Verwaltungsrecht

Beurteilung bei Auseinanderfallen von Statusamt und Dienstposten

Aktenzeichen  Au 2 E 15.1077

Datum:
21.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Jeder Bewerber um ein Amt im öffentlichen Dienst hat aus Art. 33 Abs. 2 GG das grundrechtsgleiche Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Im Fall der Konkurrentenstreitigkeit lässt sich dieser Bewerbungsverfahrensanspruch nach einem abgechlossenen Auswahlverfahren nur mittels einer einstweiligen Anordnung sichern.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass eine dienstliche Beurteilung anhand einer gestuften Notenskala vorgenommen wird (ebenso VGH München BeckRS 2015, 56210). Bei Beurteilungen mit derselben Gesamtnote kann aufgrund weiterer Kriterien eine Binnendifferenzierung vorgenommen werden. (redaktioneller Leitsatz)
3 Fallen Statusamt und Bewertung des tatsächlich wahrgenommenen Dienst- bzw. Arbeitspostens auseinander, muss dieser Umstand in der Beurteilung gesondert berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist hier davon auszugehen, dass ein Beamter, der die Aufgaben seines  Dienst- oder Arbeitspostens “Gut” erfüllt, der einer deutlich höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist, als sie seinem Statusamt entspricht, die (wesentlich) geringeren Anforderungen seines Statusamts in mindestens ebenso guter oder besserer Weise erfüllt. Je weiter der innegehabte Dienst- oder Arbeitsposten und das Statusamt auseinanderfallen, umso konkreter und ausführlicher hat in der Beurteilung eine Auseinsandersetzung mit diesem Umstand zu erfolgen (ebenso OVG NRW BeckRS 2015, 47682).  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … 1961 geborene Antragsteller ist Beamter auf Lebenszeit im Dienst der Antragsgegnerin und bekleidet das Amt eines Technischen Fernmeldehauptsekretärs (BBesO A8_vz) bei der …. Er wurde mit Verfügung vom 21. Juni 2012 weiterhin vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Mai 2012 zur … als Projektmanager (Bewertung A8) abgeordnet. Mit Verfügungen vom 25. Juli 2012 und 2. Juli 2013 wurde er vom 22. Mai 2012 bis zum 31. Dezember 2014 zur Stadt …, Tiefbauamt, als Bautechniker abgeordnet.
Für den Zeitraum vom 15. September 2011 bis zum 31. Oktober 2013 wurde der Antragsteller zunächst am 10. März 2015 beamtenrechtlich beurteilt. Dieser Beurteilung liegt eine Stellungnahme einer unmittelbaren Führungskraft vom 20. Dezember 2013 zugrunde, welche sich auf den Zeitraum vom 15. September 2011 bis 21. Mai 2012 erstreckt und in der zwei Einzelkriterien mit der zweitbesten Note („Gut“) und die übrigen vier mit der drittbesten Note („Rundum Zufriedenstellend“) bewertet wurden. Die Stellungnahme vom 7. Januar 2014 für den darauf folgenden Zeitraum bis einschließlich 31. Oktober 2013 enthält viermal die Note „Gut“ und einmal die Note „Rundum Zufriedenstellend“.
In der Beurteilung vom 10. März 2015 sind fünf Einzelkriterien mit der Note „gut“ und ein Einzelkriterium mit der Note „Rundum zufriedenstellend“ bewertet. Als Gesamturteil wurde die dritthöchste von sechs Notenstufen („Gut“) mit der Ausprägung „Basis“ vergeben. Die Begründung der Beurteilung führt u. a. aus, dass der Antragsteller „im Statusamt A8 über den gesamten Beurteilungszeitraum hinweg amtsentsprechend eingesetzt“ gewesen sei.
