sei seitens des Antragstellers irrtümlich erfolgt. Der Antragsteller habe das erbeutete Reh als rötlich und somit schon verfärbt angesprochen. Der Antragsteller handelte in der Überzeugung, ein weibliches Schmalreh zu erbeuten. Die zu bewertende Frage reduziere sich darauf, ob es für den Antragsteller hätte erkennbar sein müssen, dass es sich bei dem erbeuteten Reh nicht um ein Schmalreh gehandelt habe. Grundsätzlich unterscheide sich das Schmalreh von der Geiß durch den schmaleren Körperbau. Im Revier des Antragstellers seien bereits Schmalrehe mit 18 kg erlegt worden. Das sei ein Gewicht, das durchaus auch Geißen aufweisen würden. Das gegenständliche Reh hatte ein Gewicht von 19 kg, weswegen es vom Körperbau her auch ein Schmalreh hätte sein können. Die Trächtigkeit könne je nach Lichtverhältnissen und Sichtwinkel in der Tat auf die Entfernung von ca. 100 m unerkannt bleiben. So sei es hier gewesen, weswegen der Antragsteller in der Überzeugung gehandelt habe, ein Schmalreh zu erlegen. Die irrtümlich fehlerhafte Beurteilung von Kriterien des sicheren Ansprechens vor dem Schuss stellten bereits keinen Verstoß gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit dar. Zumindest stelle ein fehlerhaftes Ansprechen keinen groben Verstoß gegen die Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit dar. Seitens des Antragsgegners sei über den Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis und des Jagdscheins hinaus eine Geldbuße in Höhe von 2000 € festgesetzt worden. Über den dagegen eingelegten Einspruch sei bis Klageerhebung nicht entschieden worden. In der Praxis würden sich Urteile zu Fehlabschüssen finden, die bei höherem Schuldvorwurf eine deutlich geringere Strafe ausgesprochen hätten. Hierdurch werde deutlich, dass ein Irrtum, wie er dem Antragsteller unterlaufen sei, durch die Zivilgerichte nicht als gröblicher Verstoß gewertet werde. Die untere Jagdbehörde habe dem Antragsteller bereits 2019 mitgeteilt, dass sein Jagdschein nicht verlängert werde. Das Jagdjahr 2020 sei damit für den Antragsteller verloren gewesen. Das sei bei der Bemessung der Geldbuße und beim Entzug des Jagdscheins nicht berücksichtigt worden. Auch die weiteren Gründe, auf die der Antragsgegner den Bescheid stütze, würden nicht tragen. Es werde argumentiert, dass das Entsorgen des Aufbruchs in freier Wildbahn eine Respektlosigkeit gegenüber dem Geschöpf darstelle, dies stimme mit der Rechtslage nicht überein. Es werde insoweit auf den amtlichen Leitfaden LF 125 „Entsorgung der Reste von erlegtem Wild und von Wildtieren“ des Landes Rheinland-Pfalz Bezug genommen. Indem der Antragsteller den Aufbruch in freier Wildbahn, fernab eines etwaigen Spazierwegs oder einer Bebauung, versteckt unter einem Buch verborgen habe, habe er diesen gemeinwohlverträglich hinterlassen. Es sei auch keine Verbotsnorm ersichtlich, aufgrund derer es verboten wäre, das Wildbret einer führenden oder trächtigen Rehgeiß dem menschlichen Verzehr zuzuführen. Die zuständige Lebensmittelbehörde habe nur eine Empfehlung abgegeben, das Fleisch trächtiger Tiere nicht zu verwerten. Auch stelle die Schlachtung trächtiger Nutztiere keinen Rechtsverstoß dar. Die mittelbare versehentliche Tötung des ungeborenen Kitzes eines trächtigen Wildtieres könne daher auch keinen Rechtsverstoß darstellen. Es liege kein gröblicher Verstoß des Antragstellers gegen das Jagdrecht vor. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung die persönlichen Umstände des Antragstellers unberücksichtigt gelassen. Der Antragsteller sei seit 10 Jahren aktiver Jäger und Jagdvorsteher. Zu keinem Zeitpunkt habe er sich etwas zuschulden kommen lassen. Der Fehlabschuss sei der erste in der gesamten Jagdpraxis des Antragstellers. Der Antragsteller engagiere sich seit 45 Jahren aktiv bei der freiwilligen Feuerwehr. Er betreibe seit 35 Jahren einen großen landwirtschaftlichen Betrieb.
Der Antragsteller beantragt,
1. Die sofortige Vollziehung der Verfügung des Antragsgegners wird ausgesetzt und die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt.
2. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die vom Antragsteller abgegebene Waffenbesitzkarte Nr. …1/2018/2 sowie den Jagdschein Nr. …2009 unverzüglich wieder an den Antragsteller zurückzugeben, hilfsweise für den Fall der Unbrauchbarmachung eine neue Waffenbesitzkarte sowie einen Jagdschein auszustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Zur Begründung wird auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Des Weiteren wird ausgeführt, das Vorbringen des Antragstellers begründe weder die Aufhebung des ohnehin kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis noch die Aussetzung der Vollziehung der weiteren Anordnungen des streitgegenständlichen Bescheids. Durch den vom Antragsteller begangenen gröblichen Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz sei es nicht nur zu einem Schonzeitverstoß gekommen, sondern der Antragsteller habe auch gegen die Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit verstoßen, weil die Rehgeiß offensichtlich trächtig war und die Kitze samt dem Aufbruch in der Natur entsorgt wurden. Die Entsorgung von Wildaufbruch in der Natur sei zwar zulässig, die Kitze wären jedoch bereits selbst lebensfähig gewesen. Durch diese Art der Entsorgung seien die Kitze qualvoll durch Ersticken verendet. Dem Antragsteller sie eine Frist bis zum 19.3.2021 gewährt worden, um die widerrufenen waffenrechtlichen und jagdrechtlichen Erlaubnisdokumente an den Antragsgegner zurückzugeben. Die Dokumente seien dem Landratsamt R. nicht ausgehändigt worden. Das Landratsamt R. sei nicht im Besitz der Waffenbesitzkarte und des Jagdscheins des Antragstellers.
Im Übrigen wird auf die am 21.4.2021 bei Gericht vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte mit den eingereichten Schriftsätzen Bezug genommen. Die Gerichtsakte des Verfahrens RN 4 K 21.422 wurde zum Verfahren beigezogen.
II.
Der Antrag ist zulässig, soweit er sich auf die Nummern 1, 7 und 8, sowie die Nummern 2 und 5 des Bescheides des Landratsamtes R. vom 8.2.2021 bezieht. Im Übrigen ist er unzulässig (zur Zulässigkeit siehe 2). Hinsichtlich der Nummer 7 ist der Antrag begründet (siehe hierzu 9), im Übrigen ist er unbegründet (siehe dazu 3-8).
1. Gemäß § 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 122 VwGO ist der unter Nummer 1 gestellte Antrag dahingehend auszulegen, dass begehrt wird, die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid des Landratsamtes R. vom 8.2.2021 erhobenen Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen. Der unter Nummer 2 gestellte Antrag ist als Annex hierzu zu verstehen und ergibt sich aus § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO.
2. Der Antrag ist zulässig, soweit er sich auf die Nummern 1, 7 und 8 sowie 2 und 5 bezieht.
a. Der Antrag ist statthaft, soweit er sich auf die Nummern 1, 7 und 8 und 2 und 5 bezieht. Die Nummern 1, 7 und 8 sind kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 45 Abs. 5 Waffengesetz (WaffG), Art. 21 a Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (BayVwZVG), § 80 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Nummern 2 und 5 wurden seitens des Landratsamts R. für sofort vollziehbar erklärt.
b. Hinsichtlich der Nummern 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheides ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht statthaft.
Ziel einer Klage gegen die Nummer 3 dürfte sein, die begehrte Verlängerung des Dreijahresjagdscheins zu erhalten. In der Hauptsache handelt es sich insoweit daher um eine Verpflichtungsklage. Ein einstweiliger Rechtsschutz diesbezüglich wäre auf § 123 VwGO zu stützen. Des Weiteren müssten diesbezüglich ein Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft gemacht werden. Insoweit ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte aus dem Vorbringen des Antragstellerbevollmächtigten.
Hinsichtlich der Nummer 4 ist der streitgegenständliche Bescheid weder kraft Gesetzes sofort vollziehbar noch wurde er insoweit vom Landratsamt R. für sofort vollziehbar erklärt. Die seitens des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamtes R. vom 8.2.2021 hat daher insoweit bereits aufschiebende Wirkung. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht statthaft.
3. Gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings dann, wenn die Behörde, wie hier bezüglich der Nummern 2 und 5 des streitgegenständlichen Bescheides, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat oder wenn kraft Gesetzes der Sofortvollzug der Anordnung vorgesehen ist (§ 45 Abs. 5 WaffG, Art. 21a BayVwZVG, § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet hat, ist diese Anordnung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen, wobei die Begründung eindeutig erkennen lassen muss, dass sich die Behörde bei ihrer Entscheidung hinreichend mit den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls auseinandergesetzt hat. Im streitgegenständlichen Bescheid wurde für die Nummern 2 und 5 der Sofortvollzug angeordnet. Die Begründung dieser Anordnung entspricht den Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Aus der Begründung des Antragsgegners ergibt sich, dass hier ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, die Möglichkeit einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen und Munition für die Zeit eines etwaigen Rechtsbehelfsverfahrens auszuschließen. Dies ist als Begründung ausreichend.
4. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung bei Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, wie sie im streitgegenständlichen Bescheid für die Nummern 2 und 5 erfolgt ist, ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragsgegners an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Überprüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Überprüfung als rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung. Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung erscheint die Klage hinsichtlich der Nummer 7 des streitgegenständlichen Bescheides erfolgreich. Im Übrigen sind keine Erfolgsaussichten der Klage gegeben.
5. Rechtsgrundlage für den in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheides angeordneten Widerruf der dem Antragsteller in Form einer Waffenbesitzkarte erteilten waffenrechtlichen Erlaubnis ist § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG). Demzufolge ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Voraussetzung für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist u.a. gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 WaffG die erforderliche Zuverlässigkeit. An dieser fehlt es dem Antragsteller.
Die Unzuverlässigkeit des Antragstellers ergibt sich im vorliegenden Fall aus § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG. Demzufolge besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften u.a. des Bundesjagdgesetzes verstoßen haben. Der Antragsteller hat am 6.5.2019 gegen 20.20 Uhr eine trächtige Rehgeiß erlegt. Gemäß § 1 Ziffer 3 der Jagdzeitenverordnung darf ein weibliches Rehwild vom 1. September bis 31. Januar bejagt werden. Der Antragsteller hat dadurch, dass er gegen die Schonzeiten verstoßen hat eine Ordnungswidrigkeit begangen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Bundesjagdgesetz (BJagdG) i.V.m. § 39 Abs. 2 Ziffer 3a BJagdG).
Des Weiteren hat der Antragsteller dadurch, dass er den Aufbruch, insbesondere die ungeborenen Rehkitze, in der freien Natur entsorgt hat und das Wildbret der hochträchtigen Rehgeiß in den allgemeinen Wildbretthandel verbracht hat gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit verstoßen (§ 1 Abs. 3 BJagdG). Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten, § 1 Abs. 3 BJagdG. Der Begriff der Weidgerechtigkeit beinhaltet einen unbestimmten Rechtsbegriff, der alle ungeschriebenen und geschriebenen Regeln umfasst, die das ordnungsgemäße Beherrschen des Jagdhandwerks und die ethische Einstellung des Jägers zu seiner Umwelt und zu den Tieren als Mitgeschöpfe betreffen. Deutsche Weidgerechtigkeit ist die Gesamtheit aller sittlich begründeten Regeln, die bei einer Jagdausübung in Deutschland zu beachten sind, unabhängig davon, ob sie durch Gesetz angeordnet sind, in der einschlägigen Jagdliteratur als pflichtgemäßes Handeln beschrieben sind oder aber in der ungeschriebenen Jagdpraxis als Pflicht befolgt werden. Der Begriff der Weidgerechtigkeit umfasst den Tier-, Natur- und Artenschutz im weitesten Sinne, Schutz des Lebens, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit anderer Personen, den Schutz des Eigentums Dritter und die Ordnung der Jagd. Insbesondere ist darauf Wert zu legen, dass bei einer Tötung eines Wildtieres diesem jedes vermeidbare Leiden erspart bleibt. Weidgerechtigkeit ist nach § 8 I des Gesetzes zur Einführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes BW vom 12. 11. 2014 die gute fachliche Praxis der Jagdausübung; eine Jagdausübung ist demnach nur weidgerecht, wenn sie allen rechtlichen Vorgaben sowie allen allgemein anerkannten, geschriebenen oder ungeschriebenen Regelungen und gesellschaftlichen Normen zur Ausübung der Jagd, insbesondere im Hinblick auf den Tierschutz, die Tiergesundheit, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, das Verhalten gegenüber anderen Inhaberinnen und Inhabern des Jagdrechts, jagdausübungsberechtigten Personen und der Bevölkerung sowie im Hinblick auf die Jagdethik, entspricht (siehe hierzu Düsing/Martinez/Gies, 1. Aufl. 2016, BJagdG § 1 Rn. 20-21). Dem Antragsteller ist zwar zuzugestehen, dass nach dem Erlegen und direktem Aufbrechen des Wildes im Jagdbezirk die nicht für den Verzehr vorgesehen Teile dort verbleiben können. Dies gilt sowohl für den Aufbruch als auch für die direkt anfallenden Zerwirkreste. Hier hat der Antragsteller aber auch die ausweislich der in der Akte befindlichen Lichtbilder wohl nahezu vollständig entwickelten Föten der Kitze im Jagdbezirk zurückgelassen. Dies ist aus Sicht des Gerichts nicht mehr als gemeinwohlverträglich anzusehen. In der Folge hat der Antragsteller zudem das Wildbret der trächtigen Rehgeiß in den allgemeinen Wildbrethandel verbracht. Zwar ist dem Antragsteller zuzugestehen, dass dies nicht straf- oder ordnungswidrigkeitsbewehrt ist. Dennoch schließt sich das Gericht insoweit der Einschätzung des Vorsitzenden des Jägerausschusses des Regierungsbezirks Niederbayern in seiner Stellungnahme vom 28.5.2020 an. Dort wird darauf verwiesen, dass das Wildbret einer hochträchtigen Rehgeiß kurz vor dem Setzen hormonell schwer belastet sei und insbesondere Frauen und junge Mädchen bei dem Genuss dieses Fleisches gesundheitlich ernstlich gefährdet werden könnten. Aus Sicht des Gerichts spiegelt sich in dem gesamten Verhalten des Antragstellers nach dem Erlegen der hochträchtigen Rehgeiß eine Einstellung wider, die nicht dem entspricht, was von einem Jäger zu erwarten ist. Es zeigt sich in dieser Vorgehensweise eine Gleichgültigkeit sowohl gegenüber dem erlegten Tier als auch gegenüber Personen, die ohne Kenntnis der hormonellen Belastung des Fleisches, dieses verzehren und dann mit eventuellen gesundheitlichen Auswirkungen zu rechnen haben.
