Verwaltungsrecht

Darlegungsanforderungen an Grundsatzrüge zu Tatsachenfrage

Aktenzeichen  9 ZB 20.31477

Datum:
29.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20617
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 77 Abs. 2, § 78 Abs. 3 Nr. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Das Zulassungsvorbringen einer Grundsatzrüge zu einer Tatsachenfrage muss sich mit den vom Verwaltungsgericht eingeführten und zugrunde gelegten Erkenntnismitteln auseinandersetzen und anhand überprüfbarer Hinweise auf nicht berücksichtigte Tatsachen- und Erkenntnisquellen darlegen, inwieweit die aufgeworfene Frage entscheidungserheblich ist und warum sie im Berufungsverfahren zu einer vom angefochtenen Urteil abweichenden Entscheidung führen könnte.  (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 4 K 18.31494 2020-06-15 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Kläger ist nach seinen Angaben Staatsangehöriger Sierra Leones und begehrt die Zuerkennung subsidiären Schutzes, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Mit Urteil vom 5. Februar 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2019 – 9 ZB 18.30670 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Der Kläger sieht eine grundsätzliche Bedeutung in der Frage, „ob aufgrund der schlechten humanitären Bedingungen in Sierra Leone die Rahmenbedingungen eine Gefahrenlage begründen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK führen kann“. Das Verwaltungsgericht hat – unter Bezugnahme auf den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, in dem unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnismittel die aktuelle Situation in Sierra Leone ausführlich dargestellt ist (§ 77 Abs. 2 AsylG) – ergänzend auf diese schwierigen Lebensbedingungen in Sierra Leone abgestellt und ist auf dieser Basis zu der Einschätzung gelangt, dass es dem Kläger als jungem, arbeitsfähigem und bis auf die Erblindung seines rechten Auges gesundem Mann trotz dieser schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse möglich sein wird, sein Existenzminimum zu sichern. Das Zulassungsvorbringen setzt sich insoweit nicht mit den eingeführten und zugrundeliegenden Erkenntnismitteln auseinander und legt auch nicht anhand überprüfbarer Hinweise auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Tatsachen- und Erkenntnisquellen (z.B. Gutachten, Auskünfte, Presseberichte, andere Gerichtsentscheidungen) dar, inwieweit die aufgeworfene Frage entscheidungserheblich ist und warum sie im Berufungsverfahren zu einer vom angefochtenen Urteil abweichenden Entscheidung führen könnte (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2020 – 9 ZB 20.30142 – juris Rn. 3). Allein die Schilderung der katastrophalen humanitären Situation, wie sie das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung unter Bezugnahme gem. § 77 Abs. 2 AsylG auch zugrunde gelegt hat, genügt hierfür nicht. Abgesehen davon ist die Frage auch nicht verallgemeinernd, sondern nur nach jeweiliger Würdigung der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen (vgl. BayVGH, B.v. 16.6.2020 – 9 ZB 20.31157 – juris Rn. 5).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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