Verwaltungsrecht

Bundesbeamtenrecht, Bundespolizei, Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung der Abordnung, Ermessen des Dienstherrn, Mitglied des Personalrats

Aktenzeichen  6 CE 21.2766

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3152
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BBG § 27
BPersVG § 55 Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

B 5 E 21.1077 2021-10-27 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 27. Oktober 2021 – B 5 E 21.1077 – geändert und der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin steht als Polizeihauptmeisterin im Dienst der Antragsgegnerin. Ihre Stammdienststelle ist die Bundespolizeiinspektion Flughafen K.
Die Antragstellerin wurde erstmals mit Wirkung vom 1. November 2017 für ein Jahr mit der Option auf Verlängerung zur Verwendung als Lehrkraft zur Bundespolizeiakademie, Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrum (BPOLAFZ) B., abgeordnet. Die Abordnung wurde seither jährlich jeweils um ein Jahr verlängert, zuletzt mit Bescheid vom 5. Mai 2020 bis zum 31. Oktober 2021. Die Antragstellerin ist Mitglied des Personalrats des Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrums B. Mit Bescheid vom 1. April 2021 wurde die Abordnung vom 5. Mai 2020 auf Antrag der Bundespolizeiakademie mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Mit Beschluss vom 8. Juni 2021 – B 5 S 21.437 – ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des hiergegen erhobenen Widerspruchs an. Die Aufhebung der Abordnung sei bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig. Sie sei an § 47 Abs. 2 BPersVG zu messen, dessen Voraussetzungen nach gegenwärtiger Sachlage nicht vorlägen. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Antragstellerin am BPOLAFZ B. untragbar geworden wäre.
Den Antrag der Antragstellerin vom 8. März und 22. August 2021 auf (erneute) Verlängerung der Abordnung über den 31. Oktober 2021 hinaus lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 31. August 2021 mit der Begründung ab, eine Verlängerung der Abordnung werde durch die Bundespolizeiakademie nicht befürwortet. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Am 20. September 2021 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens am derzeitigen Dienstort, dem BPOLAFZ B. einzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag mit Beschluss vom 27. Oktober 2021 stattgegeben. Die Sache sei eilbedürftig. Nach der Ablehnungsmitteilung ende die Abordnung mit Ende des Monats Oktober. Die Antragstellerin könne ab diesem Zeitpunkt ihre Tätigkeit als Lehrkraft am BPLAFZ B. und als Personalrätin nicht mehr wahrnehmen, da sie aus der Dienststelle ausscheide. Die Antragstellerin habe auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Ablehnungsentscheidung sei ermessensfehlerhaft und verletze sie in ihren Rechten. Die Antragstellerin habe deshalb einen Anspruch auf Einsatz in ihrer Abordnungsbehörde, bis die Antragsgegnerin sie neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verbeschieden habe. Hinsichtlich des Entschließungsermessens liege offensichtlich ein Ermessensfehlgebrauch vor. Aus der Ablehnungsentscheidung ergebe sich mit keinem Wort, warum ein dienstliches Bedürfnis bestanden habe, die Antragstellerin für vier Jahre als Lehrkraft abzuordnen und eine weitere Abordnung ohne Begründung abzulehnen. Ferner seien die persönlichen Belange der Antragstellerin nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Antragsgegnerin habe zudem die Tätigkeit der Antragstellerin als Personalrätin, die hierfür seit August 2021 zu 50% freigestellt sei, und die (entsprechend) anwendbare Schutzvorschrift des § 55 Abs. 2 BPersVG nicht ausreichend berücksichtigt. Die Antragstellerin habe grundsätzlich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Eine Ermessensreduzierung auf Null komme nicht in Betracht. Allerdings bleibe die Antragstellerin vorläufig und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache über den 31. Oktober 2021 hinaus am derzeitigen Dienstort B. eingesetzt, damit ihr effektiver Rechtsschutz gewährt werden könne. Insoweit liege eine zulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Denn ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes würden der Antragstellerin schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch eine Hauptsacheentscheidung nachträglich nicht mehr beseitigt werden könnten.