Verwaltungsrecht

Bescheid, Zwangsgeld, Vollziehung, Kostenentscheidung, Zustellung, Vollstreckung, Hund, Landratsamt, Verwaltungsverfahren, Frist, Verpflichtung, Zwangsmittel, Unionsrecht, Tierschutz, Kosten des Verfahrens, sofortige Vollziehung

Aktenzeichen  RN 4 K 19.801

Datum:
21.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42288
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der Bescheid vom 10.4.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt sowohl für die weiteren Zwangsgeldandrohungen (dazu I.) als auch für die Kostenentscheidung (dazu II.).
I.
Die weiteren Zwangsgeldandrohungen hinsichtlich der Verpflichtungen aus Nr. 1.7, 1.16 und 1.17 des Bescheids vom 29.12.2016 sind rechtmäßig. Das Vorliegen der allgemeinen (dazu 1.) und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (dazu 2.) ist im jeweils relevanten Zeitpunkt zu bejahen.
1. Allgemeine Voraussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen, wie sie die Zwangsgeld androhungen darstellen, ist das Vorliegen eines wirksamen Grundverwaltungsakts mit vollstreckungsfähigem Inhalt (Art. 18 Abs. 1 VwZVG). Dieser muss im Sinne des Art. 19 Abs. 1 VwZVG vollstreckbar sein.
Die tierschutzrechtlichen Anordnungen in Nr. 1.7, 1.16 und 1.17 des Bescheids vom 3.8.2017 waren bei Erlass der streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohungen wirksam und sind es nach wie vor. Die Behörde hatte diese Anordnungen zudem für sofort vollziehbar erklärt (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG), womit Vollstreckbarkeit eingetreten war.
2. Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen sind zu bejahen. Insbesondere erachtet das Gericht die gesetzten Erfüllungsfristen von sechs Wochen ab Zustellung hinsichtlich der Verpflichtung zur Schaffung witterungsgeschützter und wärmegedämmter Ausläufe und von einer Woche in Bezug auf das Bestandsbuch als angemessen im Sinne des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Sie erscheinen im Hinblick auf die nötigen praktischen Vorkehrungen des Klägers ausreichend. Hinzu kommt, dass es sich um weitere Zwangsgeldandrohungen handelt und dem Kläger seine Verpflichtungen bereits seit langem bekannt waren, er also hinreichend Gelegenheit hatte, ihnen nachzukommen.
Nicht zu beanstanden sind die angedrohten Zwangsgelder auch ihrer Höhe nach. Sie halten sich in dem von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgegebenen Rahmen und bilden – wie von Satz 2 der Vorschrift gefordert – das Interesse des Klägers an der Umsetzung der tierschutzrechtlichen Anordnungen angemessen ab. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die früheren, niedrigeren Zwangsgelder den Kläger nicht zur Erfüllung seiner Verpflichtungen bewegen konnten.
Besondere Voraussetzung weiterer Zwangsgeldandrohungen ist gemäß Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG, dass die vorangegangenen erfolglos geblieben sind. Schon aus dem Wortlaut ergibt sich, dass Erfolglosigkeit nicht erst bei einem fehlgeschlagenen Beitreibungsversuch zu bejahen ist, sondern bereits dann, wenn der Vollstreckungsschuldner seine Verpflichtung nicht innerhalb der gesetzten Frist erfüllt hat (BayVGH, B.v. 12.1.2012 – 10 ZB 10.2439 – juris Ls. 1). Diese Voraussetzung ist gegeben, weil die im Bescheid vom 29.12.2016 angedrohten Zwangsgelder den Kläger nicht zur Einhaltung der in Nr. 1.7, 1.16 und 1.17 dieses Bescheids niedergelegten Verpflichtungen veranlassen konnten. Was Nr. 1.7 angeht, ist dem Protokoll zur Kontrolle vom 28.2.2019 zu entnehmen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt für die Hunde am Hundehaus über Material für die Herstellung eines Witterungsschutzes verfügte, dieses aber nicht montiert hatte. Das Gericht hat keinen Anlass, an dieser Darstellung zu zweifeln, die auch der Kläger nicht in Abrede gestellt hat. Es fällt im Gegenteil auf, dass der Kläger im Verfahren auch Bilder vorgelegt hat, auf denen über dem Auslauf jedenfalls zweier Ausläufe am Hundehaus ein Witterungsschutz (noch) nicht angebracht ist. Dass der Kläger