Verwaltungsrecht

Beschwerde im Eilverfahren, hier: Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen Nichtbewährung

Aktenzeichen  3 CS 18.99

Datum:
6.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2402
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80
BeamtStG § 10 S. 1, § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Hinsichtlich der Prognoseentscheidung über die Bewährung des Beamten in der Probezeit kommt dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der verwaltungsgerichtlich nur dahingehend eingeschränkt überprüft werden kann, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt, die gesetzlichen Grenzen verkannt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (ebenso BayVGH BeckRS 2016, 41747). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die mangelnde Bewährung liegt bereits dann vor, wenn begründete Zweifel bestehen, dass der Beamte den Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, nicht wird erfüllen können; die Zweifel müssen allerdings auf tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen basieren und dürfen sich nicht im Bereich bloßer Mutmaßungen bewegen (ebenso BayVGH BeckRS 2016, 41747). (redaktioneller Leitsatz)
3. Ausgangspunkt für diese prognostische Entscheidung ist das Verhalten des Beamten in der gegebenenfalls auch verlängerten Probezeit; dabei ist die formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung in erster Linie die Probezeitbeurteilung (ebenso BayVGH BeckRS 2014, 55302 mwN). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 1 S 17.1405 2017-12-28 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13.619,46 € festgesetzt.

