Verwaltungsrecht

Bewerbungsverfahrensanspruch Einstellungsbewerber, Wechsel eines Berufssoldaten in das Beamtenverhältnis, fehlende Zustimmung zur Entlassung eines Berufssoldaten, kein Anspruch auf Zustimmung zur Entlassung

Aktenzeichen  AN 16 E 21.00614

Datum:
16.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36980
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
SG § 46 Abs. 3, Abs. 3a

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller steht als Berufssoldat im Dienst der Antragsgegnerin. Er begehrt im Wege des Eilrechtsschutzes die Fortsetzung eines Stellenbesetzungsverfahrens für die Direkteinstellung in den höheren technischen Verwaltungsdienst (Beamtenverhältnis).
Der Antragsteller trat im August 2006 in die Bundeswehr ein. Im Juni 2007 schloss er den Offizierslehrgang ab. Vom 1. September 2007 bis 30. September 2011 studierte er Mathematical Engineering an der Universität der Bundeswehr … Der Stabsoffizier mit dem Dienstgrad Major wird derzeit als Projekt-/Produktmanager an der … verwendet.
Am 31. Juli 2020 bewarb sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin auf zwei Beamtenstellen mit geplantem Einstellungsdatum 1. August 2020 bzw. 1. Januar 2021. Ausschreibungsschluss war der 31. Juli 2020 bzw. 30. September 2020. In beiden Stellenanzeigen schrieb die Antragsgegnerin u.a. eine Direkteinstellung in ein Beamtenverhältnis (A13 bis A14) ohne vorherige Laufbahnausbildung aus. Neben einem abgeschlossenen technischen Master- oder Universitätsstudium wurde als Qualifikation eine mindestens zweieinhalbjährige vergleichbare berufliche Tätigkeit oder die Laufbahnbefähigung für den höheren technischen Verwaltungsdienst bzw. gehobenen technischen Verwaltungsdienst samt Master- oder Diplomstudium gefordert.
Das am 5. Oktober 2020 durchgeführte Assessment-Center absolvierte der Antragsteller erfolgreich.
Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr fragte bei der personalführenden Stelle des Antragstellers zuletzt mit E-Mail vom 15. Dezember 2020 an, ob sie den Antragsteller zum Zwecke der späteren Übernahme in das Beamtenverhältnis bereits jetzt für eine Verwendung auf einem zivilen Dienstposten oder alternativ bei Vorliegen der Laufbahnbefähigung für einen Wechsel in das Beamtenverhältnis freigebe. Die wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik habe einen für eine Direkteinstellung des Antragstellers geeigneten zivilen Dienstposten bei der … identifiziert. Nachdem der Antragsteller die Laufbahnbefähigung voraussichtlich im Mai 2022 erwerben werde und ein Wechsel in ein Arbeitnehmerverhältnis unattraktiv sei, sei geplant, den Antragsteller bis zu diesem Zeitpunkt im Soldatenstatus zu belassen.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2020 teilte die zuständige Personalführungsstelle mit, dass eine Freigabe des Antragstellers abgelehnt werde. Es sei weiterhin eine Verwendung des Antragstellers im Werdegang geplant. Auch wenn der Antragsteller derzeit auf einem sehr techniknahen Dienstposten seinen Dienst ausübe, sei künftig eine Verwendung als Truppenführer vorgesehen. Zum 1. Oktober 2021 solle er als Disziplinarvorgesetzter verwendet werden. Eine Vororientierung sei bereits erstellt. Weder einer Freigabe zur Verwendung auf einem Beamten-Dienstposten noch einer Freigabe zum Wechsel in den Beamtenstatus werde zugestimmt.
Dies teilte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr am 22. Dezember 2020 dem Antragsteller mit. Vor diesem Hintergrund werde das Stellenbesetzungsverfahren eingestellt.