Der Antragsteller bestätigte am 18. März 2015 den Erhalt der Beurteilung.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass er aufgrund des in der dienstlichen Beurteilung erzielten Ergebnisses „Gut Basis“ nicht befördert werden könne. Es könnten nicht alle Beamten berücksichtigt werden, weil für die Beförderung nach A9_vz nur 117 Planstellen zur Verfügung stünden, die Beförderungsliste „…_Abo_weitere“ aber 440 Beförderungsbewerberinnen/-bewerber umfasse. Es könnten nur mit mindestens „Sehr gut Basis“ Beurteilte befördert werden.
Gegen die Beurteilung legte der Antragsteller am 29. Juni 2015 Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2015 zurückgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 begehrt der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz mit dem Antrag,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die Beförderung wenigstens eines Konkurrenten des Antragstellers nach Besoldungsgruppe A9_vz durch Aushändigung der Ernennungsurkunde zu vollziehen und bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens für den Antragsteller eine Beförderungsstelle nach Besoldungsgruppe A9_vz freizuhalten.
Die Beurteilung erweise sich als rechtsfehlerhaft, weil die höherwertige Tätigkeit des Antragstellers keine hinreichende Berücksichtigung gefunden habe. Der Antragsteller verrichte bei der Stadt … als Bauleiter im Tiefbauamt Aufgaben, die der Besoldungsgruppe A10 zuzuordnen seien. Statt der erfolgten Bewertung mit „Gut Basis“ hätte der Antragsteller mit mindestens „Sehr gut Basis“ beurteilt werden müssen. Außerdem könne nicht nachvollzogen werden bzw. es sei völlig unklar, unter welchen Voraussetzungen die Gesamtnote „Hervorragend“ vergeben werde, weil in den Einzelkriterien lediglich Noten bis maximal „Sehr gut“ aber kein „Hervorragend“ erzielt werden könne.
Die Antragsgegnerin teilte mit Schriftsatz vom 17. Juli 2015 mit, bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens eine Planstelle der Besoldungsgruppe A9_vz zu sperren. Sie trat dem Antrag unter dem 10. September 2015 entgegen und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beförderungsentscheidungen in Anwendung der einschlägigen Beförderungsrichtlinien vom 1. September 2014 erfolgt seien. Eine Berücksichtigung des Antragstellers sei nicht möglich, da die Konkurrenten mit „Sehr gut Basis“ ein besseres Beurteilungsergebnis aufwiesen. Die Beurteilungsrichtlinien sähen vor, dass die dienstlichen Beurteilungen im Auftrag des Dienstvorgesetzten durch Erst- und Zweitbeurteiler innerhalb einer Einheit erfolgten. Die Tätigkeit bei der Stadt … sei anhand der Aufgabenbeschreibung mit A8 amtsentsprechend bewertet. Das Beurteilungsverfahren mit dem Übergang von der fünfstufigen Notenskala bei den Einzelkriterien auf eine sechsstufige beim Gesamtergebnis spiegle nur den Beurteilern zukommenden Beurteilungsspielraum wieder. Denn dadurch müssten diese eine eigene Wertung vornehmen.
Hierauf entgegnete der Antragsteller am 7. Oktober 2015, dass er zusammen mit drei Kollegen im Bauamt der Stadt … annähernd die gleiche Tätigkeit verrichte, seine Kollegen aber in der Entgeltgruppe 9 bzw. 10 des TVöD eingestuft seien.
Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2015 legte die Antragsgegnerin die neue Beurteilung für den Antragsteller vom 18. November 2015 vor. Diese enthält nunmehr in zwei Einzelkriterien die Bestnote „Sehr gut“ und viermal die Note „Gut“. Hinsichtlich der Einzelkriterien Arbeitsergebnis, Allgemeine Befähigung und Fachliche Kompetenz erfolgte jeweils eine Anhebung um eine Notenstufe mit der Begründung, dass „aufgrund seines höherwertigen Einsatzes als Bauleiter dieses Einzelkriterium mit „Sehr gut“ bzw. „Gut“ bewertet werden“ könne. Das Gesamturteil endet mit „Sehr gut“ mit der Ausprägung „Basis“. In der Begründung wird dargelegt, dass der Antragsteller im Statusamt A8t als Projektmanager amtsentsprechend und als Bauleiter laufbahnübergreifend höherwertig mit der Bewertung vergleichbar A9g/A10 eingesetzt werde. Dennoch könne der Antragsteller mit der Note „Sehr gut Basis“ und 26 Punkten nicht befördert werden, da nur mit mindestens „Sehr gut Basis“ und 27 Punkten bewertete Beamte für eine Beförderung ausgewählt worden seien.