Gründe

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beschwerde überhaupt zulässig ist, obwohl sie die angefochtene Entscheidung nur pauschal und formelhaft angreift und sich mit ihr nicht in der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Weise auseinandersetzt. Denn jedenfalls ist sie unbegründet. Das Verwaltungsgericht, auf dessen Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Beschluss verwiesen wird, hat den Antrag,
die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen,
zu Recht abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts wird die Klage der Antragstellerin gegen den gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 9. November 2017, mit dem sie gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG mit Ablauf des 31. Dezember 2017 wegen Nichtbewährung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrätin z.A. im Realschuldienst (BesGr A 13) entlassen worden ist, nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die Nichtbewährung stehe aufgrund der Probezeitbeurteilung vom 20. Juli 2017 fest, in der der Antragstellerin gravierende fachliche Mängel bescheinigt worden seien, so dass sie für das Amt einer Lehrerin im Realschuldienst nicht geeignet sei. Ihr privates Interesse an einer Weiterbeschäftigung müsse deshalb gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung zurücktreten, das nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO auch hinreichend begründet worden sei. Dies ist im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Rechtsgrundlage für die Entlassung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG. Danach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Dieser Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat. Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen (Art. 12 Abs. 5 LlbG), insoweit hat der Dienstherr auch kein Ermessen. Die Beurteilung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, besteht in der prognostischen Einschätzung, ob er den Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht wird. Mangelnde Bewährung liegt bereits vor, wenn begründete Zweifel bestehen, dass der Beamte diese Anforderungen erfüllen kann. Die Zweifel müssen allerdings auf tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen basieren und dürfen sich nicht im Bereich bloßer Mutmaßungen bewegen (vgl. BayVGH, U.v. 13.1.2016 – 3 B 14.1487 – juris Rn. 33 m.w.N.).
Der Begriff der Bewährung stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, hinsichtlich dessen dem Dienstherrn ein verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung sowie fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis, so dass die Einschätzung über die Bewährung bzw. die Nichtbewährung des Beamten ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten ist und durch die Verwaltungsgerichte nicht ersetzt werden kann. Die Prognoseentscheidung ist gerichtlich daher nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des dem Dienstherrn zukommenden Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 13.1.2016 – 3 B 14.1487 – juris Rn. 34 m.w.N.).
Ausgangspunkt für diese prognostische Entscheidung ist das Verhalten des Beamten in der (ggf. nach Art. 12 Abs. 4 LlbG verlängerten) Probezeit. Formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung ist in erster Linie die Probezeitbeurteilung gemäß Art. 55 Abs. 2 LlbG (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2014 – 3 CS 14.917 – juris Rn. 44).
Nach diesen Maßstäben ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die auf die Probezeitbeurteilung vom 20. Juli 2017 gestützte Einschätzung des Antragsgegners, die Antragstellerin habe sich in der Probezeit in fachlicher Hinsicht endgültig nicht bewährt, so dass sie für das Lehramt an Realschulen nicht geeignet und aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen sei, rechtsfehlerfrei ist. Die Probezeitbeurteilung legt nachvollziehbar die mangelnde Eignung der Antragstellerin zur Vorbereitung und Erteilung eines lehrplanorientierten, didaktisch und methodisch einwandfreien Unterrichts dar, so dass der Unterrichtserfolg unzureichend war. Der Antragsgegner ist vor diesem Hintergrund zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass die Antragstellerin nicht den erforderlichen dienstlichen Anforderungen an eine Lehrkraft an Realschulen gerecht wird, sondern nur sehr eingeschränkt im Unterricht einsetzbar ist, so dass sie sich nicht bewährt hat (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2003 – 3 CS 03.1781 – juris Rn. 29 f.; B.v. 9.3.2005 – 3 CS 04.2694 – juris Rn. 66 f.).
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Probezeitbeurteilung angegriffen und Einwendungen gegen diese erhoben hat. Der Antragsgegner hat sich damit im Entlassungsbescheid unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Schulleiterin vom 2. Oktober 2017 und die Entscheidung des Ministerialbeauftragen im Überprüfungsverfahren vom 20. Oktober 2017 eingehend auseinandergesetzt, ohne zu einer anderen Einschätzung zu gelangen. Wenn die Antragstellerin dem ihre eigene, durchwegs positive Bewertung ihrer Unterrichtsführung gegenüberstellt, kann sie diese subjektive Sichtweise der Beurteilung des Antragsgegners nicht mit Erfolg entgegenhalten. Soweit die Wertungen nicht schon nur im Pauschalen und somit auf der Ebene einer persönlichen Meinung der Antragstellerin bleiben, werden damit lediglich Einzelvorkommnisse und Aspekte in den Vordergrund gerückt, die mehr oder weniger zutreffende Momentaufnahmen darstellen mögen, die aber die über einen längeren Zeitraum und in einer Vielfalt von Situationen von der zuständigen Schulleiterin gewonnenen Erkenntnisse nicht ernstlich in Zweifel ziehen können (vgl. BayVGH, B.v. 30.11.2009 – 3 CS 09.1773 – juris Rn. 41).
Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs, die weitere Belassung der Antragstellerin im Dienst wäre mit dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag und der Fürsorgepflicht gegenüber Schülern und Lehrern unvereinbar, als genügend erachtet hat (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2014 – 3 CS 14.436 – juris Rn. 38).
2. Die hiergegen innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen nicht zu einer anderen Beurteilung.
Soweit die Antragstellerin rügt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit dem Sachverhalt und insbesondere mit ihren Einwendungen auseinandergesetzt, legt sie schon nicht substantiiert dar, welche konkreten entscheidungserheblichen Tatsachen unberücksichtigt geblieben wären. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Einwendungen gegen die Probezeitbeurteilung auch zur Kenntnis genommen und diese gewürdigt, sie jedoch unter zulässiger Bezugnahme auf die Stellungnahme der Schulleiterin vom 2. Oktober 2017, deren Wertung sich das Verwaltungsgericht damit zu eigen gemacht hat, vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung zutreffend als unerheblich bzw. unbegründet angesehen. Daran ändert nichts, dass sich sowohl die Beurteilung als auch die Einwendungen gegen diese auf einzelne Vorkommnisse stützen. Die Antragstellerin legt insoweit nicht substantiiert dar, dass der Antragsgegner die Grenzen seiner Beurteilungsermächtigung überschritten hätte, sondern setzt nur pauschal ihre Sichtweise an die Stelle von dessen Einschätzung.
Soweit die Antragstellerin rügt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit den persönlichen Folgen der Anordnung des Sofortvollzugs des Bescheids für sie auseinandergesetzt, legt sie ebenfalls nicht substantiiert dar, welche Konsequenzen für sie nicht berücksichtigt worden wären. Wenn sie diesbezüglich behauptet, Mängel in der Unterrichtsführung und -gestaltung würden keine derart schwerwiegenden Verstöße gegen dienstliche Verpflichtungen begründen, die die sofortige Entlassung rechtfertigen könnten, verkennt sie, dass nach der dargestellten Rechtsprechung bereits unzureichende Arbeitsergebnisse zur Nichtbewährung in fachlicher Hinsicht führen. Im Übrigen liegen mit den festgestellten gravierenden fachlichen Mängeln in der Unterrichtsführung und -gestaltung auch Defizite im Kernbereich der Tätigkeit einer Lehrkraft vor. Da diese Mängel mit dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag sowie der Fürsorgepflicht gegenüber Schülern und Lehrern unvereinbar sind, wäre bei einer weiteren Belassung der Antragstellerin im Schuldienst eine konkrete Gefährdung der Belange der Allgemeinheit zu befürchten, so dass im Rahmen der Interessenabwägung die sofortige Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gerechtfertigt ist. In welche Rechte der Antragstellerin dadurch unverhältnismäßig eingegriffen werden sollte, legt sie ebenfalls nicht substantiiert dar.
3. Die Beschwerde war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (wie Vorinstanz).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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