Verwaltungsrecht

Dienstvertrag und ernennungsähnlicher Verwaltungsakt

Aktenzeichen  3 ZB 16.195

Datum:
16.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 105364
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1 – 5

 

Leitsatz

1 Weder eine Verletzung der formellen Begründungspflicht noch eine Missachtung des rechtlichen Gehörs können ernstliche Zweifel am Urteilsergebnis begründen‚ weil sich die in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genannten „ernstlichen Zweifel“ auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen‚ nicht auf das Verfahren. (redaktioneller Leitsatz)
2 Beamtenernennungen und -beförderungen durch Vertrag sind unzulässig. Dies gilt auch für den sog. „ernennungsähnlichen Verwaltungsakt“, der zwar keine Ernennung im engeren Sinn darstellt, jedoch kraft seines Statusbezugs kein „normaler“ Verwaltungsakt ist. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 1 K 15.39 2015-12-15 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 12.668,16 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung), des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) und – sinngemäß – des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe mit der Bezugnahme auf die in dieser Sache im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschwerdeentscheidung des Senats vom 10. Juni 2015 (Az. 3 CS 15.664) das Urteil nicht den Anforderungen des § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO entsprechend begründet und die Argumentation des Klägers nicht zur Kenntnis nehmen wollen. In der Sache rügt er damit keine ernstlichen Zweifel, sondern Verfahrensfehler. Weder eine Verletzung der formellen Begründungspflicht (vgl. Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: Jan. 2017, § 138 Rn. 81) noch die nicht weiter begründete Behauptung de Missachtung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) können ernstliche Zweifel am Urteilsergebnis zu begründen‚ weil sich die in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genannten „ernstlichen Zweifel“ auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen‚ nicht auf das Verfahren. Mit seiner Rüge hat der Kläger weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt (s. dazu BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – juris Rn. 34).
2. Die Rechtssache ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Hierzu hätte der Kläger darlegen müssen, dass die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, sich also der Rechtsstreit wegen seiner Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. Dies lässt sich der Antragsbegründung nicht entnehmen, die sich darauf beschränkt, im Rahmen des behaupteten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO den Rechtsvortrag aus dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wortwörtlich zu wiederholen. Trotz der methodischen Schwächen der Antragsbegründung ist davon auszugehen, dass der Kläger meint, die Rechtssache weise wegen der Frage, ob der Dienstvertrag vom 21. Dezember 2011 als Äquivalent für einen ernennungsähnlichen Verwaltungsakt qualifiziert werden könne, besondere rechtliche Schwierigkeiten auf.
Der Senat ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon ausgegangen, dass der (unter der damaligen Rechtslage) erforderliche ernennungsähnliche Verwaltungsakt nicht durch den Dienstvertrag vom 21. Dezember 2001 ersetzt werden konnte (vgl. B.v. 10.6.2015 – 3 CS 15.664 – juris Rn. 31). Daran hält der Senat auch in Kenntnis der Antragsbegründung fest. Beamtenernennungen und -beförderungen durch Vertrag sind unzulässig (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 54 Rn. 129; Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: April 2016, § 54 Rn. 89; Huck/Müller, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Auflage 2016, § 54 Rn. 37a; Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Auflage 2013, § 54 Rn. 12; Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2016, § 54 VwVfG Rn. 48: „vertragsfeindlich“). Dies gilt auch für den sog. „ernennungsähnlichen Verwaltungsakt“, der zwar keine Ernennung im engeren Sinn darstellt, jedoch kraft seines Statusbezugs kein „normaler“ Verwaltungsakt ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1982 – 2 C 41/80 – juris Rn. 17: statusberührende Versetzung). Für diese Art von Verwaltungsakt gilt das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz nur eingeschränkt (vgl. Lindner, NVwZ 2006, 543/545), sodass die „statusberührende Versetzung“ nicht durch eine vertragliche Regelung ersetzt werden konnte.
3. Soweit der Kläger meint, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), sind die Darlegungserfordernisse nicht erfüllt. Das Vorbringen des Bevollmächtigten des Klägers beschränkt sich auf nicht näher bezeichnete „dienstliche Erfahrungen“ und einer behaupteten Haushaltspraxis, von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Eine Rechtsfrage, die in einem Berufungsverfahren über den Einzelfall hinausgehend für eine Vielzahl von Fällen klärungsbedürftig und auch klärungsfähig wäre, wurde hingegen nicht formuliert.
4. Wegen Divergenz kann die Berufung schon deshalb nicht zugelassen werden, weil eine Abweichung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO schon nicht hinreichend dargelegt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der Kläger hat keinen tragenden Rechtssatz oder Tatsachensatz angeführt, auf den sich das angefochtene Urteil stützt und der einem vom Bundesverwaltungsgericht in der vom Kläger angeführten Entscheidung (U.v. 12.3.1980 – 6 C 22/78 – juris) aufgestellten Rechtssatz oder Tatsachensatz widerspräche.
5. Es liegt auch kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat auf den Beschluss des Senats vom 10. Juni 2015 in zulässiger Weise in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen. Eine Bezugnahme auf eine den Beteiligten bekannte frühere Entscheidung genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den an die Begründung der nunmehrigen Entscheidung zu stellenden Anforderungen, sofern die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht – wie hier – den mitgeteilten Entscheidungsgründen in Verbindung mit der in Bezug genommenen früheren Entscheidung die für die nunmehrige Entscheidung maßgebenden Erwägungen entnehmen können (vgl. Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2016, § 117 Rn. 21; BVerwG, B.v. 9.6.1981 – 7 B 121/81 – juris; BVerwG, B.v. 17.12.1997 – 2 B 103/97 – juris Rn. 2 m.w.N.).
Eine Missachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) durch das Verwaltungsgericht, ist mit dem schlichten Hinweis auf die Dauer der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und auch sonst nicht erkennbar. Der Kläger hat im Zulassungsverfahren nicht dargelegt, welche wesentlichen Gesichtspunkte der klägerischen Argumentation unerörtert geblieben wären.
6. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 53 Abs. 3 GKG i.V.m. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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