Die gegen die Beurteilung vom 10. März 2015 erhobene Klage hat das Gericht nach übereinstimmender Erledigterklärung mit Beschluss vom 24. November 2015 – Au 2 K 15.1228 – eingestellt.
Mit weiterem Beschluss vom 11. Januar 2016 wurde die ausgewählte Bewerberin, deren Planstelle A9_vz bis zum Abschluss des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens von der Antragsgegnerin gesperrt wurde, zum Verfahren beigeladen.
Auf Nachfrage gab die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. Januar 2016 an, dass bei der Auswahlentscheidung bei den Beamten mit der Beurteilung „Sehr gut Basis“ eine Binnendifferenzierung anhand der Einzelkriterien vorgenommen worden sei. Den Einzelprädikaten würden dabei aufsteigend Punkte zugeordnet werden, beginnend mit der schlechtesten Note (entspricht: 1 Punkt) bis zum besten Prädikat mit 5 Punkten. Beim Antragsteller ergebe dies bei zweimal „Sehr gut“ und viermal „Gut“ insgesamt 26 Punkte.
Dem entgegnete der Antragsteller mit Schriftsatz vom 19. Januar 2016, dass anstatt einer Berücksichtigung der Einzelmerkmale üblicherweise die vorausgehende Beurteilung den Ausschlag geben müsse. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, warum die Planstelle der Beigeladenen gesperrt werde, nachdem diese auf der Liste „…_Abo_weitere nach A13_vz“ der Antragsteller jedoch auf der Liste „…_Abo_weitere nach A9_vz“ geführt werde.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers durch eine Veränderung des bestehenden Zustands vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller die drohende Gefahr der Rechtsverletzung – Anordnungsgrund – und ein Recht im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO – Anordnungsanspruch – glaubhaft macht. Die im Eilverfahren gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 24) ergibt hier, dass der Antragsteller zwar einen Anordnungsgrund (1.) aber keinen Anordnungsanspruch (2.) glaubhaft gemacht hat.
1. Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Allerdings vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern auch ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus solchen Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – BVerwGE 138, 102; U. v. 25.2.2010 – 2 C 22.09 – BVerwGE 136, 140). Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch lässt sich allein mittels einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sichern. Der abgelehnte Bewerber muss vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen mit dem Ziel, die Stelle bis zu einer Entscheidung über seinen Bewerbungsverfahrensanspruch freizuhalten, um zu verhindern, dass durch die Ernennung des ausgewählten Konkurrenten vollendete Tatsachen geschaffen werden. Wird die umstrittene Stelle anderweitig besetzt, bleibt ihm sowohl die erfolgreiche Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes als auch primärer Rechtsschutz in der Hauptsache versagt. Der – aus der Sicht des Antragstellers – um eine Beförderungsauswahl geführte Rechtsstreit erledigt sich regelmäßig mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle, wenn die Besetzung der Stelle nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.2003 – 2 C 14.02 – BVerwGE 118, 370 = DVBl 2004, 317).
Bei Prüfung der Frage, ob ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist, war zu berücksichtigen, dass ein Bewerber, dem die Wahrnehmung der Aufgaben des streitbefangenen Dienstpostens bereits vor einer Entscheidung in der Hauptsache ermöglicht wird, einen Bewährungsvorsprung vor seinen Mitbewerbern erlangen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens, wie sie hier gegeben ist, regelmäßig ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Auch wenn die Stellenbesetzung rückgängig gemacht werden könnte, kann ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten nämlich einen Erfahrungsvorsprung erlangen, der bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 12.4.2013 – 1 WDS-VR 1.13 – juris; B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3.11 – juris).