Mit Schreiben vom 4. März 2021 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die seitens des Antragstellers begehrte Wiederaufnahme des Einstellungsverfahrens ab. Da der Antragsteller einem Mangelbereich angehöre, könne seitens der Personalführung des Antragstellers keine Freigabe zur Übernahme in ein Beamtenverhältnis erteilt werden.
Über seinen Bevollmächtigten ließ der Antragsteller am 6. April 2021 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragen. Dem Antragsteller stehe ein Anordnungsanspruch aus einer Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG, § 46 Abs. 3a SG zu. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Freigabeerklärung mit Wirkung zum 1. Oktober 2021. Zu diesem Zeitpunkt sei die 10-Jahresfrist aus § 46 Abs. 3a SG unstreitig verstrichen. Ziel des Eilrechtsschutzes sei es, dem Antragsteller das bereits erfolgreich durchlaufene Auswahlverfahren solange zu sichern und das Verfahren offen zu halten. Ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung werde das nach Eignung, Leistung und Befähigung erworbene grundsätzliche Recht des Antragstellers auf Direkteinstellung in das Beamtenverhältnis von vornherein vereitelt. Der Antragsgegnerin entstehe durch die Offenhaltung des Einstellungsverfahrens keinerlei Nachteil. Vielmehr liege die Offenhaltung auch im dienstlichen Interesse, denn mit Ablauf des 30. September 2021 bestehe ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Entlassung. Der Antragsteller würde dann noch bis zum Ablauf des 30. September 2022 im Soldatenverhältnis verbleiben und damit der Antragsgegnerin solange als Soldat erhalten bleiben.
Auf die Verwendung des Antragstellers in einer Mangelverwendung komme es daher nicht an. Nur vorsorglich werde ausgeführt, dass zwar korrekt sei, dass der Antragsteller einer sogenannten Mangelverwendung angehöre, der Dienstherr jedoch für den Mangel selbst verantwortlich sei. Des Weiteren seien ab der Ebene „Stabsoffizier“ zunehmend sog. Kompetenzbereiche für die Besetzung von Dienstposten zu berücksichtigen. Der Antragsteller gehe davon aus, dass in dem Kompetenzbereich …, welchem er zugehörig sei, kein allgemeiner Mangel herrsche. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller aktuell nicht auf einem Dienstposten seiner Verwendung Dienst vorsehe, sondern auf einem Dienstposten für … Es sei widersprüchlich, im Tätigkeitsbereich des Antragstellers von einer Mangelverwendung zu sprechen, den Antragsteller aber zugleich nicht in diesem zu verwenden.
Der Antragsteller beantragt:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Einstellung des Stellenbesetzungsverfahrens für die Direkteinstellung des Antragstellers in den höheren technischen Verwaltungsdienst (htVD) der Antragsgegnerin auf Basis der Bewerbung des Antragstellers vom 31. Juli 2020 vom 4. März 2021 aufzuheben und dieses Stellenbesetzungsverfahren fortzuführen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ein Anordnungsanspruch auf Fortsetzung des eingestellten Auswahlverfahrens könne nicht glaubhaft gemacht werden, denn einer Direkteinstellung stehe die fehlende Freigabe für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis entgegen. Gemäß § 46 Abs. 3 SG könne der Antragsteller, der seine Ausbildung am 30. September 2011 beendet habe, erst mit Ablauf der Frist am 30. September 2021 seine Entlassung verlangen. Auch die Voraussetzungen nach § 46 Abs. 3a Satz 4 SG würden nicht vorliegen. Es fehle an der erforderlichen Zustimmung der Personalführung des Antragstellers. Da die 10-Jahresfrist des Abs. 3 noch nicht abgelaufen sei, könne der Antragsteller seine Entlassung (noch) nicht beantragen. Auch § 46 Abs. 3a Satz 6 SG greife nicht. Vorliegend habe die zuständige personalführende Dienststelle die Freigabe unter Hinweis auf dienstliche Interessen abgelehnt. Es bestehe kein dienstliches Interesse, den Antragsteller für eine andere Verwendung in einem anderen Status innerhalb der Bundeswehr freizugeben, da ein dienstlicher Bedarf bestehe, zu dessen Deckung er beitragen soll.