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, bereits die verneinte Aufnahmebereitschaft der aufnehmenden Behörde stehe einer Abordnung entgegen. Diese Personalmaßnahme käme erst dann in Betracht, wenn die Antragstellerin vom Bedarfsträger, der Bundespolizeiakademie, angefordert werde oder diese zumindest im Einvernehmen mit dieser Behörde erfolge. Eine Abordnung gegen den Willen der aufnehmenden Behörde könne nicht erfolgen. Das Einvernehmen mit der aufnehmenden Behörde sei Grundvoraussetzung der Abordnung. Die versagte Aufnahmebereitschaft der Bundespolizeiakademie sei auch nicht willkürlich oder treuwidrig. Eine weitere Auseinandersetzung mit den dienstlichen Bedürfnissen sei nicht erforderlich gewesen. Die Dienstleistung der Beamtin an ihrer Dienststelle stelle den Normalfall dar und müsse deshalb von der Antragsgegnerin auch nicht besonders begründet werden. Die persönlichen Belange der Antragstellerin seien in nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt worden. Das Alter der Antragstellerin, der von ihr eigenverantwortlich gewählte Lebensmittelpunkt B. und der Wohnort des volljährigen Sohnes führten nicht zu einer Abordnungsverpflichtung. § 55 Abs. 2 BPersVG sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden. Der zeitlich begrenzte Einsatz der Antragstellerin sei aufgrund der Abordnung bereits bei ihrer Aufstellung zur Wahl ersichtlich gewesen. Es handele sich um eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und führt unter anderem aus, die ursprünglich anvisierte endgültige Versetzung der Antragstellerin komme weiterhin dadurch zum Ausdruck, dass dem BPOLAFZ B. 100 weitere Planstellen zugewiesen worden seien, von denen die Antragstellerin eine habe erhalten sollen. Sie sei letztlich von der Liste getilgt worden, weil gegen sie ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Die erhobenen Vorwürfe halte sie für unbegründet. Von den 100 Planstellen seien im November 2021 noch 46 Dienstposten unbesetzt gewesen. Für eine dauerhafte Verwendung der Antragstellerin im BPOLAFZ B. spreche auch der permanente Personalbedarf dort. Soweit sich die Antragsgegnerin erneut darauf berufe, dass sie keinen Einfluss auf die Abordnung habe, da die Bundespolizeiakademie die Antragstellerin nicht angefordert habe, sei dies nicht hinnehmbar. Hierdurch werde die grundsätzliche Hierarchiestruktur ad absurdum geführt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO liegen aus den von der Antragsgegnerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen nicht vor. Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Sie hat auch unter Berücksichtigung ihres Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) keinen Anspruch auf die begehrte vorläufige (weitere) Abordnung an das Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrum in B. Deshalb ist der erstinstanzliche Beschluss zu ändern und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Derartige Anordnungen, die – wie hier – durch vorläufige Befriedigung des erhobenen Anspruchs die Entscheidung im Hauptsacheverfahren zumindest in zeitlicher Hinsicht vorwegnehmen, setzen voraus, dass die Vorwegnahme der Hauptsache zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, um andernfalls zu erwartende schwere und unzumutbare Nachteile oder Schäden vom Antragsteller abzuwenden (Anordnungsgrund), und dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht (Anordnungsanspruch). Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO). Daran fehlt es hier.