Die Antragsgegnerin hat das Auswahlverfahren abgeschlossen und will die Beförderungen nach rechtskräftigem Abschluss des Eilrechtsschutzverfahrens vornehmen. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, würde die Beigeladene nach der Besoldungsgruppe A9_vz befördert werden. Etwaige Rechte des Antragstellers würden hierdurch endgültig vereitelt. Die Ernennung der Beigeladenen ließe sich grundsätzlich auch dann nicht mehr rückgängig machen, wenn sich später herausstellen sollte, dass die Auswahlentscheidung den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (BVerfG, B.v. 9.7.2014 – 2 BvR 951/14 – juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 4.11.2010, a. a. O.; BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 6 CE 15.2232 – juris Rn. 7).
Vor diesem Hintergrund hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung eines der ausgeschriebenen Beförderungsposten mit der Beigeladenen, welche ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Beförderungsliste „…_Abo_weitere“ in der Besoldungsgruppe A8 geführt wird, die Verwirklichung eigener Rechte, nämlich des in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Bewerbungsverfahrensanspruchs, vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015, a. a. O. Rn. 5).
2. Dem Antragsteller steht jedoch der notwendige Anordnungsanspruch nicht zu.
Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet, dass jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt sie dem berechtigten Interesse des Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass damit grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet werden.
Mit den Begriffen „Eignung“, „Befähigung“ und „fachliche Leistung“ eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG bei Beförderungsentscheidungen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Dieser unterliegt schon aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG verleiht Beamten in diesem Rahmen das Recht, eine Auswahlentscheidung dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über ihre Bewerbung entschieden hat. Damit korrespondiert ein darauf gerichteter Bewerbungsverfahrensanspruch, dass die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. auch § 9 BeamtStG, § 9, § 22 BBG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 4.11.2010, a. a. O.; BayVGH, B.v. 16.4.2012 – 3 CE 11.2534 – juris Rn. 36).
Kommen mehrere Bewerber für die Besetzung eines Dienstpostens in Betracht, muss der am besten geeignete ermittelt werden. Der Bewerberauswahl dürfen nach Art. 33 Abs. 2 GG nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Bei der Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers ist im Rahmen einer Prognose auf die Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen. Den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens voraussichtlich genügen wird (BVerwG, U.v. 4.11.2010, a. a. O.; U.v. 30.6.2011 – 2 C 19.10 – juris Rn. 14; B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3.11, a. a. O. Rn. 22; B.v. 25.10.2011 – 2 VR 4.11 – juris Rn. 15; B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 23).
Der Dienstherr bestimmt primär im Rahmen seines organisatorischen Ermessens, welche Eignungsvoraussetzungen (Anforderungsprofil) der zukünftige Stelleninhaber erfüllen muss (BVerwG, B.v. 25.10.2011, a. a. O. Rn. 27 ff.; BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris Rn. 76 ff.). Soweit der Stellenbesetzung ein besonderes Anforderungsprofil zugrunde liegt, sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber um eine Beförderungsstelle in erster Linie anhand von aussagekräftigen, d. h. aktuellen, hinreichend differenzierten und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen vorzunehmen, da sie den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Leistungsstand abbilden und somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen können, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (vgl. BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 12; B.v. 4.10.2012 – 2 BvR 1120/12 – juris Rn. 12; BVerwG, U.v. 19.12.2002 – 2 C 31.01 – juris Rn. 15; U.v. 27.2.2003 – 2 C 16.02 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 18.6.2012, a. a. O. Rn. 108; B.v. 17.4.2013 – 6 CE 13.119 – juris Rn. 11; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 3 Rn. 69).
Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgrund eines Beurteilungsspielraums des Dienstherrn nur eingeschränkt gerichtlich kontrollierbar (BVerwG, U.v. 21.3.2007 – 2 C 2.06 – DÖD 2007, 281; BayVGH, B.v. 17.3.2015 – 3 CE 14.2503 – juris Rn. 25). Den Verwaltungsgerichten ist es nicht möglich, die Details der Wertungsfindung einer Beurteilung, welche sich in der Regel zumeist aus einem Vergleich mit den Leistungen anderer Konkurrenten ergibt, zu beurteilen. Aus diesem Grund ist die gerichtliche Kontrolle einer dienstlichen Beurteilung darauf beschränkt, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt richtig und vollständig zugrunde gelegt wurde, ob ein allgemeingültiger Wertmaßstab oder der gesetzliche Rahmen verkannt wurde und ob sachfremde Erwägungen angestellt wurden (BVerwG, U.v. 21.3.2007, a. a. O.; BayVGH, B.v. 17.3.2015, a. a. O.). Einwendungen gegen die Beurteilung sind dabei auch in einem Konkurrentenstreitverfahren zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 19.01 – NVwZ-RR 2002, 620). Erweist sich eine Beurteilung, die Grundlage einer Beförderungsauswahl ist, als fehlerhaft, hätte das Gericht einer entsprechenden Klage stattzugeben und auf eine Neuverbescheidung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verurteilen, wenn das Ergebnis der Auswahlentscheidung auf der fehlerhaften Beurteilung beruhen kann (BayVGH, B.v. 17.3.2015, a. a. O. Rn. 26). Der gleiche Maßstab gilt auch für den vorläufigen Rechtsschutz.
Eine nach diesen Maßstäben zu bewertende Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers ist vorliegend nicht gegeben. Die Nichtberücksichtigung des Antragstellers bei der (Beförderungs-)Auswahlentscheidung beruht auf einer rechtmäßigen Beachtung des Leistungsprinzips, insbesondere begegnet die Beurteilung des Antragstellers vom 18. November 2015 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Soweit die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers allgemeine Bedenken gegen das Notenstufensystem vorbringt, gehen ihre Erwägungen fehl. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile geklärt, dass diese Stufung der Notenskala, wie sie die Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin vorsehen, zulässig ist (siehe im Einzelnen: BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 6 CE 15.2233 – juris Rn. 18; B.v. 19.10.2015 – 6 CE 15.2043 – juris Rn. 18). Auch ansonsten begegnet das Beurteilungssystem keinen rechtlichen Bedenken, zumal mit Blick auf die besonderen Beschäftigungsstrukturen bei der … als …unternehmen (ausführlich: BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 6 CE 15.2232 – juris Rn. 15; B.v. 20.11.2015 – 6 CE 15.2289 – juris Rn. 15 f.).
b) Die Antragsgegnerin hat die maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorgaben beachtet, insbesondere hat sie entsprechend den Vorgaben aus den Beurteilungsrichtlinien Beurteilungsbeiträge der unmittelbaren Führungskräfte eingeholt und bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums berücksichtigt, d. h. zur Kenntnis genommen und bedacht (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2015, a. a. O. Rn. 15).
c) Schließlich vermag das Gericht dem Vortrag des Antragstellers, der eine inhaltliche Fehlerhaftigkeit der Beurteilung aus der angeblichen Nichtbeachtung seiner höherwertigen Tätigkeiten ableiten will, nicht zu folgen.