entgegen Nr. 1.16 und 1.17 kein Bestandsbuch geführt hat und ein solches auch bei der Kontrolle am 28.2.2019 nicht vorzeigen konnte, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die gegenwärtige Erfüllung der Nr. 1.7 des Bescheids vom 29.12.2016 durch den Kläger macht die neuerlichen Zwangsgeldandrohungen ebenfalls nicht rechtswidrig. Zwar beurteilt sich die Rechtmäßigkeit dieser Vollstreckungsmaßnahmen nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sofern nicht das Vollstreckungsverfahren vorher abgeschlossen wurde (so für das Verwaltungsvollstreckungsgesetz BVerwG, U.v. 14.3.2006 – 1 C 3/05 – juris Rn. 9). Der Verstoß des Vollstreckungsschuldners gegen die Grundverfügung ist indes keine allgemeine oder besondere Voraussetzung der Zwangsgeldanordnung, sondern allein für die Frage der Fälligkeit des Zwangsgelds von Bedeutung. Eine nach Erlass der Zwangsgeldandrohung erfolgte Erfüllung der Verpflichtung führt demgemäß nicht zur Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahme.
II.
Rechtmäßig ist auch die in Nr. 2 des Bescheids vom 10.4.2019 enthaltene Kostenent scheidung. Dass der Kläger – wie von Nr. 2.1 vorgesehen – die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, ergibt sich gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Kostengesetz (KG) aus seiner Stellung als Veranlasser der weiteren Zwangsgeldandrohung und der Kontrolle vom 28.2.2019.
Die geltend gemachten Kosten sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger nach Nr. 2.2 des Bescheids die Kosten „dieses Bescheides“, das heißt der weiteren Zwangsgeldandrohungen, zu tragen hat, hält sich die erhobene Gebühr in dem von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG, Nr. 1.I.8/1 KVz gezogenen Rahmen. Bedenken hinsichtlich einer ermessensgerechten Ausfüllung des Gebührenrahmens bestehen nicht (vgl. Art. 6 Abs. 2 KG).
Bei der in Nr. 2.3 und 2.4 erfolgten Geltendmachung von Gebühren und Fahrauslagen „für die Kontrolle am 28.2.2019 inkl. Berichtserstellung“ handelt es sich um Kosten einer amtlichen Nachkontrolle. Das Landratsamt hat in der Begründung seines Bescheids insoweit auf Nr. 7.IX.11/1.3 KVz abgestellt. Diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig, weil keine Maßnahmen nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch getroffen wurden. Das führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, weil es sich um einen bloßen Begründungsmangel handelt, der angesichts der der Kostenkalkulation zugrundeliegenden fixen Stundensätze der eingesetzten Bediensteten offenkundig ohne Auswirkungen auf die Höhe der erhobenen Kosten blieb (Art. 46 BayVwVfG). Entscheidend ist allein, dass die amtliche Tätigkeit gemäß Art. 1 Abs. 1 KG kostenpflichtig war.
Zwar kann sich der Beklagte für die Gebührenerhebung nicht auf Nr. 7.IX.10/1 KVz stützen. Denn es handelte sich nicht um eine zusätzliche amtliche Kontrolle im Sinne von Art. 79 Abs. 2 Buchst. c Verordnung (EU) 2017/625. Die Ortseinsicht diente nicht zur Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften, die zur Anwendung von Unionsrecht im Bereich Tierschutz erlassen wurden (vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. f Verordnung (EU) 2017/625). Sie erfolgte vielmehr allein in Umsetzung nationalen Tierschutzrechts. Die behördliche Kostenerhebung stellt sich aber vor dem Hintergrund der Nr. 7.IX.10/2.5 KVz als rechtmäßig dar. Zwar ergingen unmittelbar bei der Überprüfung am 28.2.2019 keine mündlichen oder schriftlichen Anordnungen nach § 16a TierSchG. Die Kontrolle stellt sich aber als gebotene Folgemaßnahme zu den mit Bescheid vom 29.12.2016 getroffenen Anordnungen dar und steht damit in unauflöslichem Zusammenhang. Als Teil des in diesem Verwaltungsverfahren aufgelaufenen Aufwands können die Gebühren in rechtmäßiger Weise geltend gemacht werden.
III.
Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtsgrundlage des Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit sind § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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