Die Abordnung eines Polizeivollzugsbeamten, das heißt die vorübergehende Übertragung einer amtsangemessenen Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle, liegt nach § 27 Abs. 2 BBG (i.V.m. § 2 BPolBG) im Ermessen seines Dienstherrn. Ein darauf bezogenes gesetzlich normiertes Antragsrecht steht dem Beamten – im Unterschied zu den die Versetzung betreffenden Regelungen (§ 28 Abs. 2 BBG; § 8 Abs. 2 BPolBG) – nicht zu. Damit hat der Dienstherr für den Erlass oder die Ablehnung einer Abordnungsverfügung einen noch weitergehenden Ermessensspielraum als bei einer Versetzungsverfügung (BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3/21 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 20.11.2014 – 6 ZB 14.1550 – juris Rn. 10 m.w.N.). Das Fehlen eines einfachgesetzlich normierten Antragsrechts des Beamten schließt entsprechende Anträge eines Beamten weder aus noch entbindet es den Dienstherren von der Pflicht, einen auf eine Abordnung gerichteten Antrag in pflichtgemäßer Ermessensausübung entsprechend dem Zweck der Ermächtigung zu bescheiden. Allerdings bewirkt das Fehlen eines gesetzlich normierten Antragsrechts, dass die Ausübung des Abordnungsermessens vorrangig dienstlichen Interessen dient. Daraus folgt, dass die Ermessenserwägungen des Dienstherrn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei Abordnungen und Versetzungen grundsätzlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie Ermessensfehler im Sinn von § 114 VwGO aufweisen; nur dann käme bei einer Ermessensreduktion auf Null der Erlass der angestrebten Regelungsanordnung in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3/21 – juris Rn. 16).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Senat dem Verwaltungsgericht nicht in der Annahme folgen, der Antragstellerin sei zur Vermeidung schwerer und unzumutbarer Nachteile effektiver Rechtsschutz dadurch zu gewähren, dass sie über den 31. Oktober 2021 hinaus bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin am derzeitigen Dienstort in B. eingesetzt wird.
Dahingestellt bleiben kann, ob die Ablehnung der beantragten Verlängerung der Abordnung mit der Begründung, die aufnehmende Behörde sei nicht mehr einverstanden, ermessensfehlerhaft war. Selbst wenn dies der Fall sein und der Dienstherr bei seiner Entscheidung die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Umstände (Kettenabordnung, persönliche Belange der Antragstellerin – insbesondere ihr Alter und die in wenigen Jahren anstehende Pensionierung – sowie die Stellung als Personalrätin) nicht oder nicht rechtzeitig berücksichtigt haben sollte, vermag dies einen Anspruch auf eine erneute und vorläufig durchzusetzende Abordnung nicht zu begründen. Denn auch bei Vorliegen eines Ermessensfehlers käme der Erlass der angestrebten Regelungsanordnung nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3/21 – juris Rn. 16 a.E.). Dass sich die Handlungsmöglichkeiten des Dienstherrn aber auf eine einzige – nämlich die (weitere) Abordnung der Antragstellerin an das Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrum in B. – verdichtet hätten, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich und wird auch vom Verwaltungsgericht ausdrücklich ausgeschlossen (Seite 8 des Beschlusses).
Steht der Antragstellerin aber allenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Verlängerung der Abordnung zu, kommt der Erlass der beantragten, auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verlängerung der Abordnung gerichteten einstweiligen Anordnung auch unter Berücksichtigung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine zulässige Vorwegnahme der Hauptsache liegen hier – wie die Antragsgegnerin zu Recht einwendet – nicht vor.
Ob oder inwieweit ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung durch eine Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder – wie hier – eine Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO gesichert werden kann, ist im Einzelnen umstritten (vgl. zum Ganzen etwa Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 123 Rn. 158 ff.). Auch nach derjenigen Auffassung, die einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung für sicherungsfähig, mithin den Erlass einer Regelungsanordnung auch ohne Ermessensreduzierung auf Null für zulässig hält, setzt der Erlass einer Regelungsanordnung neben der Glaubhaftmachung eines Ermessensfehlers bei der Ablehnung der begehrten Behördenentscheidung die gerichtliche Prognose voraus, dass die ermessensfehlerfreie (Neu-) Bescheidung durch die Behörde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur Erteilung der vom Antragsteller begehrten Verwaltungsmaßnahme führt (vgl. VGH BW – B.v. 22.12.2000 – 13 S 2540/99 – juris Rn. 6 m.w.N.). Eine solche Prognose lässt sich hier nicht treffen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die ermessensfehlerfreie Bescheidung des Antrags auf erneute Abordnung – unterstellt, die bereits erfolgte Ablehnung sei ermessensfehlerhaft – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur (weiteren) Abordnung der Antragstellerin führen wird. Die in die Ermessensentscheidung einzustellenden Gesichtspunkte erscheinen weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit als hinreichend gewichtig, um die Ermessensauübung in Richtung Verlängerung der Abordnung zu verschieben.