Fallen Statusamt und Bewertung des tatsächlich wahrgenommenen Arbeitspostens auseinander (im Fall des Antragstellers laufbahnübergreifend um zwei Besoldungsgruppen), muss der Beurteiler im Beurteilungssystem der Telekom diesen Umstand bei dem Rückgriff auf die allein am Arbeitsposten ausgerichtete Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft gesondert berücksichtigen. Denn es besteht der allgemeine Erfahrungssatz, dass mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden ist, die im allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind (vgl. BVerfG, B. v. 4.10.2012 – BvR 1120/12 – NVwZ 2013/573 Rn. 13; BVerwG, B. v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147,20). Deshalb ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beamter, der die Aufgaben eines Dienst- oder Arbeitspostens „Gut“ erfüllt, der einer deutlich höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist, als sie seinem Statusamt entspricht, die (wesentlich) geringeren Anforderung seines Statusamtes in mindestens ebenso guter oder besserer Weise erfüllt. Je weiter der innegehabte Dienst- oder Arbeitsposten und das Statusamt auseinanderfallen, umso konkreter und ausführlicher muss sich der Beurteiler mit dieser Annahme auseinandersetzen. Sollte es im Einzelfall Gründe geben, aus denen diese Annahme nicht gerechtfertigt wäre, müsste das nachvollziehbar und plausibel begründet werden (vgl. OVG NW, B. v. 18.6.2015 – 1 B 146/15 – juris Rn. 33 ff.; B. v. 18.6.2015 – 1 B 384/15 – juris Rn. 8 ff.). Solche erläuternden Begründungen können, soweit sie nicht bereits in der Beurteilung selbst enthalten sind, auch noch im Verwaltungsverfahren und gegebenenfalls im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.1980 – 2 C 8.78 – juris Rn. 26; U.v. 21.3.2007, a. a. O.).
Diesen Vorgaben wird – zumindest in der neuen Beurteilung vom 18. November 2015 – Rechnung getragen. Die höherwertige Tätigkeit wurde sowohl im Gesamturteil als auch in einigen, nach Ansicht der Beurteiler insofern maßgeblichen Einzelkriterien, gesondert gewürdigt. Insoweit liegt kein unrichtiger oder unvollständig erfasster Sachverhalt vor (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2015, a. a. O. Rn. 16 f.). Inwiefern der Antragsteller aus den genannten Einzelkriterien einen Anspruch auf eine andere, bessere Beurteilung ableiten will, erschließt sich dem Gericht nicht. Jedenfalls ist im Hinblick auf die eingeschränkte gerichtliche Kontrolldichte eine Überschreitung des Beurteilungsermessens nicht dargetan und auch nicht erkennbar.
d) Schließlich ist es mit dem Grundsatz der Bestenauslese auch vereinbar, wenn bei Beurteilungen mit derselben Gesamtnote – hier „Sehr gut Basis“ – aufgrund weiterer Kriterien eine Binnendifferenzierung vorgenommen wird. Hierzu führte die Antragsgegnerin aus, dass sich die im Fall des Antragstellers vergebenen 26 Punkte aus einer Addition der Einzelnoten mit zweimal der Bestnote „Sehr gut“ und viermal der Note „Gut“ ergeben. Bei den Konkurrenten und Konkurrentinnen, die – wie die Beigeladene – eine Gesamtnote „Sehr gut Basis“ mit 27 Punkten erhielten, seien die Einzelkriterien in der Gesamtsumme um einen Punkt besser. Dass die Antragsgegnerin diesen Bewerbern einen Vorrang einräumt, ist rechtlich im Hinblick auf den Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) geboten und damit rechtlich nicht zu beanstanden. Zudem wird damit auch den Vorgaben der vom Dienstherrn erlassenen Beurteilungsrichtlinien Rechnung getragen, wonach der Gesamtsumme der Beurteilungspunkte aus den Einzelkriterien eine besondere Bedeutung zukommt (§ 4 Abs. 2 der Anlage 1). Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist dementsprechend im Rahmen der Binnendifferenzierung gerade kein Rückgriff auf die Vorbeurteilung geboten (vgl. OVG NW, 20.11.2015 – 6 B 967/15 – juris Rn. 7 ff. m. w. N.).
Nach alledem war der Antrag mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Gründe, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die keinen Antrag gestellt hat, aus Billigkeit einer Partei aufzuerlegen, liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2013 – 6 C 13.284 – juris; B.v. 22.4.2013 – 3 C 13.298 – juris).


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