Den Ausführungen des Antragstellers betreffend die fehlende Zugehörigkeit zu einer Mangelverwendung hält die Antragsgegnerin entgegen, dass sich die Bedarfsdeckung im Bereich der Offiziere des Truppendienstes nicht primär an den zugewiesenen Kompetenzbereichen, sondern vielmehr am jeweiligen Werdegang orientiere. Seit seinem Studium und der wehrgangsgebundenen Ausbildung zum … werde der Antragsteller ausbildungs- und bedarfsgerecht auf Dienstposten verwendet, die seinem Werdegang Technischer Dienst Allgemein zugeordnet seien. Der Werdegang Technischer Dienst Allgemein stelle eine Mangelverwendung dar.
Für die Antragsgegnerin sei unbeachtlich, dass der Antragsteller seine Entlassung erst mit Wirkung zum 1. Oktober 2021 beantragt habe. Für den Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen der Stellenbeschreibung bei einem Bewerber dürfe der Dienstherr auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bzw. der Einstellung des Stellenbesetzungsverfahrens abstellen. Im Verlauf des Verfahrens eintretende Veränderungen, wie beispielsweise die nachträgliche Erfüllung der Anforderungen des Anforderungsprofils durch einen Bewerber, müsse der Dienstherr nicht berücksichtigen. Anderenfalls wäre der Dienstherr gehalten, sämtliche Stellen für den Antragsteller bis zu seiner Entlassung zurückzuhalten. Bei der streitgegenständlichen Ausschreibung handle es sich um eine solche im Rahmen einer Direkteinstellungskampagne und nicht um eine Einzelausschreibung um einen bestimmten Dienstposten. Im Anschluss an das erfolgreich absolvierte Assessment-Center erhalten die zuständigen personalführenden Referate das Ergebnis und eine entsprechende Einplanung werde geprüft. Einer solchen Einplanung des Antragstellers stand bzw. stehe jedoch § 46 Abs. 3 und Abs. 3a SG entgegen.
Es sei auch der Status des Antragstellers als Berufssoldat zu berücksichtigen. Der Antragsteller habe sich freiwillig in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten begeben. Ein Berufssoldat müsse sich darüber im Klaren sein, dass er im Regelfall erst durch Eintritt in den Ruhestand aus seinem Dienstverhältnis ausscheide, ein vorzeitiges Ausscheiden die Ausnahme darstelle und im überwiegenden verfassungsrechtlich unbedenklichen Interesse des Dienstherrn an eine Stehzeit geknüpft sei.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig, aber mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus. Beides ist gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft zu machen.
1. Dem Antragsteller steht gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ein Anordnungsgrund für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite. Würde der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers durch eine rechtsbeständige Ernennung anderer Bewerber oder durch einen Abschluss des gesamten Direkteinstellungsverfahrens erlöschen, kann der Antragsteller nicht mehr verlangen, für eine der ausgeschriebenen Stellen als Beamter des höheren technischen Verwaltungsdienstes eingestellt zu werden. Deshalb fordert das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, dass ein Bewerber die Möglichkeit erhält, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes das Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruches durch das Schaffen vollendeter Tatsachen zu verhindern. Ihm wird damit die Möglichkeit gegeben, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel anzustreben, den Dienstherrn zur Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens zu verpflichten (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6/11).
2. Der Antragsteller hat gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2, § 294 ZPO jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können. Er hat nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin für die Direkteinstellung in den höheren technischen Verwaltungsdienst fehlerhaft war und er bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens die Chance gehabt hätte, ausgewählt zu werden. Durch die streitgegenständliche Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin wird der Antragsteller nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch gemäß Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Nichtberücksichtigung des Antragstellers für eine Direkteinstellung ist mangels Zustimmung der Antragsgegnerin zur Entlassung des Antragstellers oder zum Wechsel auf den identifizierten zivilen Dienstposten – auf die der Antragsteller im Übrigen auch keinen Anspruch hat – zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr rechtmäßig.