Die mehrfache Verlängerung der Abordnung in der Vergangenheit (Kettenabordnung) genügt hierfür nicht. Auch wenn die Abordnung mit dem Ziel ausgesprochen wird, den Beamten später zu versetzen, behält sie ihren Charakter als vorübergehende Maßnahme (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3/21 – juris Rn. 14). Der Kettenabordnung kann daher auch im vorliegenden Fall, in dem zumindest die aufnehmende Behörde eine der Abordnung nachfolgende Versetzung zunächst beabsichtigt hatte (vgl. die von der Antragstellerin vorgelegte Funktionsausschreibung der Bundespolizeiakademie vom Dezember 2015), nicht ausreichen, um die Verlängerung der Abordnung durch die Antragsgegnerin als überwiegend wahrscheinlich zu erachten.
Entsprechendes gilt für die vom Verwaltungsgericht angeführten persönlichen Belange der Antragstellerin. Der Umstand, dass die Antragstellerin ihren Angaben zufolge ihren Lebensmittelpunkt in Erwartung ihrer künftigen Versetzung bereits vollständig nach B. verlagert hat, ist nicht auf Veranlassung des Dienstherrn erfolgt, sondern ist letztlich Ausfluss ihrer eigenen freien Entscheidung. Die laut ihren Angaben bereits gefestigte Bindung an ihren neuen Wohnort B. ist nicht von einem solchen Gewicht, dass sie einer Rückkehr an ihre Stammdienststelle entgegenstünde. Die Antragstellerin verweist insoweit insbesondere auf die enge Beziehung zu ihrem Sohn, der allerdings nach den unwidersprochenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts bereits volljährig ist und nach eigenen Angaben der Antragstellerin nicht in B., sondern im über 200 km entfernt liegenden M. lebt. Ebenso wenig erscheint der pauschale Hinweis auf die am neuen Wohnort entstandenen freundschaftlichen Beziehungen von hinreichendem Gewicht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Beziehungen, wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt, nicht auch im Falle einer Rückkehr der Antragstellerin an ihre Stammdienststelle aufrechterhalten werden können.
Auch der Umstand, dass die Antragstellerin Mitglied des Personalrats ist, gebietet nicht ihre weitere Abordnung an die derzeitige Dienststelle in B. Dass die Mitgliedschaft im Personalrat und eine damit verbundene Freistellung vom Dienst mit dem Ende der Abordnung erlischt, ist im Fall einer zeitlich befristeten Abordnung eine kraft Gesetzes eintretende Folge des Fristablaufs (vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG) und trägt dem vorübergehenden Charakter der Abordnung Rechnung, die stets eine nur vorübergehende Dienststellenzugehörigkeit begründet. Auch die Vorschrift des § 55 Abs. 2 BPersVG kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Danach dürfen Mitglieder des Personalrats gegen ihren Willen nur versetzt, zugewiesen oder abgeordnet werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft im Personalrat aus dienstlichen Gründen unvermeidbar ist (§ 55 Abs. 2 Satz 1 BPersVG). Die Versetzung, Zuweisung oder Abordnung von Mitgliedern des Personalrats bedarf zudem der Zustimmung des Personalrats (§ 55 Abs. 2 Satz 3 BPersVG). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts dürfte § 55 Abs. 2 BPersVG auf die hier inmitten stehende Fallkonstellation der Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung der Abordnung nicht entsprechend anwendbar sein (so auch Treber in Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, BPersVG, § 47 (a.F.), Rn. 72 zur Beendigung der Abordnung). Der Zweck dieser Norm besteht insbesondere darin, die ungestörte Ausübung des Personalratsamts sicherzustellen und den Mitgliedern des Personalrats die für ihre Arbeit notwendige Unabhängigkeit gegenüber dienstlichen Maßnahmen zu geben, welche sie dauernd oder vorübergehend an der Ausübung ihres Personalratsamts hindern können (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.2004 – 6 P 15/03 – juris Rn. 22 m.w.N.). In der vorliegenden Fallkonstellation wird die Antragstellerin aber nicht primär infolge einer dienstlichen Maßnahme in ihrer Amtsausübung gestört; vielmehr ist der Verlust des Personalratsamts unmittelbare, kraft Gesetzes eintretende und von Anfang an absehbare Folge der durch Fristablauf regulär endenden (befristeten) Abordnung. Die Sachverhalte sind somit nicht vergleichbar.
