Verwaltungsrecht

Bestimmung des zuständigen Gerichts durch Obergericht

Aktenzeichen  21 S 20.657

Datum:
26.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16917
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 52 Nr. 3 S. 2, S. 3, § 53 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 64
ZPO § 62 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Ausnahmeregelung des § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO für Verwaltungsakte, die eine Behörde mit einer sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckenden Zuständigkeit erlassen hat, dient der Entlastung der Gerichte am Sitz der Zentralbehörde sowie der Gewährleistung einer größtmöglichen Ortsnähe der Verwaltungsgerichtsbarkeit. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 6 K 19.2039 2020-03-19 VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

Das Bayerische Verwaltungsgericht München wird für das beim Verwaltungsgericht Regensburg anhängige Klageverfahren RO 6 K 19.2039 als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Pauschalen zu den Ausbildungskosten der Pflegeschulen (Pauschalbudget gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 PlBG).
Die Beigeladenen zu 1 bis 10 (Interessenvertretungen der öffentlichen und der privaten Pflegeschulen auf Landesebene) beantragten die Entscheidung der Schiedsstelle, nachdem mit den Klägern eine Vereinbarung über das Pauschalbudget nicht zustande kam. Im Schiedsverfahren beantragten die Beigeladenen zu 1 bis 10 zuletzt, die Pauschalen für die Ausbildungskosten der Pflegeschulen in Bayern für das erste und zweite Schuljahr ab dem 1. Januar 2020 auf 14.863,00 Euro pro Jahr und Pflegeschüler festzusetzen. Nach dem Antrag der Kläger sollte ein Pauschalbudget in Höhe von 5.564,12 Euro pro Jahr und Schüler festgesetzt werden.
Die Schiedsstelle setzte mit Schiedsspruch vom 17. September 2019 die Pauschalen für die Ausbildungskosten der Pflegeschulen in Bayern gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 für das erste und zweite Schuljahr ab dem 1. Januar 2020 auf jeweils 11.443,96 Euro pro Jahr je Schüler fest.
Dagegen erhoben die Kläger am 11. November 2019 entsprechend der mit dem Schiedsspruch verbundenen Rechtsbehelfsbelehrung:Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg.
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19. März 2020 dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Verwaltungsgerichts vorgelegt und dazu ausgeführt: Für die Klagen der Klägerinnen zu 1 und 2 sei gemäß § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO das Verwaltungsgericht München örtlich zuständig, weil ihr Sitz im Bezirk dieses Gerichts liege. Demgegenüber hätten jedenfalls die Klägerinnen zu 5 und 11 ihren Sitz außerhalb Bayerns, so dass gemäß § 52 Nr. 3 Satz 2 und 3 i.V.m. Nr. 5 VwGO das Verwaltungsgericht Regensburg örtlich zuständig sei.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zur Vorlage des Verwaltungsgerichts zu äußern.
II.
1. Der Antrag des Verwaltungsgerichts Regensburg auf Bestimmung des örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts ist zulässig.
Nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 VwGO wird das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn sich der Gerichtsstand nach § 52 VwGO richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen. Diese Voraussetzungen liegen vor, wie das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 19. März 2020 nachvollziehbar dargelegt hat. Eine Trennung der Klageverfahren und Zuweisung an das örtlich jeweils zuständige Verwaltungsgericht scheidet aus, weil gemäß § 64 VwGO i.V.m. § 62 Abs. 1 ZPO über die gegen den Schiedsspruch erhobenen Klagen gegenüber allen Klägern als (uneigentliche) notwendige Streitgenossen in der Sache nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. dazu Peters/Pätzold in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 93 Rn. 35 m.w.N.).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als das im Rechtszug höhere Gericht kann auch von dem mit dem Rechtsstreit befassten Verwaltungsgericht angerufen werden (§ 53 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
2. Der Senat bestimmt das Verwaltungsgericht München als das örtlich zuständige Gericht. Das orientiert sich an den Wertungen der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung und entspricht damit dem für die Zuständigkeitsbestimmung maßgebenden Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit (vgl. Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 53 Rn. 23 m.w.N.). Die Ausnahmeregelung des § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO für Verwaltungsakte, die – wie hier – eine Behörde mit einer sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckenden Zuständigkeit erlassen hat, dient der Entlastung der Gerichte am Sitz der Zentralbehörde sowie der Gewährleistung einer größtmöglichen Ortsnähe der Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 25). Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts München erfüllt diesen Zweck auch unter dem Gesichtspunkt der Ortsnähe. Denn die Beteiligten des zugrunde liegenden Rechtsstreits sind, soweit nicht schon ihr Sitz in München liegt (Klägerinnen zu 1 und 2 sowie nahezu alle Beigeladenen) dort, wie aus dem Rubrum dieses Beschlusses zu ersehen, fast ausnahmslos anderweitig repräsentiert.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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