Das Gericht beschränkt sich im Folgenden nicht auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Begehrens des Antragstellers, sondern nimmt eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Entscheidung der Antragsgegnerin vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Konkurrentenstreitigkeiten im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG die Funktion des Hauptsacheverfahrens zu übernehmen und darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem solchen zurückbleiben. Wird eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches festgestellt, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09).
a) Grundsätzlich steht dem Antragsteller ein Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG zu. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt jedem Bewerber um ein öffentliches Amt einen Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl (Bewerbungsverfahrensanspruch). Das bedeutet, dass der Dienstherr die Bewerberauswahl nur auf Erwägungen stützen darf, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist in der Sache auf eine fehlerfreie, dem Art. 33 Abs. 2 GG genügende Durchführung des Auswahlverfahrens gerichtet, nicht auf Erlass einer Auswahlentscheidung. Der Anspruch auf fehlerfreie Entscheidung über den Bewerbungsantrag betrifft auch den erstmaligen Zugang zu einem öffentlichen Amt und steht damit Bewerbern zu, die noch außerhalb des beamteten öffentlichen Dienstes stehen und sich um ein Eingangsamt bemühen (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.2010 – 2 C 22/09). Die Auswahl von Einstellungsbewerbern unterliegt damit stets Art. 33 Abs. 2 GG. Da der Antragsteller vorliegend als Soldat im Wege der Direkteinstellung erstmals den Zugang zum Beamtenverhältnis bei der Antragsgegnerin begehrt, steht ihm als Einstellungsbewerber ein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich zu.
b) Die Antragsgegnerin hat den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers jedoch nicht verletzt. Dass der Antragsteller für die Direkteinstellung in den höheren technischen Verwaltungsdienst nicht berücksichtigt wurde und das diesbezügliche Stellenbesetzungsverfahren seitens der Antragsgegnerin in Bezug auf seine Person eingestellt wurde, ist nicht zu beanstanden. Der Antragsteller erfüllte im entscheidenden Zeitraum der Auswahlentscheidungen der Antragsgegnerin durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Voraussetzungen für eine Einstellung nicht, da er bei der Antragsgegnerin in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat stand (aa), das mangels Zustimmung der Antragsgegnerin zur Entlassung (bb) – auf die der Antragsteller im Zeitraum der Auswahlentscheidungen noch keinen Anspruch hatte (cc) – auch nicht kraft Gesetzes beendet werden konnte und die Antragsgegnerin der Verwendung des Antragstellers im höheren technischen Verwaltungsdienst unter Verbleib im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten nicht zugestimmt hat (dd).
aa) Der Antragsteller stand im Zeitraum der Auswahlentscheidungen der Antragsgegnerin von August 2020 bis Januar 2021 (vgl. Ausschreibungsschlüsse bzw. geplante Einstellungsdaten der Ausschreibungen sowie abschlägige Auswahlentscheidung bzgl. des Antragstellers am 22. Dezember 2020) bei der Antragsgegnerin in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat.
bb) Das Dienstverhältnis als Berufssoldat konnte mangels Zustimmung der personalführenden Stelle des Antragstellers nicht gemäß § 46 Abs. 3a SG kraft Gesetzes durch seine Verbeamtung enden. Gemäß § 46 Abs. 3a Satz 1 SG ist ein Berufssoldat kraft Gesetzes entlassen, wenn er zum Beamten ernannt wird. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 3a Satz 4 SG u.a. dann nicht, solange das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von ihm bestimmte Stelle in seinem Geschäftsbereich der Entlassung nach Satz 1 nicht zugestimmt hat. Vorliegend hat die personalführende Stelle der Antragsgegnerin ihre Zustimmung zur Entlassung des Antragstellers gemäß § 46 Abs. 3a Satz 4 SG nicht erteilt. Sie lehnte die Zustimmung mit Hinweis auf den Einsatz des Antragstellers in einer Mangelverwendung ab. Als Offizier arbeite der Antragsteller in einem Bereich, der generell unterbesetzt sei.
