Aktenzeichen 24 ZB 21.31087
Leitsatz
Verfahrensgang
B 7 K 19.30588 2021-05-28 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, denn keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgründe ist hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
1. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen. Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung ist erforderlich, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72; Seeger in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.1.2022, § 78 AsylG Rn. 18 ff.). Tatsachenfragen sind grundsätzlich nicht berufungsgerichtlich klärungsbedürftig, wenn das Verwaltungsgericht die verfügbaren Informationen herangezogen, aufbereitet und sachgerecht bewertet hat, ohne dass gegen diese Bewertung beachtliche Zweifel erkennbar sind und wenn keine gewichtigen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse im Ergebnis unzutreffend beurteilt hat (BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 11 ZB 20.30210 – juris Rn. 3 m.w.N.). Es genügt nicht, die gerichtlichen Feststellungen zu den Gegebenheiten im Herkunftsland des Asylsuchenden bloß in Zweifel zu ziehen oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr muss durch Benennung bestimmter Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür dargelegt werden, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Antragsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (OVG NW, B.v. 14.3.2018 – 13 A 341/18.A – juris Rn. 5 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 22.2.2018 – 20 ZB 17.30393 – juris Rn. 11; B.v. 19.4.2018 – 11 ZB 18.30588 – juris Rn. 4; NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 2 LA 1784/17 – juris Rn. 4). Das Verlangen nach bloßer Neubewertung unveränderter Tatsachen- oder Erkenntnisquellen rechtfertigt die Berufungszulassung grundsätzlich nicht. Diese Voraussetzungen erfüllt die Begründung des Berufungszulassungsantrags nicht.
Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
1. ob die Rückführung eines anerkannt Schutzberechtigten nach Italien derzeit im Widerspruch zu Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK steht und 5
2. ob sich ein in Italien anerkannt Schutzberechtigter bei einer zwangsweisen Rückkehr nach Italien unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihm nicht erlaubte, seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden und 6
3. ob eine junge, gesunde und alleinstehende Person, der in Italien internationaler Schutz zuerkannt wurde und die im Zeitpunkt der Rückführung nach Italien dort keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und die im Zeitpunkt der Rückführung über keine Unterkunft in Italien verfügt, sich bei einer zwangsweisen Rückkehr nach Italien unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, sodass ihr eine Verletzung des Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK droht.
Zur Begründung wird auf die neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 19.03.2019 – Rs. C-163/17 – juris Rn. 87 ff.), Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg und des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein verwiesen. Zudem wird ein Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 7. Juli 2020 (6 A 243/20 – juris) wörtlich wiedergegeben. Es wird im Hinblick auf wieder ansteigende Corona-Zahlen darauf hingewiesen, dass ausgehend von Internetrecherchen vom 21.Oktober 2020 mit erneuten einschneidenden Maßnahmen für das Leben in Italien zu rechnen sei, ohne dass die entsprechenden Inhalte dem Berufungszulassungsantrag beigefügt worden wären. Es wird erläutert, der Kläger werde in Italien keine Unterkunft und keine Arbeit finden.
Mit diesen Ausführungen ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargetan, denn sie setzen sich nicht hinreichend mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts auseinander. Aus den Ausführungen geht lediglich hervor, dass der Kläger die Situation in Italien anders als die Beklagte und das Verwaltungsgericht, so einschätzt, dass ein anerkannt Schutzberechtigter in Italien keine Arbeit und keine Unterkunft finden und der Kläger bei einer Rückkehr in Italien eine unmenschliche Behandlung erfahren wird, weshalb eine Überstellung nach Italien nicht möglich sei. Es bleibt aber unklar, ob er sich gegen die Unzulässigkeitsentscheidung des Verwaltungsgerichts oder gegen die Entscheidung des Gerichts, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, wendet. Der Kläger geht in seinem Zulassungsantrag auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ein.
Damit ist dem Darlegungsgebot des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht genüge getan, denn es wird nicht herausgearbeitet, weshalb die gestellten Fragen im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, sind. Es wird auch nicht dargelegt, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Fragen besteht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
3. Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).