Verwaltungsrecht

Beschwer des Nachbarn durch gaststättenrechtlichen Auflagenbescheid

Aktenzeichen  AN 4 K 16.01077 (1), AN 4 K 16.01093 (1), AN 4 K 16.01094 (2), AN 4 K 16.01095 (2), AN 4 K 16.01096 (2)

Datum:
3.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 42 Abs. 2
SperrzeitVO/Freischankflächen § 1

 

Leitsatz

Verlängerungen der Sperrzeiten stellen eine Belastung für die Gaststättenbetreiber, aber nicht für die Nachbarn der Gaststätten dar. Durch die Sperrzeitenregelung ist die Frage des Hinausschiebens der Nachtzeit weder ausdrücklich noch inzident mit geregelt, so dass eine Beschwerde der Nachbarn nicht möglich ist. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

Die Klagen sind bereits unzulässig. Die Kläger sind durch die an die Beigeladenen adressierten Auflagenbescheide vom 23. Mai 2016 nicht beschwert. Insoweit fehlt ihnen also bereits die Klagebefugnis (Ziffer 1). Soweit sie darüber eine hinausgehende Verpflichtung der Beklagten begehren, ist die Angelegenheit bereits vor dem Verwaltungsgericht Ansbach in den Verfahren AN 4 K 16.01001 und AN 4 K 16.01002, und damit anderweitig, rechtshängig gemacht worden (Ziffer 2).
1. Die Kläger begehren zunächst die teilweise Aufhebung der an die Beigeladenen gerichteten Auflagenbescheide der Beklagten vom 23. Mai 2016. Insoweit findet grundsätzlich eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statt. Die Kläger sind jedoch nicht zur Klage befugt, da sie keine Verletzung eigener Rechte geltend machen können, § 42 Abs. 2 VwGO. Das Verwaltungsgericht schließt sich damit für den konkreten Fall der im Eilverfahren geäußerten Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an (VGH München, B.v. 5.10.2016 – 22 CS 16.1713 – juris Rn. 12).
Bei Erhebung der Anfechtungsklage muss ein Kläger geltend machen, durch den angegriffenen Bescheid möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein, § 42 Abs. 2 VwGO. Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus dem Regelungsinhalt des angegriffenen Bescheides.
Die Auflagenbescheide vom 23. Mai 2016 belasten die Kläger in diesem Sinne nicht. Die vorliegende Verlängerungen der Sperrzeiten auf den Freischankflächen stellen unter Berücksichtigung des Wortlauts des Bescheides und des zwischen den Parteien rechtskräftigen Urteils vom 25. November 2015 (Az.: 22 BV 13.1686) eine Belastung für die Beigeladenen dar. Denn aufgrund der SperrzeitVO/Freischankflächen vom 17. Juni 1996, bzw. aufgrund der Genehmigungslage bei dem Beigeladenen zu 3), war bisher für die Freischankflächen einheitlich eine Sperrzeit von 23:00 Uhr geregelt. Demgegenüber müssen die Beigeladenen ihre Freischankflächen nun früher schließen. Durch diese Sperrzeitenregelung ist die Frage des Hinausschiebens der Nachtzeit – und damit eine Neubestimmung des Schutzniveaus der Kläger – weder ausdrücklich noch inzident mitgeregelt, so dass eine Beschwerde der Kläger nicht möglich ist (VGH München, B.v. 5.10.2016 – 22 CS 16.1713 – juris Rn. 17). Die Klagen sind daher hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens unzulässig.
2. Die Kläger begehren weiter die Verpflichtung der Beklagten, Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit ab 22:00 Uhr sowie hinsichtlich des Nachweises einer achtstündigen Nachtruhe zu treffen. Dieser Verpflichtungsantrag ist ebenfalls unzulässig, da ihm der von Amts wegen zu berücksichtigende Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 173 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 2 GVG) entgegensteht.
Demnach kann die Streitsache während der Rechtshängigkeit von keiner anderen Partei anderweitig, das heißt weder bei demselben noch bei einem anderen Gericht, anhängig gemacht werden (Schoch / Schneider / Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Oktober 2016, § 90 Rn. 8). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird die Streitsache durch Erhebung der Klage rechtshängig (§ 90 VwGO). Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist die Verpflichtung der Beklagten zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Einhaltung der Nachtruhe ab 22:00 Uhr. Dieses Begehren haben die Kläger bereits in den Verfahren AN 4 K 16.01001 und AN 4 K 16.01002, jeweils unter Ziffer 2 des Klageantrags, geltend gemacht.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Zusatz der „beklagten Gaststätten“ im Klageantrag dieses Verfahrens. Im Rahmen des im Parallelverfahren angegriffenen Bescheides vom 11. Mai 2016 wurden die Gaststätten aller Beigeladenen konkret betrachtet. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 23. Mai 2016 setzen den Bescheid vom 11. Mai 2016 lediglich um. Das darüber hinausgehende Verpflichtungsbegehren ist damit letztendlich identisch hinsichtlich der durch die Regelung betroffenen Gaststättenbetriebe.
Ein maßgeblicher Unterschied ergibt sich weiter nicht aus der im Antrag formulierten Forderung des Nachweises einer achtstündigen Nachtruhe. Dabei bestehen schon Zweifel, ob es sich insoweit überhaupt um einen statthaften selbständigen Antragsgegenstand handeln kann. Unabhängig davon ist die Frage bereits zum Gegenstand in den oben genannten Verfahren gegen den Bescheid vom 11. Mai 2016 gemacht worden.
Und ferner ergibt sich nichts anderes aus einer drohenden Bestandskraft der Auflagenbescheide, da die Beklagte an das Ergebnis der Verfahren AN 4 K 16.01001 und AN 4 K 16.01002 gebunden sein wird und damit – je nach Ausgang des Verfahrens – gegebenenfalls weitergehende Auflagen auch umzusetzen haben wird.
Damit war der Verpflichtungsteil der Klage aufgrund anderweitiger Rechtshängigkeit der Streitsache ebenfalls als unzulässig abzuweisen.
3. Die Kosten des Verfahrens waren den Klägern als den unterlegenen Parteien aufzuerlegen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladenen haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da sie keinen eigenen Antrag gestellt und damit auch kein Kostenrisiko übernommen haben (Kopp / Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 20. Auflage 2014, § 162 Rn. 23).


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