cc) Der Antragsteller hatte auch keinen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Entlassung gemäß § 46 Abs. 3a Satz 5 SG. Nach dieser Vorschrift ist die Zustimmung zu erteilen, wenn der Soldat nach Abs. 3 seine Entlassung verlangen könnte. Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 SG kann der Berufssoldat jederzeit seine Entlassung verlangen; soweit seine militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, gilt dies jedoch erst nach einer sich daran anschließenden Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder der Fachausbildung entspricht, längstens nach zehn Jahren. Da der Antragsteller sein 4-jähriges Studium an der Universität der Bundeswehr … am 30. September 2011 beendet hat, konnte er seine Entlassung erst mit Ablauf der 10jährigen Maximalfrist am 1. Oktober 2021 verlangen. Zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zwischen August 2020 bis Januar 2021 hatte der Antragsteller jedoch (noch) keinen Anspruch auf Entlassung bzw. Zustimmung zu dieser.
Dahinstehen kann, dass der Antragsteller 10 bzw. 14 Monate später – nämlich ab dem 1. Oktober 2021 – die Voraussetzungen für die Entlassung aus dem Dienstverhältnis des Soldaten erfüllt, da es für die Rechtmäßigkeit einer Auswahlentscheidung auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung ankommt. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin weder jetzt noch zu den geplanten Verwendungsterminen für Dienstposten des höheren technischen Verwaltungsdienstes zur Verfügung stehen wird. Die Antragsgegnerin durfte dies jedoch im Rahmen ihres weiten Organisationsermessens zulässigerweise fordern. Sie musste das Bewerbungsverfahren nicht bis zum 1. Oktober 2021 offenhalten, um den Antragsteller noch berücksichtigen zu können. Es ist nicht erkennbar, dass sie bei ihrer Entscheidung ihre diesbezügliche Organisationshoheit missbräuchlich, willkürlich oder manipulativ zu Lasten des Antragstellers eingesetzt hätte.
Grundsätzlich liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, Einstellungszeitpunkte festzulegen und das Auswahlverfahren entsprechend zu gestalten. In welcher Gestalt und zu welchem Zeitpunkt eine Stelle besetzt werden soll, entscheidet der Dienstherr nach seinen Bedürfnissen. Hintergrund ist, dass die Schaffung und Besetzung von Planstellen allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dient. Sie erfolgt nicht in Wahrnehmung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten (vgl. BVerwG, U.v. 22.7.1999 – 2 C 14.98). Dies gilt auch für die vorgelagerte Frage, wann eine hierauf bezogene Auswahlentscheidung getroffen wird. Aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn folgt, dass es ihm im Grundsatz obliegt, nicht nur darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter vorhält, sondern – im Rahmen einer angemessenen Ausgestaltung des Auswahlverfahrens – auch, wann er diese endgültig besetzen will (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 – 2 C 11.11 und v. 29.11.2012 – 2 C 6.11). Konsequenterweise müssen Bewerber daher auch im Interesse der effektiven Erledigung der mit dem konkreten Dienstposten verbundenen Aufgaben im Zeitpunkt des Beginns der Tätigkeit auf diesem Dienstposten über die spezifischen Kenntnisse in der geforderten Ausprägung verfügen. Bewerber, die zum Zeitpunkt des Beginns ihrer Tätigkeit noch nicht über den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse verfügen, müssen auch nicht deshalb in die Auswahlentscheidung einbezogen werden, weil davon ausgegangen werden kann, dass sie den Nachweis in Kürze werden nachreichen können (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 2 VR 2/16). Schließlich dienen Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst nicht nur dazu, den Bedarf im öffentlichen Dienst sachgerecht zu decken, sondern diesen auch zeitnah zu decken.