Es bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin willkürlich ist. Soweit sich die Antragsgegnerin zur Begründung ihrer Entscheidung auf das fehlende Einvernehmen mit der aufnehmenden Stelle – der Bundespolizeiakademie – beruft, ist dies jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Die Gründe hierfür – die gegen die Antragstellerin erhobenen Vorwürfe, die nach Angaben der Antragstellerin in ein noch nicht abgeschlossenes Disziplinarverfahren gemündet haben – wurden zwar in dem ablehnenden Bescheid vom 31. August 2021 nicht ausdrücklich genannt, sind den Beteiligten aber aus dem vorangegangenen Eilverfahren bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Gründe, die sich die Antragsgegnerin mit dem Verweis auf das fehlende Einvernehmen letztlich zu eigen gemacht hat, völlig aus der Luft gegriffen und damit von vornherein nicht geeignet wären, ein dienstliches Bedürfnis für die Ablehnung der weiteren Abordnung zu begründen, sind nicht ersichtlich. Auch das Verwaltungsgericht war in seinem Beschluss vom 8. Juni 2021 – 5 B S 21.437 – lediglich zu dem Ergebnis gelangt, dass die gegen die Antragstellerin erhobenen Vorwürfe nicht in ihrer zunächst angenommenen Tragweite verifiziert werden konnten und daher nicht ausreichen, um den – hier nicht einschlägigen – erhöhten personalvertretungsrechtlichen Anforderungen zu genügen und die vorzeitige Beendigung der Abordnung als unvermeidbar im Sinne von § 47 Abs. 2 BPersVG a.F. (entspricht § 55 Abs. 2 BPersVG in der Fassung des Gesetzes vom 9.6.2021, BGBl. I S. 1614) anzusehen. Daher kommt es hier nicht auf die Frage an, ob das Einvernehmen der aufnehmenden Behörde stets – also über den hier nicht vorliegenden Fall der in § 27 Abs. 4 BBG geregelten Abordnung zu einem anderen Dienstherrn hinaus (vgl. dazu VG Berlin, B.v. 1.6.2021 – 5 L 49/21 – juris Rn. 29) – Voraussetzung einer Abordnung ist und die abordnende Behörde im Fall der Verweigerung des Einvernehmens von der Ermessensausübung entbindet oder die Prüfung lediglich auf die ablehnende Entscheidung der aufnehmenden Behörde vorverlagert wird (so VG Regensburg, U.v. 14.12.2011 – RN 1 K 10.450 – juris Rn. 21).
Schließlich lässt sich die begehrte einstweilige Anordnung auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, ohne sie könne die Antragstellerin ab dem 31. Oktober 2021 ihre Tätigkeit als Lehrkraft und als Personalrätin nicht mehr ausüben. Denn das Gesetz sieht weder einen Anspruch auf unveränderte oder ungeschmälerte Ausübung des einmal übertragenen funktionalen Amts (vgl. etwa BVerwG, B.v. 27.4.2021 a.a.O. juris Rn. 15 m.w.N.; U.v. 22.6.2006 – 2 C 26/05 – juris Rn. 12) noch auf Ausübung der Personalratstätigkeit nach Ausscheiden aus der Dienststelle vor. Dass der der Antragstellerin allenfalls zustehende Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Verlängerung der Abordnung endgültig vereitelt würde, wenn die begehrte einstweilige Anordnung nicht erlassen würde, ist weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Antragstellerin bringt vielmehr selbst vor, dass etliche der dem Bundespolizeiausbildungs- und Fortbildungszentrum B. zugewiesenen Planstellen noch unbesetzt seien und dort ein permanenter Bedarf an Ausbildern bestehe. Auch die im Fall der Rückkehr der Antragstellerin an ihre Stammdienststelle entstehenden Umzugskosten vermögen den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht zu rechtfertigen, da diese Kosten – jedenfalls solange die Abordnung nicht in eine Versetzung mündet – bei Fristablauf ohnehin entstehen und sich im Übrigen als finanzielle Folgen rückabwickeln lassen dürften.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3.21 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 19.5.2010 – 1 B 10.255 – juris Rn. 29).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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