Dahingestellt bleiben kann, ob es sich, wie im streitgegenständlichen Bescheid angenommen, um gröbliche Verstöße handelt. Jedenfalls liegen wiederholte Verstöße gegen Vorschriften des Bundesjagdgesetzes vor, da das Erlegen der trächtigen Rehgeiß innerhalb der Schonzeit und das sich daran anschließende Verhalten des Antragstellers getrennt voneinander zu betrachten sind. Es ist daher auch unerheblich, dass insoweit das Strafverfahren gegen den Antragsteller nach § 170 Abs. 2 StPO teils aus tatsächlichen, teils aus rechtlichen Gründen eingestellt wurde.
Dem Antragsteller ist es auch nicht gelungen, durch seine Ausführungen im gerichtlichen Verfahren die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG zu widerlegen. Wie bereits ausgeführt, hat der Antragsteller durch sein Verhalten wiederholt gegen Vorschriften des Bundesjagdgesetzes verstoßen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Bemühungen unternommen hätte, um sich dem von ihm auch eingeräumten Fehler, eine trächtige Rehgeiß erlegt zu haben, zu stellen, z.B. dadurch, dass er eine Selbstanzeige bei der zuständigen Behörde vorgenommen hätte und das erlegte Tier einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt hätte. Das von ihm im Anschluss an das Erlegen des Tiers an den Tag gelegte Verhalten deutet eher darauf hin, dass er sich nicht mit der von ihm begangenen Ordnungswidrigkeit bewusst auseinandergesetzt hat. Dies entspricht nicht den Erwartungen, die an einen verantwortungsvollen Jäger und Waffenbesitzer zu stellen sind. Vielmehr belegt das Verhalten des Antragstellers eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber jagdrechtlichen Bestimmungen und gebräuchlichen Verhaltensweisen. Dies ist unter sicherheitsrechtlichen Gesichtspunkten nicht hinzunehmen.
6. Rechtsgrundlage für die unter den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheides getroffenen Anordnungen ist § 46 Abs. 2 WaffG. Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für diese Anordnungen nicht vorliegen würden sind weder ersichtlich noch vom Antragsteller vorgetragen. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass für die Anordnung unter Nummer 4 seitens des Landratsamtes R. kein Sofortvollzug angeordnet wurde.
7. Rechtsgrundlage für die in Nummer 5 des streitgegenständlichen Bescheides angeordnete Rückgabe der Waffenbesitzkarte ist § 46 Abs. 1 Satz 1. Die ebenfalls angeordnete Rückgabe des dem Antragsteller erteilten Jagdscheins stützt sich auf Art. 52 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG).
8. Anhaltpunkte, die gegen die Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung in Nr. 8 des streitgegenständlichen Bescheides sprechen würden, sind nicht ersichtlich.
9. Die Klage erscheint allerdings bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung erfolgsversprechend, soweit sie sich gegen die in Nummer 7 des streitgegenständlichen Bescheides angeordnete Zwangsgeldandrohung richtet. Diese ist nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Es ist nicht ersichtlich, ob das angedrohte Zwangsgeld bereits fällig wird, wenn der Anordnung in Nummer 2 nur hinsichtlich einer Waffe nicht Folge geleistet wird. Gleiches gilt für die Nummer 5, da sich auch diese auf mehrere verschiedene Erlaubnisurkunden (Waffenbesitzkarte und Jagdschein) bezieht.
10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
11. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 20.3, 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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