Es erscheint vor diesem Hintergrund sowie auch aus allgemeinen personalwirtschaftlichen Erwägungen nachvollziehbar und sinnvoll, dass die Antragsgegnerin zeitnah nach Abschluss des Assessment-Centers in die tatsächliche Einplanung der erfolgreichen Bewerber eintreten und die offenen Dienstposten mit diesen besetzen wollte, um ihren der Ausschreibung zugrundeliegenden Bedarf an Beamten des höheren technischen Verwaltungsdienstes zu den beiden festgelegten Einstellungszeitpunkten zu decken. Ein Zuwarten und Offenhalten des Besetzungsverfahrens bis zum 1. Oktober 2021 hätte zur Folge gehabt, dass ein zu besetzender Dienstposten hätte vakant bleiben müssen. Auch die bloße Sicherung des Ergebnisses des Assessment-Centers des Antragstellers für eine spätere Einstellung konnte die Antragsgegnerin nicht vernünftigerweise gewähren. Zum einen war der bis dahin bestehende Bedarf an Beamten des höheren technischen Verwaltungsdienstes nicht zwingend absehbar. Zum anderen ist die Antragsgegnerin selbst bei einem erneuten Bedarf an Beamten des höheren technischen Verwaltungsdienstes gehalten, innerhalb der dann zur Verfügung stehenden Bewerber eine Auswahlentscheidung zu treffen, die den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügt.
Ein Anspruch auf Zustimmung zur Entlassung ergibt sich im Übrigen auch nicht gemäß § 46 Abs. 3a Satz 6 SG daraus, dass die Antragsgegnerin die Zustimmung unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen der Bundeswehr hätte erteilen können. Entsprechend der gesetzlichen Formulierung vermittelt die Norm keinen gebundenen Anspruch auf Zustimmung. Für eine Ermessensreduzierung auf Null ist nichts ersichtlich. Die dienstlichen Interessen der Antragsgegnerin begründeten die Notwendigkeit, den Antragsteller als Soldat zu halten. Die vom Antragsteller begehrte Entlassung aus dem Soldatenverhältnis hat allein persönliche Gründe, die für den gesamten Entlassungstatbestand des § 46 Abs. 3a Satz 6 SG nicht von Relevanz sind.
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Das Zustimmungserfordernis des § 46 Abs. 3a Satz 4 SG dient allein der Verhinderung des Missbrauchs eines Übertritts in ein Beamtenverhältnis und insbesondere zur Wahrung der Einsatz- und Funktionsfähigkeit der Streitkräfte. Ohne diese Regelung könnten Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten, die ihre gesetzliche Mindestzeit noch nicht abgeleistet haben, die Streitkräfte verlassen, ohne dass der Dienstherr eine Einflussmöglichkeit hat. Ferner bestünde für andere Dienstherrn die Möglichkeit, das Dienstverhältnis dringend benötigten militärischen Personals zulasten des Bundes einseitig zu beenden (vgl. BT-Drs. 16/10850, S. 245). Demnach dient § 46 Abs. 3a SG primär der Wahrung öffentlicher Interessen. Bei einer allein im öffentlichen Interesse bestehenden, jedoch statuswirksamen Vorschrift ist die Rechtsschutzgewährleistung auf den Schutz vor einer willkürlichen Anwendung beschränkt (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.02.2019 – W 1 K 18.1379 m.w.N.). Willkürlich ist eine Entscheidung nur dann, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht; fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Entscheidung nicht willkürlich (BVerfG, B.v. 7.5.2014 – 1 BvR 3571/13, 1 BvR 3572/13).
