Verwaltungsrecht

Duldung des Betretens der Wohnung

Aktenzeichen  9 ZB 17.608

Datum:
26.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30658
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

Aus einem „Darlegungs-Gemenge“ braucht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht das herauszusuchen, was bei wohlwollender Auslegung zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (Fortführung von BayVGH BeckRS 2015, 54349). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 16.251 2017-02-14 GeB VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen
II. Die Kosten der Zulassungsverfahren trägt der Kläger.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen den sofort vollziehbaren Bescheid des Landratsamts H** vom 15. Februar 2016, mit dem er verpflichtet wurde, das Betreten seiner Katzenhaltung am 2. März 2016 um 9:00 Uhr in seinen Wohnräumen sowie das Fertigen von Bildaufnahmen durch Vertreter des Landratsamts zu dulden. Seine Klage wurde vom Verwaltungsgericht Bayreuth mit Gerichtsbescheid vom 14. Februar 2017 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger aufgrund bestandskräftiger Verfügung vom 17. Dezember 2010 nicht mehr berechtigt sei, Katzen zu halten und Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dass auf dem von ihm bewohnten Grundstück Katzen gehalten werden. Da der Kläger den Bediensteten des Landratsamts das Betreten des Hauses nicht gestattet habe, sei dies nur auf Grundlage des angefochtenen Bescheides möglich. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig und deshalb in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen.
Das Zulassungsvorbringen genügt dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich ein allgemeiner Hinweis; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.2017 – 4 B 62.17 – juris Rn. 9 m.w.N.). Hierbei ist es zwar nicht notwendig, dass der Kläger ausdrücklich eine der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Ziffern oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Erforderlich ist jedoch eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018, § 124a Rn. 59) sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch den Rechtsanwalt (vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2017 – 9 ZB 17.703 – juris Rn. 3 m.w.N.), insbesondere eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil – hier dem Gerichtsbescheid vom 14. Februar 2017 (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2017 – 9 ZB 17.882 – juris Rn. 7). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Das Zulassungsvorbringen vermischt den umfangreich geschilderten Sachverhalt mit den Einwendungen, dem Kläger wäre ein Rechtsanwalt beizuordnen gewesen und sein Grundrecht aus Art. 13 GG sei verletzt worden, ohne aber auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 4, 5 TierSchG, auf die der Bescheid vom 15. Februar 2016 gestützt ist, einzugehen. Aus einem derartigen „Darlegungs-Gemenge“ braucht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht das herauszusuchen, was bei wohlwollender Auslegung zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2015 – 9 ZB 15.1280 – juris Rn. 11). Dem Darlegungserfordernis wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn in Verkennung des rechtssystematischen Unterschieds zwischen Begründung eines Zulassungsantrags und der Begründung der Berufung die Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht angegriffen wird, ohne zwischen den einzelnen Zulassungsgründen zu unterscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2017 – 9 ZB 17.703 – juris Rn. 6). Auch einem durchschnittlichen, nicht auf das Verwaltungsprozessrecht spezialisierten Rechtsanwalt ist es zumutbar, durch einen hinreichend strukturierten Vortrag zumindest der Sache nach deutlich zu machen, welcher gesetzlich normierte Zulassungsgrund geltend gemacht wird (vgl. BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – juris Rn. 13).
Im vorliegenden Fall lässt sich auch durch Auslegung nicht eindeutig ermitteln, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag des Klägers gestützt werden soll. Der umfangreich geschilderte (historische) Sachverhalt, vermischt mit einer unstrukturierten, rechtlichen Kritik am Gerichtsbescheid, lässt nicht erkennen, auf welchen der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe abgezielt wird; auch den unterschiedlichen Darlegungserfordernissen der Zulassungsgründe wird nicht Rechnung getragen. Es ist nicht zu ersehen, ob beispielsweise ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) gerügt werden. Es fehlt insoweit an jeglicher substantieller Erörterung. Die pauschale Kritik am Urteil hinsichtlich Art. 13 GG genügt hierfür nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (vgl. Nr. 35.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit); sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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