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass sich die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung, den Antragsteller, einen Major, künftig als Truppenführer und Disziplinarvorgesetzten einzusetzen und ihn nicht frühzeitig durch Entlassung in das Beamtenverhältnis wechseln zu lassen, von sachfremden oder willkürlichen Erwägungen hat leiten lassen. Vielmehr erscheint es sinnvoll, dass die Antragsgegnerin den als Offizier sehr gut qualifizierten Antragsteller zur Deckung ihres Personalbedarfs weiter und solange wie gesetzlich möglich als Soldat beschäftigen will. Der Antragsteller wird aktuell und soll nach dem Willen der Antragsgegnerin auch weiterhin in seinem eingeschlagenen Werdegang Technischer Dienst Allgemein verwendet werden, da in diesem laut Antragsgegnerin ein Personalmangel bestehe. Dabei steht der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer diesbezüglichen sehr weiten Organisationshoheit auch das Recht zu, sich für die konkrete Verwendung des Antragstellers nicht an dessen Kompetenzbereich, sondern dessen Werdegang zu orientieren. Die Antragsgegnerin hat ein weites Organisationsermessen, wie sie Berufssoldaten bedarfsgerecht einsetzt, um die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte gewährleisten zu können. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entscheidet der zuständige Vorgesetzte über die konkrete Verwendung, d.h. die Einweisung des Soldaten in einen bestimmten soldatischen Pflichtenkreis, nach Maßgabe des dienstlichen Bedürfnisses nach seinem Ermessen. Dabei darf er die Verwendungsbreite eines Soldaten voll ausnutzen und ihn im Rahmen der dienstlichen Bedürfnisse dort einsetzen, wo er entsprechend seiner Eignung und Befähigung optimale Leistung verspricht. Die Grenze des Ermessens ist erst dann überschritten, wenn die Verwendung dem Soldaten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bei objektiver Beurteilung nicht mehr zumutbar und daher willkürlich ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 14.03.1984 – 6 C 70/82). Hierfür ist nichts ersichtlich und seitens des Antragstellers auch nicht vorgetragen. Die Antragsgegnerin bezweckt mit dem Einsatz des Antragstellers, dem Personalmangel der Bundeswehr im Bereich des Werdegangs Technischer Dienst Allgemein entgegenzutreten und den Antragsteller entsprechend seiner Qualifikation einzusetzen. Die Entscheidung erging damit gemäß § 46 Abs. 3 Satz 6 SG erkennbar ausschließlich aufgrund sachlicher Erwägungen im dienstlichen Interesse.
dd) Der Antragsteller hatte nach alledem erst recht keinen Anspruch auf Zustimmung zur Verwendung auf einem zivilen Dienstposten des höheren technischen Verwaltungsdienstes unter Verbleib im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Da Soldaten aus § 3 Abs. 1 SG generell keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten innerhalb der Bundeswehr haben (Eichen/Metzger/Sohm, Soldatengesetz, § 3 Rn. 83), kann sich ein solcher Anspruch erst recht nicht bezüglich des Wechsels auf einen zivilen Dienstposten ergeben, wenn zudem die Voraussetzungen für eine Entlassung (noch) nicht gegeben sind. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Im Ergebnis genießen auch hier dienstliche Interessen der Bundeswehr Vorrang.
Der Antragsteller erfüllt damit im Ergebnis im entscheidungserheblichen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die ausgeschriebenen Stellen nicht; er konnte daher in zulässiger Weise aus dem Bewerberkreis ausgeschlossen bzw. das Stellenbesetzungsverfahren in Bezug auf seine Person eingestellt werden, ohne dass die Antragsgegnerin hierdurch seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt hat. Die Entscheidung der Antragsgegnerin liegt vorliegend ausschließlich in ihrer Organisationsgewalt als Dienstherrin und war damit rechtmäßig.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG. Der Ansatz des Auffangstreitwertes ergibt sich daraus, dass der streitgegenständliche Antrag nur auf die Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens, nicht jedoch bereits auf die Vergabe des Dienstpostens gerichtet ist. Eine Halbierung des Streitwerts scheidet ungeachtet des Umstands, dass es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, schon deshalb aus, weil allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für das Begehren des Antragstellers auf Fortführung des eingestellten Stellenbesetzungsverfahrens in Betracht kommt (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608).


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